Giacinto Andrea Cicognini

italienischer Dramatiker und Librettist

Giacinto Andrea Cicognini (* 13. November 1606 in Florenz; † November 1649 in Venedig) war ein italienischer Dramatiker und Librettist; er war der Sohn des Dichters und Dramatikers Jacopo Cicognini.[1]

Leben Bearbeiten

Cicognini schloss seine Ausbildung 1627 an der Universität Pisa ab. Von 1640 bis 1645 lebte er in Florenz als Rechtsberater für den Dichter und Dramatiker Giambattista Ricciardi. 1647 schrieb er sein erstes eigenes Libretto Il Celio, das von Sapiti and Baglioni in Musik gesetzt wurde. Später im Jahr wechselte er nach Venedig, wo er als Sekretär von Francesco Boldieri arbeitete, einem Adligen, der das Vermögen des Johanniterordens verwaltete. Sein Ruhm als Dramatiker und Librettist wuchs mit der Zahl seiner Dramen, Tragödien, Komödien und Libretti, die er für Theater und Opernhäuser Venedigs verfasste. Die Komponisten, für die er arbeitete, waren unter anderem Francesco Cavalli, Antonio Cesti und Francesco Lucio.

Cicognini war somit einer der wichtigsten Akteure in der Oper des 17. Jahrhunderts; er vereinte Elemente von Tragödie und Komödie und zeigte oft Anzeichen eines spanischen Einflusses.[2] Seine berühmtesten Libretti sind Giasone (vertont von Cavalli 1649)[3] und Orontea (vertont von Lucio 1649 und Cesti 1656),[4] die zu den beliebtesten Opern des 17. Jahrhunderts in Europa werden sollten. Der Text von Salvatore Sciarrinos 1998 bei den Schwetzinger Festspielen uraufgeführter Oper Luci mie traditrici basiert auf dem fälschlicherweise Cicognini zugeschriebenen Drama Il tradimento per l’onore, als dessen Autor inzwischen Francesco Stramboli identifiziert wurde.[5]

Der Erfolg seiner Werke im Rahmen sowohl in der professionellen als auch der akademischen und höfischen Aufführungspraxis führte dazu, dass nach Cicogninis Tod seine Dramen in zahlreichen Auflagen gedruckt wurden. Die Beliebtheit und Auflagenstärke dieser Drucke wiederum motivierte Buchdrucker auch Stücke anderer Autoren als Cicognini-Werke anzupreisen, weshalb bis heute nicht immer mit Sicherheit zu sagen ist, welche Dramen tatsächlich von ihm stammen.[6] Die ersten italienischsprachigen Aufführungen seiner Werke im deutschsprachigen Raum sind für 1656 in Innsbruck (Orontea)[7] und 1659 am Wiener Hof (Le gelosie fortunate del prencipe Rodrigo[8] und Il Don Gastone di Moncada)[9] nachzuweisen. Erste Übersetzungen und Adaptionen für das Berufstheater sind im Umfeld des Innsbrucker Hofes entstanden, wo die Prinzipale Johann Ernst Hoffmann und Peter Schwarz mit einer Truppe ab 1659 für einige Jahre als Hofkomödianten angestellt waren. Für die deutsche Fassung von Le gelosie fortunate del re di Valenza hat Graf Veit Ernst Künigl in Innsbruck zunächst eine Rohübersetzung angefertigt, die vom Schauspieler Christoph Blümel 1662 unter dem Titel Comædia Von Der glüeckseligen Eÿfersucht zweschen Rodrich undt Delomira von Valenza für den Spielbetrieb adaptiert wurde.[8] Neben diesem Stück erwiesen sich in den folgenden Jahrzehnten vor allem Adamira oder Das verliebte und geliebte Ehrenbild[10] sowie Don Gaston oder Spiegel wahrer Freundschaft als Kassenschlager zahlreicher deutschsprachiger Wandertruppen.[11] Während der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts flaute die Bedeutung Cicogninis als Theaterautor sowohl in Italien als auch im deutschsprachigen Raum allmählich ab; bis heute gehört er zu den weitgehend vergessenen Dramatikern des 17. Jahrhunderts.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Quelle Bearbeiten

  • Biography Resource Center. Farmington Hills, Mich.: Gale, 2009.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vgl. Silvia Castelli: Giacinto Andrea Cicognini. Un figlio d’arte nella Firenze secentesca. In: Flavia Cancedda, Silvia Castelli: Per una bibliografia di Giacinto Andrea Cicognini. Alinea, Florenz 2001, S. 25–75. Das richtige Todesjahr 1649 lässt sich durch eine Trauerfeier zu Ehren von Cicognini in Florenz nachweisen, die am 21. November 1649 abgehalten wurde, vgl. ebd. S. 64.
  2. Zu den spanischen Vorlagen von Cicogninis Werken vgl. Nicola Michelassi, Salomé Vuelta García: Il Teatro Spagnolo a Firenze nel Seicento. Alinea, Florenz 2013, S. 103–109.
  3. Vgl. Anna Tedesco: Cicognini’s Giasone. Between Music and Theatre. In: Ellen Rosand (Hg.): Readying Cavalli’s Operas for the Stage. Manuscript, Edition, Production. (Ashgate interdisciplinary studies in opera) Ashgate, Burlington 2013, ISBN 978-1-4094-1218-2, S. 229–260.
  4. Carl B. Schmidt: Orontea. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich)..
  5. Luci mie traditrici im IRCAM, abgerufen am 2. Mai 2017. Zur Problematik der Autorschaft vgl. Diego Símini: Il corpus teatrale di Giacinto Andrea Cicognini. Pensa multimedia, Lecce u. a. 2012, S. 126.
  6. Eine Auflistung der Stücke gemäß dem aktuellen Forschungsstand in Diego Símini: Il corpus teatrale di Giacinto Andrea Cicognini. Opere autentiche, apocrife e di dubbia attribuzione. Pensa multimedia, Lecce u. a. 2012, S. 125–126. Eine Bibliographie der Handschriften und Drucke erstellten Flavia Cancedda und Silvia Castelli, vgl. Flavia Cancedda, Silvia Castelli: Per una bibliografia di Giacinto Andrea Cicognini. Successo teatrale e fortuna editoriale di un drammaturgo del Seicento. (= Secoli d’oro, 24) Alinea, Florenz 2001.
  7. William C. Holmes: Yet another Orontea. Further rapport between Venice and Vienna. In: Maria Teresa Muraro (Hg.): Venezia e il melodramma nei Seicento. Olschki, Florenz 1976, S. 199–225.
  8. a b Die glückselige Eifersucht Don Roderichs bei Thespis Digital.
  9. Herbert Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof im 17. Jahrhundert. Hans Schneider, Tutzing 1985, S. 443 f.
  10. Adamira oder Das verliebte und geliebte Ehrenbild bei Thespis Digital.
  11. Bärbel Rudin: Die Textbibliothek der eggenbergischen Hofkomödianten in Ceský Krumlov/Böhmisch Krumau (1676–1691). In: Jill Bepler, Helga Meise (Hgg.): Sammeln, Lesen, Übersetzen als höfische Praxis der Frühen Neuzeit. Harrassowitz, Wiesbaden 2010, S. 88–90.