Cohors I Cretum

römische Auxiliareinheit

Die Cohors I Cretum [sagittariorum oder sagittaria] (deutsch 1. Kohorte aus Kreta [der Bogenschützen]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome, Inschriften und Ziegelstempel belegt.

Namensbestandteile Bearbeiten

  • Cretum: aus Kreta. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit auf der Insel Kreta rekrutiert.
  • sagittariorum oder sagittaria: der Bogenschützen. Der Zusatz kommt in Militärdiplomen von 110 bis 158/159 vor.

Da es keine Hinweise auf die Namenszusätze milliaria (1000 Mann) und equitata (teilberitten) gibt, ist davon auszugehen, dass es sich um eine Cohors quingenaria peditata, eine reine Infanterie-Kohorte, handelt. Die Sollstärke der Einheit lag bei 480 Mann, bestehend aus 6 Centurien mit jeweils 80 Mann.

Geschichte Bearbeiten

Die Kohorte war in den Provinzen Moesia, Moesia superior und Dacia stationiert. Sie ist auf Militärdiplomen für die Jahre 77/78 bis 161 n. Chr. aufgeführt.[1][2][3][4]

Der erste Nachweis der Einheit in Moesia beruht auf einem Diplom, das auf 77/78 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Moesia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Weitere Diplome, die auf 78 bis 101 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz (bzw. ab 93 in Moesia superior).

Eine Teilnahme der Kohorte an den beiden Dakerkriegen Trajans sowie an weiteren militärischen Operationen in der neuen Provinz Dacia wird vermutet, ist aber nicht gesichert.[3][5][6][A 1] Der erste Nachweis der Einheit in der Provinz beruht auf einem Diplom, das auf 110 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Dacia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Ein weiteres Diplom, das auf 114 datiert ist, belegt die Einheit in derselben Provinz.

Wahrscheinlich unter Hadrian (117–138) wurde die Kohorte wieder nach Moesia superior verlegt,[A 2] wo sie erneut durch Diplome nachgewiesen ist, die auf 133 bis 161 datiert sind. Möglicherweise war die Kohorte noch während der Regierungszeit von Decius (249–251) in der Provinz stationiert.[3][A 3]

Standorte Bearbeiten

Standorte der Kohorte waren möglicherweise:[3][5][6]

  • Egeta (Brza Palanka): zwei Inschriften[7] wurden hier gefunden.
  • Timacum Maius (Niševac): mehrere Ziegel[8] mit dem Stempel COH I CRET wurden hier gefunden.
  • Translederata (Banatska Palanka): ein Ziegel[9] mit dem Stempel COH I CRET wurde hier gefunden.

Ziegel der Einheit wurden noch an weiteren Orten gefunden: mit dem Stempel COH I CRE bei Ratiaria[10] und mit dem Stempel COH I CRET bei Drobeta[11] sowie Sucidava.[12]

Angehörige der Kohorte Bearbeiten

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt.[1][3][13]

Kommandeure Bearbeiten

  • C(aius) Vibius M[]us: er wird auf dem Diplom von 114 als Kommandeur genannt.

Sonstige Bearbeiten

  • Aur(elius) Caius, ein Centurio (AE 1981, 737)
  • Gallio, ein Fußsoldat: das Diplom von 114 wurde für ihn ausgestellt.
  • Ti(berius) Claudius Valerius, ein Veteran (AE 1964, 262)

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea: Auxilia Moesiae Superioris, Mega Publishing House 2018, ISBN 978-606-020-063-5 (Online)
  • John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Vladimir Petrović, Vojislav Filipovic nehmen an, dass die Kohorte am zweiten Dakerkrieg Trajans teilgenommen hat. Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea gingen noch davon aus (2006), dass die Einheit an militärischen Operationen in Dacia beteiligt war, während sie (2018) dazu tendieren, dass die Kohorte nur zur Überwachung der Baustelle der Trajansbrücke bei Drobeta sowie des umliegenden Gebietes eingesetzt war.
  2. Laut Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea (2006, 2018) wäre es auch vorstellbar, dass die Kohorte in Translederata stationiert blieb, während das nördliche Ufer der Donau der Zuständigkeit des Statthalters von Dacia entzogen und stattdessen dem Statthalter von Moesia superior unterstellt wurde.
  3. Laut Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea (2018) waren die 60 kretischen Bogenschützen, die in einer Passage in der Historia Augusta (25,16,2) erwähnt werden, wahrscheinlich eine Abordnung aus der Cohors I Cretum.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b John Spaul, Cohors², S. 383, 385.
  2. Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 164, 169 Tabellen 8, 11 (PDF).
  3. a b c d e Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea, Auxilia, S. 49–51, 101–102, 127–134.
  4. Militärdiplome der Jahre 77/78 (AE 2011, 1118), 78 (RMD 5, 325), 93 (CIL 16, 39), 94 (RMD 5, 335), 96 (RMD 1, 6), 100 (Chiron-2008-326, Chiron-2008-340, Chiron-2008-343, Chiron-2009-566, CIL 16, 46), 101 (Chiron-2008-329), 110 (CIL 16, 163), 114 (RMD 4, 226), 133 (RMD 4, 247), 137 (ZPE-194-236), 151 (RMM 31), 157 (Chiron-2008-380, Chiron-2008-381, RMD 5, 418, RMM 37, ZPE-165-237), 158/159 (RMD 5, 419), 159 (CIL 16, 111), 160 (RMM 40) und 161 (RMD 1, 55).
  5. a b Vladimir Petrović, Vojislav Filipovic: The First Cohort of Cretans, a Roman Military Unit at Timacum Maius In: BALCANICA XLVI Belgrad, 2015, S. 33–39, hier S. 35–36 (Online).
  6. a b Florian Matei-Popescu, Ovidiu Țentea: Participation of the Auxiliary Troops from Moesia Superior in Trajan's Dacian Wars In: Revue d'Archeologie et d'Histoire Ancienne Bucarest, 2006, S. 127–140, hier S. 136–137 (Online).
  7. Inschriften aus Egeta (AE 1966, 336, AE 1981, 737)
  8. Ziegel aus Timacum Maius (AE 2015, 1204).
  9. Ziegel aus Translederata (AE 1912, 78).
  10. Ziegel aus Ratiaria (AE 1984, 00742f).
  11. Ziegel aus Drobeta (CIL 3, 01703,2).
  12. Ziegel aus Sucidava (AE 1975, 00726b, IDR-02, 00240).
  13. Ovidiu Țentea, Florian Matei-Popescu: Alae et Cohortes Daciae et Moesiae. A review and update of J. Spaul`s Ala and Cohors In: Acta Musei Napocensis 39-40/I Cluj-Napoca, 2002–2003 (2004), S. 259–296, hier S. 280 (Online).