Elstertalbrücke (Autobahn)

Autobahnbrücke in Sachsen
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Die Elstertalbrücke Pirk gehört zu den größten Steinbogenbrücken Europas, die für den Straßenverkehr errichtet wurden. Sie ist Teil der Bundesautobahn 72 und befindet sich bei Autobahnkilometer 23,7 in der Mittelgebirgslandschaft des Vogtlandes bei Pirk, einem Ortsteil von Weischlitz. Mit dem Bau der Brücke wurde 1938 begonnen, die Arbeiten wurden jedoch 1940 aufgrund des Zweiten Weltkriegs eingestellt. Die Brücke blieb 50 Jahre lang unvollendet, bis sie schließlich nach der Deutschen Wiedervereinigung von 1990 bis 1993 fertiggestellt werden konnte.

A72 Elstertalbrücke Pirk
Elstertalbrücke Pirk
A72 Elstertalbrücke Pirk
Offizieller Name Weiße-Elster-Talbrücke
Burgstein-Pirk
Überführt Bundesautobahn 72
Unterführt Weiße Elster,
Bahnstrecke Plauen–Cheb
Ort Weischlitz OT Pirk
Bauwerknummer 104
Konstruktion Bogenbrücke / Balkenbrücke
Gesamtlänge 503,5 m
Breite 2 × 14,75 m
Längste Stützweite 38,5 m
Konstruktionshöhe 2,5 m
Höhe 60 m
Baukosten 69 Millionen DM
Baubeginn 1938 / 1991
Fertigstellung 1993
Eröffnung 6. September 1993
Lage
Koordinaten 50° 25′ 42″ N, 12° 4′ 15″ OKoordinaten: 50° 25′ 42″ N, 12° 4′ 15″ O
Elstertalbrücke (Autobahn) (Sachsen)
Elstertalbrücke (Autobahn) (Sachsen)
Höhe über dem Meeresspiegel 420 m ü. NN

Geschichte Bearbeiten

Bereits beim Bau der Eisenbahnstrecke Leipzig–Hof mussten im Vogtland mit der Göltzschtalbrücke und der Elstertalbrücke zwischen 1846 und 1851 zwei große Brückenbauwerke in Ziegelbauweise errichtet werden. Auch die Reichsautobahn ChemnitzHof wurde durch die von tiefen Taleinschnitten geprägte Landschaft geführt. Erneut waren die Täler der Göltzsch mit einer Autobahnbrücke bei Weißensand und das Tal der Weißen Elster bei Pirk zu überspannen. Die Autobahnbrücke über das Elstertal wurde ab 1936 als damals größte Massiv-Straßenbrücke der Welt[1] mit einer Gesamtlänge von 623,7 m und einer maximalen Höhe von 60 m geplant. Die Baukosten sollten 12 Mio. RM betragen.

Mit den Bauarbeiten wurde 1938 begonnen. Auf der Baustelle wurde 24 Stunden am Tag im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Insgesamt waren etwa 450 Arbeiter im Einsatz, die ausführenden Unternehmen waren Philipp Holzmann, Grün & Bilfinger sowie Wayss & Freytag. Chefingenieur des Brückenbaus war Walter Kinze (1910–1994), ab 1960 Professor für Grundbau an der Technischen Hochschule Dresden.[2][3] Auf Grund des Zweiten Weltkriegs konnte das Bauwerk nicht ganz vollendet werden. 1940 folgte die Einstellung der Bauarbeiten. Bis dahin waren die zwölf Bögen fertiggestellt, es fehlten noch die Aufmauerung und die Fahrbahn.[4]

Nach der Teilung Deutschlands lag die Brücke am Rand des Grenzsperrgebiets der DDR und blieb eine rund 50 Jahre brachliegende Baustelle.

Im Juni 1990 wurde mit Voruntersuchungen begonnen und im September 1990 schließlich der Weiterbau in die Wege geleitet. Ziel war es, die vorhandene Substanz so weit wie möglich zu erhalten und zu nutzen; sogar die seit Jahrzehnten in der Nähe gelagerten Granitquader für das Verblendmauerwerk konnten benutzt werden. Die Entwurfsplanung und Bauleitung hatte das Ingenieurbüro Prof. Dr.-Ing. Bechert & Partner in Stuttgart. Die Ausführungs- und Tragwerksplanung erbrachte das Technische Büro der Hauptverwaltung München der Bauunternehmung Dyckerhoff & Widmann. Die Bauarbeiten wurden von einer Arbeitsgemeinschaft aus der Nürnberger Niederlassung von Dyckerhoff & Widmann sowie dem Münchner Unternehmen Kunz GmbH & Co. ausgeführt, die Reinigungs- und Verpressarbeiten an der Altbausubstanz besorgte das Nürnberger Unternehmen Rödl GmbH. Die nördliche Fahrbahn der Brücke wurde am 2. Oktober 1992 für den Verkehr freigegeben, am 6. September 1993 folgte die südliche Fahrbahn.

Konstruktion Bearbeiten

Das bis zu 60 m hohe Bauwerk weist elf sich nach oben schwach verjüngende Pfeiler und zwölf 18,28 m breite Bögen mit jeweils 33,5 m lichter Weite auf. Die Baugruben für die Pfeilerfundamente hatten eine Tiefe von bis zu 8 m. Verwendet wurde gelblicher und bläulicher Granitstein, der im regelmäßigen Schichtenverband gemauert wurde. Insgesamt 20.000 m³ Quadermauerwerk waren für die Gewölbe und Verkleidungen ausgeschrieben worden. Die Pfeiler bestehen aus einer Granit-Vormauerung und einem Kern aus Stampfbeton.[5]

Die Brücke präsentiert sich heute nur noch scheinbar als Bogenbrücke, da das ursprüngliche statische System nicht mehr für den Überbau verwendet wurde. Damit nur das Gewölbeeigengewicht vorhanden ist, wurde für den Überbau eine Durchlaufträgerkonstruktion aus Spannbeton verwendet (Spannbetonhohlkästen für jede Fahrtrichtung, 2,5 m hoch und zusammen 29,5 m breit). Dadurch werden die Lasten über Auflagerstühle direkt in den Pfeilerachsen abgeleitet. Zum anderen konnte so die ursprüngliche Breite der Brückenkrone, die nach dem Normalprofil der Reichsautobahnen auf 19 m festgelegt war, durch die Spannbetonfahrbahnplatte beidseitig um zirka 5,25 m auf insgesamt 29,5 m verbreitert werden. Diese Auskragung ermöglichte gegenüber der ursprünglichen Planung zwei Fahrstreifen und einen Standstreifen für jede Fahrtrichtung. Im Brückenbereich steigt die Autobahntrasse Richtung Nordosten mit 2 % an.

Die Brücke hat heute eine Gesamtstützweite von 503,5 m. Die Herstellung der beiden Spannbetonüberbauten erfolgte bei Stützweiten von 17,0 m, 33,0 m, 10 × 38,5 m, 35,0 m und 33,5 m im Taktschiebeverfahren. Vom Widerlager Hof aus wurden die Überbauten eingeschoben.[6] Das Bauwerk ist insgesamt 505,5 m lang und über der Weißen Elster 60 m hoch.

Josef Scheidler, Leiter des Sachgebietes Tunnel- und Brückenbau in der obersten Baubehörde des Freistaates Bayern, hatte sich maßgeblich für den Erhalt und die Vollendung der Brücke eingesetzt, trotz der deutlich höheren Kosten gegenüber einem Neubau. Ihm zu Ehren wurde eine Gedenktafel am Fuße des siebten Pfeilers angebracht.

Zitate Bearbeiten

„Die schönste Brückenform für hohe Talbrücken ist der Bogen auf schlanken Pfeilern mit gleichen Öffnungsweiten bis zu den in langen Wangenmauern ausklingenden Brückenenden.“

„Diese Brücke ist ein Symbol des Zusammenwachsens der beiden deutschen Staaten.“

Gert Nürnberger, Ortsvorsteher von Pirk, 2012.[2]

Literatur Bearbeiten

Chronologisch:

  • O. Peucker: Der Bau einer Reichsautobahn-Talbrücke. In: Bautechnik 19, April 1941, Heft 15, S. 154–159, (20 Abb.), Volltext online, (PDF; 2,7 MB).[8]
  • Jean-Curt Röder[9]: Die Pirker Autobahnbrücke. In: Vogtländisches Jahrbuch, 10. Jahrgang, Plauen 1993, ZDB-ID 913130-9, S. 10–11.
  • Bundesministerium für Verkehr (Hrsg.): Brücken der Bundesfernstraßen 1994. Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1994, ISBN 3-89273-070-9, S. 35–46.
  • Hans-Dieter Pfeiffer, Joachim Schmiedel: Weisse-Elster-Talbrücke Pirk. In: Steinbrücken in Deutschland. Teil 2: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg‐Vorpommern, Sachsen‐Anhalt, Sachsen, Thüringen. Hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), Bonn. Verlag Bau + Technik, 1999, ISBN 3-7640-0389-8, S. 242–245; Inhaltsangabe.
  • Manfred Keuser, Michael Niederwald: Untersuchungen zur Rissentstehung in den historischen Pfeilern der Elstertalbrücke Pirk. In: Bautechnik 95, 2018, Band 2, S. 91–98, doi:10.1002/bate.201700091.

Film Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

  • Saalebrücke Rudolphstein, 20 km Luftlinie westlich von Pirk an der bayerisch-thüringischen Landesgrenze und offiziell seit 2006 als „Brücke der Deutschen Einheit“ bezeichnet. Diese Bogenbrücke wurde 1936 fertiggestellt.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Elstertalbrücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hitlerurlauber im Vogtlande. In: Bregenzer Tagblatt / Vorarlberger Tagblatt, 17. August 1938, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/btb
  2. a b Renate Wöllner: Brücke als Symbol der Einheit. (Memento vom 2. April 2015 im Webarchiv archive.today). In: Frankenpost, 5. Oktober 2012.
  3. a b c Die Autobahnbrücke Pirk – Von der Unvollendeten zum Einheitssymbol. (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive). In: MDR, 31. März 2015.
  4. Foto der unvollendeten Brücke. In: Autobahn-Online, 1990.
  5. O. Peucker: Der Bau einer Reichsautobahn-Talbrücke. In: Bautechnik 19, April 1941, Heft 15, S. 154–159, (20 Abb.), Volltext online, (PDF; 2,7 MB).
  6. Hans-Dieter Pfeiffer, Joachim Schmiedel: Weisse-Elster-Talbrücke Pirk. In: Steinbrücken in Deutschland. Teil 2: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg‐Vorpommern, Sachsen‐Anhalt, Sachsen, Thüringen. Hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), Bonn. Verlag Bau + Technik, 1999, ISBN 3-7640-0389-8, S. 243.
  7. Karl Schaechterle, Fritz Leonhardt: Die Gestaltung der Brücken. Volk und Reich Verlag, Berlin 1937, DNB 361676514.
  8. Reinhard Arndt: BAB A72: Eine der größten Steinbrücken: Die Brücke über die Weiße Elster bei Pirk, Teil 1. In: Archiv für Autobahn- und Strassengeschichte (AfASG), 26. November 2018.
  9. Peter Albrecht: Verleger feiert heute doppelt. In: Freie Presse, 26. März 2015, nur Artikelanfang frei.