Als Delta T () wird in der Astronomie die Differenz zwischen der Terrestrischen Zeit (TT) und der Universal Time (UT) bezeichnet, also die Differenz zwischen einer absolut gleichmäßig verlaufenden Zeitskala TT, die durch Atomuhren realisiert wird, und der Zeitskala UT, die durch die tatsächliche Erdrotation bestimmt ist:

ΔT ab dem Jahr 2000 mit einer Prognose für die kommenden Jahre.

Der aktuelle Wert für kann aus den vom International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS) bereitgestellten Daten ermittelt werden. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts betrug ungefähr 64 Sekunden; bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte der Zeitunterschied auf etwa 204 Sekunden, nach anderen Quellen auf etwa 80 Sekunden anwachsen.[1] Historische Werte für lassen sich ungefähr bestimmen, indem überlieferte Beobachtungen mit heutigen Berechnungsergebnissen verglichen werden. Weiterhin gibt es verschiedene aus diesen Daten abgeleitete Polynome zur näherungsweisen Berechnung. Derartige Polynome gibt es auch zur Prognose zukünftiger Werte.

Hintergrund

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Aufgrund der Unregelmäßigkeit der Erdrotation ist die Universal Time (UT) kein strikt gleichförmiges Zeitmaß und deshalb für die Ephemeridenrechnung ungeeignet, eignet sich also beispielsweise nicht für die längerfristige Vorausberechnung von Planetenkonstellationen. Auch die aus der Atomzeit abgeleitete Koordinierte Weltzeit (Universal Time Coordinated, UTC) eignet sich nicht, denn bei dieser werden in unregelmäßigen Abständen Schaltsekunden eingefügt, um sie an die Universal Time anzugleichen. Deshalb wurde 1960 die Ephemeridenzeit (ET) eingeführt, die 1984 durch die Terrestrische Dynamische Zeit (TDT) ersetzt wurde, seit 1991 Terrestrische Zeit (TT). Im Gegensatz zu UT und UTC ist TT eine strikt gleichförmige Zeitskala, die Grundeinheit der TT ist die Sekunde (des Internationalen Einheitensystems) und ein Tag ist immer genau 86.400 Sekunden lang.[2]

Der Eintrittszeitpunkt für astronomische Ereignisse wird demzufolge im Regelfall in TT berechnet. Um nun die lokalen Gegebenheiten für die Beobachtung auf der Erdoberfläche angeben zu können, ist allerdings der präzise aktuelle Drehwinkel der Erdrotation zu berücksichtigen. Dies ist beispielsweise bei Sonnenfinsternissen erforderlich, um angeben zu können, welche Orte auf der Erde vom Schatten überstrichen werden. Hierzu muss das in TT vorliegende Berechnungsergebnis in UT bzw. UTC umgerechnet werden, wofür der zu diesem Zeitpunkt prognostizierte Wert für   zu verwenden ist.

Aktueller Wert und prognostizierte zukünftige Werte

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Der aktuelle Wert für   (Stand April 2024) beträgt rund 69,2 s.[3] Er setzt sich aus drei unterschiedlich schnell variierenden Beiträgen zusammen,

 .

Die folgende Näherungsformel wird für die Berechnung von   im Zeitraum zwischen 2015 und 3000 verwendet:[5]

 .

Dabei ist   die Jahreszahl des betrachteten Datums, gegebenenfalls ergänzt um den Jahresbruchteil. Für monatsgenaue Werte setzt man zum Beispiel

 .

Historische Werte

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ΔT im Zeitraum 1657 bis 2022.[6][7]

Historische Werte für   lassen sich aus dem Vergleich überlieferter Beobachtungen mit modernen Rückrechnungen ermitteln. Brauchbare Beobachtungen gehen etwa bis ins Jahr −700 zurück. Mit der Erfindung des Fernrohrs zu Beginn des 17. Jahrhunderts nahm die Beobachtungsgenauigkeit stark zu, so dass   sich ab diesem Zeitpunkt deutlich genauer bestimmen lässt. Während sich   für das 17. Jahrhundert ab 1657 mit einer Genauigkeit von etwa 10–15 s abschätzen lässt, nahm diese im 18. Jahrhundert auf etwa 2 s ab und sank bis 1900 auf weniger als 0,1 s.[6][8] Morrison und Stephenson, die auch Beobachtungen aus der Antike einbeziehen, kommen für die Neuzeit zu teils deutlich anderen Werten von  .[9]

Historische Werte von ΔT und ihre Unsicherheit σ[9][7]
Jahr ΔT (s) σ (s)   Jahr ΔT (s) σ (s)   Jahr ΔT (s) σ (s)
−1000 25400 640 1200 740 30 1860 8
−800 22000 550 1400 320 20 1880 −5
−600 18800 460 1600 120 20 1900 −3
−400 15530 390 1700 9 5 1920 21
−200 12790 330 1720 11 3 1940 24
0 10580 260 1740 12 2 1960 33
+200 8640 210 1760 15 2 1980 51
+400 6700 160 1780 17 1 1990 57
+600 4740 120 1800 14 1 2000 64
+800 2960 80 1820 12 1 2010 66
+1000 1570 55 1840 6 <1 2020 69

Literatur

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  • P. Kenneth Seidelmann (Hrsg.): Explanatory Supplement to the Astronomical Almanac. University Science Books, Sausalito 2006, ISBN 1-891389-45-9
  • F. Richard Stephenson: Historical Eclipses and Earth's Rotation. Cambridge University Press, Cambridge 1997, ISBN 0-521-46194-4
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Einzelnachweise

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  1. NASA: Five Millennium Catalog of Solar Eclipses (2001 to 2100) und CalSky
  2. Jean Meeus: The Effect of Delta T on Astronomical Calculations. In: Journal of the British Astronomical Association. 108: 154–156, 1998 (bibcode:1998JBAA..108..154M).
  3. Time scales. IERS, abgerufen am 1. April 2024 (englisch).
  4. IERS Bulletins. Abgerufen am 1. April 2024.
  5. Fred Espenak: Polynomial Expressions for Delta T.
  6. a b Historic Delta T and LOD values from McCarthy and Babcock (1986). USNO, abgerufen am 9. Mai 2023.
  7. a b Monthly determinations of Delta T (TT - UT1) since 1973. USNO, abgerufen am 9. Mai 2023.
  8. Dennis D. McCarthy, Alice. K. Babcock: The length of day since 1656. In: Physics of the Earth and Planetary Interiors. Band 44, 1986, S. 281–292, doi:10.1016/0031-9201(86)90077-4 (englisch).
  9. a b Morrison L.V., Stephenson F.R.: Historical values of the Earth's clock error ΔT and the calculation of eclipses. Journal for the History of Astronomy, Bd. 35, Teil 3, Nr. 120, S. 327–336 (2004) (bibcode:2004JHA....35..327M); dieselben: Addendum: Historical values of the Earth's clock error. JHA, Bd. 36, Teil 3, Nr. 124, S. 339 (2005) (bibcode:2005JHA....36..339M).