Review im Dezember 2011 Bearbeiten

Latrine ist ein Gedicht des deutschen Lyrikers Günter Eich. Es wurde erstmals 1946 in der Zeitschrift Der Ruf publiziert und 1948 in Eichs erste Gedichtsammlung der Nachkriegszeit Abgelegene Gehöfte aufgenommen. Das Gedicht entstand während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Folge Eich als Soldat der Wehrmacht in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet. Eich schildert die Verrichtungen auf einer notdürftigen Latrine und kontrastiert dabei schöngeistige Betrachtungen mit der Ausscheidung von Exkrementen.

Ein besonders ansprechendes Thema bietet das zweite Gedicht. ;o) Auch hier die Frage: Was sollte noch geändert werden? Ist die Bebilderung so angemessen? Viele Grüße! --Magiers 00:36, 7. Dez. 2011 (CET)Beantworten

Sehr schön. Ich wünschte, ich könnte so schreiben. (Wie Du, obwohl ich gegen Eichs Fähigkeiten auch nichts hätte. ;) ) Das Foto finde ich nicht so doll, da weder ne Latrine, noch eines der Entstehungsszenarien (Ausbildung in FRK oder Kriegsgefangenschaft) abgebildet ist. Eher eine schillernde Fliege? Geh jetzt Inventur machen, äh, lesen. :) Catfisheye 22:33, 10. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Hallo Catfisheye, danke fürs Lob. :o) Das Foto ist so ein bisschen der kleinste gemeinsame Nenner, weil es wenigstens aus dem 2. WK stammt. In Toilette ist eines aus dem 1. WK, was dann aber wieder zeitlich nicht so passt. Das Kriegsgefangenenlager dagegen ist als Entstehungsort unsicher. Ich könnte aber das Bild auch ganz rausnehmen. Gruß --Magiers 23:48, 10. Dez. 2011 (CET)Beantworten

Schöner Artikel, vllt. etwas stark literaturgeschichtlich orientiert, ich denke etwa an profanere Fragen von Schülern oder Studenten, die den Text analysieren wollen/müssen. Beim Wiederlesen des Gedichts - ohne Recherche und aus dem hohlen Bauch - fallen mir einige inhaltliche Aspekte auf, die man erwähnen könnte:

- "Papier voll Blut und Urin" -> Verweis auf Krankheit / Ekel
Ist jetzt etwas deutlicher. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- "funkelnde Fliegen" -> betont durch die Alliteration -> Ästhetisierung von Verwesung, Ekel, Krankheit
Zu den funkenden Fliegen habe ich auch etwas gefunden. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- "hocke ich in den Knien" -> imo nicht ganz logisch, das Knien als Demutshaltung, mir fällt Kafka "fiel ins Knie" ein
- Kontrast als ein Grundprinzip der Gestaltung (konventionelle Form -vs- unästhetischer Inhalt; Gegensätze zwischen Bildern usw.) könnte noch stärker herausgearbeitet werden, eventuell Verweis auf Vorbild Benn?
Das habe ich jetzt in der Textanalyse noch etwas klarer gemacht. Zu Benn habe ich allerdings nichts Konkretes gefunden. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- Analyse einiger sprachlicher Bilder und Metaphern: Neologismus "versteinter Kot"; "Boot" -> Kollektivsymbol?; "Garonne" als Gegenbild zum Rhein?
Versteinen ist kein Neologismus, da gibt es viele Google-Treffer. Zum Boot stand schon was bei Neumann. Zur Garonne habe ich wieder nichts Konkretes. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- Doppelsinn der Wolkenmetapher?
- Zu Hölderlins Gedicht könnten ein paar Sätze mehr hilfreich sein
Habe einen kleinen Abschnitt gebastelt. Das ist sicher besser, die Informationen erst mal vorab gebündelt zu haben, bevor sie in der Interpretation immer wieder angesprochen werden. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- Zu Gedichten wie "Inventur", "Lazarett" und diesem gab's mal den Begriff "Camp-Gedichte", Quelle suche ich bei Bedarf
Der Begriff ist jetzt auch drin. Allerdings ist ja "Latrine" möglicherweise gerade nicht im Camp entstanden, sondern schon vorher. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- Habe die aktuelle litwiss. Diskussion nicht verfolgt, aber trotz der Faszination, die von einigen Gedichten Eichs ausgeht (für mich ist der Hit "Betrachtet die Fingerspitzen"), erscheint mir hier und an anderer Stelle aus heutiger Sicht so etwas wie eine Selbststilisierung als Opfer deutlich zu werden. (Lyriker, Hölderlin, Ästhetik -vs- Lager, Krieg, Verwesung) als verfeinerte Möglichkeit der Verdrängung konkreter eigener Verstrickung, u.a. durch Verschiebung in die (Un-)tiefen menschlicher Abgründe und Tabus.
Da habe ich nichts mit direktem Bezug zur Latrine gefunden. Peter von Matt spricht diese Verstrickungen ja an, allerdings so, dass sie im Gedicht positiv aufgearbeitet seien. --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
- Angesichts mangelnder Schockierbarkeit heute könnte vllt. noch etwas deutlicher gemacht werden, wie stark Eich mit seinen Reimen bis in die 60er Jahre schockiert hat, hab mal ein Zitat rausgesucht:
Ludwig Büttner: von Benn zu Enzensberger : eine Einführung in die zeitgenössische deutsche Lyrik. Nürnberg 1972, S. 63:
"Ein krasses Beispiel für die unlyrische Stoffwahl und enttäuschende Existenz in einer kriegerischen Umwelt stellt das Gedicht 'Latrine' dar mit dem spektakulären Reim 'Hölderlin-Urin'."
ebenda: "Gelehrte Interpreten haben deshalb rühmend vom künstlerischen Zauber des Gedichts, von der Schönheit des Hässlichen, vom leuchtenden Glanz über dem Schmutz gesprochen. Eich wolle den Widerspruch zwischen der ekelerregenden Realität und der beseligenden künstlerischen Idealität veranschaulichen, und er tue dies in sehr greller Weise, die an Benn und seine Nachfolger erinnere. Es geht Eich bei der Koppelung von Soldatenlatrine und Hölderlin gewiß um die Verurteilungdes Krieges, doch ebenso um den Schock- und Reimeffekt. Die Wirklichkeit wird entschieden verzerrt, wenn der Eindruck erweckt wird, als ob sich der Soldat an der Front oder im Gefangenenlager nur über den stinkenden, kotig-ekligen Abortgruben an die hymnischen, weihevollen Gesänge Hölderlins erinnern konnte. Normalerweise hat er dort auch gar nicht Hölderlin-Verse, sondern Wirtin-Verse gehört und gelesen. Was uns mißfällt, sind die widerliche Szene und der geschmacklose Reim, in kunstvoller Form dargeboten, um Aufsehen und Verblüffung hervorzurufen. ... Der gewollte Schockeffekt lenkt vom eigentlichen und ernsthaften Thema ab. ... Durch die latrinenhafte Vergröberung wird das Thema jedoch ins Ernstlose und Lächerliche abgebogen und die Verehrung Hölderlins herabgesetzt oder ironisiert."
Büttner verweist darauf, dass Eich gern mit solchen Kontrasten arbeitet, etwa "Wolkenblau - schriller Todesschrei der Sau" in "Frühlingsbeginn". (ebd.)
Der Büttner war ganz prima. Genau solche Kritiken hatte ich eigentlich noch gesucht. Als Gegenstück ist jetzt eine Aussage von 2007 drin, die das Gedicht eher harmlos findet. :o) Kaiser hat noch berichtet, dass thailändische Germanistikprofessoren sich auf einem Seminar von ihm nicht auf das Gedicht einlassen konnten, weil sie so geschockt waren. Aber das ist vermutlich etwas zu anekdotisch und leicht überheblich (wir sind halt schon viel weiter als die Thailänder).
Meine persönliche Verstrickung: Frühe Faszination für Eich&Co. mit nachfolgender Ent-Täuschung durch heilignüchternen Blick auf die absurde Selbstinszenierung der Nachkriegsliteraten und Lit.wissenschaftler.
Danke für einen anregenden Text, hat den Sonntagmorgen unterhaltsam gestaltet... Wenn ich Lust auf Recherche bekomme, melde ich mich nochmal. Sorry für subjektives Blabla...
Interessant! --Mbdortmund 12:29, 11. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Hallo Mbdortmund, auch Dir vielen Dank für Dein Review, das ich in den nächsten Tagen im Detail abarbeiten werde. Viele Grüße! --Magiers 21:25, 12. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Ich habe jetzt den ganzen Artikel noch mal durchgearbeitet. Zwar habe ich zu vielen Deiner Punkte nichts Konkretes gefunden, aber insgesamt waren Deine Anregungen sehr hilfreich. Ich habe beim nochmaligen Durcharbeiten festgestellt, dass ich doch an einigen Stellen zu sehr verkürzt hatte und manchmal auch die Aussagen nicht richtig herausgearbeitet. Und speziell der vorgeschaltete Hintergrund zu Hölderlin und die Vertiefung zum Schock durch Büttner tun dem Artikel glaube ich gut. Viele Grüße! --Magiers 01:06, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Hallo Magiers, ich sehe mit Freuden, dass Du den Artikel zu Eichs Gedicht „Latrine“ gründlich erweitert hast, so wird’s wieder einmal Magiers at his best. Noch mehr verdeutlichen könnte man nach meinem Empfinden Kaisers geistesgeschichtlichen Hinweis, Hölderlin könne noch eine geistige Landschaft evozieren, die einen geschichtsphilosophischen Kontext vergegenwärtigt; Eich hingegen nur noch das Zitat des Schönen. Man müsste aber dann wohl die bei Kaiser genannten Traditionslinien und Kontraste noch schärfer herausarbeiten, oder scheinen Dir Kaisers Gedanken zu spekulativ? Ein Weiteres: Ließen sich für den langen Abschnitt „Interpretation“ Zwischenüberschriften finden? Das additive Reihen der Ergebnisse von Interpreten müsste aber dann aufgebrochen und unter die jeweiligen Gesichtspunkte zusammengefasst werden. Ein Punkt könnte dabei die Rolle des Zitats sein, ein anderer ein anderer Situation und Perspektive des Ichs. Ich deute nur an. Und noch eine kleine Anmerkung zum Begriff Camp-Gedichte. Du schränkst ja die Zugehörigkeit des Gedichts sowieso etwas ein. Soweit ich sehe, hat sich zwar der Begriff „Lager-Literatur“ in Zusammenhang mit den großen international bekannten Werken zur Thematik Gulag und Konzentrationslager eingebürgert, der Begriff Camp-Gedichte wird eher gelegentlich gebraucht –z.B. gar nicht in den zentralen Untersuchungen der von Dir benutzen Literatur. Hoffentlich habe ich Deine Gedanken nicht allzu sehr aufgewirbelt. Bleibt mir nur noch, Dir frohe Festtage zu wünschen und ein sowohl ertragreiches als erträgliches Neues Jahr. Verbunden mit dem Dank für Deine Hilfen und Zusammenarbeit. --Ratisbon 13:49, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Und jetzt melde ich mich noch einmal kurz: Ich bin beim Googeln auf zwei Veröffentlichungen gestoßen, die für Ausssagen zur Entstehung bedeutsam sein könnten: Robert Savage: Hölderlin after the Catastrophe und Axel Vieregg: Unsere Sünden sind Maulwürfe (German Monitor), wo Einflüsse und Nachbildungen u.a. von Rimbaud überlegt werden, v.a. der Zeilen: "Des nuages de neige pure/se mirent dans l'urine". Ich kann das aber nicht einschätzen. Abendliche Grüße--Ratisbon 22:31, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Hallo Ratisbon,
danke für Deine Hinweise. Die beiden Bücher sehen in jedem Fall sehr interessant aus. Gerade zur Gedichtentwicklung hat mir bisher die Sekundärliteratur gefehlt und ich habe sie nur anhand der Primärtexte beschrieben. Dass man den Abschnitt "Interpretation" anders aufziehen könnte, damit hast Du natürlich recht. Ich werde mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen und vielleicht auch Kaisers Ausführungen noch etwas erweitern. In jedem Fall sehe ich schon, hier wird man wirklich richtig gefordert, auch das letzte aus dem Artikel rauszuholen. :o) Viele Grüße! --Magiers 22:49, 18. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Savage ist jetzt auch drin. Beim Rimbaud bin ich aber doch skeptisch. Die Quelle ist hier sehr unklar (Wer ist Catherine Mann - was ist das für ein Eich Seminar?) und der Artikel selbst scheint mir fehlerhaft (vielleicht ein Übersetzungsfehler, denn Marie-Simone Rollin ist wohl Französin). Die Zeilen "Des nuages de neige pure/se mirent dans l'urine" finden sich jedenfalls im Internet nirgends - kaum glaubhaft, wenn sie von Rimbaud wären. Mir scheint das im Gegenteil eine Übertragung der Verse 11-12 von "Latrine" ins Französische zu sein. Aus Rimbauds "Accroupissements" stammt zwar die vorige Strophe - die ist mir aber zu weit weg von der "Latrine", um hier einen sicheren Bezug anzunehmen, wenn den außer Frau Mann in einem Seminar niemand thematisiert hat. Die anderen Hinweise waren aber alle sehr fruchtbar. Viele Grüße --Magiers 21:37, 28. Dez. 2011 (CET)Beantworten
Das freut mich, Magiers, dass ich weiter helfen konnte. Ich konnte den Eich-Rimbaud auch nicht richtig einschätzen, werde aber die Augen offen halten, Axel Vieregg, der Herausgeber (s.o.) ist ja auch der Herausgeber der Gesammelten Werke Eichs, müsste demnach philologisch verantwortlich arbeiten. Vielleicht wird man doch noch fündig. Grüße--Ratisbon 16:59, 29. Dez. 2011 (CET)Beantworten


Später vielleicht mehr, nur erst mal der kurze Hinweis (der sich gut an den Gedanken der ideologischen Ausschlachtung anschließt), dass Hölderlin von der 1943 gegründeten Hölderlin-Gesellschaft, dessen Schirmherr Goebbels war, als Feldpostausgabe herausgegeben wurde. Ziel war es "jedem deutschen Studenten ein Hölderlin-Brevier mit ins Feld zu geben." [1]. Viele Grüße--olag 16:24, 22. Dez. 2011 (CET)Beantworten

Hallo Olag,
danke für Deine Info. Ich habe es mal zum Hintergrund eingebaut, den es m.E. gut abrundet.
Viele Grüße! --Magiers 10:23, 25. Dez. 2011 (CET)Beantworten

Vor dem Kasten "Inhalt" Bearbeiten

Im Artikel beginnend mit zwei Absätzen zitiere ich den letzten Satz im zweiten Absatz und zitiere: " Latrine gilt als typisches Werk der Kahlschlagliteratur und blieb eines der bekanntesten Gedichte Günter Eichs.". korrekter bleibt der ist? --Ifindit 06:57, 6. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Hallo Ifindit, ich weiß nicht, ob "blieb" wirklich falsch ist. Der Satz wechselt hier von der Gegenwart, in der das Gedicht als etwas gilt, in die Vergangenheit der Betrachtung des Ruhms während Eichs Leben. Aber ich gebe zu, ich stolpere da auch beim Lesen immer drüber, und es ist in jedem Fall unnötig kompliziert. Deswegen habe ich auf "ist" geändert. Viele Grüße! --Magiers 10:08, 6. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Hölderlin Im Tornister Bearbeiten

Hallo Magiers, die Erinnerung an ein Literarisches Nachtgespräch im Hinterkopf, das Ulrich Greiner, Elisabeth Borchers und Hans Dieter Schäfer am 3. Februar 1995 im Deutschlandfunk über Günter Eich geführt hatten, kam ich doch noch auf eine interessante Spur, und zwar in Schäfers stark erweiterter Neuauflage seiner viel beachteten Publikation Das gespaltene Bewußtsein. Sein Aufsatz Eichs Fall (a.a.O., S. 257 – 274) analysiert auch das Gedicht Latrine. Er hebt dabei u.a. den Aspekt des „ Zitat-Bruchstücks inmitten der alltäglichen Erniedrigung“ hervor und fügt dazu die harte Realität, die sich in Aufzeichnungen und Frontberichten von Soldaten findet. Auf diesem Hintergrund – und das hatte mich beim Lesen Deiner ansonsten vorzüglichen Abklärung der unterschiedlichen Interpretationen irritiert – kann man nur schwerlich vom vielzitieren Klischee „Hölderlin im Tornister“ sprechen, Schäfer nennt den Sachverhalt „ein Stück mißbrauchtes Kulturgut“ (S. 263). Noch konkreter geht er auf den zitierten Frontbericht seines Freundes Martin Raschke ein und folgert, Eich habe mit dem Gedicht Latrine dessen Haltung persifliert und „die Kriegspropaganda einer Buch- und Lesekultur durch die Hereinnahme der von der Niederlage erzwungenen Wahrheit“ zerstört. In den Fußnoten wird auch auf die zweibändige Publikation Klassiker in finsteren Zeiten 1933 -1945 verwiesen, die eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach von 1983 dokumentiert. Ein Kapitel von 35 Seiten illustriert Hölderlin im Tornister mit zahlreichen Stimmen, u.a. von Wolfgang Borchert : „Und nicht nur wir gehen durch eine schwere Prüfung – auch Mozart, Hölderlin oder van Gogh müssen uns zeigen, daß sie zu mehr getaugt haben als zur Füllung und Unterhaltung unserer Mußestunden!“ (am 20. Oktober an Hugo Sieker). Kannst Du Dich meinen Gedanken anschließen, dass mit der "griffigen" Formulierung weniger ein Klischee vorliegt, sondern ein Propagandaaktion, durch die das klassische Erbe und seine Leser korrumpiert wurden. Schäfers Methode Faktenmaterial zur Interpretation heranzuziehen, verankert Eichs Gedicht auch in der physischen und psychischen Realität des Ich und seiner Generation. Ich hoffe, du kannst mit meinen Überlegungen auf Deiner Disk etwas anfangen und grüße Dich aus der nachfeiertäglichen Realität --Ratisbon 11:03, 9. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Hallo Ratisbon,
danke für Deinen Hinweis. Den Schäfer werde ich in jedem Fall noch versuchen einzusehen. Den Begriff "Klischee" hat Binneberg verwendet, m.E. aber nicht verharmlosend, so wie ich das auch nicht aufgefasst hatte, sondern gerade als symbolisch für den Missbrauchs der Kultur zur Stärkung des Kriegswillens. Ich habe jetzt mal den Begriff "Symbol" verwendet, vielleicht passt der besser. Wenn Du möchtest, kannst Du gerne noch dazu etwas von Schäfer einfügen. Die Wertung „ein Stück mißbrauchtes Kulturgut“ könnte man m.E. gut an Binneberg anhängen, aber ich möchte es doch nicht selbst machen, ohne den Text zumindest eingesehen zu haben.
Ansonsten ist ja später schon noch einiges zum Missbrauch von Hölderlin zu lesen. Ich denke, zu sehr sollte dieser Punkt hier nicht vertieft werden (würde ja eigentlich eher in den Hölderlin-Artikel gehören), aber Du hast natürlich recht, dass man mit den Formulierungen aufpassen muss, dass nicht ein verharmlosendes Bild entsteht.
Vielen Dank jedenfalls wieder für Deine Anregungen und viele Grüße! --Magiers 21:00, 9. Jan. 2012 (CET)Beantworten
Hallo Magiers, du hast "mein Problem" mit dem Begriff Klischee einfach und einwandfrei gelöst. Ich schlage vor, dass Du Dir Schäfers Aufsatz ansiehst und dann entscheidest, was man hinzufügen kann. Danke für Dein Verständnis. --Ratisbon 09:44, 10. Jan. 2012 (CET)Beantworten
So, der Schäfer ist jetzt auch "drin". Danke nochmal für den Hinweis. Die Raschke-Geschichte fand ich jetzt doch interessant genug, um sie ausführlicher zu beschreiben. Schade nur, dass auch Schäfer an dieser Stelle (später schon, aber ohne Bezug zur Latrine) nicht den Bogen zu Eichs eigener Vergangenheit im Dritten Reich zieht, was ja naheliegend wäre: Wenn Eich sich gegen Raschke wendet - wie sieht es dann mit seiner eigenen Vergangenheit aus? Aber für das Thema "Hölderlin als Kriegspropaganda" war Schäfer jedenfalls sehr fruchtbar. Viele Grüße! --Magiers 22:25, 12. Jan. 2012 (CET)Beantworten

KALP-Diskussion vom 31. Dezember 2011 bis 20. Januar 2012 (Exzellent) Bearbeiten

Latrine ist ein Gedicht des deutschen Lyrikers Günter Eich. Es wurde erstmals 1946 in der Zeitschrift Der Ruf publiziert und 1948 in Eichs erste Gedichtsammlung der Nachkriegszeit Abgelegene Gehöfte aufgenommen. Das Gedicht entstand während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Folge Eich als Soldat der Wehrmacht in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet. Eich schildert die Verrichtungen auf einer notdürftigen Latrine und kontrastiert dabei schöngeistige Betrachtungen mit der Ausscheidung von Exkrementen.

Nach einem gemeinsamen Review nun die parallele Kandidatur zweier Gedichtsartikel hier und dort (Kandidatur bereits beendet). Ich bin auch hier gespannt darauf, ob sie auf den unterschiedlichen Kandidaturseiten unterschiedlich ablaufen. Nachdem das Latrinen-Review besonders ergiebig war, hat dieser Artikel m.E. inzwischen etwas mehr Potential als sein Pendant. Die Einstufung möchte ich aber gerne Euch überlassen und nehme auch weitere Anregungen gerne entgegen. Viele Grüße! --Magiers 17:25, 31. Dez. 2011 (CET)Beantworten

  • Exzellent Der Artikel liefert wohl alles zu Textanalyse, Interpretation und Rezeption des Gedichts, was möglich ist. Hut ab! Mangels literarischen Fachwissens kann ich meinen Eindruck nicht in gewandteren Worten ausdrücken. Stattdessen was auf Meta-Ebene: Warum der Schachzug mit den zwei gleichzeitigen Kandidaturen, wovon die eine etwas mehr Potential hat? Wohl kaum die Sorge, dass der etwas stärkere Artikel eine Kontrastierung nach unten braucht. Umgekehrt könnte nun der etwas weniger stark eingeschätzte Artikel eine „hübschere Freundin“ haben, was ihn vielleicht um die bessere Auszeichnung bringt. Oder ist es nichts von alledem, sondern eine Probe, wie die Resonanz auf den unterschiedlichen Kandidaturseiten ist? Wie auch immer, vielen Dank für den hochwertigen Artikel! Gruss --Toni am See 19:32, 2. Jan. 2012 (CET)Beantworten
Danke für Dein Votum, die Absicht war tatsächlich, eine Vergleichsprobe mit zwei ähnlichen Artikeln auf den beiden Kandidaten-Seiten. Durch den Ausbau im Review passt das jetzt nicht mehr so ganz. Trotzdem finde ich im Moment die unterschiedliche Resonanz interessant, was aber natürlich auch am populäreren Jandl liegen kann. Gruß --Magiers 22:57, 2. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Nase zu und durch… und Entwarnung: Der Artikel ist vornehm wie jeder von Magiers. Überzeugend und lehrreich ist die dargestellte Verbindung zwischen kleinsten formalen Aspekten des Gedichts und großer Weltgeschichte.
An manchen Textstellen tauchen eher unangenehme Doppelungen auf, etwa in Rezeption mit „löste […] einen Schock und Skandal aus“ und zwei Sätze weiter „Bruno Hillebrand sprach von einem „Kulturschock“, den das Gedicht verursacht habe.“ Ziemlich viele Interpretations- oder Wertungszitate beginnen mit „Für Vorname Name…“. Das ist aber Nörgelei auf sehr hohem Niveau. ExzellentFiloump 20:59, 5. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Auch Dir danke für Dein Votum, und ich hoffe, Du hast die Nasenklammer inzwischen wieder abgenommen. Mit Deinen Kritikpunkten hast Du natürlich recht. Das erste in in gewisser Weise beabsichtigt, indem durch den doppelten Schock die Wertung verstärkt werden soll (es ist nicht nur eine Einzelmeinung). Ich habe dazu aber mal die beiden Aussagen hintereinandergestellt. Das zweite ist natürlich weniger beabsichtigt und entspringt eher einer Trägheit beim Schreiben. Ich habe jetzt mal ein paar Sätze von hinten aufgezäumt, damit es sich hoffentlich abwechslungsreicher liest. Gruß --Magiers 12:24, 6. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Exzellent, denn der Artikel mit seiner klaren Sprache, der klugen Auswertung von relevanter Sekundärliteratur und seinen vielfältigen literarischen und historischen Verflechtungen setzt Maßstäbe. Grüße --Ratisbon 11:26, 13. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Exzellent aber mit leichter Irritation in der Einleitungsabsatz hier bei der Kandidatur zu lesen quote: hier und dort unquote um dann aber dort nichts zu finden - Grund? oder habe ich nicht gut genug gesucht --RBinSE 09:46, 14. Jan. 2012 (CET)Beantworten

Auch Euch danke für Eure Voten. Zum Einleitungssatz: Die Kandidaturen bei den lesenswerten Artikeln laufen schneller, deswegen ist die parallele Kandidatur dort bereits beendet und archiviert. Viele Grüße! --Magiers 12:29, 14. Jan. 2012 (CET)Beantworten
  • Exzellent Sehr guter Artikel. Nur zwei Vorschläge: Das Foto mit dem Latrinenschild würde ich in den folgenden Abschnitt verschieben, um nicht von den Gedichtzeilen abzulenken. Und ist ein Hinweis im Text möglich, dass sich der Volltext des Gedichts unter den Weblinks befindet? Vielleicht als Fußnote? Nicht jeder Leser denkt gleich ans Urheberrecht ... -- Alinea 15:20, 14. Jan. 2012 (CET)Beantworten
Hallo Alinea, danke für das Lob. Ich hab das Bild verschoben (und dabei noch ein Bild zu einem Kriegsgefangenenlager eingefügt). Auf den Volltext habe ich jetzt in einer Fußnote verwiesen. Für einen ganz prominenten Link wie z.B. der Kasten im Artikel bei schtzngrmm ist mir die Seite aber nicht "offiziös" genug. Viele Grüße! --Magiers 23:30, 14. Jan. 2012 (CET)Beantworten
Der Artikel in dieser Version ist Exzellent. --Vux 21:57, 20. Jan. 2012 (CET)Beantworten