Hüttengärtner

Hüttengärtner mit Laube im Hintergrund

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Familie: Laubenvögel (Ptilonorhynchidae)
Gattung: Amblyornis
Art: Hüttengärtner
Wissenschaftlicher Name
Amblyornis inornatus
Schlegel, 1871

Der Hüttengärtner (Amblyornis inornatus) ist ein drosselgroßer Singvogel aus der Familie der Laubenvögel. Die Laubenvögel sind nahe Verwandte der Paradiesvögel und kommen hauptsächlich in den tropischen Wäldern auf der Insel Neuguinea sowie Australien vor.

Aussehen Bearbeiten

Körperbau Bearbeiten

Laubenvögel im Allgemeinen verfügen über stark gebaute Beine und Schnäbel sowie über ein größeres Gehirn als andere Singvögel mit gleichem Körperbau in der gleichen Region. Sie besitzen 11 - 14 Armschwingen einschließlich der Schirmfedern, wobei typisch für Singvögel 9 - 10 sind. Außerdem ist ihr Tränenbein vergrößert.

Hüttengärtner sind im Durchschnitt ca. 25 cm lang und zwischen 105 und 155 g schwer, wobei die Weibchen ein klein wenig leichter und kleiner sind.

Fiederung Bearbeiten

Die Farbe des Gefieders des Hüttengärtners geht vom ganzheitlichen braun und bräunlich-gelben bis ins rötliche braun. Anders als die meisten anderen Laubenvögel hat er keine auffällige und farbige Kopfhaube, die normalerweise bei der Balz zum Einsatz kommt. Das Federkleid des Männchens kann Informationen über einen Parasitenbefall und sogar die Hodenentwicklung übermitteln, was speziell für potenzielle Partnerinnen von Bedeutung ist.

Lebensweise und Verhalten Bearbeiten

 
Verbreitungsgebiet des Hüttengärtners

Ernährung & Lebensraum Bearbeiten

Der Hüttengärtner ist ein guter Flieger, hält sich aber auch viel am Waldboden auf und ernährt sich hauptsächlich von Früchten, Samen, Insekten und Schnecken aus dem Unterholz.

Hüttengärtner leben, wie ihr englischer Name (vogelkop bowerbird) schon verrät, endemisch auf der Halbinsel Vogelkop im Nordwesten West-Neuguineas (indonesisch Irian Jaya), wo sie niedere Berglagen und den Regenwald in 1000 bis 2075 Meter Höhe bewohnen. Die Insel hat ihren Namen aus der Kolonisierungszeit, wo West-Neuguinea noch zu den Niederlanden gehörte. Die gesamte Insel Neuguinea hat die Form eines sitzenden Vogels und die Halbinsel Vogelkop nimmt dabei die Form des Kopfes ein. Die Art gilt als nicht gefährdet (Stand 2012), obwohl ihnen, wie vielen anderen Lebewesen auch, die Lebensraumzerstörung zu schaffen macht. Außerdem nimmt die Zahl seiner Fressfeinde durch die Ausbreitung verwilderter Katzen und anderer exotischer Tiere stetig zu.

Die durchschnittliche Lebenserwartung des Hüttengärtners kann, sobald er im adulten Alter ist, bis zu 30 Jahre betragen.

Sozialverhalten Bearbeiten

Adulte Hüttengärtner leben als Einzelgänger und finden sich nur zur Paarung zusammen, wobei die Männchen fast das ganze Jahr mit ihrer Laube beschäftigt sind. Die männlichen, jungen Hüttengärtner bleiben, nachdem sie flügge sind, eine gewisse Zeit in der Nähe der adulten Männchen und schauen sich dabei das Handwerk zum Laubenbau ab. Mit ihrem außergewöhnlichen Gesang ahmen Laubenvögel andere Vogelarten oder Tiere nach. Der Gesang enthält verschiedene Summtöne, auch mechanische Geräusche werden nachgeahmt. Ihr Gesangsrepertoire reicht vom Gelächter des Lachenden Hans ( Dacelo novaeguineae) bis hin sogar zum katzenähnlichen Miauen.

Fortpflanzung Bearbeiten

Laubenbau Bearbeiten

Bei Laubenvögeln kann eine Beziehung zwischen der Farbenpracht der Männchen und dem Ausbau ihrer Lauben hergestellt werden. Männchen mit bunten, auffallenden Gefiedern und Kopfhauben bauen eher kleine, einfache Lauben, die sie nur wenig dekorieren. Je weniger auffällig ein Männchen ist, desto größer und eindrucksvoller bauen sie ihre Gebäude. Da es sich beim Hüttengärtner, wie bereits erwähnt, um einen unauffällig gefärbten Vogel handelt, bauen sie die kunstvollsten Lauben ihrer Art.

Es werden überdachte Hütten, entsprechechend dem architektonischen Prinzip eines zentralen Maibaumes, zwischen Baumsprösslingen oder an den Stängel von Orchideen erbaut. Das zentrale Element ist häufig 60 bis 90 cm hoch und die Bodenfläche misst bis zu 1,5 m im Durchmesser. Der Innenraum sowie der Vorhof sind fein gesäubert und mit vom Hüttengärtner herbeigebrachtem Moos bedeckt.

Hüttengärtner sammeln Blumen, Federn, Früchte, Insektenflügel, Harz, Beeren, Pilze und viele andere Gegenstände wie Schnüre, Dosendeckel, Münzen, Glas, etc. Dabei gilt, je seltener und farbintensiver, desto besser. Mit diesen Gegenständen dekorieren sie ihre Bauten und arrangieren sie kunstvoll auf ihren mit Moos belegten Plätzen. Sobald ein Gegenstand verwelkt/verfault oder vom Wind verweht wird, wird dies sofort bemerkt und wieder ausgebessert. Sogar lebende Insekten dienen manchmal als Schmuckgegenstand, die auch klarerweise immer wieder zurückgesetzt werden müssen. Die dekorativen Gegenstände können dabei im Gesamtgewicht das bis zu 23-Fache des eigenen Körpergewichtes des Vogels betragen.

Der Bau der Laube dauert Monate, und über Jahre hinweg wird ausgebessert, erweitert, neu arrangiert und neuer Schmuck gesammelt. Etwa 9 - 10 Monate im Jahr arbeitet das Männchen an der Laube, die immer wieder benutzt wird, teils über Jahrzehnte hinweg.

Die Männchen müssen vor allem in der Paarungszeit ihr Hab und Gut stets vor rivalisierenden Artgenossen schützen, da diese die Lauben beschädigen und Dekorationen stehlen, um ihr eigenes Bauwerk damit zu schmücken und die Konkurrenz auszustechen. So sind sie den ganzen Tag damit beschäftigt, ihre Laube zu reparieren und gleichzeitig die vorbeikommenden Weibchen auf ihr Kunstwerk aufmerksam zu machen. Diese vergleichen Qualität, Größe und Ausschmückung verschiedener Lauben sowie den Gefiederzustand und die Balz der Männchen, bevor sie sich für eines entscheiden.

Der Laubenbau ist nicht gänzlich angeboren. Tatsächlich gibt es regionale Unterschiede, die die Jungvögel durch Beobachtung der Altvögel beim Laubenbau erlernen.

Paarbildung & Balz Bearbeiten

Kommt ein Weibchen in die Nähe der Laube, unterbricht das Männchen den Laubenbau und versucht, ihr Interesse mit seinem Gesang noch mehr zu wecken. Wenn das Weibchen den Vorhof betritt, um die Laube genauer zu untersuchen, zieht sich das Männchen in die Laube zurück oder präsentiert manchmal einige seiner Dekorationsstücke dem Weibchen. Hat sich das Weibchen für das Männchen entschieden, paaren sie sich direkt bei der Laube. Während die Weibchen sich meistens nur mit einem Partner paaren, sind die Männchen polygam, d.h. sie versuchen mit möglichst vielen Weibchen zu kopulieren. Manche schaffen es, sich mit bis zu 20 - 33 verschiedenen Weibchen in einer einzigen Paarungssaison zu paaren. Doch die meisten scheitern gänzlich, da ihre Lauben den Ansprüchen der Weibchen nicht genügen. Diese wählen Männchen mit großen, prachtvollen Lauben aus, da sie diese als kräftig und gesund auszeichnen.

Die männlichen Vögel tragen nicht zur Bebrütung und Aufzucht der Jungtiere bei. Nach der Paarung widmen die Weibchen sich dem Nestbau, um dort die Eier auszubrüten und die Jungen aufzuziehen. Die Männchen bleiben bei ihrer Laube.

Nest & Aufzucht Bearbeiten

Die Weibchen bauen nach der Paarung ihr eigenes schlichtes, muldenförmiges Nest mit einem Durchmesser von 15 cm, das sie in 1,80 - 3 m Höhe in den Baumkronen errichten.

Die Brutpflege und Aufzucht des Nachwuchses wird nur durch die Weibchen betrieben. Die Brutdauer beträgt meist zwischen 21 und 27 Tagen. Nach dem Schlüpfen werden die Küken zwischen 17 und 30 Tage lang im Nest vom Muttertier versorgt.

Besonderheiten Bearbeiten

Laubenbau: Kunst und Intelligenz? Bearbeiten

Der ausgefeilte Laubenbau zählt sowohl beim Hüttengärtner als auch bei anderen Laubenvogelarten als herausragendes evolutives Merkmal. Keineswegs sind die Lauben aller Arten gleich; sie unterscheiden sich maßgeblich. Auch innerhalb einer Art gibt es verschiedene Ausprägungen der Laube. Zwar ist der Grundaufbau meist sehr ähnlich, aber keine der Dekorationen ähnelt der anderen. Hier ist schon ein individualistisches Kunstverständnis zu erkennen. Manche Arten zeugen sogar von größter künstlerischer Fähigkeit, indem sie Pigmente und natürliche Malwerkzeuge benützen, um das Innere der Laube zu bemalen. Doch der einzige Zweck der Laube bleibt der, das Weibchen zu beeindrucken und damit zum Geschlechtsakt verführen zu können. Die letzte Entscheidung obliegt jedoch dem Weibchen und somit sind die Lauben eindeutig Produkte der weiblichen sexuellen Auswahl. Was können also Weibchen alles aus dem Laubenbau schließen? Von der Größe der Laube können sie auf die körperliche Fitness des Männchens schließen, da die großen Mengen an Bau- und Dekorationsmaterial auch aus großer Entfernung herbeigeschafft werden müssen. Auch eine gewisse Geschicklichkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, lange Erfahrung und Durchsetzungsvermögen gegenüber Konkurrenten sind nötig, um eine perfekte Laube zu bauen und das Weibchen von sich zu überzeugen. Ein Beweis, dass das Laubenbauverhalten von der sexuellen Selektion stammt, liefert folgendes Experiment: Verfügt das Männchen über keine Geschlechtshormone, z.B. durch Kastration, wird von ihm keine Laube gebaut. Es nimmt seine Arbeit aber sofort wieder auf, wenn ihm die entsprechenden Hormone wieder zugeführt werden. Auch Gillard versucht eine Antwort auf die Frage nach dem evolutionären Ursprung der Lauben zu geben. Er nimmt an, dass hell gefärbte Vorfahren einen Garten zur Schau stellten, wie man es von Paradiesvögeln kennt und es dann zur Selektion von der Farbe des Gefieders zur Laube kam. Die Laube bietet einen gewissen Schutz bei der Paarung und das Weibchen hat mehr Auswahlkriterien als nur das Aussehen und die Stimme des Männchens.

Literatur Bearbeiten

  • John Alcock: Animal behavior, Aus dem Amerikan. von Matthias Sauerland, Gustav Fischer Verlag, 1996, ISBN 3-437-20531-5, S. 295 & S. 322
  • Barnes Curtis: Biology, Fith Edition, Worth Publishers, ISBN: 0-87901-394-X, S. 1073
  • Gottfried Mauersberger: Urania-Tierreich, Vögel, Urania-Verlag, 1995, ISBN: 3-332-00491-3, S. 389 - 393
  • Mike Hansell: Bird nests and construction behavior, illustriert von Raith Overhill, Cambridge University Press, ISBN 0521017645, S. 195 - 216
  • Christopher Perrins: Die BLV-Enzyklopädie: Vögel der Welt, BLV Verlagsgesellschaft mbH München, 2004, 1. Auflage, ISBN 978-3-405-16682-3, S. 458 - 463
  • G. Miller, The mating mind. How sexual choice shaped the evolution of human, Spektrum Akademischer Verlag, New York 2000

Einzelnachweise Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

  • Animal Behaviour; Volume 33, Issue 1, February 1985, Pages 266-271, Abgerufen am: 24.1.2013
  • BBC Nature => Videomaterial zum Laubenbau, Abgerufen am: 24.1.2013
  • www.arkive.org => Sammlung von Bilder und Videos des Hüttengärtners, Abgerufen am: 24.1.2013
  • Amblyornis inornata in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2012. Eingestellt von: BirdLife International, 2012. Abgerufen am: 24.1.2013

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