Achatius von Zehmen

preußischer Beamter im Preußen Königlichen Anteils und im Herzogtum Preußen

Achaz von Zehmen (auch Achatz, Achacy von Cema, Czema, Czemen oder de Cemin) (* um 1485; † 24. Mai 1565 in Königsberg, begraben in Stuhm) war Woiwode von Marienburg, mehrfacher Starost, polnischer Beamter und Diplomat sowie Verfechter des ius indigenatus (preußisches Heimatrecht) in Preußen Königlichen Anteils unter der polnischen Krone und wichtiger Berater von Herzog Albrecht von Brandenburg-Ansbach.

Stadt und Burg Stuhm um 1600
Grabstein des Achatius von Zehmen 1909 in Stuhm
Steinplatte in Marienburg bzw. Rekonstruktion Monument A.v.Z. 2003
Katharina zu Dohna, geb. von Zehmen, Tochter von Achaz v.Z.
Hellgrau: Herzoglich Preußen
Farbig: Königlich-Preußen mit seinen Wojewodschaften in Personalunion mit dem Königreich Polen und Litauen
Heilige-Anna-Kirche in Stuhm

Laufbahn Bearbeiten

Achaz von Zehmen war Starost im königlichen Preußen auf Stargard, Schlochau, Christburg, Stuhm und Mewe. Er war Pfandherr in herzoglich Preußen auf Pr. Holland (Pr. Mark und Liebemühl). 1517 wurde er Unterkämmerer von Marienburg, 1519 Unterkämmerer von Pommerellen, 1531 Kastellan von Danzig, 1546 Woiwode von Marienburg. Ferner war er Berater und Freund von Albrecht von Brandenburg-Ansbach, Herzog von Preußen, und 1523 kgl. polnischer Gesandter im Auftrag des Königs Sigismund I. in Nürnberg. Er war Deputierter auf verschiedenen polnischen Reichstagen, z. B. in Petrikau 1562 und Warschau 1563/64. Durch sein sparsames und geschicktes Haushalten erlangte er ein beträchtliches Vermögen. Dadurch war er in der Lage, Herzog Albrecht und ab und zu auch dem polnischen König und anderen mit Krediten auszuhelfen.

Leben und Wirken Bearbeiten

Er lebte in dem Konflikt, einerseits die Interessen des polnischen Königs zu wahren und auf der anderen Seite den deutschen Charakter Königlich Preußens und Ordens-Preußens zu erhalten. Sein Verdienst ist es, dass er beides auf friedlichen Wegen mehr oder weniger einvernehmlich erreichen konnte. Damit war er seiner kriegerischen Zeit weit voraus. Durch seine Menschenkenntnis und Liebenswürdigkeit konnte er größere Konflikte bis zu einem gewissen Punkt vermeiden. 1523 traf er als polnischer Abgesandter den Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht von Brandenburg-Ansbach, um seine Abdankungspläne zu hintertreiben und ihm die Vorschläge der polnischen Regierung zu unterbreiten. Diese Gespräche waren die Grundlage für den Krakauer Friedensvertrag vom 8. April 1525. Die verbliebenen Gebiete des Ordensstaates wurden in ein weltliches Herzogtum Preußen umgewandelt, und Achatius von Zehmen befand sich unter den Würdenträgern, die Herzog Albrecht im Namen des Königs am 26. Mai 1525 in Königsberg den Friedenseid abnahmen.

Wiederholt gelang es ihm, die westpreußische Sonderverfassung mit einer eigenen Justiz- und Finanzverwaltung, die ein Ergebnis des Zweiten Friedens von Thorn von 1466 war, zu bewahren. Für die Identität von Königlich Preußen (Westpreußen) und Herzoglich Preußen (Ostpreußen) war die Reformation und die Übernahme der Evangelischen Lehre sehr wichtig. Achaz von Zehmen war zuerst ein heimlicher Anhänger der neuen Lehre. Nach dem provokanten Auftreten des Bischofs Stanislaus Hosius ab 1549 wurde er bald das anerkannte Haupt der Evangelischen in Preußen. Trotz der heftigen Opposition des Bischofs erwirkte Zehmen durch seine rührigen Bemühungen ein Religionsprivileg am polnischen Hof für Danzig, Elbing und Thorn. Damit hatte die Reformation in Preußen endgültig Fuß gefasst.

Achatius von Zehmen war ein wichtiger Berater für Herzog Albrecht. Zu nennen sind hier die Regimentsnotel von 1542 (Vorrang von Einheimischen bei der Besetzung von höheren öffentlichen Posten), die Beilegung des Osiandrischen Streits zwischen dem Theologieprofessor Andreas Osiander mit Anhängern Philipp Melanchthons an der Albertus-Universität zu Königsberg, und der Erhalt der dynastischen Beziehungen zu den brandenburgischen Fürstenhöfen, zum Kaiserhof und zum Reichstag des Heiligen Römischen Reichs. Von herausragender Bedeutung war sein Einsatz und seine Beratertätigkeit bei der Brautschau für den Herzog von 1549 und das Testament von 1555.

Dieses Testament stellte sicher, dass unter Wahrung der obervormundschaftlichen Rechte des polnischen Königs die Ansprüche der brandenburgischen Agnaten sichergestellt waren, wodurch die Basis für einen dauerhaften Bestand des Herzogtums geschaffen wurde. Das Königreich Polen war auf der anderen Seite bemüht, sein „Lehen“ endgültig direkt der Krone zu unterstellen. Den Preis, den Achatius von Zehmen für sein Eintreten zahlen musste, war der Verlust seiner Krongüter/Starosteien kurz vor seinem Tod.

Familie Bearbeiten

Achaz von Zehmen entstammte dem alten meißnisch-sächsisches Adelsgeschlecht von Zehmen. Sein Vater Nicolaus kam mit dem Deutschen Orden nach Preußen, seine Mutter Dorothea von Baysen war Tochter Hans von Baysens, erster Gubernator Königlich Preußens. Achatz heiratete um 1513/1515 Justina Helene von Merklichenrade aus dem Hause Powarschen, mit der er die Kinder Christoph, Achatz, Fabian, Anna, Helene, Katharina, Justine, Euphrosyne und Barbara hatte. Diese und seine Enkel vermählten sich teilweise mit bedeutenden Geschlechtern wie den Borcke, Fahrensbach, Radziwiłł, Dohna oder Leszczyński, was die Bedeutung seiner Familie und seines Standes unterstreicht. Sein Bruder Fabian I. von Zehmen (Woiwode von Pommerellen und Marienburg) und seinen Kindern Christoph, Achaz II (Woiwode von Pommerellen) sowie Fabian II wurden 1576 vom deutschen Kaiser der Reichsfreiherrenstand verliehen. Seine Tochter Catharina vermählte sich mit Peter Burggraf zu Dohna, der Stammmutter aller preußischen Dohnas.

Literatur Bearbeiten

  • Richard Fischer: Zehmen, Achaz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 44, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 770–773.
  • Richard Fischer: Achatius von Zehmen, Woywode von Marienburg. In: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins. Jg. 36 (1897), S. 1–167.
  • Hanns-Moritz von Zehmen: Genealogische Nachrichten über das Meißnische Uradelsgeschlecht von Zehmen, 1206 bis 1906. Wilhelm Baensch, Dresden 1906.
  • Reinhard von Flanss: Die von Zehmen (Czema) in Westpreussen. 1884.
  • Almut Bues: Die Aufzeichnungen des Dominikaners Martin Gruneweg (1562-ca. 1618) über seine Familie in Danzig, seine Handelsreisen in Osteuropa und sein Klosterleben in Polen. Harrassowitz, 2009, ISBN 978-3-447-05269-6.
  • Martin Stupperich: Osiander in Preußen: 1549–1552. Verlag De Gruyter, 1973, ISBN 3-11-176372-2.
  • Walther Hubatsch: Regesta Historico Diplomatica Ordinis S. Mariae Theutonicum 1198–1525 I/3. Vandenhoeck & Ruprecht, 1973, ISBN 3-525-36155-6. (engl.)
  • Hans Joachim Borchert: Marienburger Geschichtsbuch; Daten, Ereignisse und Namen. R.G. Fischer Verlag, 2006, ISBN 3-8301-0942-3
  • Friedrich Günther: Die Ellipse. Verlag Traute Rothbart, 1986, ISBN 3-9801262-0-X, Ein Geschichtsroman aus den späten Jahren des Domherren Nikolaus Koppernigk und seiner politischen Zeit. Zentrale und fiktive Romanfigur Joachim Rheticus (Kartograph und Gesandter der Hansestadt Danzig) erweckt wichtige Figuren aus der Zeit um 1539, wie Nikolaus Koppnigk, Achatius von Zehmen und Herzog Albrecht zum Leben. Roman im Spannungsfeld zwischen Reformation und altem Glauben, zwischen Wissenschaft und kirchlichem Dogma, vor dem Hintergrund der Landschaft Ostpreußens und der alten Frauenburg.
  • Stefan Hartmann: Herzog Albrecht von Preußen und Livland (1560–1564): Regesten aus dem Herzoglichen Briefarchiv und den Ostpreußischen Folianten, Böhlau Verlag, Köln, gebundene 1. Auflage, 573 Seiten, 1. Januar 2008, ISBN 978-3-412-20081-7, viele Erwähnungen zu Tätigkeiten und Sachverhalten mit denen Achatius v. Zehmen betraut war.
  • Ernst Theodor Thiele: Das Gesandtschaftswesen in Preussen im 16. Jahrhundert, Musterschmidt Wissenschaftlicher Verlag, Göttingen, Frankfurt, Berlin 1954, Buchbinderei W. Thiele Hameln, 157 Seiten, vgl. S. 33/34/105.
  • Heinz Neumeyer: Kirchengeschichte von Danzig und Westpreussen in evangelischer Sicht: Von den Anfängen der christlichen Mission bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, G. Rautenberg, 1971 – 240 Seiten, vgl. Achatius von Zehmen S. 81/85–87/90.
  • Leopold Prowe: Westpreußen in seiner geschichtlichen Stellung zu Deutschland und Polen, Druck und Verlag Ernst Lambeck, Thorn 1868, separat Abdruck aus dem Säcular-Programm des Gymnasiums zu Thorn, Zweite Auflage. Nennungen und Erläuterungen zu Achatius von Zehmen S. 45–47, S. 52
  • Gottfried Schramm: Der Polnische Adel und die Reformation 1548–1607, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Band 36, Abteilung Universalgeschichte, Herausgeber Martin Göhring, Franz Steiner Verlag GmbH, Wiesbaden 1965. Umfangreiche Erläuterungen zu Achatius von Zehmen S. 116–135

Weblinks Bearbeiten