Gegenstand der Erbfolge war im römischen Recht die Gesamtnachfolge einer oder mehrerer Personen als Erben in den Inbegriff der Rechte eines Verstorbenen (Universalsukzession). Die Rechte mussten über den Tod des Verstorbenen hinaus bestehen und durften keinen vermögensrechtlichen Erwerbstatbeständen, wie etwa Vinikationslegaten – Vermächtnissen über Einzelgegenständen – unterliegen. Bei Erbenmehrheit wurde der Güterbestand nicht aufgeteilt, das heißt auf Köpfe verteilt, sondern er wurde in rechnerischen Bruchteilen am gesamten Erbschaftsvermögen übertragen.

Ganz ursprünglich unterlag die Erbfolge allein zivilen Grundsätzen (ius civile). Alsbald wurde nach Feststellung von Missständen das prätorische Honorarrecht (ius honorarium) als Korrektiv eingeführt.

Gesamtnachfolge Bearbeiten

Während der altzivilen Zeit der Zwölftafelgesetzgebung konnte eine Erbfolge nur gewährleisten, wer Erben hatte. Bei einem Familiengut des altbäuerlichen Zuschnitts trat der Erbe beziehungsweise die Erbengemeinschaft an die Stelle des Erblassers (succedere in locum defuncti), Haus und Hof blieben unter den Hauserben (sui heredes) ungeteilt (consortium), und der Hauskult (sacra) war zu pflegen. Teilbarkeit des Erbes war zwar möglich, aber ursprünglich nur eine Option.

Neben die gesetzliche Erbfolge trat alsbald das Testament als letztwillige Verfügung des Erblassers. Der letzte Wille (suprema voluntas) wurde in der Frühzeit vor den Kuriatskomitien, später mit Libralakt[1] bezeugt, woraus das Testament begrifflich herrührt (testamentum aus testari). Wann das Testament aufkam, lässt sich – nach derzeitigem Stand der Forschung – nicht rekonstruieren,[2] gleichwohl fand deren Verwendung im Rahmen der libertär geprägten Testierfreiheit hohen Zuspruch. Der gesetzlichen Erbfolge ging es vor. Beide Verfügungsformen schlossen sich gegenseitig aus, denn es galt der Grundsatz, dass „niemand teils mit und teils ohne Testament sterben kann“ (nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest).[3] Blieben nach testamentarischer Erbeinsetzung Teile der Erbschaft frei, fielen diese Teile deshalb auch nicht an die gesetzlichen Erben, sie wuchsen stattdessen den testamentarischen Erben an (Akkreszenz).[4] Erbe wurde, wer den Erblasser überlebte, kraft Fiktion auch der nasciturus. Auflösende Bedingungen und Befristungen waren unwirksam (pro non scripto). In der Kaiserzeit fand neben dem Testament das formärmere Kodizill noch Anwendung, häufig als bloßer Brief.

Gegenstand der Erbfolge war die hereditas, die Erbschaft. Mit dem Begriff wird das einheitliche Vermögen des Erblassers zusammengefasst. Ursprünglich waren das zunächst nur körperliche Sachen (res corporales), ab der Zeit der klassischen Jurisprudenz im Prinzipat wurden der hereditas auch vererbliche Rechte zugerechnet, also neben Besitz (mancipium) und Sklaveneigentum auch Personenrechte (Forderungen, Leistungsrechte). Nachlassschulden wurden als Verbindlichkeiten, die zu tilgen waren, mit der Erbschaft verbunden.[5] Nicht der hereditas unterfielen hingegen Manusehen (uxores in manu) oder die Vorstandsgewalt im Familienverband, die patria potestas. Diese Rechte erloschen nämlich mit dem Tod des Erblassers. Gleiches galt für eine vom Erblasser übernommene Schutzherrschaft (Patronat) über seine Klientel, ebenso eine ausgeübte Vormundschaft (tutela). Diese Rechte waren nicht vererbbar, denn sie wurden über lebzeitige Regeln übertragen.[5]

Heres wurde nur der Erbe nach ius civile. Dabei gab es zwei Alternativen. Er konnte gesetzlicher Erbe sein, sogenannter Intestaterbe (Erbe ohne Testament), vermittelt etwa über die XII Tafeln und später über Senatsbeschlüsse beziehungsweise Kaiserrecht. Gesetzliche Erbschaft kam aber grundsätzlich nicht zum Zug, wenn der Erbe testamentarisch bedacht worden war, also im Wege gewillkürter Erbfolge profitierte. Erblasserwillkür konnte aber zu Konflikten mit dem traditionellen Gewohnheitsrecht führen und große Nachteile für das Familiengut heraufbeschwören. Man wurde sich der Ungerechtigkeiten bewusst, die Hauskinder, Agnaten oder kognatische Blutsverwandte dann erfuhren, wenn sie sich zuvor emanzipiert hatten, also aus dem Hausverband ausgetreten waren. Sie waren aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Da eine Neuregelung beziehungsweise Modernisierung der zivilen Erbfolgeordnung jedoch unterblieb, bedurfte es zur Korrektur der prätorischen Eingriffsrechte. Prätorische Erbeinweisungen erlangten in der Folge Hochkonjunktur. Es entwickelte sich in der römischen Erbrechtsordnung fortan ein Nebeneinander von Zivilrecht und prätorischem Honorarrecht. Zwar führte die Erbschaftseinweisung kraft bonorum possessio mittels hoheitlichem ius honorarium nicht zur Erbenstellung, in bestimmten Fällen aber konnte der testamentarische Erbe in dieser Weise aus seiner Erbenposition verdrängt werden (bonorum possessio cum re).[6] Aufgrund von Beweislastfragen und technischer Umsetzung der Parteirollenfrage (hereditatis petito),[7] war der Erbschaftsbesitzer als Beklagter in der komfortableren Situation (beatus possidens), er verlor den Besitz der Erbschaft aber, wenn er letztlich sine re war.

Erbeinsetzung und Inhalt des Testaments Bearbeiten

So wie für die Erbeinsetzung galt, dass eine oder mehrere Personen bestimmt sein mussten, die den Nachlass (und die Schulden) als Ganzes übernehmen sollen (Regelungen im BGB: § 1922, § 1967 BGB), so galt auch, dass ohne ein wirksames Testament keine Erbeinsetzung stattfinden konnte (abweichende Regelung im BGB lautet: §§ 2147 ff. BGB).[8] Erblasser und Erbe mussten für die Wirksamkeit ihrer Erklärungen testierfähig sein (testamenti factio activa / passiva).[9]

Die Erbeinweisung war ein zwingend notwendiger Verfahrensschritt (heredis institutio). Es bedurfte eines oder mehrerer Gesamtrechtsnachfolger, damit Legate, Fideikommisse oder Freilassungen von Sklaven überhaupt wirksam werden konnten. Die Erbeinsetzung musste imperativen Wortformeln folgen, die auch in der klassischen Zeit noch Anwendung fanden (etwa: Titus heres esto = „Titus soll Erbe sein“).

Der Erblasser konnte auch einen Ersatzerben bestimmen, wenn der erstgesetzte Erbe nicht erwarb, sogenannte Vulgarsubstitution. Hierzu konnten sich Streitigkeiten ergeben, die unter der Ägide Sullas Gegenstand eines historischen Prozesses des Juristen Scaevola im Jahr 92 v. Chr. waren.[10] In dem Prozess wurde auch erörtert, ob eine Pupillarsubstitution möglich ist, also die Einsetzung eines Nacherbens für den Fall, dass der Erbe zum Erbanfall noch unmündig verstirbt (mit Mündigkeit würde er erben), und bejaht. Dabei handelte es sich um die einzige Ausnahme zur ansonsten nicht vorgesehenen Nacherbschaft in Rom.[11]

Die Testamentsauslegung war schon in der republikanischen Zeit bekannt, wenn ein Gegensatz zwischen Wortlaut und Wille hervortrat. Dann wurde auf den Willen abgestellt und der Wortlaut schadete nicht.[12] Auslegungen wurden aber nicht stringent durchgezogen, denn selbst noch in der klassischen Zeit wurden immer wieder Fälle nach Wortlaut entschieden.[13]

Literatur Bearbeiten

  • Ulrike Babusiaux: Wege zur Rechtsgeschichte. Römisches Erbrecht (= UTB-Band-Nr. 4302). Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2015, ISBN 978-3-8252-4302-9.
  • Friedrich Endemann: Römisches Privatrecht (= Grundrisse der Rechtswissenschaft. Band 12). Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1925, S. 224–228.
  • Max Kaser: Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Zehnte Abteilung, Dritter Teil, Dritter Band, Erster Abschnitt). 2. Auflage. C. H. Beck, München 1955, § 70, S. 563–566.
  • Ulrich Manthe: Sui heredes. In: Der Neue Pauly. Band 11, 2001, S. 1091 f.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Gaius, Institutiones Gaii 2.103 ff.
  2. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 7. Auflage. Springer, Zürich 2010, ISBN 978-3-642-05306-1, S. 187 ff. (187).
  3. Pomponius, Digesten 50.17.7.
  4. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 7. Auflage. Springer, Zürich 2010, ISBN 978-3-642-05306-1, S. 187 ff. (189).
  5. a b Max Kaser: Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht. 2. Auflage. C. H. Beck, München 1955, S. 564 f.
  6. Vgl. hierzu die Kurzausführungen in Kollisionsrecht im zivilen/prätorischen Erbrecht
  7. Heinrich Siber: Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung (römisches Privatrecht). Band 2, 1928, S. 389 ff.; Martina Müller-Ehlen: Hereditiatis petito. Böhlau, Köln u. a., 1998, ISBN 978-3-412-10496-2.
  8. Ein Testament kann in Deutschland so gestaltet werden, dass es ausschließlich Vermächtnisse enthält, was im antiken Rom nicht möglich war.
  9. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 7. Auflage. Springer, Zürich 2010, ISBN 978-3-642-05306-1, S. 187 ff. (192).
  10. Cicero, De inventione 2, 122 (übersetzt): „Wenn mir ein Sohn (oder mehrere) geboren wird, dann soll(en) er (oder sie) Erbe sein“. Sodann hieß es später noch: „Jener soll mein Erbe sein, wenn mein Sohn vor erreichter Mündigkeit sterben sollte.“ Anm.: Ein Sohn wurde ihm nicht geboren.
  11. Uwe Wesel: Juristische Weltkunde: eine Einführung in das Recht. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-28067-8, S. 185.
  12. Quintilian, Institutiones oratoriae 7.6.11.; Javolen, Digesten 34.5.28.
  13. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 7. Auflage. Springer, Zürich 2010, ISBN 978-3-642-05306-1, S. 187 ff. (194).