Der rote Halbmond

Film von Alexander Korda (1919)

Der rote Halbmond ist der deutsche Titel des stummen ungarischen Abenteuerfilms Az aranyember (deutsch: „Der Goldmensch“), den Alexander Korda (ungarisch Korda Sándor) 1918 für die Produktionsfirma Corvin drehte. Das Manuskript schrieb Ladislaus Vajda (ungarisch Vajda Lázló) nach dem gleichnamigen Roman von Moritz Jókai aus dem Jahr 1872.[1]

Film
Titel Der rote Halbmond
Originaltitel Az aranyember
Produktionsland Ungarn
Originalsprache Ungarisch
Erscheinungsjahr 1919
Länge 80 Minuten
Stab
Regie Alexander Korda
Drehbuch Ladislaus Vajda
Produktion Corvin Film
Kamera Gusztáv Mihály Kovács
Besetzung

Handlung Bearbeiten

Mihály Timár, der als Gehilfe bei einem griechischen Weinhändler arbeitet, begehrt dessen Tochter Timea. Angeblich will er sie heiraten, eigentlich aber möchte er nur mit ihr und dem Geld ihres Vaters durchbrennen. Doch auch zu Timea ist er nicht ganz ehrlich, denn er führt mit der schönen Noémi ein Doppelleben, weswegen er von Tódor Krystian erpresst wird. Nun wird er von den Ereignissen zu einer Entscheidung gedrängt. (stummfilm.at)

Der Film schildert das abenteuerliche Leben des Kapitäns Michael Timar, der einem türkischen Pascha und seiner Tochter Kondja zur Flucht über die Donau verhilft. Sie werden von zwei Berufsverbrechern verfolgt, die es auf das Vermögen des Paschas abgesehen haben. Bei einem Schiffsunglück kommt der Vater ums Leben, seine Tochter erreicht mit Timar die Festungsstadt Komorn[2]. Aus dem Wrack des Schiffes hebt Timar heimlich den Schatz des Paschas, der ihn zu einem erfolgreichen Geschäftsmann macht, und heiratet Kondja. Doch die Ehe verläuft unglücklich, und Timar beginnt ein heimliches Verhältnis mit der jungen Noémi, die auf einer abgeschiedenen Donauinsel lebt. Ständig drohen seine Geheimnisse aufzufliegen, zumal die beiden Verfolger nun ihn im Visier haben. Er kann sie nicht abschütteln und muss eine Entscheidung treffen. (archive.org)

Hintergrund Bearbeiten

Alexander „Sándor“ Korda war neben Alexander „Sascha“ Graf Kolowrat-Krakowski einer der Pioniere der ungarisch-österreichischen Filmindustrie. Er brachte es bis zu einem der bedeutendsten Regisseure und Produzenten des britischen Films. Für seine Verdienste wurde er 1942 als erste Persönlichkeit der Filmwelt vom britischen Königshaus zum Ritter geschlagen.[3] Zu den bekanntesten Produktionen von Sir Alexander Korda in Großbritannien zählt unter anderem der Filmklassiker Der dritte Mann nach Graham Greene von 1949.

Korda legte zeitlebens viel Wert auf Literaturverfilmungen. Von dem in Ungarn populären Schriftsteller Mór Jókai sollten drei Romane verfilmt werden, doch nur zwei gelangten zur Ausführung, von welchen Az aranyember der erste war.[4] Insgesamt 25 Korda-Produktionen entstanden zwischen 1914 und 1919; lediglich eine, Az aranyember, ist davon erhalten geblieben. Der Film enthält, typisch für Korda, zahlreiche spektakuläre Szenen und bietet in seiner Besetzung einige der bekanntesten ungarischen Schauspieler auf, allen voran Oszkár Beregi, der noch 1933 im Fritz-Lang-Tonfilm Das Testament des Doktor Mabuse den Psychiater Dr. Baum spielte und Gyula Szöreghy, der als „Julius von Szöreghy“ nach 1925 auch in zahlreichen deutschen Produktionen mitwirkte.[5]

Die Photographie lag in den Händen von Gustáv Mihály Kovács. Die Filmbauten erstellte László Márkus. Gyula Szöreghy war Regieassistent und spielte den türkischen Pascha Ali Csorbadzsi. Die Produktion der Corvin-Film wurde auch in Österreich (hier unter dem Titel „Der Goldmensch“), Bulgarien (hier als Златният човек) und Frankreich gezeigt.[6]

Ursprünglich bestand Az aranyember, „ein véritabler Sensations-Film mit Verfolgungsjagden und gefährlichen Verbrechern“,[7] aus drei Teilen mit zusammen 6000 Metern Länge, die rund vier Stunden liefen. Der erste Teil wurde am 20. Jänner, der zweite am 27. Jänner und der dritte am 3. Februar 1919 in den beiden Lichtspielhäusern „Mozgókép Otthon“[8] und „Uránia“[9] in Budapest uraufgeführt.

Erhalten hat sich jedoch nur die gekürzte deutsche Fassung mit dem Titel Der rote Halbmond und rund 80 Minuten Spieldauer. Sie ist viragiert, offenbart Gusztav Mihaly Kovacs’„ausgezeichnete Kameraarbeit, ein atmosphärisches Licht und starke Charakterzeichnung“[10] durch die Darsteller. Entstanden an der Donau, ist sie mit ihren malerischen Landschaftsaufnahmen auch ein kulturhistorisches Dokument des Flusses vor 100 Jahren.[11]

Der Kulturkanal Arte strahlte die deutsche Fassung am Montag, den 5. Dezember 2016 von 23.45 bis 1.10 Uhr mit einer neuen Musikbegleitung durch den Ulmer Komponisten Michael Riessler[12] im Deutschen Fernsehen aus.[13]

Rezeption Bearbeiten

Christoph A. Schmidberger schrieb 2016 zu der Uraufführung mit Riesslers Musik: Der Rote Halbmond ist „eine Schmonzette an der geografischen Schnittstelle des Osmanischen Reiches und der Doppelmonarchie, an der Freunde von Karl May Freude haben dürften. Spannend für Ulmer sind historische Ansichten der Donau.“[14]

Der katholische Filmdienst befand im Lexikon des internationalen Films: „Diese viragierte Fassung wurde sorgfältig restauriert, mit einer Neukomposition versehen und zeigt die visionäre Kraft des Regisseurs, der in seinem als Abenteuer- und Gaunerstück daherkommenden Melodram eine exzessive Licht- und Schattenmalerei betreibt und der pittoresken Donaulandschaft eine grandiose Hauptrolle zuteilt.“[15]

Auf einen besonderen Drehort machte Thomas Schmidinger (2013) aufmerksam: „Der ungarische Schriftsteller Mór Jókai hatte sich bereits 1872 in seinem Roman Der Goldmensch von Ada Kaleh inspirieren lassen. Er schildert darin eine ‚Niemandsinsel‘, die einen von zwei Reichen erteilten Freibrief erhalten habe, ‚der diesem Gebiet eine Existenz außerhalb aller Grenzen erlaubt‘. Die Insel wird bei ihm zu einem utopischen Paradies jenseits von Zeit und Raum, insbesondere aber jenseits von Krieg und Nationalismus.“ Ergänzend dazu Claudio Magris (2009): „In Der Goldmensch erzählt Mór Jókai eine Donau-Robinsonade: Mihály Timár, reich geworden und ‚enttäuscht über seinen zweifelhaften gesellschaftlichen Aufstieg‘ findet auf einer unbekannten Donauinsel sein Glück.“

Literatur Bearbeiten

  • Charles Drazin: Korda: Britain’s Movie Mogul. Verlag I.B. Tauris, 2011, ISBN 978-0-85771-993-5.
  • Alan Goble: The Complete Index to Literary Sources in Film. Verlag Walter de Gruyter, 1999, ISBN 3-11-095194-0, S. 247, 525, 856.
  • Maurus Jokai: Ein Goldmensch! Roman, aus dem Ungarischen. Druck u. Verlag v. Otto Janke, Berlin 1873.
  • Karol Kulik: Alexander Korda: the man who could work miracles. Verlag W. H. Allen, 1975.
  • Claudio Magris: Donau. (Teil 2, Österreich/Slowakei/Ungarn)., 28. August 2009. (online bei wordpress.com)
  • Stephen Sisa: The Spirit of Hungary: A Panorama of Hungarian History and Culture. Verlag Rákóczi Foundation, 1983, ISBN 0-919545-02-5.
  • Thomas Schmidinger: Ada Kaleh. Die vergessene „Insel des Islam“. In: Wiener Zeitung. 11./12. Mai 2013. (online bei austria-forum.org)
  • Paul Tabori: Alexander Korda. Verlag Living Books, 1966, S. 312.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sisa S. 332 und A. Goble.
  2. Komorn gehörte bis zum Jahre 1918 zum Königreich Ungarn. Erst nach dem Friedensvertrag von Trianon und der Gründung der Tschechoslowakei kam das linke Donauufer mit der Stadt Komorn (wo sich auch das historische Stadtzentrum befindet) an die neu gegründete Tschechoslowakei. Der kleinere unbedeutendere Teil am rechten Donauufer verblieb bei Ungarn. Durch diese Teilung entstanden zwei Städte, die den gleichen Namen tragen.
  3. Erik Eybl bei plakatmuseum.at (PDF; 153 kB): „[…] wurde er 1942 für seine Verdienste um den britischen Film von König Georg VI. als erster Filmschaffender überhaupt zum „Sir“ geadelt.“
  4. Der Zweite war Féher rózsa (Weiße Rose), ebenfalls 1919, vgl. Kulik S. 385 Projects anounced by Korda, No. 1; Drazin S. 394.
  5. Julius von Szöreghy. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 12. Juni 2021.
  6. Release info in der Internet Movie Database
  7. So cinema arte/tv.
  8. Siehe mozilexikon Mozgókép Otthon
  9. Siehe mozilexikon Uránia
  10. So cinema arte/tv.
  11. ewerk-freiburg.de (Memento vom 24. März 2017 im Internet Archive), Landesjazzfestival: Der rote Halbmond, 24. März 2016.
  12. Dorothee L. Schaefer auf schwaebische.de vom 6. November 2016 und Christoph A. Schmidbergers Artikel Uraufführung: Riesslers Musik zum Film „Der Rote Halbmond“ vom 7. November 2016 auf swp.de (Memento des Originals vom 24. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swp.de: „Riessler hatte im Auftrag des Vereins für moderne Musik Ulm/Neu-Ulm in Kooperation mit ZDF/Arte und dem Staatlichen Ungarischen Filmarchiv für die Stummfilmreihe von Arte eine Filmmusik komponiert, die nicht nur erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, sondern auch mitgeschnitten wurde.“ Besetzung: Michael Riessler (bcl, sax, comp.), Monika Leskovar (cello), Beáta Mori (cimbalom), Jean-Louis Matinier (acc.)
  13. ard.de
  14. swp.de (Memento des Originals vom 24. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swp.de
  15. Der rote Halbmond. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 12. Juni 2021.