Brookesia

Gattung der Familie Chamäleons (Chamaeleonidae)

Brookesia (auch „Erdchamäleons“) ist eine auf Madagaskar endemische Gattung der Stummelschwanzchamäleons. Sie besiedeln den Bodenbereich sowie die Kraut- und Strauchschicht der Primärwälder, seltener findet man sie im Kulturland. Der Gattungsname Brookesia ist eine Widmung an den britischen Anatom Joshua Brookes, in dessen Brookesian Museum das erste Chamäleon dieser Gattung entdeckt und von dem deutschen Zoologen Heinrich Kuhl 1820 beschrieben wurde.[1]

Brookesia

Erdchamäleon (Brookesia superciliaris)

Systematik
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
ohne Rang: Toxicofera
ohne Rang: Leguanartige (Iguania)
Familie: Chamäleons (Chamaeleonidae)
Unterfamilie: Stummelschwanzchamäleons (Brookesiinae)
Gattung: Brookesia
Wissenschaftlicher Name
Brookesia
Gray, 1865
Der für Chamäleons typische Rollschwanz, hier bei Kinyongia tenuis, fehlt bei Brookesia

Merkmale Bearbeiten

Die Vertreter der Gattung Brookesia, mitunter auch Brookesien[2] genannt, sind kleine, sehr zierliche Chamäleons mit einer Gesamtlänge von nur 100 bis 125 mm. Brookesia micra ist das kleinste bekannte Reptil der Welt. Im Gegensatz zu den beiden anderen auf Madagaskar beheimateten Chamäleongattungen Calumma und Furcifer besitzen sie nur einen rudimentär ausgebildeten Schwanz (Stummelschwanz), der etwa ein Viertel bis ein Drittel der Körperlänge ausmacht. Er lässt sich weder auf die für Chamäleons bekannte Art und Weise aufrollen, noch ist seine Greiffunktion stark ausgebildet. Die Färbung der Tiere variiert zwar artspezifisch, geht aber für gewöhnlich nicht über die Grundtöne Braun, Grau, Ocker und Oliv hinaus.

Trivialname Bearbeiten

Die deutschen Bezeichnungen „Erdchamäleon“ oder „Stummelschwanzchamäleon“ für die Vertreter dieser Gattung werden unterschiedlich genutzt und führen immer wieder zu Verwirrungen. Der Name Erdchamäleon hatte sich lange Jahre für die Gattung Brookesia etabliert, wurde aber auch zeitgleich für viele Arten der auf dem afrikanischen Festland beheimateten Gattung Rhampholeon verwendet. Er rührte von der früheren Annahme her, dass sich die Tiere hauptsächlich auf dem Boden aufhielten. Wissenschaftliche wie populärwissenschaftliche Artikel verwenden heute für die Vertreter der Gattungen Brookesia sowie Rhampholeon und Rieppeleon die Bezeichnung Stummelschwanzchamäleons, da es sich um das ausgeprägteste Merkmal dieser drei Gattungen handelt. In früherer Literatur bezeichnete man die Tiere häufig als „Zwergchamäleons“.[3] Der Name findet auch heute noch vielfach im englischen Sprachraum als dwarf oder pygmy chameleon seine Verwendung. Im Deutschen wird der Trivialname Zwergchamäleon aber heute lediglich für Chamäleons der südafrikanischen Gattung Bradypodion benutzt.

 
Brookesia stumpffi

Arten Bearbeiten

Die Gattung umfasst etwa 30 Arten:[4]

Brookesia lolontany und Brookesia nasus mit den beiden Unterarten B. nasus nasus und B. nasus pauliani wurde 2013 der neu aufgestellten Gattung Palleon zugeordnet.[6]

Literatur Bearbeiten

  • Édouard-Raoul Brygoo: Reptiles. Sauriens Chamaeleonidae. Genre Brookesia et complément pour le genre Chamaeleo (= Faune de Madagascar. Bd. 47). ORSTOM, Paris 1978.
  • Frank Glaw, Miguel Vences: Field Guide to the Amphibians and Reptiles of Madagascar. 3. Auflage. Vences & Glaw, Köln 2007, ISBN 978-3-929449-03-7.
  • John Edward Gray: Revision of the genera and species of Chamæleonidæ, with description of some new species. In: Proceedings of the Scientific Meetings of the Zoological Society of London. 1864, ISSN 0370-2774, S. 465–477, online.
  • Charles J. J. Klaver, Wolfgang Böhme: Chamaeleonidae (= Das Tierreich. Teilbd. 112). Walter de Gruyter & Co., Berlin u. a. 1997, ISBN 3-11-015187-1.
  • Petr Nečas, Wolfgang Schmidt: Stummelschwanzchamäleons. Miniaturdrachen des Regenwaldes. Die Gattungen Brookesia und Rhampholeon. Edition Chimaira, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-930612-48-8.
  • Franz Werner: Zur Kenntnis des Skeletes von Rhampholeon spectrum. In: Arbeiten aus dem Zoologischen Instituten der Universität Wien und der Zoologischen Station Triest. Bd. 14, 1902, ZDB-ID 564650-9, S. 241–258.
  • Franz Werner: Prodromus einer Monographie der Chamäleonten. In: Zoologische Jahrbücher. Abtheilung für Systematik, Ökologie und Geographie der Thiere. Bd. 15, Heft 3/4, 1902, ISSN 0044-5193, S. 295–460, Digitalisat.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Thomas Hildenhagen: Zur Geschichte und Etymologie des Gattungsnamens Brookesia Gray, 1865. In: Sekretär. Bd. 7, Nr. 2, 2007, ISSN 1612-2399, S. 9–15.
  2. Werner 1902, Arb. Zool. Inst.: 246, 251.
  3. Werner 1902, Zool. Anz.:305, Fußnote.
  4. Brookesia In: The Reptile Database; abgerufen am 25. Oktober 2012.
  5. F. Glaw, J. Köhler, O. Hawlitschek, F. M. Ratsoavina, A. Rakotoarison, M. D. Scherz & M. Vences: Extreme miniaturization of a new amniote vertebrate and insights into the evolution of genital size in chameleons. In: Scientific Reports. Band 11, 2021, Artikelnummer 2522 (2021), doi:10.1038/s41598-020-80955-1.
  6. Frank Glaw, Oliver Hawlitschek, Bernhard Ruthensteiner: A new genus name for an ancient Malagasy chameleon clade and a PDF-embedded 3D model of its skeleton. In: Salamandra. Bd. 49, Nr. 4, 2013, S. 237–238, online.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Brookesia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien