Greifstachler

Gattung der Familie Baumstachler (Erethizontidae)
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Die Greifstachler (Coendou) sind eine baumbewohnende Gattung stachelschweinverwandter Nagetiere in Lateinamerika.

Greifstachler

Cuandu (Coendou prehensilis)

Systematik
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Stachelschweinverwandte (Hystricomorpha)
Teilordnung: Hystricognathi
ohne Rang: Meerschweinchenverwandte (Caviomorpha)
Familie: Baumstachler (Erethizontidae)
Gattung: Greifstachler
Wissenschaftlicher Name
Coendou
Lacépède, 1799
Greifstachler in der Wilhelma Stuttgart

Merkmale Bearbeiten

Der Schwanz der Greifstachler ist als Greifschwanz ausgebildet. Im Gegensatz zu anderen Säugern mit Greifschwanz rollt der Greifstachler seinen Schwanz nach oben ein. Vordere und hintere Extremitäten sind zu Greiforganen umgewandelt, was das Klettern erleichtert.[1] Der ganze Körper erwachsener Tiere ist von dornenartigen Stacheln bedeckt, nur der Greifschwanz trägt keine.

Verbreitung Bearbeiten

Heimat sind die Wälder von Südmexiko, Mittelamerika und Südamerika.

Lebensweise Bearbeiten

Die Greifstachler klettern zwar langsam, aber durch ihre fünf vollwertigen Greiforgane sehr sicher in den Bäumen umher. Ihre Nahrung besteht aus Blättern, Knospen, Früchten, Rinde und Wurzeln der Bäume.[1] Sie sind nachtaktive Einzelgänger. Untereinander sind sie recht aggressiv. Die Weibchen bringen meistens nur ein Junges zur Welt, manchmal Zwillinge. Das Junge ist bei der Geburt schon sehr groß, die Stacheln noch sehr weich und biegsam. Greifstachler erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 30–60 cm sowie eine Schwanzlänge von 33–45 cm. Ein Greifstachler kann bis zu 27 Jahre alt werden.[2]

Bedrohung Bearbeiten

Ihre Warnrufe erinnern an Kleinkinderrufe.[3] Erwachsene Greifstachler haben aufgrund ihrer Stacheln keine spezifischen natürlichen Fressfeinde, aber vielfältige Bedrohungen bestehen durch den Greifvogel Harpie (Harpia harpyja),[4] Jaguar (Panther onca),[5][6] Puma (Puma concolor),[5][7] Ozelot (Leopardus pardalis),[5] Schlangen[8] und am Boden z. B. durch das Beulenkrokodil (Crocodylus moreletii)[9]. Die Hauptbedrohung geht vom Menschen aus.

Kontakt mit Menschen Bearbeiten

Greifstachler können als ernsthafte Schädlinge forst- oder landwirtschaftlicher Plantagen auftreten. In Gefangenschaft werden Greifstachler ihrem Pfleger gegenüber sehr zahm. Greifstachler gehören zu den seltenen Pfleglingen in Zoos. In Deutschland werden sie lediglich in Frankfurt am Main und in Rockenhausen (Tierpark Donnersberg) gehalten.

 
Skelett des Cuandu (Coendou prehensilis)
(Christian Heinrich Pander: Die vergleichende Osteologie, 1821)

Arten Bearbeiten

Anfang 2013 wurden 13 Greifstachlerarten unterschieden:[10]

Im Mai und Dezember 2013 wurden 2 weitere Arten beschrieben:

  • Coendou baturitensis Feijó & Langguth, 2013 – Diese Art lebt in den Bergen von Baturité im brasilianischen Bundesstaat Ceará.[11]
  • Coendou speratus Pontes et al., 2013 – Die Art ist relativ klein mit langem Schwanz und dreifarbigen Stacheln und lebt in den Wäldern der Atlantikküste Nordostbrasiliens.[12]

Viele der auch in zoologischen Werken der Gattung der Greifstachler zugeordneten Tiere wurden ursprünglich in der Gattung der Südamerikanischen Baumstachler (Sphiggurus) geführt.[1] Hier ergaben molekulargenetische Studien, dass die Gattung Sphiggurus keine geschlossene Gruppe bildet. Sie wurde daher aufgelöst und in die Baumstachler überführt. Gleiches gilt für den Bergstachler, der in älteren Systematiken die monotypische Gattung Echinoprocta bildet.[10][13] Die Greifstachler stehen in der Familie der Baumstachler (Erethizontidae).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Greifstachler (Coendou) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Nowak, Ronald M.: Walker’s Mammals of the World (6th ed.). Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
  2. Gorbunova, V., M. J. Bozzella, A. Seluanov: Rodents for comparative aging studies: from mice to beavers. Age (Dordr), Band 30, Nr. 2–3, 2008, S. 111–119. doi:10.1007/s11357-008-9053-4
  3. Shelley, Erin L., Daniel T. Blumstein: The evolution of vocal alarm communication in rodents.@1@2Vorlage:Toter Link/behecooxfordjournals.ezguitartips.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Behavioral Ecology, Band 16, Nr. 1, 2005, S. 169–177.
  4. Touchton, Janeene M., Yu-Cheng Hsu, Alberto Palleroni: Foraging ecology of reintroduced captive-bred subadult harpy eagles (Harpia harpyja) on Barro Colorado Island, Panama.@1@2Vorlage:Toter Link/www.ib.unam.mx (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Ornitologia Neotropical, Band 13, Nr. 4, 2002, S. 365–379.
  5. a b c Emmons, Louise H.: Comparative feeding ecology of felids in a neotropical rainforest. Behavioral Ecology and Sociobiology, Band 20, Nr. 4, 1987, S. 271–283.
  6. Mooring, Mike et al.: Savegre valley mammal study – progress report 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/d3iuhvo5s01ozf.cloudfront.net (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 3,9 MB)
  7. Murphy, Kerry, Toni K. Ruth: Diet and prey selection of a perfect predator. Cougar Ecology and Conservation. University of Chicago Press, Chicago, Illinois, USA (2009) S. 118–137.
  8. Duarte, Marcelo Ribeiro: Prickly food: snakes preying upon porcupines. (PDF; 310 kB) Phyllomedusa, Band 2, Nr. 2, 2003, S. 109–112.
  9. Platt, Steven G. et al.: Food habits, ontogenetic dietary partitioning and observations of foraging behaviour of Morelet’s crocodile (Crocodylus moreletii) in northern Belize. The Herpetological Journal, Band 16, Nr. 3, 2006, S. 281–290.
  10. a b Robert S. Voss, Caldonia Hubbard und Sharon A. Jansa: Phylogenetic Relationships of New World Porcupines (Rodentia, Erethizontidae): Implications for Taxonomy, Morphological Evolution, and Biogeography. American Museum Novitates 3769, 2013, S. 1–36. doi:10.1206/3769.2
  11. Anderson Feijó und Alfredo Langguth: A new species of porcupine from the Baturité range. Revista Nordestina de Biologia 22 (1/2), 2013, S. 124–126
  12. Antonio Rossando Mendes Pontes, José Ramon Gadelha, Éverton R. A. Melo, Fabrício Bezerra de Sá, Ana Carolina Loss Vilacio Caldara Junior, Leonora Pires Costa und Yuri L. R. Leite: A new species of porcupine, genus Coendou (Rodentia: Erethizontidae) from the Atlantic forest of northeastern Brazil. Zootaxa 3636 (3), 2013, S. 421–438 doi:10.11646/zootaxa.3636.3.2
  13. Robert S. Voss: Family Erethizontidae Bonaparte, 1845. In: James L. Patton, Ulyses F. J. Pardiñas und Guillermo D’Elía (Hrsg.): Mammals of South America, Volume 2: Rodents. The University of Chicago Press, Chicago, 2015, S. 786–805