Strahlenschutz

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Allgemeines

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Die eigenverantwortliche Anwendung ionisierender Strahlung an Menschen setzt eine Fachkunde im Strahlenschutz voraus. Eine Fachkunde im Strahlenschutz benötigen unter anderem Strahlenschutzbeauftragte (der Strahlenschutzverantwortliche nur, wenn er keine Strahlenschutzbeauftragten bestellt), Ärzte, die die rechtfertigende Indikation zur Anwendung ionisierender Strahlung stellen, Medizinphysik-Experten, aber auch Personen, die ohne ständige Aufsicht ionisierende Strahlung an Menschen anwenden.

Davon zu Unterscheiden sind Kenntnisse im Strahlenschutz, die es ermöglichen, ionisierende Strahlung unter Aufsicht eines fachkundigen Arztes anzuwenden. Diese Kenntnisse können bereits im Medizinstudium erworben werden; sie gelten dann mit der Approbation, allerdings auch nur bis 5 Jahre nach Erwerb; daher empfiehlt sich (wenn überhaupt im Studium) ein später Erwerb der Kenntnisse.

Kurz: Wer die Verantwortung trägt/die Aufsicht führt, braucht die Fachkunde.

Die Fachkunde erwirbt man über Grund- und Spezialkurse im Strahlenschutz sowie die Sachkunde (dokumentierte (Zeiten und Zahlen) praktische Erfahrungen in der Anwendung ionisierender Strahlung), also theoretisches und praktisches Wissen. Die Sachkundezeiten hängen von der jeweilig angestrebten Fachkunde ab und betragen in der Regel mindestens 6 Monate.

Es werden verschiedene Fachkunden in Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie und anderen Fachrichtungen unterschieden, z. B. in der Radiologie: „Rö5: Computertomographie“

Für die Fachkunde ist die Ärztekammer zuständig. Der Antrag auf Fachkunde muss dort eingereicht werden. Sie entscheidet auch im Falle einer Überschreitung der Zeiten, wenn die Fachkunde nicht wie gefordert alle 5 Jahre aktualisiert wird. Der 5-Jahre-Zähler wird allerdings durch jede neu erworbene Teil-Fachkunde wieder zurückgesetzt. Viele Kliniken haben automatisierte E-Mail-Listen, die an die Aktualisierung der Fachkunde erinnern.

Wichtig:

  • Eine Untersuchung mittels ionisierender Strahlung anfordern darf jeder Arzt: Stellen der medizinischen Indikation.
  • Eine Untersuchung mittels ionisierender Strahlung anordnen darf nur der fachkundige Arzt: Stellen der rechtfertigenden Indikation.
  • Die Anwendung ionisierender Strahlung umfasst nach § 83 StrlSchV:
    • Rechtfertigende Indikation
      • Die rechtfertigende Indikation muss vom fachkundigen Arzt vor Ort, und darf nicht etwa telefonisch gestellt werden.
      • Es muss eine Aufzeichnung geben, aus der hervorgeht, wer die rechtfertigende Indikation gestellt hat.
    • Technische Durchführung
      • Die technische Durchführung allein darf auch eine MTRA oder natürlich ein fachkundiger Arzt.
      • Eine MFA oder ein nicht fachkundiger Arzt dürfen dies nur mit Kenntnissen im Strahlenschutz und unter ständiger Aufsicht eines fachkundigen Arztes.
    • Befundung (bei Diagnostik)

Siehe auch hier: Geschichte des Strahlenschutzes

Grundkurs

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Grundlagen

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Schon die Griechen vermuteten einen Aufbau der Welt aus angenommen nicht weiter teilbaren Teilchen, die sie daher Atome nannten. Für den Strahlenschutzkurs reicht das in Details überholte Bohrsche Atommodell von 1913:

  • Im Atomkern befinden sich positiv geladene Protonen und ungeladene Neutronen, auf definierten Bahnen um den Kern bewegen sich negativ geladene Elektronen.
  • Massenzahl A: Anzahl der Nukleonen (Protonen und Neutronen)
  • Ordnungszahl (= Kernladungszahl) Z: Anzahl der Protonen. Diese Zahl bestimmt das Element.
  • Die Anzahl der Neutronen kann variieren; dadurch ergeben sich verschiedene Isotope eines Elements.

Aus didaktischen Gründen unterscheidet man bei ionisierender Strahlung zwischen Wellen- und Teilchenstrahlung:

  • Wellenstrahlung: Röntgenstrahlung, Gammastrahlung. Keine Ladung, keine Masse.
  • Teilchenstrahlung: Alphastrahlung, Betastrahlung, Elektronenstrahlung, Protonenstrahlung, Neutronenstrahlung. Immer Masse, meist auch Ladung.

Wellenstrahlung umfasst neben o. g. Röntgenstrahlung, Gammastrahlung u. a. auch Radiowellen, Mikrowellen, das sichtbare Licht, UV-Strahlung. Die Energie der Strahlung ist proportional zur Frequenz und umgekehrt proportional zur Wellenlänge. Röntgenstrahlung ist hochfrequent und kurzwellig.

Wellenstrahlung entsteht u. a. in einer Röntgenröhre (Bremsstrahlung und charakteristische Strahlung) oder durch Gamma-Zerfall z. B. von Kobalt-60 (Co-60 ist im ersten Zerfall ein Beta-Strahler, genutzt werden die weiteren Zerfälle.). Ein Linearbeschleuniger erzeugt harte (d. h. energiereiche) Röntgenstrahlung.

Arten des radioaktiven Zerfalls:

  • Alpha-Zerfall (Mutterkern verliert Heliumkerne (= Alphateilchen)), A: -4, Z: -2. Alpha-Strahlung ist leicht durch Materie abzuschirmen.
  • Beta-Zerfall (Elektron bzw. Positron = Betateilchen), Beta-Strahlung lässt sich etwa durch 5 mm Wasser, einige mm Aluminium-Blech oder wenige cm Plexiglas abschirmen.
    • Beta-Minus-Zerfall (Umwandlung Neutron in Proton und Elektron, Elektron verlässt Kern), A bleibt gleicht, Z: +1.
    • Beta-Plus-Zerfall (Umwandlung Proton in Neutron und Positron, Positron verlässt Kern), A bleibt gleich, Z: -1.
  • Gamma-„Zerfall“ (Übergang eines angeregten Kerns in den Grundzustand unter Verlust von Energie in Form von Gammastrahlung), A und Z bleiben gleich. Zur Abschirmung von Gamma-Strahlung benötigt man in der Regel Elemente mit hoher Ordnungszahl, das gängigste dabei ist Blei.

Die stochastischen Zerfallsprozess folgen einer fallenden Exponentialfunktion. Daher hat es Sinn, eine Halbwertzeit anzugeben.

Aktivität A: Anzahl Zerfälle pro Sekunde, Einheit: Becquerel.

Zerfallsgesetz: : , mit  : Anzahl der am Anfang ( ) vorhandenen Atomkerne,  : Zerfallskonstante des jeweiligen Nuklids.

Mittlere Lebensdauer  . Nach dieser Zeit ist  .

Bei der Halbwertszeit  ist  . Daraus ergibt sich:  .

Zu den Halbwertszeiten kann man sich merken: nach 4 Halbwertszeiten weniger als 10 %, nach 10 Halbwertszeiten etwa 0,1 %.

Bei steigender Energie:

  • ab 0 eV: Rayleigh-Streuung
  • unter 5 eV: Anregung höherenergetischer Zustände von Elektronen, photochemische Prozesse, keine Ionisation
  • 5 eV bis 100 keV: Photoeffekt: Ein Photon schlägt ein Elektron aus einem Material, messbar als Strom
  • 50 keV bis 1 MeV: Compton-Effekt: einfallend ein Photon, ausfallend ein Photon geringerer Energie und ein Elektron
  • 1,022 bis 6 MeV: Paarbildung: (Beispiel) aus einem energiereichen Photon entsteht ein Elektron-Positron-Paar
  • 2,18 bis 16 MeV: Kernphotoeffekt: ähnlich Photoeffekt, aber mit Nukleonen. Wichtig für den Strahlenschutz: Raumluft wird durch den Kernphotoeffekt radioaktiv, das sind allerdings nur kurzlebige Nuklide. Aus diesem Grund sind Luftabsaugeinrichtungen am Linearbeschleuniger, besonders dem der Strahlung im hohen MeV-Bereich (Es gibt durchaus 18-20 MeV.) erzeugen kann, wichtig!

Strahlenexposition

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Die jährliche Strahlenexposition beträgt im Mittel etwa 4 mSv und setzt sich etwa zur Hälfte aus natürlichen und künstlichen Ursachen zusammen.

  • Natürliche Strahlenexposition (etwa 2 mSv/a), genauer etwa 2,4 mSv/a
    • Inhalation von Radon-222 und seinen Zerfallsprodukten (etwa 1 mSv/a, regional sehr unterschiedlich)
    • Ingestion (vor allem K-40, etwa 0,3 mSv/a)
    • Terrestrische Strahlung (regional verschieden, gesteinsabhängig, etwa 0,4 mSv/a)
    • Kosmische Strahlung (höhenabhängig, etwa 0,3 mSv/a)
  • Künstliche Strahlenexposition (etwa 2 mSv/a)
    • Medizinische Strahlenanwendungen (vor allem CT und Angiographie/Intervention, etwa 1,9 mSv/a)
    • Kerntechnische Anlagen, Reaktorunfälle, Atombombenfallout, Technik, Haushalt u. a. (weniger als 0,1 mSv/a)

Inkorporation (über die Haut, Ingestion oder Inhalation) eines Strahlers (natürlich oder künstlich) ist gefährlicher als externe Bestrahlung, da die radioaktiven Stoffe meistens länger im Körper verbleiben.

  • Linearer Energietransfer (LET): Das lineare Energieübertragungsvermögen L ist ein Maß für die Ionisationsdichte (eigentlich Energiemenge, die pro Wegstrecke abgegeben wird).
    • Protonen, Neutronen: dicht ionisierend
    • Röntgen-Strahlung, Beta-Strahlung: locker ionisierend

Ionisierende Strahlung kann Biomoleküle direkt oder indirekt schädigen. Besonders gravierend sind DNA-Schäden, obwohl die Zellen über Reparaturmechanismen verfügen. Es kommt bei irreparablen DNA-Schäden zu Störungen der Zellfunktion, Mutation, klonogenem Zelltod (d. h. die Zelle verliert ihre Teilungsfähigkeit) oder Zelltod.

Strahlungsdosis ist absorbierte Strahlungsenergie pro Masseneinheit.

Ionendosis J = Q/m (Erzeugte Ladung Q, pro Masse m des durchstrahlten Volumens), Einheit 1 C/kg, alte Einheit: 1 R (Röntgen)

Energiedosis D = E/m (Energie E, die durch ionisierende Strahlung an Materiemasse m abgegeben wird), Einheit 1 J/kg = 1 Gy (Gray), alte Einheit: 1 rd. Die Energiedosis (Temperaturerhöhung durch Strahlung) ist schwierig zu messen; meist erfolgt die Bestimmung über die Ionendosis.

Besonders in der Strahlentherapie spielt auch der Begriff des Kerma (Kinetic energy released in matter) eine Rolle. Bei niedrigenergetischer Strahlung wie in der Diagnostik entspricht Kerma ungefähr der Energiedosis.

Äquivalentdosis H = w*D (Strahlungswichtungsfaktor*Energiedosis), Einheit 1 J/kg = 1 Sv (Sievert), alte Einheit 1 rem (100 rem = 1 Sv) mit Strahlungswichtungsfaktor für Elektronen, Photonen 1, Protonen meist 5 (2-10), Alphateilchen 20, Schwerionen 20, Neutronen energieabhängig. Eine spezielle Äquivalentdosis ist die Organdosis. Der Strahlenwichtungsfaktor macht das unterschiedliche Schadenspotential verschiedener Strahlenarten (und Energien derselben) vergleichbar.

Als Merkhilfe Alphateilchen 20, Protonen 5: Das Alphateilchen enthält 4 Nukleonen, also 4*5 = 20.

Die Effektive Dosis berücksichtigt zusätzlich die unterschiedliche Empfindlichkeit der Organe gegenüber ionisierender Strahlung durch Gewebe-Wichtungsfaktoren (Werte von 0,12 (Knochenmark, Dickdarm, Lunge, Magen, Brust) bis 0,01 (Haut, Gehirn, Speicheldrüsen)). Die letzten Änderungen (01.01.2019) bestehen darin, dass der Wichtungsfaktor für die Keimdrüsen (für ein vermutetes genetisches Risiko) von 0,2 auf 0,08 gesenkt wurde, außerdem wurde der Wichtungsfaktor für die Brust von 0,05 auf 0,12 erhöht. Der Gewebe-Wichtungsfaktor für die Keimdrüsen wurde aus dem vermuteten genetischen Risiko abgeleitet. Alle anderen Gewebe-Wichtungsfaktoren wurden aus den Mortalitätswahrscheinlichkeiten und wahrscheinlichen Krebserkrankungen abgeleitet. Die effektive Dosis ist ein Maß für das Risiko: Gleiche effektive Dosis für unterschiedliche Strahlenarten und unterschiedliche Körperbereiche bedeutet gleiches Risiko durch die Strahlenexposition.

Die Wichtungsfaktoren ergeben aufsummiert zusammen 1. Daher kann man nicht nur einen allein ändern. Das sind allerdings alles nur ungefähre Schätzwerte. Unklar ist etwa, ob die Brust eines Mannes mit 0,12 angesetzt werden soll oder (bei nahezu keinem Drüsengewebe) doch besser mit 0,0. Letzteres würde aber die Summe durcheinanderbringen oder unterschiedliche Faktoren für Männer und Frauen erfordern, was mindestens unpraktikabel sein dürfte.

Die Ionendosis wird gemessen und in die Energiedosis umgerechnet. Dann wird je nach Strahlenart daraus die Äquivalentdosis bestimmt. Die effektive Dosis ist die mit den Gewebe-Wichtungsfaktoren gewichtete Summe über alle Organe im Strahlenfeld.

Stochastische Strahlenschäden können auch bei kleinen Dosen zufällig auftreten. Die Größe des Schadens ist dosisunabhängig. Man nimmt an, das es eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung ohne Schwellenwert (unterhalb dessen niemals Schaden auftritt) gibt, was man englisch linear non-threshold (LNT) zusammenfassen kann.

Deterministische Strahlenschäden treten bei höheren Dosen erwartbar auf. Die Größe des Schadens steigt mit steigender Dosis.

Es gibt eine Abschätzung, die besagt, das Krebsrisiko betrage je 1 Sv zusätzlicher Strahlenbelastung 5 %. Es gilt also immer, Strahlung überlegt einzusetzen: as low as reasonably achievable (ALARA).

Strahlenschutz

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Baulicher und apparativer Strahlenschutz in medizinischen Einrichtungen, in denen ionisierende Strahlung verwendet wird: Bleiglasfenster, Bleiburg, Bleilamellen am C-Bogen, etc. Die abschirmenden Wirkung wird in Bleigleichwerten angegeben, z. B. 4 mm Fe entspricht 0,6 mm Pb.

Strahlenschutzmaßnahmen in absteigender Effektivität und damit Wichtigkeit (Merkformel: „AAA“):

  1. Minimierung Aufenthaltsdauer: Strahler ausschalten, wenn nicht gebraucht und ausschalten möglich!
  2. Abstand zur Strahlenquelle: Es gilt das Abstandsquadratgesetz
  3. Abschirmung: Schutzwirkung ist von der Ordnungszahl und Dicke des abschirmenden Materials abhängig, sinkt mit wachsender Energie der Strahlung. Der Begriff Halbwertdicke erklärt sich selbst (analog Halbwertszeit); natürlich ist die Halbwertsdicke von der Energie der Strahlung abhängig.

Abschirmung: Tragen von Blei-Schürzen in der Radiologie, Wirkung ebenfalls abhängig von der Energie der Strahlung. Bei üblichen 0,35 mm Pb-Gleichwert einer Schürze werden bei einer Anodenspannung von 75 kV einer Röntgenröhre 1,5 % durchgelassen. In OP-Bereichen gibt man sich mit einem Mindest-Pb-Gleichwert von 0,25 mm zufrieden.

Funfact am Rande: Bei Energien wie in der Diagnostik beträgt die Halbwertdicke von Weichteilgewebe etwa 3-4 cm.

  • Überwachungsbereich: Effektive Dosis > 1 mSv/a möglich (oft das ganze Betriebsgelände)
  • Kontrollbereich: Effektive Dosis > 6 mSv/a möglich (Kennzeichnung durch Schilder! Dosimeter tragen!).
  • Sperrbereich: Ortsdosisleistung > 3 mSv/h möglich (Kennzeichnung durch Schilder! Zutritt nur aus zwingendem Grund! Dosimeter tragen!)

Unterweisung: Vor erstem Betreten eines Kontrollbereichs und anschließend jährlich muss eine Unterweisung erfolgen. Hinweis an Frauen: Schwangerschaft so früh wie möglich mitteilen. Unterweisungen dokumentieren und 5 Jahre aufbewahren. Alle im Kontrollbereich tätigen Personen müssen (Dosimetrie) überwacht werden.

  • Der Kontrollbereich ist nur für den Zustand eingeschalteter Strahlung (z. B. Röntgengerät angeschaltet) definiert.
  • Die Dosisgrenzwerte pro Jahr für Überwachungsbereich und Kontrollbereich gelten für eine Aufenthaltsdauer von 2000 h (= 8 h/d * 250 Arbeitstage oder 40h/Woche für 50 Wochen)
  • Der Grenzwert einer zusätzlich zur natürlichen Strahlenexposition geltenden Exposition von 1 mSv/a für die Allgemeinbevölkerung ist dagegen für 8760 h (= 365 d * 24 h) definiert.

Strahlenschutzgesetz StrlSchG vom 27. Juni 2017, Strahlenschutzverordnung StrlSchV, letzte Fassung vom 29. November 2018. Die Röntgenverordnung ist mit der Neufassung der StrlSchV obsolet geworden.

Beruflich strahlenexponierte Personen

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  • Kategorie A: > 6 mSv/a möglich, max. 20 mSv/a, jährliche Untersuchung durch ermächtigten Arzt
  • Kategorie B: > 1 mSv/a möglich, max. 6 mSv/a, ärztliche Untersuchung nur bei Einstellung

Grenzwert für nicht beruflich strahlenexponierte Personen: max. 1 mSv/a zusätzlich zur natürlichen Exposition

Berufslebensdosis kumulativ < 400 mSv. Bei Frauen im gebärfähigen Alter darf die Dosis an der Gebärmutter max. 2 mSv/Monat nicht überschreiten. Schwangere: max. 1 mSv Dosis an der Gebärmutter von Bekanntwerden der Schwangerschaft bis Entbindung.

Bei Minderjährigen gilt der derselbe Grenzwert wie für beruflich nicht strahlenexponierte (1 mSv/a), die Behörde kann aber Auszubildende in Kategorie B zulassen.

Der Grenzwert für die Teilkörperdosis der Augenlinse ist mit Inkrafttreten des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung am 31.12.2018 von 150 mSv/a auf 20 mSv/a (bei Minderjährigen 15 mSv/a) absenkt worden. Es gibt Strahlenschutz-Bleiglasbrillen und -visiere. Augenlinsenschutz sollte mindestens bei allen interventionellen Untersuchungen in der Radiologie und Kardiologie getragen werden. Bei Interventionen sollten ebenfalls ein Schilddrüsenschutz getragen werden.

Ansonsten Haut, Hände, Füße 500 mSv/a (bei Minderjährigen 50 mSv/a, auf Antrag bei 16-18jährigen Auszubildenden 150 mSv/a). Es gibt Unterschenkel- und Fußschutz. Diese werden nicht getragen, sondern sind am Tisch so angehängt/angebaut, dass sie möglichst gut zwischen dem Strahlengang und den unteren Extremitäten des Untersuchers liegen.

Schutzmittel (Schürze, Weste, Rock etc.) müssen alle zwei Jahre in einer Durchleuchtungsprüfung geprüft werden. Selbst sollte man sie vor dem anziehen auf direkt erkennbare Beschädigung der Schutzwirkung (Bleiansammlung im unteren Bereich?) prüfen und zur Vermeidung von Beschädigung sachgemäß hängend lagern.

Patienten

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Der fachkundige Arzt stellt die rechtfertigende Indikation nach StrSchV:

  • Der Nutzen dieser Anwendung ionisierender Strahlung überwiegt das Risiko.
  • Es ist keine andere Methode (z. B. Untersuchung) mit keiner oder einer geringeren Strahlenbelastung und vergleichbarem Nutzen verfügbar.

Typische Dosen: Röntgen Thorax 0,02 mSv. (Die natürlich Strahlenexposition entspricht etwa 120 Röngten Thorax im Jahr. Anders gesagt: Durch natürliche Strahlenexposition erhält man alle drei Tage die Dosis einer Röntgen Thorax-Aufnahme.) Die Dosis eines CT Hals liegt ungefähr bei 2 mSv, also der natürlichen Strahlenexposition pro Jahr, CT Thorax und CT Abdomen liegen schon einzeln darüber. CT Abdomen/Becken und CT Angiographie Aorta sind mit jeweils etwa 10 mSv die höchsten Dosen in der Diagnostik.

Strahlenschutz für Patienten: Bleidecke, Halbschürze, Ovarienschutz (1 mm Pb), Hodenkapsel (0,5-1 mm Pb, schützt auch vor Streustrahlung, gegen die man sonst ja schlecht schützen kann), Linsenschutz. Diese Maßnahmen haben erst Sinn bei einer Dosisreduktion um 10 µSv. Es ist zum Beispiel Unsinn bei einem Röntgen-Thorax eine Hodenkapsel zu tragen. Siehe Sachverständigen-Richtlinie und Empfehlungen der Strahlenschutzkommission. Schutzmittel müssen alle 2 Jahre mit einer Durchleuchtung geprüft werden.

Bei der Mammographie wird Röntgenstrahlung niedriger Energie verwendet. Daraus resultiert ein nur geringes Ausmaß an Streustrahlung.

Es gibt Empfehlungen der Strahlenschutzkommission zum Augenlinsenschutz für Patienten etwa bei der CT. Diese können auch schlicht in einer wohlüberlegten Lagerung liegen.

Der Strahlenschutz für den Patienten kann auch mitunter schwerwiegende Fehler zeitigen: Deckt ein Schutzmittel die Belichtungsautomatik ab, so wird die Dosis vom Gerät automatisch so erhöht, dass das Schutzmittel gut durchstrahlt wird. Die Aufnahme ist dann von schlechter Qualität/Auswertbarkeit bei hoher Strahlenexposition.

Typische Nuklide in der Nuklearmedizin in der Diagnostik: Tc-99m für Schilddrüsenszintigraphie (HWZ: 6 h), I-123, Tl-201, F-18 für PET/CT (HWZ: 1,9 h)

Typische Nuklide in der Nuklearmedizin in der Therapie: I-131 für Radioiodtherapie (HWZ: 8 d), Y-90 für SIRT, RSO (HWZ: 2,7 d), Lu-177 für DOTA (HWZ: 6,7 d)

Konstanzprüfung: Regelmäßig durchzuführende Qualitätskontrollen. Die Abnahmeprüfung liefert die Bezugswerte für die künftigen Konstanzprüfungen. Konstanzprüfungen für Geräte in der Radiologie müssen mindestens monatlich durchgeführt werden.

Ärztliche Stelle: Einrichtung zur Qualitätssicherung bei der medizinischen Strahlenanwendung

Diagnostische Referenzwerte (DRW) wurde erstmals 2003 durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) veröffentlicht. Die DRW dienen der Orientierung und sind keine Grenzwerte. Sie dienen in der Röntgendiagnostik als (obere) Richtwerte und sollten möglichst nicht überschritten werden. In der Nuklearmedizin stellen sie Optimalwerte dar. Diagnostische Referenzwerte gewinnte das BfS aus dem Patientenkollektiv der Ärztlichen Stellen, hier wird in der Röntgendiagnostik das 75-%-Perzentil genommen, um einen Wert im oberen Bereich zu haben.

Strahlung kann mit Hilfe einer Ionisationskammer über eine Änderung der Leitfähigkeit in Gasen nachgewiesen werden.

Strahlungsmessgeräte können entweder Aktivität oder Energiedosis messen. Die resultierende Personendosis ist berechnet.

Es gibt verschiedene Dosimeter, u. a. Personendosimeter, Fingerringdosimeter (Prinzip: Lumineszenzdosimeter).

  • Die Personendosis wird mit Filmdosimetern gemessen und von von einer amtlichen Messstelle ausgewertet.
  • In einem Filmdosismeter befinden sich verschiedene strahlenempfindliche Filme, die ggfs. belichtet werden, in einer sogenannten Gleitschattenkassette.
  • Trageort der Filmplakette ist eine repräsentative Stelle der Körpervorderseite unter der Schürze, transparente Seite nach vorne.
  • Teilkörperexpositionen werden z. B. mit Fingerringdosimetern (Lumineszenzdosimeter) gemessen.

Ein Dosisleistungsmessgerät misst instantan die Dosis pro Zeit und warnt häufig bei hohen Dosisleistungen.

Das Dosisflächenprodukt (DFP) ist eine Dosisgröße bei einer Röntgenaufnahme bei einem Patienten. Es geht dabei um die Dosis auf der Eintrittsseite (Hautdosis) ohne die im Patienten stattfindende Rückstreuung. Weil sowohl exponierte Fläche als auch Dosis in das DFP eingehen, ist der Wert des DFP vom Abstand zum Strahler unabhängig. Die dabei erfolgte Strahlenexposition kann nach der sogenannten Konversionsfaktor-Methode abgeschätzt werden: Dabei wird das DFP mit einem Faktor multiplizert, was ein Maß für die Risikogröße (= effektive Dosis) ergibt.

Röntgengeräte geben in der Regel das DFP an. Bei Durchleuchtung wird auch eine Eintrittsdosis angegeben, bei Mammographie eine Organdosis.

Was beim Röntgen das DFP ist, ist bei der CT der CTDI (Computed Tomography Dose Index) für die einzelne CT-Schicht und vor allem das daraus durch Multiplikation mit der Länge des Untersuchungsvoluments errechnete Dosis-Längen-Produkt (DLP).

Röntgenröhre

  • Die Anode ist wegen der Hitzeentwicklung in der Regel eine Drehanode (3000-9000 U/min.) aus Wolfram, das Röhrengehäuse mit Öl gekühlt.
  • Die Anodenspannung bestimmt Strahlenqualität (Durchdringungsvermögen) und damit auch den Kontrast. (Schlicht: Spannung -> Durchdringungsvermögen)
  • Die Heizspannung bzw. der Strom durch die Kathoden-Glühwendel (genauer: „Röhrenstromzeitprodukt“, Einheit mAs) bestimmt die Dosis. (Schlicht: Strom -> Dosis)
  • Die Größe des Brennflecks (Fokus) bestimmt neben den Abmessungen und Eigenschaften der Detektoren die Auflösung in einem Röntgenbild.
  • Gittergesteuerte Röhren (Metallgitter zwischen Kathode und Anode, das negativ aufgeladen werden kann) für gepulste Durchleuchtung
  • C-Bogen

Computertomographie

  • Hounsfield-Skala: Fixpunkte: Luft -1000, Wasser 0. Weitere Werte: Knochen ca. +1000-2000, Organe in der Regel +20-60, Fett etwa -100.
  • Wer ein CT-Gerät (oder auch ein Angiographie-Gerät) betreibt, braucht einen MPE (Medizinphysik-Experten).

Gammakamera: Szintigrafie. Die Gammakamera enthält einen Szintillationskristall (meist NaI) und einen Photomultiplier.

Emissionscomputertomographie

  • SPECT (single photon emission computed tomography) (& CT)
  • PET (& CT). Beim PET werden die bei Positronen/Elektron-Annihilation (Vernichtung) entstehenden Photonenpaare gemessen. Diametral angeordnete Detektoren benutzen das Koinzidenz-Prinzip zur Detektion und Lokalisation.

Linearbeschleuniger

  • In Linearbeschleunigern werden die geladenen Teilchen beim Übergang zwischen den Driftröhren beschleunigt.
  • Multi-Leaf-Kollimatoren (MLC) dienen zur Anpassung des Bestrahlungsfeldes an die Organgrenzen.
  • Photonen: Dosismaximum vor dem Zielvolumen, relativ hohe Dosen hinter dem Zielvolumen
  • Protonen: Dosismaximum im Zielvolumen, praktisch keine Dosis hinter dem Zielvolumen

Afterloading

Intraoperative Radiotherapie (IORT): z. B. bei Mammakarzinom

Seeds: z. B. bei Prostatakarzinom

Normen, Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Empfehlungen

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EURATOM-Grundnormen -> StrlSchG -> StrlSchV

Richtlinie 2013/59/Euratom: Strahlenschutz bei natürlich vorkommenden Stoffen inkl. Radon, Regelungen zur Bewältigung radiologischer Altlasten, Regelungen zur natürlichen Radioaktivität in Baustoffen, Detaillierte Vorgaben für die Notfallplanung, Vorgaben hinsichtlich Screening-Untersuchungen mit Röntgenstrahlen zur Vermeidung unnötiger Strahlenbelastung durch unnötige Untersuchungen.

Die Definition sowie Aufgaben und Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen und Strahlenschutzbevollmächtigten sind im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) definiert.

  • Strahlenschutzverantwortlicher (SSV): Betreiber einer Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung, bei juristischen Personen (z.B. Klinikum) immer die zur Vertretung berechtigte Person, bestellt Strahlenschutzbeauftragte, wenn dies zur Gewährleistung des Strahlenschutzes notwendig ist (z.B. für jede Abteilung, die eine Röntgenanlage betreibt), bleibt immer gesamtverantwortlich.
  • Strahlenschutzbeauftragter (SSB): wird vom SSV unter genauer Bezeichnung der Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche bestellt, hat Weisungsbefugnis für seine Zuständigkeitsbereiche, erstattet dem SSV Bericht über alle Mängel, die den Strahlenschutz betreffen und macht Vorschläge zu deren Behebung, arbeiten mit mit Betriebs-/Personalrat und den Fachkräften für Arbeitssicherheit zusammen, darf in der Ausübung seiner Pflichten nicht behindert werden.
  • In großen Kliniken gibt es neben dem SSV, einem Mitglied des Klinikumsvorstands, oft noch eine organisatorische Zwischenebene aus Strahlenschutzbevollmächtigten, das sind in der Regel die Leiter der einzelnen Abteilungen, die ionisierende Strahlung anwenden.

Zuwiderhandlungen: Straftaten(?)

  • StrlSchG: 31.12.2018 in Kraft getreten
    • § 1: Expositionssituationen: geplant/Notfall/bestehend
    • § 2: Expositionskategorien: allgemein/beruflich/medizinisch
    • § 5-8: Strahlenschutzgrundsätze: Rechtfertigung, Dosisbegrenzung, Optimierung
    • Grenzwerte blieben gleich bis auf folgende:
      • Augenlinse: Verringerung von 150 mSv auf 20 mSv pro Jahr
      • Streichung der Grenzwerte für Organdosen bis auf Haut, Extremitäten, Gebärmutter und ungeborenes Kind.
    • Definition und Quasi-Gegenstandskatalog von Fachkunde, Kenntnisse, Unterweisung im Strahlenschutz
  • MPG
  • AtomG: war bis zur Einführung des StrlSchG die Grundlage für StrlSchV und die inzwischen obsolete RöV
  • AMG

Verordnungen

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Zuwiderhandlungen: Ordnungswidrigkeiten(?)

  • StrlSchV: 29.11.2018
    • Organisation des Strahlenschutzes, Rechtfertigung, Indikation, Dokumentation, Strahlenschutzbereiche, Personendosimetrie u. a.
  • MPV
  • MPBetreibV

Richtlinien

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  • Richtlinie für die technische Prüfung von Röntgeneinrichtungen und genehmigungsbedürftigen Störstrahlern (Sachverständigen-Richtlinie, SV-RL)
  • Richtlinie zur Durchführung der Qualitätssicherung bei Röntgeneinrichtungen zur Untersuchungen von Menschen (Qualitätssicherungs-Richtlinie, QS-RL)
  • Richtlinie für die physikalische Strahlenschutzkontrolle zur Ermittlung der Körperdosen

Empfehlungen

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Die Strahlenschutzkommission (SSK) gibt verschieden Empfehlungen zum Umgang mit ionisierenden Strahlen heraus.

Fristen aus den Normen des Strahlenschutzes

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  • Konstanzprüfung an den Geräten: 1 x pro Monat, Dokumente 2 a aufheben
  • Personendosimetrie: 1 x pro Monat auslesen, bis 30 Jahre nach Ende Berufstätigkeit, mindestens aber bis zum 75. Lebensjahr aufheben
  • Unterweisung: 1 x pro Jahr, Dokumente 5 Jahre aufheben
  • Überprüfung durch ärztliche Stelle: alle 2 Jahre
  • Fachkundeaktualisierung: alle 5 Jahre

Spezialkurs Teletherapie

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Spezialkurs Brachytherapie

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