Josef Gabriel (* 1907; † nach 1968) war ein österreichischer Kriminalsekretär und SS-Hauptscharführer. Als NS-Kriegsverbrecher wurde 1959 zu lebenslanger Haft verurteilt und 1968 entlassen.

Josef Gabriel (Kriegsverbrecher)

Leben Bearbeiten

Gabriel belegte Handelskurse und war von 1923 bis 1927 als kaufmännischer Angestellter tätig. 1927 wurde er Filialleiter. 1928 trat er in die Gendarmerie Burgenland ein, 1934 in die NSDAP. 1935 bewarb er sich bei der Kriminalpolizei, wurde jedoch 1937 wegen mangelnder politischer Zuverlässigkeit versetzt.[1] Nach dem Anschluss Österreichs 1938 galt er als „verlässliche Nationalsozialist“ und wurde von der Gestapo übernommen.[2] In der Gestapo-Außenstelle Wiener Neustadt war er ab 1939[1] Sachbearbeiter für „Kommunismus und staatsfeindliche Betätigung“. Am 20. April 1940 kam nach Polen, wo er bei der Gestapo in Radom als Sachbearbeiter für „Politische Gegner und Widerstandskämpfer“ zuständig war.[2] Im Rußlandfeldzug war er „Abwehrbeamter“ der 152. Infanterie-Division.[1]

Ab August 1941 wurde er dem Kommandeur der Sicherheitspolizei (KdS) für den Distrikt Galizien in Lemberg zugeteilt. Im September 1941 kam er zur KdS-Außenstelle Drohobytsch, wo er bis Ende 1943 Sachbearbeiter für „Bekämpfung von Kommunismus und Marxismus“ und „Judenreferent“ war. Hier war er neben Drohobytsch für die Orte Boryslaw, Stryj, Sombor zuständig.[2][3] Als „Judenreferent“ war Gabriel für die in diesem Bezirk im Frühjahr 1942 einsetzenden „Aushebungsaktionen“ und Deportationen sowie die ab Herbst des Jahres ausgeführten Massentötungen von Juden mitverantwortlich.[2] Zusammen mit der örtlichen Gendarmerie erschoss Gabriel in Sombor am 14. April 1943 etwa 1000 Juden.[4] Im Frühjahr wurden jüdische Ghettos aufgelöst, die Opfer in Konzentrationslager verbracht und dort getötet.[2] Ab Dezember 1943 gehörte Gabriel zur KdS/Abwehr.[1]

Nach dem Zweiten Weltkrieg befand er sich kurz in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Gabriel wurde im März 1946 verhaftet.[1] Im März 1947 erstattete die Staatspolizei wegen der Verbrechen im Bezirk Drohobytsch Anzeige gegen ihn. Im Abschlussbericht warf sie Gabriel vor, die Ermordung von Tausenden Juden und 300 sowjetischen Kriegsgefangenen geleitet zu haben und zudem für die Deportation von 10.000 Juden in Vernichtungslager und die Tötung von 4000 Juden in Drohobytsch verantwortlich zu sein. Am 2. August 1947 wurde er an die sowjetischen Besatzer ausgeliefert,[1] die ihm im April 1948 vor einem Militärgericht im niederösterreichen Bezirk Baden den Prozess machten. Hier wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit in der Sowjetunion verurteilt. Im Juni 1956 traf Gabriel mit einem Heimkehrertransport wieder in Österreich ein.[2] 1956 wurde er pensioniert,[1] die anhängigen Verfahren gegen ihn wurden eingestellt.[5]

Im März 1957 wurde Gabriel erneut verhaftet[6] und am 2. Januar 1959 angeklagt wegen Misshandlung von Widerstandskämpfern zum Erzwingen eines Geständnisses in der Wiener Neustadt 1939, Erschießung von mehreren Hundert Juden in Boryslaw 1942 und von 50 jüdischen Kindern in Sombor 1943 auf Befehl seiner Vorgesetzten. Weiter wurde ihm vorgeworfen, im Herbst 1942 die Erschießung von 200 alten und gebrechlichen Juden in Styrj veranlasst sowie Anfang 1943 die Erschießung von mehreren Hundert Juden in Boryslaw veranlasst und geleitet zu haben. In der Hauptverhandlung vom 10. bis 18. März 1959 bekannte sich Gabriel nur in einem Anklagepunkt für schuldig; er habe bei der „Erschiessungsaktion“ in Boryslaw 1943 lediglich ein paar „Gnadenschüsse“ auf noch lebende Opfer abgegeben.


Das Landgericht Wien verurteilte ihn 1959 zu lebenslanger Haft,[6] aus der er 1968 entlassen wurde.[1] Hier verliert sich seine Spur.

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Dr-Victor-von-Doom/Josef Gabriel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h Pohl, S. 413.
  2. a b c d e f Albrich et al., S. 94ff.
  3. Pohl, S. 391.
  4. Pohl, S. 255.
  5. Nach Viennese Post-War Trials of Nazi War Crimes. RG-17.003M 2004.118. In: United States Holocaust Memorial Museum Archives, S. 40:
    14. Februar 1956: Einstellung des Verfahrens bezüglich § 7 KVG gemäß § 109 StPO [Erklärung der Staatsanwaltschaft: kein Grund zur weiteren gerichtlichen Verfolgung].
    28. Februar 1956: Ausscheidung des Verfahrens hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Auslandstaten gemäß § 57 StPO. Ausscheidung des Verfahrens hinsichtlich §§ 10, 11 VG und §§ 3, 4 KVG.
  6. a b Pohl, S. 394, 395.
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