Karl-Otto Apel (* 15. März 1922 in Düsseldorf) ist ein deutscher Philosoph. Er ist ein Vertreter der Diskursethik sowie einer sprachpragmatischen, intersubjektiven Transzendentalphilosophie (Transzendentalpragmatik).

Apel gehört zu den einflussreichsten deutschen Philosophen der Gegenwart. Seine „transzendentale Sprachpragmatik“ versteht sich als kritische Erneuerung der Kantischen Transzendentalphilosophie. Weitere entscheidende Einflüsse auf seine Philosophie gingen von der sprachanalytischen (Ludwig Wittgenstein, Charles S. Peirce) und hermeneutischen Philosophie (Martin Heidegger) aus, die er zu einer Einheit zu verbinden suchte. Wesentliche Intention von Apels Philosophie ist die Abwehr relativistischer Positionen, insbesondere in der Ethik. Zusammen mit seinem seit Studienzeiten befreundeten Kollegen Jürgen Habermas unternahm Apel den Versuch, die Kantische Moraltheorie im Hinblick auf die Frage der Normenbegründung mit kommunikationstheoretischen Mitteln neu zu formulieren. Die daraus entwickelte Diskursethik löste in der deutschen Philosophie lebhafte Kontroversen aus.

Aufsehen erregten zudem seine Auseinandersetzungen mit Odo Marquard, Hermann Lübbe, Hans Albert, Richard Rorty, Jacques Derrida und Jean-François Lyotard.

Apel hat auch bedeutende Arbeiten zur Geschichte der Sprachphilosophie vorgelegt. Als sein Hauptwerk gilt die 1973 erschienene zweibändige Aufsatzsammlung Transformation der Philosophie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1950) studierte Apel an der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zunächst Geschichte und Geistesgeschichte, bevor er sich als Schüler von Erich Rothacker auf die Philosophie festlegte. Im Jahr 1950 promovierte er in Bonn mit einer Arbeit über Heidegger, 1961 habilitierte er sich in Mainz über die humanistische Sprachidee (Die Idee der Sprache in der Tradition des Humanismus von Dante bis Vico). Von 1962 bis 1969 war er ordentlicher Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, von 1969 bis 1972 ordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Saarbrücken und von 1972 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1990 ordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt am Main.

Der Weg zur Transzendentalpragmatik

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Als Grunderfahrung, die auch bestimmend für seinen philosophischen Werdegang wurde, schildert Apel das „dumpfe Gefühl“ nach 1945, dass „alles falsch war, für das wir uns eingesetzt hatten“[1]. Zunächst allerdings folgte in Apels Biographie eine unpolitische Phase. Er beschäftigte sich aus „trotziger Indifferenz gegenüber den politisch-historischen Schatten der jüngsten Vergangenheit“ mit der Existenzphilosophie, da es bei ihr nicht darauf ankam, „für was man sich eingesetzt hatte, sondern wie man es getan hatte“.[2]

Erst die späten 1960er Jahre bedeuteten für Apel eine „politisch-emanzipatorische Erweckungszeit“[3]. Es begann eine intensive Auseinandersetzung mit der politischen Philosophie, v.a. mit dem jungen Marx, dem westlichen Neomarxismus, und der Kritischen Theorie. Dabei wurde er stark von seinem ehemaligen Bonner Studienkollegen, Jürgen Habermas, beeinflusst. Der Studentenbewegung stand er kritisch gegenüber, da er in ihr eine Verkennung demokratisch-rechtsstaatlichen Denkens und die Gefahr eines utopischen Realitätsverlusts sah. Dennoch attestierte er ihr, dass sie den für die Nachkriegssituation überfälligen Durchbruch zur öffentlichen Diskussion der politischen Situation erzwungen und ein politisch-philosophisches Bewusstsein hergestellt habe.[4]

In dem in dieser Zeit entstehenden Diskursklima begann Apel seine Transformation der Philosophie zu entwickeln. Verbunden mit den Anregungen aus dem Studium der Werke von Charles Sanders Peirce entwickelte Apel die Auffassung, dass die Voraussetzung allen Erkennens nicht das einsame Subjekt, sondern immer die menschliche Kommunikationsgemeinschaft ist. Sein Ziel war es nun, aus der traditionellen Philosophie des Einzelbewusstseins und des Subjekts zu einer Philosophie der intersubjektiven Verständigung zu gelangen.

Transformation der Transzendentalphilosophie und Letztbegründung

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Apel strebt eine „Transformation der Philosophie“ (so der Titel seines Hauptwerkes) an, will aber zugleich den grundsätzlichen Standpunkt der Transzendentalphilosophie beibehalten: der Ausgang vom Subjekt müsse zugunsten einer intersubjektiven Perspektive überwunden werden, ohne dass die von Immanuel Kant gewonnen Einsichten in die unhintergehbaren Konstitutionsbedingungen der Objektivität verloren gehen sollen. Anstelle der bei Kant in der subjektiven Vernunft verwurzelten apriorischen Annahmen geht Apel vom „Apriori der Kommunikationsgemeinschaft“ aus: In der Reflexion auf die in jeder Diskurssituation immer schon vorausgesetzten Diskursbedingungen zeige sich ein auch für die philosophische Debatte unhintergehbares Apriori. Diese Voraussetzungen lassen sich nach Apels Ansicht als letztbegründete Diskursnormen betrachten: Jeder Versuch, sie explizit zu bestreiten, setzt sie implizit voraus. Apel kennzeichnet somit sein Letztbegründungskonzept wie folgt: Sätze sind letztbegründet, wenn sie a) nicht bewiesen werden können, ohne selbst vorausgesetzt zu werden, und sie b) nicht bestritten werden können, ohne zugleich als gültig angesehen zu werden. Durch diese zweite Bedingung, die Vermeidung eines performativen Widerspruches, liege in jenem Argument kein Zirkelschluss vor. Zugleich sei jener Widerspruch performativer oder pragmatischer Natur, er stamme nicht aus dem subjektiven Denken, sondern aus dem Akt des intersubjektiven Gesprächs, so dass sich für Apel die Intersubjektivität als unhintergehbare Bestimmung menschlichen Denkens und Handelns ergibt.

Diskursethik

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Mit diesem „Letztbegründungs-Kriterium“ verteidigt Apel grundlegende Diskursnormen und entwickelt eine Diskursethik, wie sie in abgeschwächter Form – d.h. ohne Letztbegründungsanspruch – auch Jürgen Habermas vertritt. Die ethischen Prinzipien entwickelt er dabei aus den nach seiner Überzeugung in jeder Diskussion um jede Ethik, ja auch um den ethischen Nihilismus immer schon vorausgesetzten Annahmen. Jeder philosophische und ethische Ansatz appelliere an das Kriterium der objektiven Verbindlichkeit und Wahrheit der eigenen Aussage, so dass die Verbindlichkeitsanforderung und die Wahrheitsfähigkeit nach Apel nicht vernünftig in Frage gestellt werden können. Ziel Apels ist hierbei die Abwehr des ethischen Nihilismus und die Rückkehr zu einer objektiven und rationalen Ethik, die das „Paradoxon“ der Gegenwart überwinden soll. Er sieht in der Trennung zwischen objektivem Faktenwissen der Einzelwissenschaften und der Privatheit und Beliebigkeit ethischer Überzeugungen eines der Hauptprobleme der Moderne, aus dem die Diskursethik einen Ausweg darstellen soll.

Das Apriori der Argumentation

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Das zentrale Anliegen der Diskursethik Apels ist die Letztbegründung der ethischen Prinzipien, die mit jeder Argumentation, ja mit jeder sinnvollen Handlung überhaupt[5] bereits implizit vorausgesetzt werden. Zu diesem Zweck strebt er eine „Transformation der Kantischen Position“ in Richtung einer „transzendentalen Theorie der Intersubjektivität“ an. Von dieser Transformation erhofft er sich eine einheitliche philosophische Theorie, die eine Überbrückung des Gegensatzes von theoretischer und praktischer Philosophie leisten kann.

Nach Apels Ansicht setzt jeder, der argumentiert, immer schon voraus, dass er im Diskurs zu wahren Ergebnissen gelangen kann, dass also Wahrheit grundsätzlich möglich sei. Eine ebensolche Wahrheitsfähigkeit setze der Argumentierende von seinem Gesprächspartner voraus, mit dem er in den Diskurs eintritt. Dies bedeutet in der Sprache Apels, dass die Argumentationssituation für jeden Argumentierenden unhintergehbar ist. Jeder Versuch ihr zu entfliehen, etwa durch Lügen oder durch Diskursverweigerung, sei letztlich inkonsistent. Apel spricht in diesem Zusammenhang von einem „Apriori der Argumentation“:

„Wer nämlich überhaupt an der philosophischen Argumentation teilnimmt, der hat die soeben angedeuteten Voraussetzungen bereits implizit als Apriori der Argumentation anerkannt, und er kann sie nicht bestreiten, ohne sich zugleich selbst die argumentative Kompetenz streitig zu machen“.[6]

Selbst derjenige, der die Argumentation abbricht, will nach Ansicht Apels damit etwas zum Ausdruck bringen:

„Auch wer im Namen des existenziellen Zweifels, der durch Selbstmord sich verifizieren kann … das Apriori der Verständigungsgemeinschaft zur Illusion erklärt, bestätigt es zugleich dadurch, daß er noch argumentiert“.[6]

Jemand, der auf eine argumentative Rechtfertigung seiner Handlung verzichten will, zerstöre sich letztlich selbst. In theologischen Begriffen gesprochen könnte man daher sagen, dass selbst „der Teufel nur durch den Akt der Selbstzerstörung von Gott unabhängig gemacht werden kann“.[5]

Reale und ideale Kommunikationsgemeinschaft

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Apel zufolge wird mit der Unhintergehbarkeit der rationalen Argumentation auch eine Gemeinschaft der Argumentierenden anerkannt. Die Rechtfertigung einer Aussage sei nämlich nicht möglich, „ohne im Prinzip eine Gemeinschaft von Denkern vorauszusetzen, die zur Verständigung und Konsensbildung befähigt sind.“ Selbst der faktisch einsame Denker könne seine Argumente nur insofern explizieren und überprüfen, als er im kritischen ‚Gespräch der Seele mit sich selbst’ (Platon) den Dialog einer potentiellen Argumentationsgemeinschaft zu internalisieren vermag.[7] Das setze aber die Befolgung der moralischen Norm voraus, dass alle Mitglieder der Argumentationsgemeinschaft sich als gleichberechtigte Diskussionspartner anerkennen.

Diese notwendig vorauszusetzende Argumentationsgemeinschaft kommt bei Apel in zwei Gestalten ins Spiel:

  • als reale Kommunikationsgemeinschaft, deren Mitglied man „selbst durch einen Sozialisationsprozess geworden ist“.[8]
  • als ideale Kommunikationsgemeinschaft, „die prinzipiell imstande ist, den Sinn seiner Argumente adäquat zu verstehen und ihre Wahrheit definitiv zu beurteilen“[8]

Aus der notwendig vorausgesetzten Kommunikationsgemeinschaft in ihren beiden Varianten leitet Apel zwei regulative Prinzipien der Ethik ab:

„Erstens muss es in allem Tun und Lassen darum gehen, das Überleben der menschlichen Gattung als der realen Kommunikationsgemeinschaft sicherzustellen, zweitens darum, in der realen die ideale Kommunikationsgemeinschaft zu verwirklichen. Das erste Ziel ist die notwendige Bedingung des zweiten Ziels; und das zweite Ziel gibt dem ersten seinen Sinn, - den Sinn, der mit jedem Argument schon antizipiert ist."[9]

Nach Apel sind also sowohl die ideale als auch die reale Kommunikationsgemeinschaft a priori zu fordern. Dabei stehen die ideale und reale Kommunikationsgemeinschaft in einem dialektischen Zusammenhang. Die Möglichkeit, ihren Widerspruch zu überwinden, sei a priori vorauszusetzen. Die ideale Kommunikationsgemeinschaft sei als das Ziel, auf das es hinzuarbeiten gelte, in der realen Kommunikationsgemeinschaft schon als deren Möglichkeit präsent.

Ergänzungsprinzipien

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Apel sieht das Problem, dass die hohen Anforderungen seiner Diskurs-Ethik nur in einer Gesellschaft realisiert werden kann, die selbst diskursiv organisiert ist. Solange sie das nicht ist, können und sollen die Anforderungen der Diskurs-Ethik auch mit nicht-diskursiven Mitteln umgesetzt werden. Dabei gilt aber nach Apel, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt . Vielmehr müsste im Prozess der fortschreitenden Verwirklichung der „idealen Kommunikationsgemeinschaft“ „Ergänzungsprinzipien“ entworfen werden, die den Spielraum der erlaubten Mittel begrenzen. So könne es z.B. nicht erlaubt sein, zum Zweck der Realisierung idealer Diskurs-Bedingungen die schon bestehenden Diskurs-Formen wie die parlamentarische Demokratie zu gefährden: „Die Beweislast für riskante Reformen oder gar intentionale Revolutionen würde hier in der Tat auf Seiten der Neuerer liegen.“[10]

Konventionelle und postkonventionelle Moral

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In seiner Auseinandersetzung mit dem Problem der Umsetzung moralischer Normen und den Bedingungen ihres Scheiterns wie in der Zeit des Nationalsozialismus greift Apel auf die Moraltheorie von Lawrence Kohlberg zurück. Kohlberg hatte eine präkonventionelle, konventionelle und postkonventionelle Ebene der Moralentwicklung mit insgesamt sechs Stufen beschrieben. Jede dieser Stufen weist dabei – entsprechend den logischen Stufen der Denkoperationen bei Piaget - eine neue logische Struktur auf, die zugleich als „Gerech-tigkeitsstruktur“[11]aufgefasst werden kann. Die moralische Entwicklung ist dabei nach Apel verbunden mit einem Wandel der jeweils eigenommenen sozialen Rolle („Gerechtigkeitsstruktur“) und des „Reziprozitätsdenkens“:

Ebene Stufe Moralische Orientierung
Präkonventionelle Ebene 1: Straforientierung Noch kein Reziprozitätsdenken, kein „role taking“;
Orientierung des Handelns am ggf. damit verbundenen Strafmaß
2: Naiv-strategische Auffassung von der Gerechtigkeit Fairer Austausch von konkreten Leistungen zwischen zwei Personen
Konventionelle Ebene 3: Reflektiertes „role taking“ Behandlung des Anderen wie man selbst gerne behandelt werden möchte;
Einschränkung auf konkrete Bezugsgruppen (Familie, Freunde, Bekannte);
keine Präzisierung der Rollenpflichten
4: „Law and Order“-Perspektive Behandlung des Anderen wie man selbst gerne behandelt werden möchte;
Keine Einschränkung auf eine konkrete Bezugsgruppe, sondern Bezug auf das gesellschaftliche System;
Rollenpflichten sind präzisiert
Postkonventionelle Ebene 5: Perspektive des „lawmaker’s“ (legalistische Vertragsorientierung) Bezug auf das natürliche Recht der Individuen, die Gesellschaftsordnung durch Verträge nach dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit zu begründen und nötigenfalls zu verändern;
Überwindung des gruppen- oder staatsbezogenen Standpunkts durch den Gedanken der Freiheitsrechte aller Menschen
6: „Moral point of view“ Orientierung an universalen ethischen Prinzipien;
Forderung der vollständigen Reversibilität des „role taking“

Apel interpretiert die moralische Katastrophe des Nationalsozialismus als eine „Adoleszenzkrise der Menschheit“ [12] im Übergang von der konventionellen zur postkonventionellen Ebene der Moral. Die gesellschaftlichen Regeln werden einerseits nicht mehr als verbindlich anerkannt, andererseits verspürt das Individuum noch keine Verpflichtung, seine Entscheidungen mit Prinzipien zu begründen, die mit den Interessen der Gesellschaft in Einklang zu bringen sind.

Hermeneutik und Sprachkritik

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Apel kann als einer der ersten deutschen Philosophen gelten, die die bis dahin getrennten und gegensätzlichen Strömungen der an Heidegger anknüpfenden hermeneutischen Philosophie und der sprachanalytischen Philosophie im Gefolge Wittgensteins verbunden haben. Apel versucht durch eine Kritik sowohl an Heidegger, dem er Logosvergessenheit vorwirft, als auch am frühen Wittgenstein, dessen Tractatus er als selbstwidersprüchliche Grenzziehung der Vernunft ansieht, nicht nur die Unterschiede, sondern auch die Gemeinsamkeiten beider Strömungen zu erfassen. So sei sowohl Heideggers als auch Wittgensteins Philosophie durch eine Überwindung oder 'Verwindung' der Metaphysik gekennzeichnet. Beide Richtungen zielen auf die pragmatische Lebenswelt, wie dies bei Heidegger durch den Vorrang der Zuhandenheit über die theoretische Vorhandenheit zum Ausdruck kommt. In eben jene Richtung gehe auch die Sprachspielanalyse Wittgensteins. Indem die Pragmatik und die Sprache als intersubjektive Struktur bei beiden Denkern eine zentrale Rolle spielen, sei der Übergang zur Philosophie der Gegenwart als Philosophie der Intersubjektivität in beiden Fällen vollzogen. Ausgehend von einer Auseinandersetzung mit diesen beiden philosophischen Richtungen versucht Apel in seiner transzendentalen Hermeneutik zwischen den Modellen des Welterklärens der Naturwissenschaften und des Weltverstehens der Geisteswissenschaften zu vermitteln.

Ein wesentlicher Einwand gegen Letztbegründungskonzepte, wie sie Apel vertritt, beruht auf der Schwierigkeit, Sätze unabhängig von ihrem Kontext zu bewerten. Dem stehen mehrere in der Philosophie vertretene Standpunkte entgegen. Beispielsweise besagt etwa die Duhem-Quine-These explizit, dass Sätze nie isoliert bewertet werden, oder nach Thomas Kuhn gehen in Theorien immer auch (teilweise unbewusste) Grundannahmen ein, welche für die Interpretation und Bewertung der einzelnen Sätze wichtig sind.

Vor allem Vertreter des Kritischen Rationalismus wie Hans Albert (Traktat über kritische Vernunft) wiesen, etwa mit dem Verweis auf das Münchhausen-Trilemma, auf die logische Unmöglichkeit einer solchen Letztbegründung hin. Apel verteidigte sein Argument dadurch, dass die Letztbegründung keine deduktive Form der Begründung bzw. des Beweises sei, sondern eine Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit des Diskurses überhaupt.[13]

Ebenfalls wurde Apel vorgeworfen, dass sein Argument nur für diejenigen gültig sei, die ohnehin schon den Willen zur Diskussion aufbrächten: „All die stillschweigenden Implikationen des Diskurses, die Apel reflexiv aufdeckt, gelten nur dann, wenn man argumentieren will, wenn man also rational sein will.“[14] Eine universale, d.h. für alle Menschen gültige Ethik könne Apel daher nicht begründen.

Ein anderer Kritikpunkt betrifft die Frage nach der Motivation für moralisches Handeln. Selbst wenn Apel unhintergehbare Normen für den Diskurs aufweisen könne, bliebe ungeklärt, warum man sich auch willentlich an diese Normen zu halten hätte.

Schriften

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  • Die Idee der Sprache in der Tradition des Humanismus von Dante bis Vico. Bouvier, Bonn, 1963. 3. Auflage 1980, ISBN 3-416-01089-2
  • Transformation der Philosophie, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1973. 2 Bände
    1. - Sprachanalytik, Semiotik, Hermeneutik, ISBN 3-518-27764-2
    2. - Das Apriori der Kommunikationsgesellschaft, ISBN 3-518-27765-0
  • Der Denkweg von Charles S. Peirce. Eine Einführung in den amerikanischen Pragmatismus, Suhrkamp, Frankfurt 1975, ISBN 978-3-518-07741-2
  • Die Erklären: Verstehen-Kontroverse in transzendentalpragmatischer Sicht, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1979, ISBN 3-518-06109-7
  • Diskurs und Verantwortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1988, ISBN 3-518-28493-2
  • Auseinandersetzungen in Erprobung des transzendentalpragmatischen Ansatzes, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1998, ISBN 3-518-58260-7
  • Paradigmen der Ersten Philosophie: Zur reflexiven - transzendentalpragmatischen - Rekonstruktion der Philosophiegeschichte, Suhrkamp, Frankfurt 2011, ISBN 978-3-518-29585-4

Literatur

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  • Stefan Drees: Diskurs- und Befreiungsethik im Dialog : eine Fallstudie zur Soziologie der Philosophen, Aachen: Wiss.-Verl. Mainz, 2002. (Untersuchung zu den Bedingungen des Dialogs mit Enrique Dussel.)
  • Vittorio Hösle: Die Krise der Gegenwart und die Verantwortung der Philosophie. Transzendentalpragmatik, Letztbegründung, Ethik, München 1990
  • Günther Witzany: Transzendentalpragmatik und Ek-sistenz. Normenbegründung - Normendurchsetzung, Essen 1991.
  • Walter Reese-Schäfer: Karl-Otto Apel zur Einführung. Mit einem Nachwort von Jürgen Habermas. Hamburg: Junius, ISBN 3-88506-861-3
  • Gerhard Schönrich: Bei Gelegenheit Diskurs. Von den Grenzen der Diskursethik und dem Preis der Letztbegründung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1994. ISBN 3-518-28711-7
  • Uwe Steinhoff: Kritik der kommunikativen Rationalität. Eine Darstellung und Kritik der kommunikationstheoretischen Philosophie von Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel. Paderborn: Mentis, 2006. ISBN 3-89785-473-2
  • Klaus Oehler: Ist eine transzendentale Begründung der Semiotik möglich? In: Oehler, Klaus (Hrsg.): Zeichen und Realität. Tübingen, Stauffenburg-Verlag 1984, Bd. 1, S. 45-59. ISBN 3-923721-81-1 (Kritik unter Berufung auf Charles Sander Peirce)
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Anmerkungen

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  1. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 374
  2. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 377
  3. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 378
  4. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 379
  5. a b Vgl. Apel: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft. In: Transformation der Philosophie, Bd. 2, S. 358–435, hier S. 414.
  6. a b Apel: Transformation der Philosophie. Bd. 1, S. 62.
  7. Apel: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft. In: Transformation der Philosophie. Bd. 2, S. 358–435, hier S. 399.
  8. a b Apel: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft. In: Transformation der Philosophie. Bd. 2, S. 358–435, hier S. 429.
  9. Apel: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft. In: Transformation der Philosophie. Bd. 2, S. 358–435, hier S. 431.
  10. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 468
  11. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 317
  12. Apel: Diskurs und Verantwortung, S. 410
  13. Apel: Fallibilismus, Konsenstheorie der Wahrheit und Letztbegründung. In: Forum für Philosophie Bad Homburg (Hrsg.): Philosophie und Begründung. Suhrkamp, Frankfurt am Main S. 116–211 (erweiterte Fassung in Apel: Auseinandersetzungen. In Erprobung des transzendentalpragmatischen Ansatzes. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998).
  14. Walter Reese-Schäfer: Grenzgötter der Moral. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, S. 73.