Fundamentallemma der homologischen Algebra

Das Fundamentallemma der homologischen Algebra (auch Hauptlemma der homologischen Algebra[1]) ist ein technisches Lemma aus dem mathematischen Gebiet der homologischen Algebra, es garantiert die Fortsetzbarkeit von Kettenabbildungen zwischen Kettenkomplexen.

Das Fundamentallemma zeigt, dass die Definition von Homologiegruppen unabhängig von Wahlmöglichkeiten bei gewissen Konstruktionen ist.

Lemma Bearbeiten

Es seien   und   zwei Kettenkomplexe. Für eine ganze Zahl   sei

 

eine Familie von Homomorphismen mit

  für  .

Wir nehmen an, dass alle   mit   projektive Moduln sind und dass ab Grad   die Homologie von   verschwindet, also   für alle  .

Dann lässt sich   zu einem Kettenhomomorphismus

 

mit   für   fortsetzen und diese Fortsetzung ist eindeutig bis auf Kettenhomotopie. Zu je zwei Fortsetzungen kann die Kettenhomotopie   so gewählt werden, dass   für  .[2]

Folgerungen Bearbeiten

Eine unmittelbare Folgerung aus dem Fundamentallemma ist der folgende Lehrsatz:[3]

Zu je zwei projektiven Auflösungen   und   eines  -Moduls   gibt es eine (bis auf Kettenhomotopie eindeutige) augmentierungs-erhaltende Kettenhomotopieäquivalenz  .

Eine typische Anwendung dieser Tatsache findet sich bei der Definition von Homologiegruppen. Zum Beispiel wird die Gruppenhomologie   einer Gruppe   mit Koeffizienten in einer abelschen Gruppe   (bspw.   oder  ) definiert als Homologie des Kettenkomplexes

 ,

wobei   eine beliebige projektive Auflösung des  -Moduls   (mit der trivialen  -Wirkung) bezeichnet. Aus dem obigen Satz ergibt sich die Unabhängigkeit der so definierten Homologiegruppen von der Wahl der projektiven Auflösung. Für konkrete Berechnungen ist es oft sehr hilfreich, dass man zur Bestimmung der Homologie die projektive Auflösung beliebig wählen kann.

Eine andere Anwendung ist die Definition des Tor-Funktors, der ebenfalls mittels projektiver Auflösungen definiert wird und wo ebenso aus dem obigen Satz die Unabhängigkeit des Funktors von der gewählten projektiven Auflösung folgt.[4]

Allgemein kann obiger Satz zum Beweis der Wohldefiniertheit linksderivierter Funktoren herangezogen werden.

Duale Version Bearbeiten

Das Fundamentallemma hat auch eine duale Version für Kokettenkomplexe.

Es seien   und   zwei Kokettenkomplexe. Für eine ganze Zahl   sei

 

eine Familie von Homomorphismen mit

  für  .

Wir nehmen an, dass alle   mit   injektive Moduln sind und dass ab Grad   die Kohomologie von   verschwindet, also   für alle  .

Dann lässt sich   zu einem Kettenhomomorphismus

 

mit   für   fortsetzen und diese Fortsetzung ist eindeutig bis auf Kettenhomotopie. Zu je zwei Fortsetzungen kann die Kettenhomotopie   so gewählt werden, dass   für  .

Die duale Version wird bei der Definition von Kohomologiegruppen benutzt, zum Beispiel bei der Gruppenkohomologie, oder bei der Definition des Ext-Funktors.

Literatur Bearbeiten

  • K. S. Brown: Cohomology of groups. Corrected reprint of the 1982 original. Graduate Texts in Mathematics, 87. Springer-Verlag, New York, 1994. ISBN 0-387-90688-6
  • E. Ossa: Topologie. Vieweg Studium: Aufbaukurs Mathematik, 42. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig, 1992. ISBN 3-528-07242-3

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ossa, op.cit., Satz 6.1.8
  2. Lemma I.7.4 in Brown, op. cit.
  3. Theorem I.7.5 in Brown, op. cit.
  4. Ossa, op.cit., Kapitel 6.1