Der Kanton Wöllstein (franz.: Canton de Wöllstein, auch Canton de Wœllstein) war eine von zehn Verwaltungseinheiten, in die sich das Arrondissement Mainz im Departement Donnersberg gliederte. Der Kanton war in den Jahren 1798 bis 1814 Teil der Französischen Republik (1798–1804) und des Napoleonischen Kaiserreichs (1804–1814). Hauptort (chef-lieu) und Verwaltungssitz war Wöllstein.

1816 kam der Kanton Wöllstein zum Großherzogtum Hessen und bildete dort einen Teil der Provinz Rheinhessen. Die Kantone wurden hier bis 1835 als Teile der Verwaltungsstruktur beibehalten.

Das Verwaltungsgebiet umfasste Teile der heutigen Landkreise Alzey-Worms, Bad Kreuznach und Mainz-Bingen in Rheinland-Pfalz.

Gemeinden und Mairies Bearbeiten

Nach amtlichen Tabellen aus den Jahren 1798 und 1811 gehörten zum Kanton Wöllstein folgende Gemeinden, die verwaltungsmäßig Mairies zugeteilt waren (Ortsnamen in der damaligen Schreibweise);[1][2] die Einwohnerzahlen (Spalte „EW 1815“) sind einer Statistik von 1815 entnommen;[3] die Spalte „vor 1792 zugehörig“ nennt die landesherrliche Zugehörigkeit vor der französischen Inbesitznahme.[4]

Gemeinde Mairie EW 1815 vor 1792 zugehörig Anmerkungen Landkreis
Badenheim Badenheim 345 Graf von Schönborn[Anm. 1] MZ  
Biebelsheim Biebelsheim 317 Grafschaft Falkenstein KH  
Bosenheim Bosenheim 454 Kurpfalz seit 1969 Stadtteil von Bad Kreuznach KH
Eckelsheim Sieffersheim 383 Grafschaft Falkenstein AZ  
Freilaubersheim Freilaubersheim 590 Kurpfalz heute Frei-Laubersheim KH
Fürfeld Fürfeld 875 Freiherr von Kerpen[Anm. 1] KH  
Gumbsheim Wöllstein 216 Kurmainz und Nassau-Saarbrücken[Anm. 2] AZ  
Hackenheim Bosenheim 253 Kurpfalz KH  
Ippesheim Biebelsheim 90 Bretzenheim und Falkenstein[Anm. 3] seit 1969 Stadtteil von Bad Kreuznach KH
Neubamberg Fürfeld 478 Kurmainz heute Neu-Bamberg KH
Pfaffenschwabenheim Badenheim 404 Kurpfalz heute Pfaffen-Schwabenheim KH
Planig Planig 658 Fürst von Bretzenheim seit 1969 Stadtteil von Bad Kreuznach KH
Pleittersheim Badenheim 213 Kurmainz und Nassau-Saarbrücken[Anm. 2] heute Pleitersheim KH
Sankt Johann Sprendlingen [siehe 1] Markgrafschaft Baden MZ  
Sieffersheim Sieffersheim 447 Kurmainz heute Siefersheim AZ
Sprendlingen Sprendlingen 1.533 Markgrafschaft Baden MZ  
Steinbockenheim Wonsheim 395 Rheingraf von Salm und Grehweiler[Anm. 4] heute Stein-Bockenheim AZ
Tieffenthal Fürfeld 168 Nassau-Saarbrücken heute Tiefenthal KH
Volxheim Freilaubersheim 408 Kurmainz KH  
Wölgesheim Zotzenheim 224 Kurpfalz heute Welgesheim MZ
Wöllstein Wöllstein 1.175 Kurmainz und Nassau-Saarbrücken[Anm. 2] AZ  
Wonsheim Wonsheim 452 Kurpfalz AZ  
Zotzenheim Zotzenheim 296 Kurpfalz MZ  

Einwohner:

  1. Einwohnerzahl von St. Johann bei Sprendlingen enthalten

Anmerkungen:

  1. a b Reichsritterschaft (Statistik des Grossherzogthums Hessen)
  2. a b c Kondominium seit 1733: Kurmainz drei Viertel, Nassau-Saarbrücken ein Viertel (Wöllstein in Rheinhessen auf: regionalgeschichte.net).
  3. Kondominium seit 1642: Fürst von Bretzenheim und Graf von Falkenstein je zur Hälfte (regionalgeschichte.net)
  4. nach anderen Quellen gemeinschaftlich mit der Markgrafschaft Baden (Statistik des Grossherzogthums Hessen)

Geschichte Bearbeiten

Vor der Besetzung des Linken Rheinufers im Ersten Koalitionskrieg (1794) gehörte der 1798 eingerichtete Verwaltungsbezirk des Kantons Wöllstein zu sieben verschiedenen Territorien, zwei Dörfer waren in reichsritterschaftlichem Besitz.[4][5]

Von der französischen Direktorialregierung wurde 1798 die Verwaltung des Linken Rheinufers nach französischem Vorbild reorganisiert und damit u. a. eine Einteilung in Kantone übernommen. Die Kantone waren zugleich Friedensgerichtsbezirke. Der Kanton Wöllstein gehörte zum Arrondissement Mainz im Departement Donnersberg und gliederte sich in 23 Gemeinden, die von elf Mairies verwaltet wurden.[1]

Nachdem im Januar 1814 die Alliierten das Linke Rheinufer wieder in Besitz gebracht hatten, wurde im Februar 1814 das Département Donnersberg und damit auch der Kanton Wöllstein Teil des provisorischen Generalgouvernements Mittelrhein. Nach dem Pariser Frieden vom Mai 1814 wurde dieses Generalgouvernement im Juni 1814 aufgeteilt, die rechts der Mosel liegenden Kantone wurden der neu gebildeten Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Kommission zugeordnet, die unter der Verwaltung von Österreich und Bayern stand.[6] Während der österreichisch-bayerischen Verwaltung gehörte der Kanton Wöllstein zum Arrondissement bzw. zur Kreisdirektion Alzey.[3]

Auf dem Wiener Kongress (1815) war dem Großherzog von Hessen eine Länderfläche im ehemaligen Departement Donnersberg mit 140.000 Seelen zugesprochen worden (Artikel 47 des Hauptvertrages).[7] In einem am 30. Juni 1816 mit Österreich und Preußen geschlossenen Staatsvertrag erfolgten die näheren Festlegungen über das Territorium der nachherigen Provinz Rheinhessen im Großherzogtum Hessen, zu dem auch der Kanton Wöllstein gehörte.[5]

Rheinhessischer Kanton Wöllstein Bearbeiten

Die verwaltungsmäßige Einteilung der Provinz Rheinhessen wurde zunächst für die Kantone aus der französischen Verwaltungsstruktur beibehalten. Ansonsten erfolgte bezüglich der zugehörigen Gemeinden keine Änderung. Der Kanton Wöllstein hatte 1834 noch denselben Gebietsstand wie in der französischen Zeit.[8]

Am 5. Februar 1835 wurden die elf Kantone Rheinhessens durch vier Kreise ersetzt. Aus den Kantonen Bingen, Oberingelheim und Wöllstein wurde der Kreis Bingen gebildet.[9]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Vollständige Sammlung der Verordnungen und Beschlüsse des Bürger Regierungs-Kommissärs und der Central-Verwaltungen der vier neuen Departemente auf dem linken Rheinufer, Band 1, Ausgabe 2, Wirth, 1798, S. 62, 68 (Google Books)
  2. Statistisches Jahrbuch für das Departement von Donnersberg, 1811, S. 258 (Google Books)
  3. a b Statistisches Jahrbuch für die deutschen Länder zwischen dem Rhein, der Mosel und der französischen Grenze: auf das Jahr 1815, Kupferberg, 1815, S. 130 (Google Books)
  4. a b Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts, Band 3, Sauerländer, 1832, S. 58 (Google Books)
  5. a b Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen, Bände 1–5, 1862, S. 58 ff. (Google Books)
  6. F. W. A. Schlickeysen: Repertorium der Gesetze und Verordnungen für die königl. preußischen Rheinprovinzen, Trier: Leistenschneider, 1830, S. 13 ff. (dilibri.de)
  7. Haupt-Vertrag des zu Wien versammelten Congresses der europäischen Mächte, Fürsten und freie Städte vom 9. Juni 1815, Artikel 97, Seite 96 (uni-goettingen.de)
  8. Wilhelm Hesse: Rheinhessen in seiner Entwickelung von 1798 bis Ende 1834. Kupferberg, 1835, S. 36 (Google Books)
  9. Archiv der großherzoglich-hessischen Gesetze und Verordnungen, Band 7, S. 16 (Google Books)