Alpenwall in Südtirol

militärischer Schutzwall

Der Alpenwall in Südtirol ist der Abschnitt des Vallo Alpino (deutsch Alpenwall), der in den Jahren von 1938 bis 1942 als befestigter Schutzwall Italiens gegen das Deutsche Reich in Südtirol errichtet wurde.

Betonierter Unterstand mit Verbindungsweg zu einem Bunker des Vallo Alpino auf dem Plamort oberhalb des Reschenpasses an der italienisch-österreichischen Grenze (2005)
Bunker in der Nähe von Laatsch im Vinschgau (2007)
Der Graben vom Typ Denti di Drago in der Nähe des Reschensees
Bunker des Alpenwalls in Toblach

Name Bearbeiten

Im Gegensatz zu den anderen Teilen des Vallo Alpino wird für den Südtiroler Abschnitt häufig die deutsche Bezeichnung Alpenwall verwendet. Diese ist durch den geographischen Bezug und einige Besonderheiten gegenüber den italienischen Befestigungen an den anderen Grenzen geprägt. Wichtig dabei ist aber die Tatsache, dass es sich hier nicht um das deutsche Propagandaprodukt Alpenfestung handelt, obwohl es Pläne gab, die unfertigen Bunkeranlagen in eine Reichsverteidigung mit einzubeziehen, und die Anlagen von der deutschen Aufklärung lückenlos ausgeforscht wurden.[1] Letztlich konzentrierten sich die Westalliierten bei ihrem Vormarsch aber auf die Westgrenze und vermieden damit den Kampf im Gebirge. Der größte Teil der Alpen wurde erst nach der Kapitulation der deutschen Truppen am Kriegsende besetzt.

Geschichte Bearbeiten

Italiens faschistischer Diktator Benito Mussolini ließ den Schutzwall gegen die Tiroler Südgrenze des Deutschen Reiches und damit gegen seinen wichtigsten Verbündeten Adolf Hitler bauen. Zuvor hatten sich die beiden Staaten mit dem „Stahlpakt“ gegenseitige Treue geschworen. Die Baumaßnahmen blieben den deutschen Verbündeten nicht verborgen. Deutsche Militärs durften zwar Anlagen an der Grenze zu Frankreich besuchen; ihr Wunsch nach Besichtigung der Bauplätze in Südtirol wurde dagegen abgelehnt. Zu groß war das Misstrauen. Das hatte handfeste Gründe: So wurde die Südtirolfrage innerhalb der nationalsozialistischen Führungsriege sehr unterschiedlich diskutiert, was bei den Italienern Unklarheit in Bezug auf die deutsche Haltung des Verbleibes Südtirols bei Italien provozierte. Zudem formierte sich in Südtirol eine sehr starke Heim-ins-Reich-Bewegung, die ebenfalls eine Bedrohung für die italienische Nordgrenze bedeutete.[2] Die Diskussion wurde durch Hitler persönlich beendet, indem er gegenüber Mussolini bei seinem Rombesuch im Mai 1938[3] und erneut am 3. November 1938 die Brennergrenze bestätigte und nochmals bei einem offiziellen Zusammentreffen mit Mussolini am Bahnhof Brenner im März 1940 verkündete, dass das Deutsche Reich die Grenze respektiere und Südtirol italienisch bleiben werde. Trotzdem wurde der Alpenwall gebaut, woraufhin es deutsche Proteste gab. Letztlich gab Mussolini am 4. Oktober 1942 Hitlers Drängen offiziell nach und befahl die endgültige Einstellung aller Arbeiten am Alpenwall. Danach wurden offenbar nur noch kleinere Arbeiten wie die Vervollständigung der Tarnung durchgeführt.

In Südtirol wurden mehr als 350 Infanterie- oder Artilleriewerke gebaut. Viele davon waren allerdings nicht mit Lüftungsanlagen, Stromversorgung und Bewaffnung ausgestattet. Erst die nach 1945 mit in das Verteidigungskonzept der NATO einbezogenen Sperren wurden baulich vervollständigt und blieben bis in die frühen 1990er-Jahre gefechtsbereit. Die Bunkeranlagen des Südtiroler Alpenwalls mussten wie die des gesamten Vallo Alpino nie einem Angriff standhalten. Sie gelten als ein Beispiel dafür, dass Befestigungsanlagen auch nach dem Zweiten Weltkrieg in strategischen Militärplanungen eine Rolle spielten.

1999 übertrug der italienische Staat rund 380 Anlagen ins Eigentum der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol, die in den Folgejahren nahezu alle an Privatpersonen verkauft oder an Gemeinden und Vereine kostenlos abgetreten wurden; 19 Bunker bzw. Verteidigungsanlagen behielt Südtirol als schützenswerte Baudenkmäler in seinem Eigentum.[4]

Literatur Bearbeiten

  • Alessandro Bernasconi, Giovanni Muran: Le fortificazioni del Vallo Alpino Littorio in Alto Adige. Temi, Trient 1999, ISBN 88-85114-18-0.
  • Florian Brouwers: Il Vallo Alpino – Der Alpenwall. In: Fortifikation. Nr. 12, 1998, ISSN 0931-0878, S. 5–22.
  • Rolf Hentzschel: Der Alpenwall in Südtirol. Helios, Aachen 2014, ISBN 978-3-86933-109-6.
  • Christina Niederkofler (Red.): Bunker. Herausgegeben von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol. Athesia, Bozen 2005, ISBN 88-8266-392-2.
  • Oliver Zauzig: Der Vallo Alpino von Winnebach bis Cortina d’Ampezzo. In: Fortifikation. Nr. 22, 2008, ISSN 0931-0878, S. 93–116.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Alpenwall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Alessandro Bernasconi, Heimo Prünster: L'occhio indiscreto – Das indiskrete Auge. I bunker del vallo alpino littorio in Alto Adige visti attraverso le fotografie dello spionaggio germanico. Trento, Curcuegenovese 2016, ISBN 978-88-6876-121-9.
  2. Hannes Obermair: „Großdeutschland ruft!“ Südtiroler NS-Optionspropaganda und völkische Sozialisation – „La Grande Germania chiamaǃ“ La propaganda nazionalsocialista sulle Opzioni in Alto Adige e la socializzazione ‚völkisch‘. 2., erweiterte Auflage. Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte, Schloss Tirol 2021, ISBN 978-88-95523-36-1.
  3. Ranuccio Bianchi Bandinelli: Hitler e Mussolini 1938. Il viaggio del Führer in Italia. Rom, E/o 1995.
  4. Bunker und Militärliegenschaften – LR Mussner zieht Bilanz. Autonome Provinz Bozen – Südtirol, 3. September 2010, abgerufen am 10. Juli 2021.