Von Flaggenprinzip spricht man, wenn alle an Bord von Schiffen oder Luftfahrzeugen begangenen Taten, unabhängig von der Nationalität des Täters oder des Opfers dem Strafrecht des Staates unterfallen, dessen Flagge das Schiff oder Luftfahrzeug führt und wenn die benötigten Patente und Papiere sich nach den Vorschriften des Flaggenlandes richten[1].

Geschichte

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Seit Alters her[2] gelten Schiffe als bewegliche Teile des Staatsgebietes des Landes, dem / zu dem sie gehören, dessen Flagge sie also tragen. Dies bezeichnet man als Flaggenprinzip. Man sah sie als frei bewegliche teile des Staatsgebietes: als Sache seien sie der heimatlichen Herrschaft unterworfen und stellten als Raum ein Stück Heimat dar, das alles Geschehen so erfasse, als sei es auf heimatlichem Boden passiert.


Natürlich ist dies so nicht konsequent durchzuziehen: es müßte sonst ja auch die Luft darüber und die See darunter „Inland“ sein, womit auf Hoher See eben diese okkupiert würde und in fremdstaatlichen Gewässern diese zwei verschiedenen Territorien angehören würden, was beides so nicht möglich ist.

Auswirkungen

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Strafrecht

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Dessen ungeachtet gibt es zumindest drei Bereiche, in denen das Flaggenprinzip gilt: einerseits die Patente und Schiffspapiere, andererseits die Schiffsausstattung und außerdem das Strafrecht. Letzteres bestimmt i.d. BRD in § 4 StGB:

„Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.“

Hingegen erklärt § 6 StGB unter Listenpunkt 3:

„Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden: 3. Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr“

– dies bietet auch unabhängig von Nato- und UN-Beschlüssen jederzeit eine Handhabe zur Bekämpfung der Piraterie, steht jedoch in krassestem Widerspruch zum Flaggenprinzip, da es unabhängig von der Nationalitat des Täters, des Opfers und des Tatorts deutschem Strafrecht Gültigkeit zu schaffen versucht.

Ähnliche und teilweise auch weitergehende Regelungen wie § 4 StGB haben auch viele andere Staaten, unter anderem Österreich, Rumänien und Bulgarien, und das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen bestimmt dazu in Art. 27, Strafgerichtsbarkeit an Bord eines fremden Schiffes:

„1. Die Strafgerichtsbarkeit des Küstenstaats soll an Bord eines das Küstenmeer durchfahrenden fremden Schiffes nicht ausgeübt werden, um wegen einer während der Durchfahrt an Bord des Schiffes begangenen Straftat eine Person festzunehmen oder eine Untersuchung durchzuführen, ausser in folgenden Fällen:
a) wenn sich die Folgen der Straftat auf den Küstenstaat erstrecken;
b) wenn die Straftat geeignet ist, den Frieden des Landes oder die Ordnung im Küstenmeer zu stören;
c) wenn die Hilfe der örtlichen Behörden vom Kapitän des Schiffes oder von einem Diplomaten oder Konsularbeamten des Flaggenstaats erbeten worden ist; oder
d) wenn solche Maßnahmen zur Unterdrückung des unerlaubten Verkehrs mit Suchtstoffen oder psychotropen Stoffen erforderlich sind.“

Und in Art. 28 Zivilgerichtsbarkeit in Bezug auf fremde Schiffe

„1. Der Küstenstaat soll ein das Küstenmeer durchfahrendes fremdes Schiff weder anhalten noch umleiten, um seine Zivilgerichtsbarkeit gegenüber einer an Bord des Schiffes befindlichen Person auszuüben.
2. Der Küstenstaat darf Vollstreckungs- oder Sicherungsmassnahmen in Zivilsachen gegen das Schiff nur wegen Verbindlichkeiten oder der Haftung ergreifen, die für das Schiff selbst während oder wegen seiner Durchfahrt durch die Gewässer des Küstenstaats entstanden sind.
3. Absatz 2 berührt nicht das Recht des Küstenstaats, in Übereinstimmung mit seinen Rechtsvorschriften Vollstreckungs- oder Sicherungsmassnahmen in Zivilsachen gegen ein fremdes Schiff zu ergreifen, das in seinem Küstenmeer liegt oder dieses nach Verlassen der inneren Gewässer durchfährt.“

andere Bereiche

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Die anderen Bereiche sind noch viel weiter ausgeprägt: weltweit hat ein Schiff die Papiere mitzuführen, die in dem Land vorgeschrieben sind, dessen Flagge es rechtmäßig führt, und dessen Ansprüchen hat auch das Patent des Schiffsführers zu genügen. Ebenso sind die Gesetze des Flaggenstaates – jenes Staates also, dessen Flagge das Schiff rechtmäßig führt – maßgeblich für die Ausrüstung des Schiffes, was besonders bei Fragen der Sicherheit an Bord relevant ist.

Grauzone

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In einer Grauzone befinden sich Sportboote:

Ausflaggung

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Früher war es allgemein üblich, daß ein Schiff „zuhause“ registriert war und die Flagge des Heimatlandes trug, womit das Heimatland des Schiffseigners gemeint war. Der damit verbundenen Gebühren und Steuern wegen ist dies jedoch zu einer interessanten Einnahmequelle insbesondere kleinerer Staaten geworden und wegen der unterschiedlichen Auflagen und Bestimmungen wurde es für die Reeder immer interessanter, sich die Flagge sehr genau auszusuchen, unter der sie ein Schiff laufen ließen. Dieses Eintragen in das Register eines anderen Staates nennt man „Ausflaggen“.

Das UN-Seerechtsübereinkommen bestimmt dazu:

„Art. 90 Recht der Schifffahrt
Jeder Staat, ob Küsten- oder Binnenstaat, hat das Recht, Schiffe, die seine Flagge führen, auf der Hohen See fahren zu lassen.
Art. 91 Staatszugehörigkeit der Schiffe
1. Jeder Staat legt die Bedingungen fest, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, sie in seinem Hoheitsgebiet in das Schiffsregister einträgt und ihnen das Recht einräumt, seine Flagge zu führen. Schiffe besitzen die Staatszugehörigkeit des Staates, dessen Flagge zu führen sie berechtigt sind. Zwischen dem Staat und dem Schiff muss eine echte Verbindung bestehen.
2. Jeder Staat stellt den Schiffen, denen er das Recht einräumt, seine Flagge zu führen, entsprechende Dokumente aus.
Art. 92 Rechtsstellung der Schiffe
1. Schiffe fahren unter der Flagge eines einzigen Staates und unterstehen auf Hoher See seiner ausschließlichen Hoheitsgewalt, mit Ausnahme der besonderen Fälle, die ausdrücklich in internationalen Verträgen oder in diesem Übereinkommen vorgesehen sind. Ein Schiff darf seine Flagge während einer Fahrt oder in einem angelaufenen Hafen nicht wechseln, außer im Fall eines tatsächlichen Eigentumsübergangs oder eines Wechsels des Registers.
2. Ein Schiff, das unter den Flaggen von zwei oder mehr Staaten fährt, von denen es nach Belieben Gebrauch macht, kann keine dieser Staatszugehörigkeiten gegenüber dritten Staaten geltend machen; es kann einem Schiff ohne Staatszugehörigkeit gleichgestellt werden.“

Literatur

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  • Dahm Völkerrecht
  • Jörn Wille, Die Verfolgung strafbarer Handlungen an Bord von Schiffen und Luftfahrzeugen

Einzelnachweis

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  1. Dahm Völkerrecht, Bd. 1, S. 413
  2. Colombos, Seerecht, S. 232 ff, Nachweise dort;

http://www.admin.ch/ch/d/as/2009/3209.pdf UN

http://www.bsh.de/Vorlagen/ressources/nav_de/navigation6.jsp

http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/kommunikation/flaggen_und_fahnen/umgang_mit_flaggen.jsp

http://www.gesetze-im-internet.de/flaggrg/BJNR000790951.html