In der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, sind Dehn-Twists bestimmte Selbstabbildungen von Flächen. Dehn-Twists wurden von Max Dehn eingeführt, der sie ursprünglich als „Schraubungen“ bezeichnete.[1]

Definition

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Sei   eine orientierbare Fläche und   eine einfache geschlossene Kurve. Sei   eine Tubenumgebung von  , das heißt, wir haben einen Homöomorphismus  , der   auf   abbildet. Wir benutzen diesen Homöomorphismus, um   durch Koordinaten   mit   zu parametrisieren.

Wir definieren dann eine Abbildung   durch

 .

Weil   auf   mit der Identität übereinstimmt, können wir es auf   durch die Identitätsabbildung stetig fortsetzen und erhalten so einen Homöomorphismus  , der als Dehn-Twist an der Kurve c bezeichnet wird.

Anmerkung: Die oben definierte Abbildung   hängt von der gewählten Umgebung und der gewählten Parametrisierung ab. Für andere Umgebungen und andere Parametrisierungen bekommt man mit dieser Konstruktion aber zueinander homotope Abbildungen. Die Homotopieklasse (Abbildungsklasse) von   ist also wohldefiniert.

Beispiele

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Longitude und Meridian des Torus.

Wir identifizieren den Torus mit  . Jede Matrix aus   entspricht dann einer Selbstabbildung des Torus. (Die Matrix wirkt linear auf   und bildet   nach   ab. Man kann zeigen, dass jeder orientierungserhaltende Homöomorphismus des Torus homotop zu einer solchen Abbildung ist.)

Die Matrizen   und   entsprechen dann den Dehn-Twists an Longitude und Meridian (also an den Bildern der x- und y-Achse.)

Abbildungsklassengruppe

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Die Dehn-Twists an diesen 3g-1 Kurven (hier für g=3) erzeugen die Abbildungsklassengruppe.

Sei   die geschlossene, orientierbare Fläche vom Geschlecht   und   ihre Abbildungsklassengruppe. Für   (den Torus) ist   und man kann mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus beweisen, dass   von den Matrizen   und   erzeugt wird, also von den Dehn-Twists an Longitude und Meridian. Max Dehn bewies auch für alle  , dass die Abbildungsklassengruppe   von Dehn-Twists erzeugt wird. Lickorish zeigte, dass die im Bild rechts dargestellten   Dehn-Twists die Abbildungsklassengruppe erzeugen. Humphries bewies, dass für   die Abbildungsklassengruppe von   Dehn-Twists erzeugt wird und dass dies die kleinstmögliche Zahl von Erzeugern ist.

Verallgemeinerte Dehn-Twists

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Sei   eine symplektische Mannigfaltigkeit und   eine Lagrangesche Sphäre. Nach einem Satz von Weinstein gibt es eine Umgebung   von  , die symplektomorph zu einer Umgebung von   im Kotangentialbündel   (mit der kanonischen symplektischen Struktur  ) ist. Es genügt deshalb, verallgemeinerte Dehn-Twists für Umgebungen von   in   zu definieren.

Die Funktion   ist glatt außerhalb des Null-Schnittes, ihr Hamiltonscher Fluss   ist der normalisierte geodätische Fluss. Die Abbildung   lässt sich auf den Null-Schnitt fortsetzen, weil alle Geodäten der Länge   denselben Endpunkt haben. Die so definierte Abbildung   ist ein Symplektomorphismus und man kann sie so modifizieren, dass sie außerhalb einer kompakten Umgebung die Identität ist.[2] Für   ist   homotop zur Identität, während für   (also für Dehn-Twists auf Flächen) die Dehn-Twists unendliche Ordnung in der Abbildungsklassengruppe haben.

  1. M. Dehn: Die Gruppe der Abbildungsklassen. Das arithmetische Feld auf Flächen. In: Acta Math. 69, no. 1, 1938, S. 135–206.
  2. P. Seidel: Floer homology and the symplectic isotopy problem. Oxford 1997. (www-math.mit.edu; pdf) (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive)
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Literatur

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  • Benson Farb, Dan Margalit: A primer on mapping class groups. (= Princeton Mathematical Series. 49). Princeton University Press, Princeton, NJ, 2012, ISBN 978-0-691-14794-9.