Adolph Wernher

deutscher Chirurg, Pathologe und Hochschullehrer

Carl Gustav Adolph Wernher (* 20. März 1809 in Mainz; † 14. Juli 1883 ebenda[1][2]) war ein deutscher Chirurg, Pathologe und Hochschullehrer in Gießen.

Adolph Wernher

Leben Bearbeiten

Herkunft Bearbeiten

Adolph Wernher wurde als Sohn des Geheimen Staatsrats und Gerichtspräsidenten Johann Wilhelm Wernher und dessen Ehefrau Julie Friederike Charlotte, geborene Bruch, geboren. Im Jahr 1835 heiratete er in erster Ehe in Offenbach Caroline Fleischmann, die schon im Folgejahr bei der Geburt ihres ersten Sohnes Carl Wernher starb. In zweiter Ehe heiratete er am 17. Juli 1837 in Gießen Marie Katharine Magdalene Barbara Josephine Christiane, geb. Freiin von Riefel. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Julie Valentine Henriette Franziska Wernher.

Werdegang Bearbeiten

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Mainz und ab 1817 in Darmstadt studierte Wernher ab 1825 Medizin an den Universitäten der Städte Gießen, Heidelberg, Berlin und Halle. Zurück in Gießen absolvierte er die ärztlichen Prüfungen und wurde am 4. August 1832 zum Dr. med. promoviert. Danach war er für kurze Zeit als Cholera-Arzt in Nieder-Olm tätig.[3]

Von Hause aus gut situiert, leistete er sich danach eine Ausbildungsreise, um in Paris und London die berühmtesten Chirurgen und Kliniken seiner Zeit aufzusuchen.[4] 1834 ließ sich Wernher als praktischer Arzt in Offenbach nieder. Dort bekleidete er auch die Stelle des Physikatswundarztes.

Im Jahr 1835 wurde er zum außerordentlichen Professor und Assistenten des Professors Ferdinand von Ritgen an der chirurgischen Klinik in Gießen ernannt und begann dort seine akademische Laufbahn. Bereits zwei Jahre später wurde er ordentlicher Professor und Direktor der Chirurgischen Klinik ernannt.[5] Zusätzlich wurde ihm 1845 der Lehrstuhl für pathologische Anatomie[6][7] und 1851 die Leitung des akademischen Hospitals übertragen. 1849 und 1874 war er Rektor der Universität.

Wernher war ein herausragender Mediziner mit großen Kenntnissen. Seine praktische Tätigkeit konzentrierte er stärker auf die Pathologie als auf die Chirurgie. Eine Spezialisierung, die sicherlich auch einem schweren Augenleiden zuzuschreiben war, das er sich 1858 durch eine Infektion zugezogen hatte und das ihn bei Operationen erheblich einschränkte. Seine zahlreichen Veröffentlichungen zu verschiedensten Themen zeugen jedoch von einem erheblich umfassenderen Tätigkeitsspektrum. Sein Hauptwerk ist das vierbändige Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie, dessen erste Auflage zwischen 1846 und 1857 erschien. Als Dozent konnte er seine Studenten durch seine Kenntnisse und präzise Diagnosen fesseln. Durch seinen lebendigen Vortrag gelang es ihm, sie auch für die Theorie zu begeistern.[8]

Wernher emeritierte am 1. Mai 1878. Im Ruhestand zog er in seine Geburtsstadt Mainz, wo er weiter wissenschaftlichen Studien nachging.[3]

Orden und Auszeichnungen Bearbeiten

Veröffentlichungen (Auswahl) Bearbeiten

  • Über malum coxae senile, Coxarthrocace u. Coxalgie. In: Schmidt´s Jahrbücher der in- und ausländischen gesammten Medicin. Bd. 12. Verlag Otto Wigand, Leipzig 1836, S. 99–113.
  • Specielle Chirurgie. Vorlesungsnachschrift Sommersemester 1838. Gießen 1838.
  • Die angeborenen Kysten-Hygrome und die ihnen verwandten Geschwülste, in anatomischer, diagnostischer und therapeutischer Beziehung. Denkschrift zur Feier des 50-jährigen Doctor-Jubiläums des Dr. Wilhelm Nebel. Universitäts-Buchdruckerei von Georg Friedrich Heyer, Vater, Giessen 1843.
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. Bd. 1. Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1846.
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. Bd. 2. Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1851.
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. Bd. 3, Abt. 1. Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1855.
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. Bd. 3, Abt. 2. Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1857.
  • Beiträge zur Kenntniß der Krankheiten des Hüftgelenkes, Malum coxae senile, Coxalgie und Fractura intracapsularis colli femoris. Verlag J. Ricker´sche Buchhandlung, Gießen 1847.
  • Das akademische Hospital der Universität Gießen in dem Jahre 1848. Gießen 1849.
  • Catalog der pathologisch-anatomischen Sammlung zu Gießen. Verlag Brühl, Gießen 1851.
  • Catalog der pathologisch-anatomischen Sammlung zu Gießen. 1. Nachtrag die von August bis Dezember 1853 erworbenen Präparate enthaltend. Verlag Brühl, Gießen 1854.
  • Einige Beobachtungen über schmerzhafte Atrophien der Mamma, Cirrhosis mammae und atrophierende Sarkome derselben. In: Zeitschrift für rationelle Medicin Bd. 5. Akademische Verlagshandlung C. F. Winter, Heidelberg, 1854, S. 29–55.
  • Ein Fall von Krebs der Lungenarterie. In: Zeitschrift für rationelle Medicin Bd. 5. Heidelberg, Akademische Verlagshandlung C. F. Winter, Heidelberg, 1854, S. 109–126.
  • Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie. 2. umgearbeitete Auflage. Bd. 1., Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1862.
  • Zur Statistik der Hernien. Aetiologischer Teil. Verlag Sittenfeld, Berlin 1869.
  • Theorie und Mechanik des Bruchbandes und Beschreibung eines neuen Bruchbandes. In: Deutsche Klinik. Zeitung für Beobachtung aus deutschen Kliniken und Krankenhäusern. Vom 5. August 1871 Bd. 23, Nr. 31. Verlag Georg Reimer, Berlin 1871. S. 273–277, 285–289.
  • Über nervöse Coxalgie. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 1, Nr. 1 (März 1872). Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig 1872. S. 1–57.
  • Verletzung des Lobus frontalis der linken Großhirnhälfte, ein Beitrag zur Pathologie der Gehirnverletzungen und zur Localisation der Gehirnfunctionen. In: Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin. Bd. 56, Nr. 3 (November 1872). Verlag Georg Reimer, Berlin 1872. S. 289–305.
  • Pneumatocele cranii, supramastoida, chronische Luftgeschwulst von enormer Größe durch spontane Dehiscenz der Zellen des Processus mastoideus entstanden. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 3, Nr. 5 (Dezember 1873). Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig 1873, S. 381–401.
  • Armen- und Krankenpflege der geistlichen Ritterorden in früherer Zeit. C. G. Lüderitzsche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1874.
  • Über den Einfluß, den das Christentum auf die früheste Errichtung öffentlicher Wohltätigkeitsanstalten zur Armen- und Krankenpflege ausgeübt hat. Verlag Brühl, Gießen 1875.
  • Chronische vollständige Dysphagie, veranlasst durch Verdickung des Ringknorpels des Larynx. In: Centralblatt für Chirurgie vom 24. Juli 1875. Jg. 2, Nr. 30. Verlag Breitkopf und Härtel, Leipzig 1875. S. 465–469.
  • Beiträge zur Kenntnis der Elephantiases arabum, besonders in therapeutischer und pathologischer Beziehung. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 5, Nr. 4 (Juni 1875). Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig 1875. S. 394–463.
  • Über Papillome und Epitheliome der Fußsohle. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 6, Nr. 6 (April 1876). Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig 1876, S. 519–526.
  • Die Promotionen der deutschen medicinischen Fakultäten in Beziehung zu der Bekanntmachung, betreffend die Prüfung der Ärzte. Verlag Brühl, Gießen 1876.
  • Cysten über der großen Fontanelle aus abgeschnürten Meningo-Encephalocelen entstanden. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 8, Nr. 6 (September 1877). Verlag F. C. W. Vogel, 1877, S. 507–519.
  • Verletzung des Lobus frontalis der rechten Gehirnhälfte. Ein Beitrag zur Pathologie der Gehirnverletzungen und zur Localisation der Gehirnfunctionen. In: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 10, Nr. 5 (November 1878). Verlag F. C. W. Vogel, 1878. S. 453–461.
  • Die Bestattung der Toten in Bezug auf Hygiene, geschichtliche Entwicklung und gesetzliche Bestimmungen. Verlag J. Rickersche Buchhandlung, Gießen 1880.
  • Das erste Auftreten und die Verbreitung der Blattern in Europa bis zur Einführung der Vaccination. Das Blatternelend des vorigen Jahrhunderts. Der medicinischen Facultät zu Gießen bei der Erneuerung des Doctordiploms vorgelegt. Verlag J. Ricker´sche Buchhandlung, Giessen 1882.
  • Zur Impffrage. Resultate der Vaccination und Revaccination vom Beginn der Impfung bis heute. Nach den Quellen bearbeitet. Verlag Victor von Zabern, Mainz 1883.
  • Der Typhus in Mainz (und Torgau) 1813 und 1814. 1883.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Adolph Wernher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur Bearbeiten

  • Verzeichnis der mit Großherzoglich Hessischen Orden und Ehrenzeichen dekorierten Personen. Verlag der Invalidenanstalt, Darmstadt 1875. Digitalisat
  • Hedi Bijok: Adolph Carl Gustav Wernher (1809–1883). Sein Leben und Wirken am Gießener Akademischen Hospital. Arbeiten zur Geschichte der Medizin in Gießen. Bd. 1. Verlag Wilhelm Schmitz, Gießen 1979, ISBN 978-3-87711-006-5.
  • [Heinrich] Bose: Nekrolog. In: Langenbeck´s Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 30, Verlag August Hirschwald, Berlin 1884, S. 172–185.
  • Ernst Gurlt: Wernher, Adolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 42 (Werenfels – Wilhelm d. Jüngere, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg). Verlag Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 80–81. Digitalisat
  • Ferdinand Adolf Kehrer: Gießener Professoren: Eckhard und Wernher. In: GEB – Giessener Elektronische Bibliothek.
  • J. Pagel (Hrsg.): Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Verlag Urban & Schwarzenberg, Berlin 1901, Sp. 1837–1838. Digitalisat
  • Carl Wernher (Hrsg.): Wernher-Archiv. Chronik der Familie Wernher nebst Mitteilungen über die verwandten und verschwägerten Familien. Nr. 2. [Eigenverlag], Oppenheim 1906. Digitalisat

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Darmstädter Zeitung vom 16. Juli 1883. Jg. 107, Nr. 194. Darmstadt 1883, S. 1136.
  2. Darmstädter Zeitung vom 17. Juli 1883. Jg. 107, Nr. 195/I. Darmstadt 1883, S. 1138.
  3. a b c Carl Wernher (Hrsg.): Wernher-Archiv. Chronik der Familie Wernher nebst Mitteilungen über die verwandten und verschwägerten Familien. Nr. 2. [Eigenverlag], Oppenheim Dezember 1906, S. 31–34.
  4. Ferdinand Adolf Kehrer: Gießener Professoren: Eckhard und Wernher. (PDF) GEB - Giessener Elektronische Bibliothek, archiviert vom Original am 9. Juni 2007; abgerufen am 8. März 2024.
  5. Ernst Gurlt: Wernher, Adolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Band 42 (Werenfels - Wilhelm d. Jüngere, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg). Verlag Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 80–81 (80).
  6. Leipziger Repertorium der deutschen und ausländischen Literatur vom 19. Dezember 1845. Jg. 3, Nr. 51. Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, S. 48.
  7. Die von Gurlt genannte Jahresangabe 1848 widerspricht den zeitgenössischen Quellen.
  8. Ferdinand Adolf Kehrer: Gießener Professoren: Eckhard und Wernher. (PDF) GEB - Giessener Elektronische Bibliothek, archiviert vom Original am 9. Juni 2007; abgerufen am 8. März 2024.
  9. Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Hessen 1883. Verlag der Invalidenanstalt, Darmstadt 1858, S. 66.
  10. Verzeichnis der mit Grossherzoglich Hessischen Orden und Ehrenzeichen dekorierten Personen. Verlag der Invalidenanstalt, Darmstadt 1875, S. 131.
  11. Allgemeine Zeitung München vom 6. September 1864. Jg. 1864, 250, Beilage. München 1864, S. 4067.
  12. Verzeichnis der mit Grossherzoglich Hessischen Orden und Ehrenzeichen dekorierten Personen. Verlag der Invalidenanstalt, Darmstadt 1875, S. 92.
  13. Literarisches Centralblatt für Deutschland vom 30. November 1872. Jg. 1872, Nr. 48. Verlag Eduard Avenarius, Leipzig 1872, S. 1310.