Der Kanton Kirchheim (auch Kirchheim-Boland, Kirchheimbolanden und andere Schreibweisen; franz.: Canton de Kirchheim) war eine von zehn Verwaltungseinheiten, in die sich das Arrondissement Mainz (franz.: Arrondissement de Mayence) im Departement Donnersberg (franz.: Département du Mont-Tonnerre) gliederte.

Geografische Lage Bearbeiten

Das Verwaltungsgebiet des Kantons Kirchheim lag annähernd vollständig im heutigen Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz. Hauptort (chef-lieu) und Verwaltungssitz war die heutige Stadt Kirchheimbolanden.

Geschichte Bearbeiten

Der Kanton war Teil der Französischen Republik (1798–1804) und des Napoleonischen Kaiserreichs (1804–1814). 1816 fiel er als einziger Kanton des Arrondissements an Bayern und kam zur Bayerischen Pfalz, während alle anderen Kantone des Arrondissements den Kernbestand der Provinz Rheinhessen des Großherzogtums Hessen bildeten. Im Königreich Bayern wurden die Kantone, teilweise mit geändertem Gebietsstand, zunächst beibehalten und waren Teile der Verwaltungsstruktur bis 1852.

Gemeinden und Mairies Bearbeiten

Nach amtlichen Tabellen aus den Jahren 1798, 1809 und 1811 gehörten zum Kanton Kirchheim folgende Gemeinden, die verwaltungsmäßig Mairies zugeteilt waren (Ortsnamen in der damaligen Schreibweise);[1][2][3] die Einwohnerzahlen (Spalte „EW 1815“) sind einer Statistik von 1815 entnommen;[4] die Spalte „Territorium vor 1792“ nennt die landesherrliche Zugehörigkeit vor der französischen Inbesitznahme.[5][6]

Der Kanton Kirchheim gliederte sich in 22 Gemeinden:

Gemeinde Mairie EW 1815 Territorium vor 1792 heute LK
Albisheim Albisheim 685 Nassau-Weilburg, Kirchheim Albisheim (Pfrimm) KIB
Bennhausen Dannenfels 102 Nassau-Weilburg, Kirchheim Bennhausen KIB
Bischheim Kirchheimboland 406 Nassau-Weilburg, Kirchheim Bischheim KIB
Bolanden Bolanden 533 Nassau-Weilburg, Kirchheim Bolanden KIB
Dannenfels Dannenfels 114 Nassau-Weilburg, Kirchheim Dannenfels KIB
Einselthum Albisheim 418 Kurpfalz, Alzey Einselthum KIB
Gauersheim Gauersheim 488 Freiherr von Wallbrunn Gauersheim KIB
Gerbach Gerbach 388 Grafschaft Falkenstein Gerbach KIB
Ilbesheim Ilbesheim 470 Grafschaft Falkenstein Ilbesheim KIB
Jakobsweiler Dannenfels 213 Grafschaft Falkenstein Jakobsweiler KIB
Kirchheimboland Kirchheimboland 2.145 Nassau-Weilburg, Kirchheim Kirchheimbolanden KIB
Kriegsfeld Kriegsfeld 826 Kurpfalz, Alzey Kriegsfeld KIB
Marnheim Marnheim 785 Nassau-Weilburg, Kirchheim Marnheim KIB
Mauchenheim Mauchenheim 562 Kurpfalz, Alzey Mauchenheim AZ
Morschheim Morschheim 480 Nassau-Weilburg, Kirchheim Morschheim KIB
Mörsfeld Mörsfeld 349 Kurpfalz, Alzey Mörsfeld KIB
Oberwiesen Orbis 338 Nassau-Weilburg, Kirchheim Oberwiesen KIB
Orbis Orbis 369 Nassau-Weilburg, Kirchheim Orbis KIB
Rittersheim Gauersheim 158 Nassau-Weilburg, Kirchheim Rittersheim KIB
Ruppertsecken Gerbach 410 Kurpfalz, Alzey Ruppertsecken KIB
Sankt Alban Gerbach 305 Grafschaft Falkenstein Sankt Alban KIB
Stetten Gauersheim 419 Kurpfalz, Alzey Stetten KIB

Geschichte Bearbeiten

Vor der Besetzung des Linken Rheinufers im Ersten Koalitionskrieg (1794) gehörten die Ortschaften im 1798 eingerichteten Verwaltungsbezirk des Kantons Kirchheim zum Fürstentum Nassau-Weilburg und zum Kurfürstentum Pfalz, einzelne Orte waren im Besitz kleinerer Herrschaften.[5][6]

Von der französischen Direktorialregierung wurde 1798 die Verwaltung des Linken Rheinufers nach französischem Vorbild reorganisiert und damit u. a. eine Einteilung in Kantone übernommen. Die Kantone waren zugleich Friedensgerichtsbezirke. Der Kanton Kirchheim gehörte zum Arrondissement Mainz im Departement Donnersberg. Der Kanton gliederte sich in 22 Gemeinden, die von 13 Mairies verwaltet wurden.[2][3]

Nachdem im Januar 1814 die Alliierten das Linke Rheinufer wieder in Besitz gebracht hatten, wurde im Februar 1814 das Departement Donnersberg und damit auch der Kanton Kirchheim Teil des provisorischen Generalgouvernements Mittelrhein. Nach dem Pariser Frieden vom Mai 1814 wurde dieses Generalgouvernement im Juni 1814 aufgeteilt, das Departement Donnersberg wurde der neu gebildeten Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Kommission zugeordnet, die unter der Verwaltung von Österreich und Bayern stand.[7]

Bayerischer Kanton Kirchheim (Kirchheimbolanden) Bearbeiten

Aufgrund der auf dem Wiener Kongress getroffenen Vereinbarungen kam die Region im Juni 1815 zu Österreich. Die gemeinschaftliche österreichisch-bayerische Verwaltung wurde vorerst beibehalten. Am 14. April 1816 wurde zwischen Österreich und Bayern ein Staatsvertrag geschlossen, in dem ein Austausch verschiedener Staatsgebiete vereinbart wurde. Hierbei wurden die linksrheinischen österreichischen Gebiete zum 1. Mai 1816 an das Königreich Bayern abgetreten.[8]

Der bayerische Kanton Kirchheim gehörte im neu geschaffenen Rheinkreis zur Kreisdirektion Kaiserslautern.[9][10] Nach der Untergliederung des Rheinkreises in Landkommissariate (1818) gehörte der Kanton Kirchheim zum Landkommissariat Kirchheim.[11]

Die Gemeinden Gerbach, Ruppertsecken und Sankt Alban wurden 1817 an den Kanton Rockenhausen abgegeben.[12]

Zum bayerischen Kanton Kirchheim gehörten nach 1817 insgesamt 19 Gemeinden (Ortsnamen laut Amtsblatt 1817):[13][14][12]

In einer 1836 erstellten Statistik wurden im Kanton Kirchheimbolanden 14.612 Einwohner gezählt, davon waren 2.796 Katholiken, 11.035 Protestanten, 314 Mennoniten und 467 Juden.[12]

Im Jahr 1852 wurde der Kanton Kirchheimbolanden, so wie alle Kantone in der Pfalz, in eine Distriktsgemeinde umgewandelt.[15]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vollständige Sammlung der Verordnungen und Beschlüsse des Bürger Regierungs-Kommissärs und der Central-Verwaltungen der vier neuen Departemente auf dem linken Rheinufer, I. Band, II. Heft, Wirth, Mainz 1798, S. 62, 67 (Google Books)
  2. a b Ferdinand Bodmann: Annuaire statistique du Département du Mont-Tonnerre pour l'án 1809, Kupferberg, Mainz 1809, S. 242 (bavarica.digitale-sammlungen.de)
  3. a b Ferdinand Bodmann: Statistisches Jahrbuch für das Departement von Donnersberg, Jahr 1811, Kupferberg, Mainz 1811, S. 278 (Google Books)
  4. Statistisches Jahrbuch für die deutschen Länder zwischen dem Rhein, der Mosel und der französischen Grenze: auf das Jahr 1815, Kupferberg, Mainz 1815, S. 126 (Google Books)
  5. a b Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, S. 92, 290, 364, 381 (online bei Google Books).
  6. a b Adalbert Heib: Beamtenverzeichniß und Statistik des Königlich Bayerischen Regierungs-Bezirkes der Pfalz, Kranzbühler, Speyer 1863. S. 58, 61, 63, 64 (Google Books)
  7. F. W. A. Schlickeysen: Repertorium der Gesetze und Verordnungen für die königl. preußischen Rheinprovinzen, Trier: Leistenschneider, 1830, S. 13 ff. (dilibri.de)
  8. Münchener Vertrag vom 14. April 1816 in G. M. Kletke: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern ... von 1806 bis einschließlich 1858, Regensburg, Pustet, 1860, S. 310 (Google Books)
  9. W. Tielcke: Schütz´s allgemeine Erdkunde, Band 16, Doll, Wien 1831, S. 134 ff. (Google Books)
  10. Philipp August Pauli: Gemälde von Rheinbaiern, Enderes und Hertter, Frankenthal 1817, S. 44, 126 (Google Books)
  11. Amtsblatt der Königl. baierischen Regierung des Rheinkreises vom 18. Februar 1818: Allerhöchstes Rescript vom 6. November 1817, Bekanntmachung vom 17. Februar 1818, Einführung der Land-Commissariate (bavarica.digitale-sammlungen.de)
  12. a b c Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des kön. bayer. Rheinkreises, Dritter Theil, Neidhard, Speier 1837, S. 225 ff. (Google Books)
  13. Amtsblatt der Königl. baierischen Regierung des Rheinkreises vom 26. November 1817: Bekanntmachung vom 17. November 1817, Kantonal-Eintheilung des Rheinkreises (bavarica.digitale-sammlungen.de)
  14. Heinrich Berghaus: Hertha: Zeitschrift für Erd-, Völker- und Staatenkunde, Band 2, Cotta, Stuttgart 1825, s. 655 (Google Books)
  15. Distrikts- u. Landraths-Gesetz vom 28. Mai 1852, Beck, 1856, S. 3 (Google Books)