Amalia Carneri

österreichische Sopranistin

Amalia Carneri (auch Amalie Carneri, eigentlich Amalie Malka Pollak, geborene Malka Kanarvogel; geb. 12. September 1875 in Rzeszów, Galizien, Österreich-Ungarn; gest. 1942) war eine österreichische Opernsängerin (Sopran). Sie wurde am 29. September 1942 ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und überlebte den Holocaust nicht. Carneri ist in bedeutenden Konzertsälen und Theatern der Donaumonarchie und Deutschlands aufgetreten, eine Reihe von Tondokumenten ist erhalten.

Amalia Carneri, fotografiert von Ludwig Gutmann (1908)
Schallplatte von Amalia Carneri (Wien, ca. 1909)

Leben und Werk Bearbeiten

Kanarvogel studierte am Wiener Konservatorium und legte sich den opernhafter klingenden Künstlernamen Amalia Carneri zu. Im Privatleben soll sie den Vornamen Amalie bevorzugt haben. Sie heiratete – im Stadttempel – den beamteten Mineninspektor Heinrich Pollak, auch: Henryk (7. Juni 1877 in Krakau – 7. Oktober 1938 in Wien). Das Paar hatte zwei Söhne: Fritz, geboren am 28. Februar 1909, und Karl, geboren am 15. Jänner 1920.

Carneri erreichte eine internationale Gesangskarriere und gastierte in zahlreichen Städten der Donaumonarchie und Deutschlands. Eine frühe Kritik der Neuen Freien Presse lobte 1898 ihre Gesangskunst in höchsten Tönen und erwähnte auch die enthusiastische Reaktion des Publikums.[1] Auftritte der Carneri sind nachgewiesen im Deutschen Theater in Pilsen,[2][3] im Eden-Theater von Straßburg[4] sowie im Wiener Stadttheater, im Carl-Theater[4][5][6] und im Deutschen Volkstheater in Wien. Zwischen 1905 und 1907 entstanden eine Reihe von Schallplattenaufnahmen für Edison Records, Odeon und Zonophone Records. Zwei Rollen im Carl-Theater sind verbürgt, weil Tondokumente vorliegen:

Carneri gehörte jedoch nicht zur Uraufführungsbesetzung des Walzertraums am 2. März 1907; die Rolle der Oberkammerfrau Friederike von Insterburg sang in der Uraufführung Therese Löwe.[7] Jedenfalls war diese Operette derart erfolgreich, dass sie allein in Wien mehr als 500 Vorstellungen in den ersten beiden Jahren ihrer Aufführungsgeschichte erreichte.

Die Auswahl der Partner und Komponisten ihrer Tonaufnahmen stellt unter Beweis, dass sich die Carneri in einem prominenten Ambiente ihrer Zeit bewegt haben muss: Ludwig Gruber, Mizzi Jezel,[8] Rudolf Kronegger,[9] Helene Merviola,[10] Max Rohr[11] und Willy Strehl waren allesamt höchst bekannte und beliebte Künstler im Wien der Zeit zwischen Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg.

Die Liste der Tondokumente gibt Hinweise auf ihr Repertoire: Es reichte offenbar von klassischen Wienerliedern über Schlager der Silbernen Operette bis zu hochpopulären Opernarien und -ensembles und dramatischen Wagner-Partien. So sang sie beispielsweise am 3. November 1922 im Großen Festsaal des Ingenieur- und Architekten-Vereines in Wien die Rolle der Ortrud in Lohengrin.

Ihre letzte Adresse in Wien war die Untere Donaustraße 33, direkt am Donaukanal. Sie wurde am 10. September 1942 vom NS-Regime aus Wien deportiert und ins Ghetto Theresienstadt verbracht. Von dort aus wurde sie am 29. September 1942 – im Alter von 67 Jahren – gemeinsam mit 2.001 weiteren Juden und Jüdinnen ins Vernichtungslager Treblinka deportiert. Keiner überlebte.[12] Ihre Transportnummer war 973.[13][14]

Carneris Sohn Karl, der sich später Charles nannte, überlebte die Zeit des Nationalsozialismus durch offensichtlich rechtzeitige Flucht und wurde Professor an der University of Rhode Island. Das Schicksal ihres Sohnes Fritz ist ungeklärt.

Aufnahmen (Auswahl) Bearbeiten

Weiters besteht eine Zonophone-Aufnahme der Carneri, in der sie am Nationaltheater von Lemberg ein Frühlingslied Felix Mendelssohn Bartholdys singt.[21]

Kritiken (Auswahl) Bearbeiten

  • Fremden Blatt (Wien), 1. August 1897, 8. November 1899, 17. April 1906
  • Neue Freie Presse (Wien), 9. Februar 1898, 11. Juli 1898, 2. September 1898, 12. Dezember 1903, 14. Oktober 1905
  • Marienbader Tagblatt, 10. Juni 1898
  • Egerer Zeitung, 25. Juni 1898, 11. März 1905, 1907
  • Orsovaer Wochenblatt, 3. Juli 1898
  • Westungarischer Grenzbote, 17. Juli 1898
  • Oftauer Zeitung, 12. Jänner 1899
  • Pilsner Tagblatt, 3. Oktober 1903, 20. Jänner 1905, 3. Februar 1905, 2. März 1904
  • Saar Zeitung, 9. April 1904
  • Deutsches Volksblatt, 9. April 1907
  • Radio Tag, 1928
  • Badener Zeitung, 9. Dezember 1931, 10. Jänner 1932
  • Das kleine Blatt, 2. Juli 1932

Weitere Quellen Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Theatre- und Kunstnachrichten In: Neue Freie Presse, 8. Februar 1898, S. 9 
  2. Neuer Theater-Almanach. Band 14, 1903, S. 480 (books.google.com).
  3. Neuer Theater-Almanach. Band 16, 1905, S. 525 (books.google.com).
  4. a b Neuer Theater-Almanach. Band 18, 1907, S. 585, 621 (google.com).
  5. Neuer Theater-Almanach. Band 19, 1908, S. 593 (books.google.com).
  6. Neuer Theater-Almanach. Band 20, 1909, S. 648 (books.google.com).
  7. Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Band 7: Suvanny–Zysset. Anhang: Opern und Operetten und deren Uraufführungen. S. 5353. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. München 2003, ISBN 3-598-11598-9.
  8. Musiklexikon: Jezel (verh. Moschigg), Mizzi (eig. Maria), abgerufen am 16. Februar 2016.
  9. Rudolf Kronegger im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  10. Die Musiktitel von 'Merviola, Helene'. © 19.12.2015 by Henry König (Memento des Originals vom 16. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/musiktiteldb.de, abgerufen am 16. Februar 2016.
  11. Max Rohr im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)Vorlage:BMLO/Wartung/Verwendung von Parameter 2
  12. Amalie Malka Pollak. In: Database of Victims. Holocaust.cz, abgerufen am 19. Februar 2016.
  13. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Personensuche. Suche nach Amalie Pollak. Abgerufen am 10. Januar 2021.
  14. A Letter To The Stars: Amalie Pollak (Memento vom 17. März 2018 im Internet Archive)
  15. a b Susanna Grossmann-Vendrey: Edison-Zylinder. Deutsches Rundfunkarchiv, 1985, S. 191, 198 (books.google.com).
  16. a b Henry König: Die Musiktitel von ‘Carneri, Amalie’. Musiktiteldb, archiviert vom Original am 16. Februar 2016; abgerufen am 18. Februar 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/musiktiteldb.de
  17. Composer: STRAUS, Work: Ich bin a Weaner Madl, ich eine Kammerfrau, Performer: Amalie Carneri, soprano, Mizzi Jezel, soprano. AHRC Research Centre for the History and Analysis of Recorded Music, 1. März 1907, abgerufen am 18. Februar 2016.
  18. Composer: STRAUS, Work: Ein Walzertraum – Ich hab’ einen Mann, Performer: Amalie Carneri, soprano, Helene Merviola, soprano. AHRC Research Centre for the History and Analysis of Recorded Music, abgerufen am 18. Februar 2016.
  19. Composer: OFFENBACH, Work: Les contes d’Hoffmann – Barcarolle Schöne Nacht, du Liebesnacht, Performer: Amalie Carneri, soprano, Willy Strehl, tenor. AHRC Research Centre for the History and Analysis of Recorded Music, abgerufen am 18. Februar 2016.
  20. Barcarole. Europeana, abgerufen am 18. Februar 2016.
  21. Michael Kinnear (Hrsg.): The Zon-o-phone record: a discography of recordings produced by the International Zonophone Company and associated companies in Europe and the Americas, 1901–1903. 2001, ISBN 0-9577355-2-9, S. 244 (books.google.com).