Cytochrom-c-Oxidase

Enzym in der mitochondrialen Atmungskette
(Weitergeleitet von Cytochromoxidase)

Das Enzym Cytochrom-c-Oxidase (COX), genauer Cytochrom c: Sauerstoff-Oxidoreduktase (systematischer Name), Cytochrom-aa3-Komplex oder auch Komplex IV der mitochondrialen Atmungskette („Zellatmung“) genannt, ist eine früher als Atmungsferment bezeichnete Oxidoreduktase. Der bei Bakterien aus drei, bei Eukaryoten aus dreizehn Untereinheiten bestehende Enzymkomplex katalysiert in einer gekoppelten Reaktion die Oxidation von Cytochrom c mit der Reduktion von Sauerstoff zu Wasser und dem Transport von Protonen über eine biologische Membran.

Cytochrom-c-Oxidase
Cytochrom-c-Oxidase
Bändermodell eines Cytochrom-c-Oxidase-Dimers vom Rind in der Membran nach PDB 1OCC

Vorhandene Strukturdaten: 2OCC, 1QLE, 1M56, 1EHK, 1FFT

Transporter-Klassifikation
TCDB 3.D.4.7.1
Bezeichnung protonenübertragende COX
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 1.9.3.1Oxidoreduktase
Reaktionsart Redoxreaktion
Substrat 4 Cytochrom c (reduziert) + O2 + 8 H+(in)
Produkte 4 Cytochrom c (oxidiert) + 2 H2O + 4 H+(out)
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Lebewesen

Übergeordnet
Atmungskette-Komplex
Gene Ontology
QuickGO

Mutationen in den Genen, die für die einzelnen Untereinheiten codieren (MT-CO1, MT-CO2, MT-CO3) können seltene Erbkrankheiten verursachen, die unter Cytochrom-c-Oxidasemangel (MT-C4D) zusammengefasst werden, nämlich Optikus-Neuropathie Typ Leber (LHON), rekurrente Myoglobinurie, sowie mitochondriale nichtsyndromale sensorineurale Schwerhörigkeit.[1][2][3]

Die Cytochrom-c-Oxidase gehört zur Superfamilie der Häm-Kupfer-Oxidasen, die bei allen aerob atmenden Organismen den terminalen Elektronenakzeptor der Atmungskette darstellen. Sie sind für nahezu sämtlichen Sauerstoffverbrauch der atmenden Organismen verantwortlich. Die Oxidasen sind bei Eukaryoten in der inneren Mitochondrienmembran, bei Prokaryoten in der inneren Zellmembran eingelagert. Varianten der Cytochrom-c-Oxidase kommen in der Zellmembran aerober Bakterien vor. Diese enthalten zum Teil modifizierte Kofaktoren (Häm-Varianten), oder verwenden andere Elektronendonoren als Cytochrom c (Chinol-Oxidasen z. B. in Escherichia coli). Sie besitzen sämtlich große strukturelle und funktionelle Homologie und enthalten im aktiven Zentrum eine Häm-Gruppe und ein Kupfer-Ion.

Erste bedeutende Studien über die Atmungsfermente und die Zellatmung führte ab 1908 Otto Warburg durch.[4]

Katalysierter Transport Bearbeiten

 
Abb. 1. Schema des Transmembran-Protonentransports durch die Cyctochrom-C-Oxidase der mitochondrialen Elektronentransportkette

Die Transportgleichung lautet:[5]

4 Cytc(Fe2+) + O2 + 8 H+innen → 4 Cytc(Fe3+) + 2 H2O + 4 H+außen

Die Funktion der Cytochrom-c-Oxidase besteht aus der

Während des katalytischen Zyklus der Cytochrom-c-Oxidase wird ein Molekül Sauerstoff (O2) zu zwei Molekülen Wasser (H2O) reduziert. Als Reduktionsmittel werden vier Elektronen (e) von vier Molekülen Cytochrom c sowie Protonen (H+) für die Wasserbildung aus dem Innenraum des Mitochondriums (Matrix) gebraucht. Die bei der Reduktion von Sauerstoff zu Wasser freigesetzte Energie wird zum Aufbau eines Protonengradienten über die innere Mitochondrienmembran genutzt. Pro Reaktionszyklus werden vier Protonen aus dem Innenraum des Mitochondriums in den Intermembranraum transportiert.

Über das komplexe Zusammenspiel der ablaufenden Sauerstoffchemie, der Elektronentransferreaktionen, sowie den Protonenaufnahme- und Pumpschritten und deren genauen zeitlichen Abfolgen konnten in letzter Zeit einige Vorstellungen entwickelt werden. In Abb. 3 und 4 finden sich Modelle über die Abfolge der Redoxreaktionen und der Mechanik des Pumpmechanismus.[6][7]

Gesamtzyklus bei der Reduktion von O2 zu 2 H2O. Bearbeiten

 
Abb. 2. Untereinheit I und II der Cytochrom c Oxidase

Die Cytochrom c Oxidase ist ein Membranprotein. Es enthält verschiedene metallische prosthetische Gruppen:[8]

Das CuA befindet sich an der Bindungsstelle für Cytochrom c. Nach dessen Oxidation wird das Elektron über Cytochrom a zu Cytochrom a3 weitergeleitet, wo es zusammen mit CuB die O2-Reduktion katalysiert. Der Ablauf ist im Einzelnen in Abb. 3 dargestellt.

 
Abb. 3. Schematische Darstellungen der Redoxmechanismen an der Cytochrom c Oxidase.
A: Am Fe(II) des Hämins a3 ist koordinativ ein O2 Molekül gebunden.
→ Es beginnen zwei Umlagerungen (dünne schwarze gestrichelte Pfeile).
PM: Fe(II) ist zu Fe(IV)=O2− und Cu(I) zu Cu(II)-OH oxidiert. Das Wasserstoffatom stammt von einem Tyrosin-Rest, der dabei zum Radikal (*) wird.
→ Ein e lagert sich an das Radikal an.
PR: Das Radikal ist zum Tyrosin-Anion reduziert.
→ Das erste H+ wird von innen nach außen transloziert (blauer gestrichelter Pfeil). Simultan wird Cu(II)-OH protoniert.
F: Bei der Protonierung ist Cu(II) mit koordinativ gebundenem Wasser entstanden.
→ Das zweite H+ wird transloziert. Fe(IV)=O2− wird reduziert und protoniert. Durch Abspaltung von Cu(II) wird das erste Wassermolekül frei.
OH: Durch Protonierung und Reduktion von Fe(IV)=O2− ist Fe(III)-OH entstanden.
→ Dritte Protonenstransloktion. Reduktion von Cu(II) und Protonierung des Tyrosin-Anions.
EH: Cu(II) ist zu Cu(I) reduziert und das Tyrosin-Anion zum Tyr-OH protoniert.
→ Vierte H+-Translokation. Fe(III)-OH wird reduziert und die OH-Gruppe protoniert.
R: Das Zentralatom des Hämins a3 ist zu Fe(II) reduziert. Das zweite H2O ist entstanden.
→ Die beiden entstandenen Wassermoleküle werden ausgeschieden. Ein Sauerstoffatom lagert sich koordinativ am Fe(II) an.

Mechanismus der Protonentranslokation Bearbeiten

 
Abb. 4. Mechanismus der Protonentranslokation

Das Enzym leistet nicht nur in Mitochondrien, sondern auch in einer Vielzahl von aeroben Prokaryoten einen wichtigen Beitrag zum Energiestoffwechsel, indem es als Protonenpumpe zum Aufbau eines chemiosmotischen Potentials beiträgt.

Bei der Oxidation von vier Cytochromc-Molekülen werden 4 Protonen transloziert. Jede dieser Reaktionen läuft (vereinfacht gesagt) nach demselben Mechanismus ab. Er ist rechts in Abb. 4 in vier Phasen (1–4) dargestellt.

1: Die Cytochrom c Oxidase ist in die Zellmembran (weiß) eingebettet. An der Außenseite (rötlich) lagert sich reduziertes Cytc an einem Kupferzentrum an. An der Zellplasma-Seite (unten) der Membran befinden sich die Eingänge zu zwei Protonen-Kanälen D und K.
2: Nach Abgabe eines Elektrons vom Cytc an das Cu-Zentrum wird das Elektron an das Fe-Zentrum von Cyta weiter geleitet. Der D-Kanal wird geöffnet und durch ihn dringt ein Proton bis zur „Protonenladestelle“ (PLS) ein.
3: Das Elektron gelangt vom Cyta zum Cyta3-Zentrum, während ein Proton in den K-Kanal eindringt. Das PLS-Proton oben im Enzym erfährt dabei eine deutliche Erhöhung seiner Acidität (von pK=11 zu pK=5!).
4: Das PLS-Proton wird an der Außenseite der Membran abgegeben. Synchron dazu geht das H+ im K-Kanal eine der links dargestellten Protonierungsreaktionen ein, während das e vom Cyta3 in einer der vier in Abb. 3 dargestellten Reduktionen verbraucht wird.

Struktur Bearbeiten

Der mitochondriale Enzymkomplex IV in Säugetieren besteht aus 13 Untereinheiten,[9] von denen die Untereinheiten I–III mitochondrial und die weiteren Untereinheiten IV–XIII vom Nukleus kodiert sind. Die Untereinheit I besitzt die drei redoxaktiven Metallzentren Häm a, Häm a3 und CuB. Häm a3 und CuB bilden zusammen das katalytisch aktive Zentrum, an dem Sauerstoff gebunden und zu Wasser reduziert wird. Die Untereinheit II besitzt das redoxaktive Metallzentrum CuA, das Elektronen vom Cytochrom c aufnimmt, die dann zum Häm a und weiter zum Häm a3 transferiert werden.

Der Komplex IV beim Menschen im Detail:

Anzahl Gen-Name UniProt Größe
(aa)
OMIM Kommentar
1 MT-CO1 P00395 513 516030 Katalytische Untereinheit; Häm, Cu2+; Membrandomänen; pathologische Mutationen
2 MT-CO2 P00403 227 516040 Cu2+; Membrandomänen; pathologische Mutationen
1 MT-CO3 P00414 261 516050 Membrandomänen; pathologische Mutationen
1 COX4I1 P13073 169 123864
1 COX5A P20674 150 603773 Häm A
1 COX5B P10606 98 123866 Zn2+
1 COX6A1 P12074 85 602072
1 COX6B1 P14854 85 124089 Pathologische Mutationen
1 COX6C1 P09669 74 124090 Membrandomäne
1 COX7A2L O14548 59 605771
1 COX7B P24311 56 603792 Membrandomäne
1 COX7C P15954 47 603774 Membrandomäne
1 COX8A P10176 44 123870 Membrandomäne

Inhibitoren Bearbeiten

Cyanide, Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff und Azide sind Inhibitoren der Cytochrom-c-Oxidase. Sie blockieren die Bindungsstelle für Sauerstoff im aktiven Zentrum.

Nachweis Bearbeiten

Zum Nachweis des Enzyms Cytochrom-c-Oxidase in Zellen wird der Oxidase-Test verwendet.

Alternative Bezeichnungen Bearbeiten

Weitere Enzymkomplexe der Atmungskette:

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. C. Orssaud: Optikus-Neuropathie Typ Leber. In: orpha.net. Orphanet, November 2003, abgerufen am 4. Oktober 2010.
  2. Genetic recurrent myoglobinuria. In: orpha.net. Orphanet, März 2010, abgerufen am 4. Oktober 2010.
  3. Mitochondrially inherited nonsyndromic sensorineural deafness. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  4. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 55.
  5. 3.D.4 The Proton-translocating Cytochrome Oxidase (COX) Superfamily. In: TCDB. Saier Lab Bioinformatics, abgerufen am 4. Oktober 2010 (englisch).
  6. Y. C. Kim, M. Wikström, G. Hummer: Kinetic gating of the proton pump in cytochrome c oxidase. In: PNAS. 106/33, 2009, S. 13707–13712, doi:10.1073/pnas.0903938106.
  7. V. Sharma, G. Enkavi, I. Vattulainen, T. Róg, M. Wikström: Proton-coupled electron transfer and the role of water molecules in proton pumping by cytochrome c Oxidase. In: PNAS. 112/07, 2015, S. 2040–2045, doi:10.1073/pnas.1409543112.
  8. T. Tsukihara, H. Aoyama, E. Yamashita, T. Tomizaki, H. Yamaguchi, K. Shinzawa-Itoh, R. Nakashima, R. Yaono, S. Yoshikawa: Structures of metal sites of oxidized bovine heart cytochrome c oxidase at 2.8 A. In: Science. 269, 5227, 1995, S. 1069–1074. PMID 7652554.
  9. B. Kadenbach, J. Jarausch, R. Hartmann, P. Merle: Separation of mammalian cytochrome c oxidase into 13 poly-peptides by a sodium dodecyl sulfate-gel electrophoretic procedure. In: Anal. Biochem. 129, 1983, S. 517–521. PMID 6303162.