Die Finnische Methode (auch als Referenzwirkungsgradmethode[1] bezeichnet, englisch alternative generation method) ist eine Allokationsmethode zur Aufteilung des Brennstoffeinsatzes auf die erzeugte Wärme und elektrischen Energie bei der Kraftwärmekopplung (KWK). Die Aufteilung erfolgt im Vergleich zu einem Referenzsystem (daher der Name Referenzwirkungsgradmethode). Zur Beschreibung des Brennstoffaufwands werden typischerweise Primärenergiebedarf, direkte CO2-Emissionen oder CO2-Äquivalente herangezogen. Sie wird sowohl bei der Berechnung von Energiebilanzen ganzer Volkswirtschaften als auch zur Beurteilung einzelner KWK-Anlagen (z. B. Heizkraftwerke) angewendet. Mit der Einführung des Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetzes (CO2KostAufG) wird diese Methode in Deutschland verwendet, um die direkten CO2-Emissionen der Wärmeerzeugung einer KWK-Anlage zu bestimmen, damit die Kosten aus der nationalen Bepreisung von CO2-Emissionen nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden können.

Beschreibung der Methode Bearbeiten

Im ersten Schritt wird berechnet, welche Brennstoffeinsparung die gekoppelte Wärme- und Stromerzeugung im Vergleich zu einem Referenzsystem erzielt hat. Das Referenzsystem verwendet dabei den gleichen Brennstoff, wie die KWK-Anlage, aber in zwei getrennten (also ungekoppelten) Prozessen. Für jeden Brennstoff und für jedes Land innerhalb der europäischen Union gibt es einen individuellen Satz an Referenzwirkungsgraden (ηth,Ref und ηel,Ref). Die relative Brennstoffeinsparung wird dann zu gleichen Teilen auf die gekoppelte Wärme- und Stromerzeugung aufgeteilt. Maßgebend ist hierbei die Aufteilung des Brennstoffbedarf des Referenzsystems. Ist die Aufteilung der Brennstoffeinsparung bekannt, werden die Aufwandszahlen, wie Primärenergiefaktor und CO2-Emissionsfaktor bestimmt.

Die Aufteilung kann sowohl über die Wirkungsgrade, als auch für die Nutzungsgrade erfolgen. Typischerweise erfolgt die Berechnung über die Jahresnutzungsgrade einer KWK-Anlage.

Zunächst werden über die thermische Jahresarbeit Wth,KWK, die elektrische Jahresarbeit Wel,KWK und den gesamten Jahresbrennstoffeinsatz WBr,KWK für die KWK-Anlagen ein thermischer Wirkungsgrad ηth,KWK und ein elektrischer Wirkungsgrad ηel,KWK bestimmt:[2][3][4]

 
 

Zusammen mit den thermischen und elektrischen Wirkungsgraden des Referenzsystems ηth,Ref und ηel,Ref kann dann die Brennstoffeinsparung BSE gegenüber dem Referenzsystem bestimmt werden:[2][3][4]

 

Anmerkung: Da 100 % = 1 lässt sich die Formel alternativ auch ohne den Term „  100 %“ darstellen.

In Deutschland sind die Referenznutzungsgrade in der ZuV 2020[5] wie folgt definiert:

Steinkohle, Koks und sonstige feste Brennstoffe Braunkohle, Braunkohlebriketts Gasöl, Heizöl, Flüssiggas und sonstige flüssige Brennstoffe Erdgas und weitere gasförmige Brennstoffe
  44,2 % 41,8 % 44,2 % 52,5 %
  88 % 86 % 89 % 90 %

Über die Brennstoffeinsparung und die Wirkungsgrade kann dann der gesamte Brennstoffeinsatz WBr,KWK auf einen Brennstoffeinsatz zur Wärmeerzeugung Wth,Br und einen Brennstoffeinsatz zur Stromerzeugung Wel,Br aufgeteilt werden:[2]

 
 

Der Brennstoffeinsatz wird dann im letzten Schritt mit der entsprechenden Allokationsgröße gewichtet. In Deutschland werden im Rahmen der Aufteilung der CO2-Emissionen einer Fernwärmeversorgung zwischen Mieter und Vermieter (siehe BEHG und CO2KostAufG) als Allokationsgröße die direkten Emissionen des Brennstoffbedarf für die Wärmeversorgung bestimmt.

 

Die thermische und elektrische Jahresarbeit in Bezug zum jeweiligen Brennstoffeinsatz ergibt den effektiven Wirkungsgrad des Teilprozesses.

 
 

Herleitung der Brennstoffeinsparung Bearbeiten

Die Brennstoffeinsparung BSE gegenüber dem Referenzsystem ηth,Ref und ηel,Ref begründet sich wie folgt. Eine KWK-Anlage verwendet den Brennstoff WBr,KWK

 

 

Darin sind A die Menge des durch die KWK-Anlage erzeugte Stroms und Q die durch die KWK-Anlage erzeugte Wärme. Das Referenzsystem benötigt für die gleiche Menge Strom und Wärme die folgende Menge an Brennstoff:

 

Die Brennstoffeinsparung ist die Differenz zwischen dem Brennstoffbedarf des ungekoppelten Referenzsystems WBr,Ref und der Kuppelproduktion WBr, bezogen auf das Referenzsystem.

 

Im nächsten Schritt muss der Brennstoffbedarf auf Wärme und Strom verteilt werden. Als Basis dient der Brennstoffbedarf des Referenzsystem:

 

 

Da   ist, gilt

 

und es ergibt sich

 

 

Darin entspricht

 

Somit ergibt sich

 
 

Berechnet man den thermischen und den elektrischen CO2-Emissionsfaktor, so werden die CO2-Emissionen der KWK-Anlage   gemäß der Allokationsfaktoren   und   auf Strom und Wärme aufgeteilt.

   

Die spezifischen CO2-Emissionsfaktoren ergeben sich dann zu

   

Zur Berechnung der Primärenergiefaktoren kann analog verfahren werden, wobei der Emissionsfaktor   durch den Primärenergiefaktor   ersetzt werden muss.

Anwendungen und Abgrenzung Bearbeiten

Die Finnische Methode wird bei der Erstellung von Energiebilanzen angewandt, konkurriert aber mit anderen Methoden. So wird die Finnische Methode beispielsweise bei den von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen für Deutschland erstellten Energiebilanzen angewendet, wobei Referenzwirkungsgrade von ηth,Ref = 80 % und ηel,Ref = 40 % angesetzt werden.[2] Die Energiebilanzen der deutschen Bundesländer werden ebenfalls mit der Finnischen Methode, allerdings mit Referenzwirkungsgraden von ηth,Ref = 90 % und ηel,Ref = 40 % bestimmt.[1] Im Gegensatz dazu verwenden z. B. International Energy Agency (IEA), Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Eurostat eine andere Methode.[6]

Gemäß der europäischen KWK-Richtlinie 2004/8/EG war die Verwendung der Finnischen Methode zur Bestimmung der Primärenergieeinsparung von einzelnen KWK-Anlagen vorgeschrieben.[4] Diese Richtlinie wurde durch die Energie-Effizienz-Direktive (EED) 2012/27/EU abgelöst, in der in Anhang II die Primärenergieeinsparung (PEE) nach der gleichen Formel zu berechnen ist.[7]

Neben der Finnischen Methode existieren weitere Methoden zur Berechnung der Primärenergieeinsparung und Allokation von Brennstoffeinsätzen (und damit auch von CO2-Emission) auf Strom und Wärme.[3]

Vor- und Nachteile Bearbeiten

Laut VDI-Richtlinie 4661 „gibt [es] keine Methode, die insgesamt, d.h. nach thermodynamischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien gleichermaßen zwingend anzuwenden wäre“.[8] Es ist jeweils zu prüfen, ob die Finnische Methode oder eine andere Methode „für den jeweils betrachteten Fall und den daraus resultierenden Aussagen besser oder schlechter geeignet“ ist.[3]

Als Vorteile der Finnischen Methode werden angegeben:

  • Es erfolgt keine Überbewertung der Brennstoffeinsparung.[3]
  • Es wird nicht nur die betrachtete KWK-Anlage selbst beurteilt, sondern ihre Energieeinsparung zur ungekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung.[3]
  • Es kommt zu keinen negativen Kennzahlen, wie es bei der Stromgutschriftmethode der Fall ist.

Daneben werden folgende Nachteile angegeben:

  • Sie ist verhältnismäßig aufwändig.[9]
  • Es müssen Annahmen zu Referenzanlagen und damit Referenzwirkungsgraden getroffen werden.[9] Die Referenzwirkungsgrade können in einem weiten Bereich streuen und haben daher einen starken Einfluss auf das Ergebnis.[3]

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Länderarbeitskreis Energiebilanzen (Hrsg.): Glossar zu den Energiebilanzen der Länder. März 2014 (lak-energiebilanzen.de [PDF; 252 kB; abgerufen am 18. Januar 2015]). Online als PDF (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lak-energiebilanzen.de
  2. a b c d Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. (Hrsg.): Vorwort zu den Energiebilanzen für die Bundesrepublik Deutschland. August 2010, 3 Aufteilung des Brennstoff-einsatzes auf die Produkte Strom und Wärme nach finnischer Methode, S. 10 (ag-energiebilanzen.de [PDF; 161 kB; abgerufen am 18. Januar 2015] Methodische Beschreibung der offiziellen Energiebilanzen Deutschlands).
  3. a b c d e f g Wolfgang Mauch, Roger Corradini, Karin Wiesemeyer und Marco Schwentzek: Allokationsmethoden für spezifische CO2-Emissionen von Strom und Wärme aus KWK-Anlagen. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen. Band 55, Nr. 9, 2010, S. 12–14 (ffe.de [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 18. Januar 2015]).
  4. a b c Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 92/42/EWG, Anhang III: Verfahren zur Bestimmung der Effizienz des KWK-Prozesses.
    Das deutsche Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verwies in § 9a Abs. 2 Nr. 8 auf den Anhang dieser Richtlinie.
  5. Anhang 1 ZuV 2020 - Einzelnorm. Abgerufen am 19. Mai 2023.
  6. International Energy Agency (IEA), Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) und Eurostat (Hrsg.): Energy Statistics Manual. 2005, S. 48 und 147 (englisch, iea.org [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 18. Januar 2015] Methodische Beschreibung internationaler Energiebilanzen).
  7. Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG, Anhang II: Verfahren zur Bestimmung der Effizienz des KWK-Prozesses.
    Das deutsche Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verweist in § 31 Abs. 2 Nr. 13 auf den Anhang dieser Richtlinie.
  8. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Richtlinie VDI 4661 Energiekenngrößen : Definitionen – Begriffe – Methodik. September 2003, S. 27.
  9. a b Gerald Kalt: Primärenergiefaktoren von fossilen und erneuerbaren Energieträgern, Strom und Fernwärme im Zeitraum 2000 bis 2011. Teilbericht des Projektes „Erweiterung der Monitoringmethoden im Sinne der RL 2006/32/EG um Primärenergieeinsparungen sowie Berechnung der Primärenergieeffekte der Ziele der Energiestrategie Österreich im Hinblick auf den Entwurf der Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Kommission COM(2011) 370 final“. Hrsg.: Österreichische Energieagentur. Wien Juni 2013, S. 7 f. (bmwfw.gv.at [PDF; 965 kB; abgerufen am 23. Februar 2015]). Online als PDF (Memento des Originals vom 4. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmwfw.gv.at