Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg

deutscher Artillerieoffizier im Ersten Weltkrieg, beteiligt am Völkermord an den Armeniern

Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg (geboren als Freiherr Wolfskeel von Reichenberg); (* 17. August 1875 in Uettingen; † 26. Dezember 1954 in Würzburg) war ein deutscher Offizier und Gutsbesitzer. Er war am Völkermord an den Armeniern beteiligt.

Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg als Oberleutnant;1910

Privatleben Bearbeiten

Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg (geboren als Freiherr Wolfskeel von Reichenberg) war ein Sohn des Karl Graf Wolffskeel von Reichenberg und der Emma Gräfin Wolffskeel von Reichenberg, geborene Freiin von Thüngen. Er wurde an der Münchner Hofpagerie erzogen. 1894 machte er Abitur am Wilhelmsgymnasium München.[1]

Er heiratete am 30. Juni 1903 gegen den Willen seiner Familie die Schauspielerin Marietta Olly. Die Hochzeit musste in England stattfinden. Als Armeeangehöriger wurde er wegen seiner Heirat zur Strafe nach Fernost versetzt[2], wo er der Belagerung von Port Arthur beiwohnte. Die Ehe wurde geschieden und er heiratete in zweiter Ehe Sophie-Henriette Edle Herrin von Berger (4. Februar 1893 bis 25. Mai 1975). Auch diese Ehe blieb kinderlos.

Er studierte Forstwirtschaft und vewaltete mit seinem Bruder Luitpold Graf Wolffskeel von Reichenberg die wolffskeel´schen Güter. Er wohnte auf Schloss Reichenberg.

Sein Nachlass befindet sich im Bundesarchiv in Freiburg.[3]

Militärdienst Bearbeiten

Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg begann seine militärische Laufbahn im Bayerischen Militärdienst. Später wurde er in den preußischen großen Generalstab berufen.

Als deutscher Hauptmann und Stabschef des stellvertretenden Kommandeurs der IV Osmanischen Armee, Fahri Pascha, war er aktiv am Völkermord an den Armeniern beteiligt, bei dem er 1915 mit deutscher Artillerie ein Kloster in Zeitun (Süleymanlı) und das Armenierviertel von Urfa zerstörte.[4]

Seiner Frau schrieb er am 16. Oktober 1915:

„Der Kampf ist beendet. Urfa ist genommen. Es ging schliesslich viel rascher, als ich erwartet hatte. [...] Heute hörte man keinen Schuß mehr. Die Stadt wird noch durchsucht nach Versteckten, im allgemeinen ist aber bereits alles, was nicht totgeschlagen ist, in Gefangenschaft. Soweit war die Sache ja ganz interessant und hübsch. Jetzt beginnt jedenfalls wieder der unerfreuliche Teil. Der Abtransport der Bevölkerung und die Kriegsgerichte. Mit beidem brauch’ ich mich ja Gott sei Dank nicht zu befassen, das sind innertürkische Angelegenheiten, die mich nichts angehen, aber man kann schliesslich nicht vermeiden, es zu sehen, und das ist schon nicht angenehm.“

Brief an Sofie-Henriette Gräfin Wolffskeel von Reichenberg, 16. Oktober 1915[5][6]

Aus der Lektüre dieses Briefs und weiterer Briefe ergibt sich, dass Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg sein Handeln als rein militärisch interpretierte; den Umgang mit den Armeniern betrachtete er als durchaus problematisch, sah dies jedoch als inntertürkische Angelegenheit an, für die er keine Verantwortung trägt.[6]

Sein Name wurde aus den Berichten von Johannes Lepsius, der nach dem Massaker 1896/1897 in Deutschland das Armenische Hilfswerk gründete, entfernt.

Im Jahr 1916 erfolgte Wolffskeels Beförderung zum Major, 1920 zum Oberstleutnant und 1939/40 zum Oberst[7].

NS-Zeit Bearbeiten

Dem Nazionalsozialismus stand Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg kritisch gegenüber. Er befürwortete 1932/33 vielmehr eine Einsetzung von Rupprecht von Bayern als König. Die NS-Behörden betrachteten sein Verhalten mit Argwohn. In einem Schreiben des NSDAP-Gaues Unterfranken an die Gestapo Würzburg im Jahr 1939 wurde u. a. berichtet: Er habe bis 1935 nicht mit der Hakenkreuzflagge geflaggt, er grüße nie mit "Heil Hitler", die Dienerschaft kaufe bei Juden. Seine Frau Sophie-Henriette habe das Schloss nicht der NS-Kinderlandverschickung, sondern der evangelischen Kinderpflege zur Verfügung gestellt.[8]

Über die Pläne zum Attentat vom 20. Juli 1944 war er informiert, sagte seine Teilnahme jedoch ab.[9]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Jahresbericht über das K. Wilhelms-Gymnasium zu München 1993/94.
  2. New York Times, 22. Dezember 1904
  3. https://www.bundesarchiv.de/nachlassdatenbank/viewsingle.php?category=W&person_id=15581&asset_id=16891&sid=668497085140824376870.
  4. Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord: Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Links, Ch, 2015, ISBN 978-3-86284-299-5 (google.com).
  5. Von Reichenberg: Zeitoun, Mousa Dagh, Ourfa: Letters on the Armenian Genocide, edited and introduced by Hilmar Kaiser, Princeton, 2001, S. 52–55. Hier zitiert nach: Internet (Memento des Originals vom 23. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hist.net
  6. a b Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Armeniergräuel 1915/16: Militär II - Osmanisch-deutsche Verflechtungen und die Armeniergräuel im Ersten Weltkrieg. In: JGU Blogs. 10. September 1916, abgerufen am 2. Mai 2018.
  7. https://www.archivportal-d.de/item/UX46HL3SLZ7YM2GE2ECE2ILKT3DBAVVD
  8. Martin Broszat, Elke Fröhlich, Anton Grossmann: Bayern in der NS-Zeit, Band III, Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt, R. Oldenbourg, München Wien 1981, S. 551.
  9. Konstanze von Schulthess, Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, Piper, 3. Aufl. 2019.

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Eberhard Count Wolffskeel von Reichenberg: Zeitoun, Mousa Dagh, Ourfa. Letters on the American genocide. Hrsg. von Hilmar Kaiser. Gomidas Institute, Princeton, N.J. 2001 (2. Aufl. 2004), ISBN 1-903656-43-5.
  • Wolfdieter Bihl: Die Armenische Frage im Ersten Weltkrieg. In: 1915-1985: Gedanken über einen Völkermord. (Hrsg. von Artem Ohandjanian). Wien 1985, S. 14–15.
  • Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord. Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Ch. Links Verlag, Berlin 2015.
  • Martin Broszat, Elke Fröhlich, Anton Grossmann: Bayern in der NS-Zeit, Band III, Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt, R. Oldenbourg, München Wien 1981.
  • Konstanze von Schulthess, Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, Piper, 3. Aufl. 2019