Die Basquin-Gleichung (nach Olin Hanson Basquin, 1910)[1] liefert in der Werkstofftechnik grundlegende Kennwerte zur Ermüdung von Werkstoffen und Bauteilen. Die Gleichung beschreibt den Verlauf der Wöhlerlinie in doppellogarithmischer Darstellung im Bereich der Zeitfestigkeit als Gerade, also etwa zwischen 104 und 106 Schwingspielen. Die Darstellung erfolgt über ein Potenzgesetz, das die Lastamplitude mit der Schwingspielzahl verknüpft.

Vorbetrachtung Bearbeiten

Bei der Durchführung von Schwingfestigkeitsversuchen, bei denen Probekörper oder Bauteile mit einer sich periodisch ändernden Last beansprucht werden, können diese vorzeitig ausfallen, oder sie durchlaufen den Versuch vollständig; bei letzteren spricht man auch von Durchläufern.

Wurde der Schwingfestigkeitsversuch nach dem Perlschnurverfahren durchgeführt, dann liegen Versuchsergebnisse auf mehreren Lasthorizonten vor. Die sich daraus ergebende Wöhlerlinie kann bei doppelt-logarithmischer Darstellung im Zeitfestigkeitsbereich als Gerade (Zeitfestigkeitsgerade) angenähert werden. Die Lage   und Neigung   dieser Gerade werden durch die Basquin-Gleichung beschrieben:

 

mit

  – Schwingspielzahl
  – Konstante zur Beschreibung der Lage der Zeitfestigkeitsgerade (in der Einheit der Lastgröße)
  – Amplitude einer Lastgröße (Kraft, Spannung, Weg)
  – Neigung der Zeitfestigkeitsgerade (ohne Einheit).

Durch Logarithmieren und Überführen der Basquin-Gleichung in eine Geradengleichung

 

können durch Anwendung der Regressionsanalyse die Parameter   und   bestimmt werden.[2]

Spannungs-Wöhlerlinie Bearbeiten

In einem Wöhler-Diagramm wird die Schwingspielzahl   bis zum Versagen in Abhängigkeit von der Spannungsamplitude   aufgetragen. Basquin erkannte, dass die Wöhlerlinie bei reiner Wechselbeanspruchung (d. h. Mittelspannung  ) von einer einmaligen Belastung bis zur Dauerschwingfestigkeit einen linearen Verlauf nimmt, wenn die Amplituden der wahren Spannung und die Schwingspielzahlen logarithmisch aufgetragen sind.[3]

Mit der umgeformten Basquin-Gleichung gilt für reine Wechselbeanspruchung:[4]

 

mit

  • der Amplitude   der wahren Spannung in MPa
  • der Anzahl   der Belastungsumkehrungen bis zum Bruch (1 Zyklus entspricht 2 Umkehrungen)
  • dem Schwingfestigkeitskoeffizient   in MPa (basiert auf einer Umkehrung und nicht auf einem Zyklus; entspricht nahezu der wahren Bruchspannung im Zugversuch.[5]; als grober Richtwert gilt für un- und niedriglegierte Stähle   sowie für Aluminium- und Titanlegierungen  [6], jeweils mit der Zugfestigkeit  )
  • dem Schwingfestigkeitsexponent   (einheitenlos; basiert auf einer Umkehrung und nicht auf einem Zyklus; hängt von vielen Faktoren ab, für die meisten Werkstoffe gilt bei ungekerbten Proben ein Wert zwischen −0,05 und −0,12.[7]).

In einer doppeltlogarithmischen Auftragung (Amplituden der wahren Spannung auf der Ordinatenachse und Schwingspielzahl auf der Abszissenachse) ergibt sich daraus eine fallende Gerade. Die Dauerfestigkeit tritt bei   Zyklen bzw. bei   Lastumkehrungen auf, was einem Logarithmus der Belastungsumkehrungen von   entspricht.

Die Gleichung ist jedoch rein empirisch und ohne „echten“ physikalischen Hintergrund, da eigentlich die plastischen Dehnungsamplituden Schädigungen in der Mikrostruktur des Werkstoffes und damit eine Reduzierung der Lebensdauer hervorrufen, siehe Coffin-Manson-Modell.

Für hohe Lebensdauern sind die plastischen Amplituden jedoch so gering und messtechnisch schwierig erfassbar, dass insbesondere im HCF-Bereich (high-cycle-fatigue) oftmals spannungskontrolliert die Lebensdauer ermittelt wird. Hier hat sich die Basquin-Gleichung als vorteilhaft erwiesen.

Erweiterung für die Dehnungs-Wöhlerlinie Bearbeiten

Durch die Nutzung des Hooke‘schen Gesetzes gilt folgender Zusammenhang:

 

mit dem Elastizitätsmodul   in MPa.

Mit dem Hooke‘schen Gesetz und der Basquin-Gleichung für die Spannungs-Wöhlerlinie erhält man durch Umstellen und Zusammenfassen die Beziehung zwischen der Anzahl   der Belastungsumkehrungen bis zum Bruch und der elastischen Dehnungsamplitude  :

 

mit   und   wie oben.

Dieser Ausdruck kann zur Erstellung einer Dehnungs-Wöhlerlinie herangezogen werden (siehe Kerbgrundkonzept).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. O. H. Basquin: The exponential law of endurance tests. In: Proc. ASTM. 11, 1910, S. 625.
  2. DIN 50100: Schwingfestigkeitsversuch - Durchführung und Auswertung von zyklischen Versuchen mit konstanter Lastamplitude für metallische Werkstoffproben und Bauteile, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., 2016.
  3. Ralf Bürgel, Hans Jürgen Maier, T. Niendorf: Handbuch Hochtemperatur-Werkstofftechnik Grundlagen, Werkstoffbeanspruchungen, Hochtemperaturlegierungen und -beschichtungen. Vieweg+Teubner Verlag, 2011, ISBN 978-3-8348-1388-6.
  4. S. Lampman: ASM Handbook. Volume 19: Fatigue and Fracture. ASM International, 1996, ISBN 0-87170-385-8.
  5. Ralf Bürgel, H. J. Maier, T. Niendorf: Handbuch Hochtemperatur-Werkstofftechnik Grundlagen, Werkstoffbeanspruchungen, Hochtemperaturlegierungen und -beschichtungen. Vieweg+Teubner Verlag, 2011, ISBN 978-3-8348-1388-6.
  6. Dieter Radaj, M. Vormwald: Ermüdungsfestigkeit Grundlagen für Ingenieure. Springer-Verlag, 2007, ISBN 978-3-540-44063-5.
  7. Erwin Haibach: Betriebsfestigkeit Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung. Springer-Verlag, 2006, ISBN 3-540-29363-9.