Freudenberg Sealing Technologies

Dichtungshersteller

Der Dichtungshersteller Freudenberg Sealing Technologies ist ein weltweit tätiger Zulieferer der Fahrzeug- und Automobilindustrie, der zivilen Luftfahrtindustrie, der Maschinen- und Schiffbauindustrie, der Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie der Land- und Baumaschinenindustrie. Mit einem Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro und 13.492 Mitarbeitern (Stand 31. Dezember 2021) ist Freudenberg Sealing Technologies der größte Teilkonzern der Freudenberg Gruppe.[2][1]

Freudenberg Sealing Technologies

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Rechtsform GmbH
Gründung 2011 als Umfirmierung der bisherigen Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH & Co. KG
Sitz Weinheim, Deutschland
Leitung Management Board, bestehend aus Claus Möhlenkamp (CEO, Sprecher), Ludger Neuwinger-Heimes (CFO), Matthias Sckuhr (COO/CTO)
Mitarbeiterzahl 13.492 (2021)[1]
Umsatz 2,2 Mrd. Euro (2021)[1]
Branche Dichtungstechnik
Website www.fst.com
Stand: 31. Dezember 2021
Firmenzentrale Freudenberg Sealing Technologies in Weinheim

Geschichte Bearbeiten

Ursprung Bearbeiten

1849 übernahmen Carl Johann Freudenberg und sein Partner Heinrich C. Heintze eine Gerberei in Weinheim. 1929 wurden erste Lederdichtungen für die Automobilindustrie hergestellt. 1932 entwickelte Walther Simmer als Mitarbeiter der Lederfabrik Carl Freudenberg[3] einen neuartigen Radialwellendichtring mit einer Wurmfeder, der nach ihm „Simmerring“ benannt wurde. 1936 wird die Lederdichtlippe durch eine Elastomerdichtlippe ersetzt. Diese Weiterentwicklung wurde dann 1942 erstmals patentiert. Der Simmerring gilt als Synonym für Radialwellendichtringe und er spielt bis heute eine wesentliche Rolle im Dichtungsgeschäft von Freudenberg Sealing Technologies.[4]

Zur Erschließung des japanischen Marktes schloss das Unternehmen 1960 im Bereich Dichtungstechnik eine Kooperation mit der in Tokio ansässigen Nippon Oil Seal Industry Company (NOK).[5] 1973 erwarb Freudenberg eine Beteiligung an dem 1958 gegründeten brasilianischen Dichtungshersteller Rubrasil mit Sitz in São Paulo, der 1988 gemeinsam mit der japanischen NOK übernommen wurde.[6]

1989 wurde das Dichtungsgeschäft in Amerika von Freudenberg und seinem japanischen Partner NOK in dem Gemeinschaftsunternehmen Freudenberg-NOK General Partnership zusammengeführt, um die Präsenz auf dem Markt für Dichtungen in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko zu erhöhen.[7]

In China wurden 1995 in Changchun und in Wuxi erste Dichtungsfabriken gemeinsam mit der japanischen NOK unter dem Dach des neugegründeten Gemeinschaftsunternehmens NOK-Freudenberg Group China eröffnet.[8]

1996 erfolgte die Gründung der Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH Co. KG im Rahmen einer Dezentralisierung der bisherigen Carl Freudenberg KG in eigenständige Teilkonzerne.[9]

1997 wurde die Merkel Gruppe in Hamburg, spezialisiert auf Hydraulik-Dichtungen, und 1998 die Integral Akkumulatoren in Remagen, Hersteller von Druckspeichern für Hydraulik- und Pneumatik, übernommen.[10]

Zum Ausbau des Geschäfts in Indien gründeten Freudenberg, NOK und der in Indien ansässige Automobilzulieferer Sigma[11] im Jahr 2000 das Gemeinschaftsunternehmen Sigma Freudenberg NOK PVT. Ltd. 2003 wurde in der indischen Stadt Mohali eine gemeinsame Produktionsstätte für Dichtungen errichtet.[12]

Im Jahr 2004 erwarb Freudenberg den in Wolfratshausen ansässigen Hersteller von mechanischen Gleitringdichtungen Burgmann Dichtungswerke mit 3.300 Mitarbeitern.[13]

Gründung Bearbeiten

Die heutige Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG entstand am 1. Mai 2011 als Umfirmierung der bisherigen Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik. Zeitgleich wurde das bis dahin eigenständige Gemeinschaftsunternehmen Freudenberg-NOK General Partnership (USA) in Freudenberg NOK Sealing Technologies umfirmiert und unter dem Dach der Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG geführt.[14][15]

Entwicklung seit 2011 Bearbeiten

Im Jahr 2012 erwarb das Unternehmen 50 Prozent der Anteile der Schneegans Gruppe. Das auf Mehrkomponentenspritzguss-Produktionsverfahren spezialisierte Unternehmen firmiert seither unter Schneegans Freudenberg GmbH.[16]

2014 wurden die bis dato unabhängigen Geschäftsgruppen Freudenberg Schwab Vibration Control (Schwingungstechnik für Schienenfahrzeuge) und Dichtomatik (Dichtungshandel) in die Geschäftsgruppe Freudenberg Sealing Technologies integriert. Im selben Jahr erwarb Freudenberg Sealing Technologies das Familienunternehmen Tobul Accumulator Inc., ein Entwickler und Hersteller hydraulischer Akkumulatoren mit Hauptsitz in Bamberg, South Carolina, USA.[17][18] Im September 2015 übernahm Freudenberg Sealing Technologies Ludowici Sealing Solutions, einen australischen Anbieter von hydraulischen und pneumatischen Dichtungen. Freudenberg Sealing Technologies will nach eigenen Angaben dadurch sein Vertriebsnetzwerk für Dichtungslösungen im Industriebereich und im automobilen Ersatzteilgeschäft in Australien stärken.[19]

Das auf schwingungstechnische Lösungen für Schienenfahrzeuge spezialisierte Tochterunternehmen Schwab Vibration Control wurde im Oktober 2016 an Trelleborg AB verkauft.[20][21] Im Juli 2017 übernahm Freudenberg Sealing Technologies den britischen Hersteller von Membranen und Dichtungslösungen Metflex Precision Mouldings.[22]

Zu Beginn des Jahres 2018 übernahm Freudenberg Sealing Technologies Teile des Brennstoffzellen-Herstellers Elcore und seiner Schwester-Gesellschaft Elcomax mit Sitz in München. Im Frühjahr 2018 erwarb das Unternehmen 31 Prozent der Anteile an dem US-amerikanischen Hersteller für großformatige Lithium-Ionen-Batteriezellen, -Module und -Systeme XaltEnergy mit über 140 Mitarbeitern und Sitz in Midland, Michigan.[23][24] Im Februar 2019 wurden diese Anteile auf eine Mehrheitsbeteiligung aufgestockt.[25] Im September 2019 kündigten Flixmobility und Freudenberg Sealing Technologies an, bis spätestens Anfang 2022 dreißig Busse testweise mit Brennstoffzellentechnologie von Freudenberg auszustatten. Die Großserienfertigung der Technik solle nach 2024 erfolgen.[26] Bei Kreuzfahrtschiffen kooperiert Freudenberg unter anderem mit AIDA Cruises und der Meyer Werft im Projekt Pa-X-ell2, in dessen Rahmen ab 2021 die AIDAnova mit Brennstoffzellen betrieben werden soll.[27]

Ende März 2022 kündigte Freudenberg an, alle Geschäfte mit Batterien und Brennstoffzellensystemen in einer eigenen Geschäftsgruppe der Freudenberg Gruppe zu bündeln. Dazu zählen auch die Aktivitäten von Freudenberg Sealing Technologies in diesem Bereich.[28]

Struktur Bearbeiten

Das Unternehmen hat gemeinsam mit seinen Partnern NOK Corporation, Japan, Sigma Freudenberg NOK, Indien und NOK-Freudenberg Group China in 60 Ländern an mehr als 75 Standorten ein weltweites Netzwerk aufgebaut.

Die Tochtergesellschaften Corteco, und Dichtomatik ergänzen Produktpaletten und Vertriebsnetze. Corteco beliefert im Automobilersatzteilmarkt freie Werkstätten sowie den Ersatzteilhandel mit Dichtungen und Innenraumfiltern. Dichtomatik dient als Handelsorganisation von Freudenberg Sealing Technologies auf dem Markt für technische Dichtungen.[29]

Die Geschäfte werden von Claus Möhlenkamp (CEO, Sprecher), Ludger Neuwinger-Heimes (CFO) sowie Matthias Sckuhr (COO/CTO) geleitet.[30]

Europa Bearbeiten

Das Unternehmen beschäftigt in Europa rund 8.000 Mitarbeiter.[31] Seine 22 Produktionsstandorte in Europa unterhält das Unternehmen in Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Schweiz, Spanien, Tschechien, Türkei und Ungarn. Neben dem Unternehmenssitz in Weinheim hat das Unternehmen in Deutschland Vertriebsstandorte in Hirschberg, Hamburg und Schwalmstadt.[32]

Amerika Bearbeiten

Freudenberg Sealing Technologies ist in Nord- und Südamerika als Freudenberg-NOK Sealing Technologies vertreten. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Plymouth, Michigan und stellt Dichtungs- und Elastomerverbundteile her. Das Unternehmen beschäftigt an 23 Produktions-, Forschungs- und Verkaufsstandorte in den Vereinigten Staaten, Kanada, Mexiko, Brasilien und Malaysia rund 5.200 Mitarbeiter (2016).[33]

Asien Bearbeiten

Freudenberg Sealing Technologies agiert auf dem asiatischen Markt mit der NOK-Freudenberg Group China und Sigma Freudenberg NOK, Indien. Die NOK-Freudenberg Group China ist ein Joint Venture zwischen Freudenberg in Deutschland und der NOK Corporation in Japan mit Standorten in Peking, Changchun, Chongqing, Guangzhou, Hefei, Hongkong, Shanghai, Taicang, Tianjin, Wuhan und Wuxi. Das Unternehmen beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter (2016) in China.[34]

Mit dem Joint Venture Sigma Freudenberg NOK Pvt. Ltd. bedient Freudenberg Sealing Technologies Märkte auf dem indischen Subkontinent. Das Unternehmen beliefert Fahrzeughersteller, indische Joint-Venture-Partner von internationalen Automobilherstellern und deren Zulieferer.[35]

Auszeichnungen Bearbeiten

Für die Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Produktion metallischer Stützringe, das gegenüber herkömmlichen Verfahren 73 % Stahl und dementsprechend CO2 einspart, wurde Freudenberg Sealing Technologies 2011 mit dem Deutschen Innovationspreis und dem Innovationspreis für Klima und Umwelt (IKU) in der Kategorie „Umweltfreundliche Technologien“ ausgezeichnet. Statt des bisher üblichen Ausstanzens der Stützringe werden in der neu entwickelten Anlage Schmalbänder zu Ringen geformt und per Laser abgetrennt sowie verschweißt.[36][37]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Freudenberg Gruppe: Geschäftsbericht 2021. (PDF) März 2021, S. 79, abgerufen am 1. Juli 2022.
  2. Freudenberg Sealing Technologies - seit über 165 Jahren in Familienbesitz. Abgerufen am 22. Dezember 2017 (deutsch).
  3. Georg Küffner, Dicht halten ist ihr Job, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Februar 2010.
  4. 85 Jahre Simmerring. Gehen Sie auf Zeitreise mit dem Simmerring. Abgerufen am 22. Dezember 2017.
  5. Freudenberg Gruppe: Die Entwicklung der Freudenberg Gruppe 1849-2016. (PDF) 30. Mai 2017, S. 15, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  6. Freudenberg Gruppe: Die Entwicklung der Freudenberg Gruppe 1849-2016. (PDF) 30. Mai 2017, S. 16, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  7. Andreas Ahrens, Volker Teichert, Rolf Gramm: Ökologische Stoffwirtschaft im Rhein-Neckar-Raum. Hrsg.: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Berlin / Heidelberg 1995, ISBN 3-926930-82-9, S. 115.
  8. Deutschland.de: Die Musterunternehmer. FAZIT Communication GmbH, Auswärtiges Amt, 27. Dezember 2012, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 22. Dezember 2017.@1@2Vorlage:Toter Link/www.deutschland.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. Carl Freudenberg: 150 Jahre Freudenberg: die Entwicklung eines Familienunternehmens von der Gerberei zur internationalen Firmengruppe. Hrsg.: Freudenberg & Co. KG. Mannheim 1999, OCLC 313958262, S. 171 ff. (ibs-bw.de).
  10. Carl Freudenberg: 150 Jahre Freudenberg : die Entwicklung eines Familienunternehmens von der Gerberei zur internationalen Firmengruppe. Hrsg.: Freudenberg & Co. KG. Mannheim 1999, OCLC 313958262, S. 210–211 (ibs-bw.de).
  11. Sigma Corporation: About us. Abgerufen am 22. Dezember 2017 (englisch).
  12. Freudenberg Gruppe: Die Entwicklung der Freudenberg Gruppe 1849-2016. (PDF) 30. Mai 2017, S. 22, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  13. Klaus-Dieter Flörecke: Freudenberg-Gruppe will Burgmann kaufen. Automobilwoche, 2. Februar 2004, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  14. Freudenberg Gruppe: Geschäftsbericht 2011 Unternehmensgruppe Freudenberg. (PDF) 29. März 2012, S. 6, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  15. Freudenberg Gruppe: Die Entwicklung der Freudenberg Gruppe 1849-2016. (PDF) 30. Mai 2017, S. 18, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  16. Freudenberg steigt bei Schneegans ein. Peter Olsen in Börsen-Zeitung. Abgerufen am 7. November 2016.
  17. Geschäftsbericht 2014 Freudenberg Gruppe, S. 9. Abgerufen am 16. Juli 2018 (PDF; 7,02 MB).
  18. Dichtungslösungen bei der Öl- und Gasförderung. Fluid.de. Abgerufen am 7. November 2016.
  19. Freudenberg kauft Ludowici Sealing Solutions. Jens Scheiner in Automobil Industrie. Abgerufen am 7. November 2016.
  20. Schwab Vibration Control geht an Trelleborg. Gabriel Pankow in Produktion. Abgerufen am 7. November 2016.
  21. Freudenberg Gruppe: Schwab Vibration Control an Trelleborg verkauft. 4. Oktober 2016, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  22. Jens Scheiner: Freudenberg übernimmt Metflex Precision Mouldings. Automobil Industrie, 7. Juli 2017, abgerufen am 21. Juli 2017.
  23. CHEManager: Freudenberg wächst weiter nachhaltig. 18. Mai 2018, abgerufen am 16. Juli 2018.
  24. Freudenberg Sealing Technologies: Freudenberg investiert in Brennstoffzellen- und Batterietechnologie. 14. Mai 2018, abgerufen am 16. Juli 2018.
  25. Jens Scheiner: Freudenberg: Mehrheitsbeteiligung an Xalt Energy. Automobil Industrie, 5. Februar 2019, abgerufen am 12. April 2019.
  26. Henning Peitsmeier: Flixbusse sollen noch grüner werden. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. September 2019, abgerufen am 6. November 2019.
  27. Rebecca Gibson: AIDA Cruises to pilot cruise industry's first fuel cell system. Cruise & Ferry, 15. Oktober 2019, abgerufen am 6. November 2019 (englisch).
  28. Freudenberg Group Celebrates Growth and Strong Sales in 2021. Automation.com, 21. April 2022, abgerufen am 1. Juli 2022 (englisch).
  29. Freudenberg Gruppe: Geschäftsbericht 2016. (PDF; 7,88 MB) April 2017, S. 51–53, abgerufen am 21. Juli 2017.
  30. Freudenberg Sealing Technologies: Freudenberg Sealing Technologies verkleinert Geschäftsleitung. 23. Mai 2021, abgerufen am 1. Juli 2022.
  31. Freudenberg Sealing Technologies: Freudenberg Sealing Technologies als Arbeitgeber. Abgerufen am 22. Dezember 2017.
  32. Freudenberg Sealing Technologies: Standorte. Abgerufen am 22. Dezember 2017.
  33. Freudenberg Sealing Technologies: Freudenberg-NOK Sealing Technologies. Abgerufen am 22. Dezember 2017.
  34. NOK-Freudenberg: About us. Abgerufen am 22. Dezember 2017.
  35. Chris Sweeney: Freudenberg to expand sealing production in India. Rubber & Plastics News, 20. Juni 2017, abgerufen am 22. Dezember 2017 (englisch).
  36. Sebastian Matthes, Thomas Kuhn, Dieter Duerand: Die Sieger des Innovationspreises 2011. WirtschaftsWoche, 26. März 2011, abgerufen am 22. Dezember 2017.
  37. IKU: Preisträger 2011 (Memento vom 13. September 2016 im Internet Archive). Website des Innovationspreises für Klima und Umwelt IKU, abgerufen am 3. September 2016.