Rhodobacter capsulatus ist ein Bakterium. Es zählt zu den Purpurbakterien. Es ist, was den Stoffwechsel angeht, sehr flexibel. So kann es, wenn Licht verfügbar ist die Photosynthese zum Wachstum nutzen. Im dunkeln kann es die Fermentation (Gärung) zur Energiegewinnung nutzen.[1] Wenn Sauerstoff vorhanden ist, kann es auch die normale Atmung mit Sauerstoff durchführen. Außerdem kann es auch Wasserstoff als Energiequelle nutzen.

Merkmale Bearbeiten

Die Zellen sind oval oder stäbchenförmig. In Medien mit pH-Werten um 7,0 dominieren stäbchenförmige Zellen, über pH 8,0 erscheinen pleomorphe Zellen. Ketten von Zellen in zickzackförmiger Anordnung sind typisch, aber bei einigen Stämmen können die Ketten auch gerade sein. Das Bakterium bildet Kapseln.[1] Es ist durch ein polares Flagellum beweglich.[2]

Unter Sauerstoffausschluß (anaerob) im Licht gewachsene Kulturen sind gelblich braun oder grünlich bis tiefbraun. Wenn sie in Gegenwart von Anwesenheit von Sauerstoff gezüchtet werden, bilden sich rote Kulturen.

Die Zellteilung erfolgt durch die Zweiteilung, eine Knospung (wie sie z.b. bei der verwandten Gattung Rhodopseudomonas statt findet) wird nicht durchgeführt. Die Zelldurchmesser liegt bei 0.5–1.2 μm. Die Zelllänge liegt zwischen 2.0–2.5 μm, die Zellen können aber auch wesentlich länger sein. Das für die Photosynthese dienende, innere Membransystem besteht aus Vesikeln (vesikuläres Membransystem).[1]

Stoffwechsel Bearbeiten

Rhodobacter capsulatus zählt zu den Nichtschwefelpurpurbakterien. Diese Bakterien können eine anoxygene Photosynthese zur Energiegewinnung nutzen.

Rhodobacter capsulatus zeigt im Licht unter anaeroben Bedingungen ein photoheterotrophes Wachstum. Es nutzt hierbei Licht als "Energiequelle", benötigt allerdings noch organischen Verbindungen. Da noch zusätzlich organische Stoffe benötigt werden, handelt es sich nicht um ein autotrophes Wachstum, daher die Bezeichnung "photoheterotroph". Diese Wachstumsart steht im Gegensatz zum photoautotrophen Wachstum, hier werden keine organischen Verbindungen genutzt, ein Beispiel ist die Photosynthese von Cyanobakterien und Pflanzen.

Es ist auch photoautotrophes Wachstum mit molekularem Wasserstoff als Elektronendonor möglich. Das ist auch mit Sulfid möglich, das hierbei zu elementarem Schwefel oxidiert wird.[1]

Im Dunkeln mit verfügbaren Sauerstoff (aerobe Bedingungen) erfolgt mit Nutzung von organischen Substraten eine aerobe Atmung mit Sauerstoff als Elektronenakzeptor und somit ein chemoheterotrophes Wachstum. Das Bakterium kann auch chemoautotroph in dunklen Umgebungen in Gegenwart von Sauerstoff mit Hilfe von molekularem Wasserstoff als Elektronendonator wachsen.[1][3] Mit Hilfe von Wasserstoff ist es auch zu photoautotrophen Wachstum in der Lage.[3]

Kohlendioxid wird hierbei durch den Calvin-Zyklus fixiert.

Unter aeroben, dunklen Bedingungen kann es auch Sulfid als Elektronendonator nutzen.[4][1] Aus Sulfid wird hierbei durch Oxidation Schwefel (S0 gebildet.

In dunklen Bedingungen und Sauerstoffausschluß (anaerob) können von dem Bakterium auch Pyruvat und verschiedene Zucker fermentiert werden (Gärung). Einige Stämme können unter solchen Bedingungen auch Nitrat als Elektronenakzeptor nutzen und es zu Nitrit reduzieren.

Als Stickstoffquelle kann Ammoniak genutzt werden. R. capsulatus kann auch freien Stickstoff fixieren.[1] Hierzu kann es neben der bei Bakterien weit verbreiteten Molybdän-Nitrogenase auch eine molybdänfreie Nitrogenase, die statt Molybdän Eisen enthält, nutzen.

Die Eisen-Nitrogenase (Fe-Nitrogenase) ist ineffizienter als die Mo-Nitrogenasen, es reagiert auf Sauerstoff empfindlicher und zeigt einen schlechteren Umsatz. Allerdings ist die Wasserstoffproduktion dabei höher.

Untersuchungen zur Kristallisation und Struktur der Dinitrogenase-Komponente des Mo-freien Eisen-Nitrogenase-Systems von Rhodobacter capsulatus

In dem phototrophen Bakterium Rhodobacter capsulatus existiert neben der Mo-Nitrogenase auch eine Mo-unabhängige Eisen-Nitrogenase. Dieses Enzymsystem ist Sauerstoff-empfindlicher, reduziert molekularen Stickstoff mit deutlich geringerer Rate, zeichnet sich aber durch eine ungewöhnlich hohe Wasserstoffgas-Produktionsrate aus.

Die photosynthetischen Pigmente sind mit Phytol verestertes Bakteriochlorophyll a und Carotinoide.[1]

Systematik Bearbeiten

Rhodobacter capsulatus ist die Typusart der Gattung Rhodobacter. Sie wurde 1905 von dem österreichischen Wissenschaftler Hans Molisch zuerst beschrieben, hier noch unter den Namen "Rhodonostoc capsulatum". Rhodopseudomonas capsulata ist ein weiteres Synonym. Rhodobacter zählt zu der Familie Rhodobacteraceae (seit 2022 als Paracoccaceae bezeichnet) welche zu der Klasse Alphaproteobacteria gestellt wird.

Das komplette Genom wurde 2010 sequenziert.[5]

Ökologie Bearbeiten

Das Bakterium Rhodobacter capsulatus kommt im Süßwasser wie z.B. Seen, Klärteiche und auch Brackwasserer vor. Auch in Böden kann es gefunden werden.[6]

Nutzung Bearbeiten

Rhodobacter capsulatus kann vielfältig in der Biotechnologie genutzt werden.

So wird das Bakterium für die Produktion von verschiedenen Terpenoiden genutzt. Beispiele sind Patchoulol (ein Duftstoff), Valencen (Geschmacks-, Duftstoff), β-Caryophyllen (entzündungshemmend), Casben (ein Schutzstoff gegen Pilzbefall bei Pflanzen), Squalen (u.a ein Antioxidationsmittel), Cycloartenol (wird für die Herstellung von Phytosterol genutzt) und β-Carotin (Farbstoff und eine Vorstufe für das Vitamin A).[7]

 
Struktur von Casben

Andere Nutzungsmöglichkeiten sind die Produktion von Carotinoiden und Lipiden. Desweiteren kann es für die Biosynthese von Membranproteinen eingesetzt werden.[8] Auch die Produktion von Wasserstoff (H2) mit Hilfe der biologischen Photofermentation von Rhodobacter capsulatus wird untersucht. Bei der biologische Herstellung handelt es sich um eine umweltfreundliche Methode zur H2-Produktion, da sie erneuerbare Biomasse als Ausgangsmaterial verwenden und bei Umgebungstemperatur und -druck ablaufen kann.[9] Andere Bakterien für die Wasserstoffbildung finden sich z.b. bei den Blaualgen, auch die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii ist hierzu mit Hydrogenase-Enzymen in der Lage.[10]


Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h Johannes F. Imhoff: Rhodobacter In: Bergey's Manual of Systematics of Archaea and Bacteria (2015), John Wiley & Sons doi:10.1002/9781118960608.gbm00862
  2. Eckhard Bast: Mikrobiologische Methoden: eine Einführung in grundlegende Arbeitstechniken Spektrum Akademischer Verlag, 1999 ISBN 978-3827407863
  3. a b François Paul, Annette Colbeau, Paulette M. Vignais: Phosphorylation coupled to H2 oxidation by chromatophores from Rhodopseudomonas capsulata In: FEBS letters Band 106, Ausgabe 1, Oktober 01, 1979 doi:10.1016/0014-5793(79)80688-2
  4. E.J. Kompantseva: Utilization of sulfide by nonsulfur purple bacteria Rhodopseudomonas capsulata. In: Mikrobiologiya (1981) Band 50, S. 429–436.
  5. Robert Haselkorn, Alla Lapidus, Yakov Kogan, Cestmir Vlcek, Jan Paces, Vaclav Paces, Pavel Ulbrich, Tamara Pecenkova, Denis Rebrekov, Arthur Milgram, Mikhail Mazur, Randal Cox, Nikos Kyrpides, Natalia Ivanova, Vinayak Kapatral, Tamara Los, Athanasios Lykidis, Natalia Mikhailova, Gary Reznik, Olga Vasieva und Michael Fonstein: The Rhodobacter capsulatus genome In: Photosynthesis Research (2001) Band 70, S. 43–52 doi:10.1023/A:1013883807771 Open Access: Academia.edu
  6. Paul F. Weaver, Judy D. Wall und Howard Gest: Characterization of Rhodopseudomonas capsulata In: Archives of Microbiology (1975) Band 105, S. 207–216.
  7. Fabienne Knapp, Oliver Klaus, Vera Svensson, Achim Heck, Anita Loeschcke und Thomas Dreppe: Terpenoidsynthese in dem phototrophen Bakterium Rhodobacter capsulatus In: BIOspektrum Band 29, S. 88–90 (2023). doi:10.1007/s12268-023-1874-2 (Open Access)
  8. Nadine Katzke, Solmaz Arvani, René Bergmann, Franco Circolone, Annette Markert, Vera Svensson, Karl-Erich Jaeger, Achim Heck und Thomas Drepper: A novel T7 RNA polymerase dependent expression system for high-level protein production in the phototrophic bacterium Rhodobacter capsulatus In: Protein Expression and Purification (Februar 2010) Band 69, Ausgabe 2, S. 137-146 doi:10.1016/j.pep.2009.08.008
  9. Kim D.-H., Lee J.-H., Kang S. et al: Enhanced photo-fermentative H2 production using Rhodobacter sphaeroides by ethanol addition and analysis of soluble microbial products In: Biotechnology for Biofuels and Bioproducts' (2014) Band 7, Artikelnummer 79. Open Access doi:10.1186/1754-6834-7-79
  10. Reimund Neugebauer (Herausgeber): Wasserstofftechnologien Springer Berlin Heidelberg 2022, ISBN 978-3662649398

Genutzte Literatur Bearbeiten

  • Johannes F. Imhoff: Rhodobacter In: Bergey's Manual of Systematics of Archaea and Bacteria (2015), John Wiley & Sons doi:10.1002/9781118960608.gbm00862
  • René Bergmann: Optimierung eines Expressionssystems für die Synthese von Redox- und Membranproteinen in Rhodobacter capsulatus. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf 2011