Fritz Ketz (eigentlich: Friedrich Adolf Ketz; * 12. Juni 1903 in Hamborn; † 15. Juli 1983 in Pfullingen) war ein deutscher Maler und Grafiker des Expressiven Realismus[1]. Er war ein wichtiger Vertreter der Aquarellmalerei in der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts.

Fritz Ketz, um 1950
Signatur von Fritz Ketz

Leben Bearbeiten

Fritz Ketz wurde am 12. Juni 1903 in Hamborn als Sohn des aus Westpreußen zugezogenen späteren Zechenbeamten Hermann Ketz und der aus Herford in Westfalen stammenden Martha Ketz geboren. Als jüngstes von sieben Kindern zog er 1918 mit den Eltern nach Karrasch bei Deutsch-Eylau in Ostpreußen, der Heimat des Vaters (heute Karaś, bei Iława, Woiwodschaft Ermland-Masuren, Polen). Aus den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern heraus war ein Kunststudium nicht möglich. So ging Ketz den Weg über das Militär, wo nach zwölfjähriger Verpflichtung Übergangsgebührnisse und -hilfen gezahlt wurden, die ein solches Studium möglich machten.

Ausbildung Bearbeiten

1920 verließ er als 17-Jähriger die Familie und trat in die Reichswehr ein, um dort, nach Absolvierung der 2-jährigen Grundausbildung in Marienburg in Westpreußen, als Militärzeichner seinem eigentlichen Ziel, Künstler zu werden, näher zu kommen. Nach mehreren Zwischenstationen in Ost- und Westpreußen, vornehmlich in Königsberg, sowie danach in Berlin wurde er 1929 in Ludwigsburg bei Stuttgart stationiert. In den letzten drei Jahren bis zu seiner Entlassung aus dem Wehrdienst 1932 nahm er bereits nebenbei Unterricht bei Malern des Stuttgarter Raumes und hospitierte an der Kunstgewerbeschule Stuttgart. Er nahm zudem Privatunterricht bei Wilhelm Blutbacher im Aktzeichnen und Bruno von Sanden im Kopfzeichnen. Nach seinem Austritt aus der Reichswehr 1932 begann er mit dem Kunststudium an der Württ. Akademie der bildenden Künste in Stuttgart – damaliger Direktor war (kommissarisch 1932–38) Hans Spiegel – und ließ sich erst in Neckarweihingen bei Ludwigsburg, später in Stuttgart nieder. Seine Lehrer an der Kunstakademie waren u. a. Hans Spiegel, Alexander Eckener und Anton Kolig.

Vorkriegs- und Kriegszeit Bearbeiten

1933 heiratete Ketz Elisabeth Freiberger, die Ehe wurde 1941 wieder geschieden.

1934/35 erhielt er erste Einzelausstellungen in Stuttgart. Ein für die erste Große Deutsche Kunstausstellung 1937 im Münchener Haus der Kunst eingereichtes Bild wurde dagegen abgelehnt. 1938 nahm Ketz aber auch an Sammelausstellungen des Württembergischen Kunstvereins und des Künstlerbunds Stuttgart teil und konnte ein Freiatelier bei Professor Hans Spiegel beziehen. Im Frühjahr 1938 unternahm Ketz zusammen mit seinem Malerkollegen Gustl (August) Illenberger eine Italienreise, unter anderem auch nach Venedig, auf der eine Vielzahl von Aquarellen, Zeichnungen und einige Ölbilder entstanden.

Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre geriet Ketz als freier Künstler zunehmend in Widerspruch zum Nationalsozialismus. Es entstanden zeitkritische Arbeiten, unter anderem Tuschaquarelle und Zeichnungen, die er ständig versteckt halten musste. 1943 reiste Ketz zum letzten Mal nach Karrasch zu seiner Mutter – teilweise unter Lebensgefahr aufgrund des dort geführten Partisanenkrieges. Die Mutter starb auf der Flucht 1945. Nachdem konkurrierende Künstler 1944 bei der Gestapo seine kritischen Arbeiten und Äußerungen angezeigt hatten, vernichtete er selbst den Großteil der ihn gefährdenden Arbeiten, einen kleinen Rest trug er nur noch im Koffer bei sich, aus Angst vor Hausdurchsuchungen. Sie überstanden so das Dritte Reich und wurden nach 1945 mit einer Einführung von Jakob Witsch in dessen Reutlinger Buchhandlung veröffentlicht.[2] Bei einem Luftangriff auf Stuttgart ging 1944 zudem fast das gesamte Frühwerk in Flammen auf, Ketz selbst überlebte nur durch Zufall. Ketz musste sich versteckt halten. Mit Hilfe einiger Stuttgarter Freunde und des Schweizer Architekten Attilio Calegari konnte er untertauchen und wurde durch Vermittlung der befreundeten Pfullinger Familie Scholkmann auf dem Traifelberg nahe Schloss Lichtenstein auf der Schwäbischen Alb illegal untergebracht, wo er auch das Kriegsende erlebte. Versorgt wurde er heimlich von Bauern und Bewohnern der Umgebung.

In der Ausstellung „Das Kunstmuseum Stuttgart im Nationalsozialismus. Der Traum vom Museum »schwäbischer« Kunst“, 2020 im Stuttgarter Kunstmuseum[3], war Fritz Ketz mit einem Landschaftsbild und einem Porträt eines Mädchens in BDM-Uniform vertreten (in der Ausstellung und im Inventar des Museums betitelt „BDM-Mädel“, der ursprüngliche Titel bzw. der Name des porträtierten Mädchens werden nicht genannt oder sind nicht mehr bekannt). Der Kurator der Ausstellung Kai Artinger äußerte im Katalog zur Ausstellung die Ansicht, dass die Bilder und ihr Erwerb durch das Museum während des Nationalsozialismus zumindest Fragen aufwürfen zur Haltung des Künstlers zum Nationalsozialismus. Tatsächlich war Fritz Ketz Mitglied der „Reichskammer der bildenden Künste“ (Mitgliedsnummer 12767), wie alle Künstler, die in Deutschland tätig bleiben wollten. Für eine auch nur zeitweise ideologische Nähe zum Faschismus konnten bisher jedoch außer dieser Zwangsmitgliedschaft in der Reichskammer, sowie der Tatsache, dass er zumindest noch bis 1943 auch ausstellen und verkaufen konnte, keine konkreten Hinweise aufgezeigt werden. Umgekehrt verfolgte ihn jedoch der Vorwurf sog. „kommunistischer Umtriebe“ noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit aufgrund einer Anzeige bei den amerikanischen Besatzungsbehörden durch denselben Künstler, der ihn bereits während des Krieges bei der Gestapo denunziert hatte.

Aus der Mappe „Gestalten und Bilder“, erschienen 1947:

Nachkriegszeit Bearbeiten

Nach dem Krieg durfte Ketz mehrere Jahre – bis zum Bau seines eigenen Ateliers 1953 – Wohn- und Atelierräume auf dem von Theodor Fischer 1904 für Louis Laiblin erbauten schlossartigen „Erlenhof“ beziehen, der bereits 1906–1907 Domizil einer von Laiblin ins Leben gerufenen Künstlerkolonie gewesen war[4].

Aus dem Sommer 1948 stammt ein Zyklus von Zeichnungen und kleinformatigen Aquarellskizzen, die den damaligen Zustand des Erlenhofes dokumentieren.[5][6]

1953 baute sich Ketz weitgehend eigenhändig – nach Plänen seines Freundes Calegari – ein Atelierhaus in der Nachbarschaft des Erlenhofes, das er 1972 erweiterte und in dem er bis zu seinem Tod 1983 lebte und arbeitete. Berufungen auf Professuren an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, Hochschule für Bildende Künste Dresden oder auch Toronto (Kanada) Anfang der 1950er Jahre lehnte er ab.

 
Selbst, 1. November 1945
 
Günter Bruno Fuchs, 1955

Auch während der Nachkriegszeit und noch weit in die 1950er Jahre hinein war Ketz in hohem Maße abhängig von Zuwendungen von Freunden, unter ihnen auch der Kunsthistoriker Rainer Hartmann und seine Familie, oder auch von den in der Umgebung des Ateliers lebenden Bauern. Farben und große Mengen Zeichenpapiere erhielt er z. B. meist von einem Papierfabrikanten geschenkt. Häufig erhielt er Naturalien für die Überlassung von Zeichnungen oder Bildern. Heute noch befinden sich Bilder von Ketz als Beispiele dieses unmittelbaren „Mäzenatentums“ auf Bauernhöfen um Pfullingen oder in Gasthöfen. So verfügt der „Schwanen“ in Metzingen über eine „Ketzstube“ mit mehreren Aquarellen. Das Haus des Malers hatte lediglich einen Brunnen und bis in die 1970er Jahre keinen öffentlichen Strom- oder Wasseranschluss. Strom erzeugte Ketz mit einem Generator. Auch errichtete er sich eine Sternwarte, und Astronomie wurde seine besondere Leidenschaft.[7] 1950 und 1952 führten ihn Reisen ins Ruhrgebiet; dort entstanden zahlreiche Zeichnungen und Aquarelle aus dem Arbeitsleben in den Häfen und Zechen (u. a. in Duisburg und Dortmund). Zu den dort geknüpften Kontakten gehörte auch der zu dem bedeutenden evangelischen Theologen, Sozialpädagogen und Sozialethiker Friedrich Siegmund-Schultze.

 
Martin Gregor-Dellin 25.8.57
 
Frau Gregor-Schmidt, Ehefrau von Martin Gregor-Dellin, 25.8.57

Um 1953 stieß Ketz zur Telegramm-Gruppe in Reutlingen, die 1952 durch die Schriftsteller Günter Bruno Fuchs („GBF“), Richard Salis und den Maler Winand Victor gegründet worden war zur Herausgabe literarisch-künstlerischer Flugblätter, der „telegramme“. Die Zeitschrift, eine Synthese von Literatur und bildender Kunst, gab bis 1958 „chiffrierte Nachrichten“ gegen Gewalt und Krieg heraus, zu denen auch Ketz Illustrationen beitrug (u. a. in den telegrammen 5, 9 und 10). Als weitere Mitglieder kamen u. a. die Autoren Dietrich Kirsch[8], Werner Dohm, Willy Leygraf, Kurt Leonhard, Rudolf Paul, der Musiker und Komponist Walther Hecklinger hinzu. Verbunden mit der Gruppe war auch Martin Gregor-Dellin. Viele junge Autoren wie Peter Härtling, Helmut Heißenbüttel, Heinz Piontek, Johannes Poethen und Oliver Storz kamen in den 15 erschienenen Nummern der „telegramme“ zu Wort.[9]

Zu den Förderern der „telegramme“ gehörten u. a. Martin Buber (Jerusalem) und Hermann Hesse (Montagnola). Buber schrieb den Herausgebern: „Sie dürfen jetzt und immer meines aufmerksamen Betrachtens und Lesens gewiss sein …“

Und Hesse: „Zu den Gefahren, die zu bekämpfen sind, gehört unter andern auch die Kriegsangst […] Dieser Angst […] überall entgegenzutreten […] gehört zu den Pflichten derer, die guten Willens sind.“

In Pfullingen wurde 1951 auch der Günter Neske Verlag gegründet (seit 1993 vom Verlag Klett-Cotta übernommen), der für Literatur, Kunst und Philosophie der jungen Bundesrepublik zu einem wichtigen Forum wurde, und zu dem auch Fritz Ketz Kontakt hatte.

 
Ausstellungsplakat Galerie Dobiaschowsky, Bern, und Galerie Kirchgasse, Zürich, 1968, von einem Hartfaserschnitt handgedruckt

Weitere Reisen führten Ketz in den 1950er und 1960er Jahren nach Hamburg, in die Schweiz (wo mehrere Ausstellungen in Zürich und Bern, z. B. in der Galerie Dobiaschowsky, stattfanden) und nach Holland, 1960 in die Lüneburger Heide, 1972 nach Dänemark und 1975 nach Schweden. Es entstanden jeweils umfangreiche Serien von Landschafts- und Industriebildern und -zeichnungen.

Werk (Auswahl) Bearbeiten

 
Herbstbäume, 29. Oktober 1962
 
Wald, Aquarell, 6. Oktober 1970
 
Dänemark Limfjord, 18. August 1972
 
Mädchen, 29. März 1961
 
Frau in Blau, 1. Mai 1971

Die erste Veröffentlichung von Ketz’schen Arbeiten nach dem Krieg war die Herausgabe der Mappe Gestalten und Bilder 1947 durch den Verlag Jakob Witsch, Reutlingen, mit 8 Reproduktionen geretteter Tuschaquarelle aus der Kriegszeit. In ihnen hatte er der Verzweiflung und dem Elend vieler Verlorener Ausdruck verliehen: deportierter Juden, ins Feld ziehender Soldaten, der Mütter gefallener Söhne oder auch eines Partisanenjungen. Der Kunsthistoriker und Kritiker Otto Gillen schrieb einen Essay über diese Bilder.[10] Eine dieser Arbeiten (Der Richter, 1945) befindet sich heute im Besitz des Deutschen Historischen Museums in Berlin.

Schon früh setzte sich Ketz intensiv mit dem Aquarell auseinander, der Technik, die neben der Zeichnung seinem ungestümen bildnerischen Temperament am meisten entgegenkam. Ketz ganze Leidenschaft galt immer der Erfassung des erlebbaren oder zu erleidenden Augenblicks, unabhängig vom jeweiligen Motiv. So tragen seine Bilder in der Regel auch keine Titel, sondern außer der Signatur nur das meist tagesgenaue Datum. Seine bevorzugten Themen wurden nach dem Krieg im Medium der Tuschzeichnung die Arbeit der schwäbischen Bauern, sowie im Aquarell in zunehmend starken Farben die Landschaft der Alb, ihre Jahreszeiten und vor allem die Blumen der seinem Atelier benachbarten Landschaftsgärtnerei. Außerdem entstanden aber auch Bilder von Industriearbeitern im Ruhrgebiet und religiöse Arbeiten, unter anderen 1946–48 ein großer Passionszyklus in Tuschaquarellen, eine düstere Klage, gespensterhaft hingehuscht, wie Werner Steinberg 1945 Schwarz-Weiß-Arbeiten von Ketz aus der Kriegszeit charakterisiert hatte.[11]

Tuschaquarelle „Passion“ (1946–48) (Auswahl)

Aus zarten eher kleinformatigen Aquarellen der 1940er Jahre befreite sich Ketz in den 1950er Jahren regelrecht in diesem Medium durch immer größere Formate, stark gestische Pinselführung und zunehmende Dichte der Farbsetzung, mit der er Ausdrucksmöglichkeiten und Kraft des Aquarells an die der Ölmalerei heranführte. Ketz fand so Ende der 50er Jahre im Aquarell zu einem, seinem dynamischen Malduktus angemessenen Format von ca. 70 × 80 cm, in dem danach die meisten Aquarelle und auch Ölbilder entstanden. Er aquarellierte fast immer in einer Mischung der verschiedenen Aquarelltechniken, wobei er meist festes Zeichenpapier verwendete, das er zuvor mit einer Drahtbürste und Schmirgelpapier in großen Schwüngen aufraute, damit die Farbe Halt fand und die Nässe einziehen konnte. Eine Vorzeichnung gab es nicht mehr. Ketz malte seine Motive immer vor Ort, d. h. außer den Porträts entstanden so gut wie alle Bilder und Zeichnungen im Freien, bei jeder Witterung. So gibt es Bilder, auf denen Regentropfen oder Sand von Dünen ihre Spuren hinterließen, oder auch Frostspuren in Form von Eisblumen bei den Winteraquarellen, die Ketz dann tagelang im Freien durch Ausfrieren trocknen lassen musste, damit im Atelier die gefrorene Farbe durch Auftauen nicht wieder verlief. So überlagerten sich nicht nur Farben, sondern auch Strukturen ganz unterschiedlicher sowohl künstlicher wie natürlicher Herkunft im Malprozess.[12]

Diese Plein-Air-Malerei zwang ihn zu einem hohen Maltempo. In schneller Folge entstanden so vor dem gleichen Motiv häufig ganze Serien von Aquarellen. Diese nahm Ketz dann mit zurück in sein Atelier, besah sie sich oft tagelang kritisch, um dann eine große Anzahl zu verbrennen, bis nur die seiner Meinung nach gelungensten übrig blieben.

Der in der Tuschzeichnung aufscheinende Pinselstrich findet sich in ähnlicher Form, vom breiteren Aquarellpinsel oder auch dem dünnen Pinselstiel übernommen, in den großformatigen Aquarellen wieder. In ihnen vereinigte Ketz alle denkbaren Valeurs der Techniken Zeichnung, Ölmalerei und Aquarellistik zu Farb- und Form-Chiffren von Landschaft, Blume, Mensch oder Tier, Wald oder auch Winter. Um 1960 begann er einen eher schreibenden Duktus in den Aquarellen zu entwickeln. Sowohl die Motive als auch die Bildgründe sind mit kraftvollen, breiten Strichen gestaltet, die Farben oft hart und pastös nebeneinander gesetzt oder aufeinander geschichtet. Durch die Verwendung sehr trocken gehaltener Farbe neben oder auf fließenden, wasserreichen Partien setzte er typisch zeichnerische Chiffren. Die Darstellung der Motive blieb zwar der Anschauung verhaftet, gestaltete sie aber zu Farb- und Form-Zeichen auf einem hochgradig abstrahierten Farbgrund.

 
Iris, 8. Juni 1971
 
Mohn, 8. Juni 1971

In den Rand- und Eckpartien der Bilder verselbständigt sich dieser Grund, entwickelt eigene Bild- und Kraftfelder. Die Bildgründe sind tachistische Tableaus, der Art brut oder dem Action Painting nahestehend, in denen Ketz seine Zeitgenossenschaft zum Informel der Nachkriegskunst erkennen ließ,[13] sie folgen einem „Prinzip der Formlosigkeit“ im „Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung“.[13]

 
Herbst, 2. November 1981

Um 1970 wurden die konkreten Motive dann immer mehr Teil ihres Grundes, entwachsen ihm oder treten in ihn ein, oder sie setzen einen schweren Kontrapunkt. Entgegen der ersten oft plakativen Anmutung der vordergründigen Motive erzählen die Bilder Farb- und Form-Mythen. Auch für sie gilt der Satz Ernst Ludwig Kirchners: „Es ist deshalb nicht richtig, meine Bilder mit dem Maßstab der naturgetreuen Richtigkeit zu beurteilen, denn sie sind keine Abbildungen bestimmter Dinge oder Wesen, sondern selbständige Organismen aus Linien, Flächen und Farben, die Naturformen nur soweit enthalten, als sie als Schlüssel zum Verständnis notwendig sind. Meine Bilder sind Gleichnisse, nicht Abbildungen. Formen und Farben sind nicht an sich schön, sondern die, welche durch seelisches Wollen hervorgebracht sind. Es ist etwas Geheimes, was hinter den Menschen und Dingen und hinter den Farben und Rahmen liegt, und das verbindet alles wieder mit dem Leben und der sinnfälligen Erscheinung, das ist das Schöne, das ich suche …“[14] - Ernst Ludwig Kirchner

Ketz interessierte sich kaum für formale Aspekte von Farb- oder Formkonstruktion, auch wenn er diese sehr wohl genau studiert hatte: die Bilder seiner Lehrer an der Stuttgarter Akademie sind stark davon geprägt, teilweise auch seine eigenen frühen Bilder, soweit dies aus den wenigen erhaltenen Beispielen zu ersehen ist. Aber die Bilder, insbesondere die Zeichnungen und Aquarelle, seiner reifen Zeit seit Ende der 1940er Jahre rückten stattdessen einen Aspekt von Ausschließlichkeit der unmittelbaren Betroffenheit des Malers durch die Konfrontation mit dem Sujet in den Mittelpunkt der Darstellung. Dies mag auch mit ein Grund dafür sein, dass in den Aquarellen von Landschaft oder Blumen, anders als in den Zeichnungen, so gut wie nie Menschen erscheinen. Ketz verbannte sie mit derselben romantischen Radikalität und Konsequenz aus diesen Fruchtbarkeits-Chiffren, wie Caspar David Friedrich sie 150 Jahre zuvor zu Rückenfiguren und Betrachtern seiner Ewigkeitspanoramen bestimmt hatte.

Nachlass und Nachlassverwaltung Bearbeiten

Der Nachlass von Fritz Ketz wird nunmehr von seinem Sohn Jörn-Uwe Droemann verwaltet. Große Teile des umfangreichen Nachlasses an Aquarellen, Ölbildern, Zeichnungen und Graphiken wurden auch durch die Galerie Schlichtenmaier, Stuttgart und Dätzingen, katalogisiert und inventarisiert.

Ausstellungen / Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl) Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Otto Gillen: Der Maler Fritz Ketz. In: Der Deutsche im Osten. Jg. 6, Heft 3, 1943, S. 146–147.
  • Fritz Ketz: Gestalten und Bilder. Mappe mit 8 Orig. Wiedergaben nach Handzeichnungen. Buchhandlung Jakob Witsch, Reutlingen 1947
  • Fritz Ketz im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Frankfurter Hefte, Zeitschrift für Kultur und Politik. 2. Jg., Heft 6, 1947, S. 621–623.
  • Passion. Filmbandstreifen, Westfälische Frauenhülfe, Münster o. J.
  • Günter Bruno Fuchs: Ketz, Victor. Reutlingen o. J. (1955)
  • Günter Bruno Fuchs: Die Jungen vom Teufelsmoor. Eine Erzählung für Jungen. Mit 6 Zeichnungen von Fritz Ketz, Quell-Verlag, Stuttgart 1956
  • Pär Lagerkvist: Barabbas. In: Der Kirchenbote. 7. JG., 1956, S. 42–44, (mit Abbildungen der Grafiken zur Passion von Fritz Ketz)
  • Manfred Eger: Junge Künstler ohne snobistische Gesten. In Fränkische Presse v. 8. August 1957
  • Otto Gillen: Der Maler und Zeichner Fritz Ketz. In: Artis, Zeitschrift für alte und neue Kunst. Februar 1961, S. 19–21.
  • Erhard Frommhold: Kunst im Widerstand, Malerei, Graphik, Plastik 1922 bis 1945., mit einem Vorwort von Ernst Niekisch Verlag der Kunst, Dresden 1968
  • Otto Gillen: Das Portrait: Fritz Ketz. In: Baden-Württemberg. Heft 2, 1971, S. 13.
  • Stadt Paderborn (hrsg): Fritz Ketz, Aquarelle und Zeichnungen. Paderborn 1980
  • Fritz Ketz: Aquarelle, Zeichn. Hrsg.: Galerie im Kolpinghaus, Stuttgart-Bad Cannstatt. Verantw.: Erich Baum 1982
  • Stadt Reutlingen (Hrsg.): Fritz Ketz, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Reutlingen 1983
  • Rainer Zimmermann (Kunsthistoriker): Die Kunst der verschollenen Generation. Deutsche Malerei des Expressiven Realismus von 1925 bis 1975. Econ-Verlag, München, 1984, ISBN 978-3-430-19961-2
  • Günther Wirth: Verbotene Kunst. Verfolgte Künstler im deutschen Südwesten 1933–1945. Hatje-Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 978-3-7757-0243-0
  • Fritz Ketz 1903–1983, Ausst.-Kat. Galerie Schlichtenmaier, Schloß Dätzingen, Grafenau 1989, ISBN 3-89298-037-3
  • Kunstverein Sauerland (Hrsg.): Expressiver Realismus, Künstler der verschollenen Generation aus der Sammlung Gerhard Schneider Olpe 1992
  • Kunstverein Sauerland (Hrsg.): Expressiver Realismus II, Graphik des Expressiven Realismus, Bearbeitung und Einführung von Gerhard Schneider Olpe 1993
  • Rainer Hartmann: Fritz Ketz, Leben und Werk. Edition Schlichtenmaier, Grafenau 1993, ISBN 978-3-89298-088-9
  • Rainer Zimmermann: Expressiver Realismus: Malerei der Verschollenen Generation. Hirmer-Verlag, München 1994, ISBN 978-3-7774-6420-6
  • Verfemt – Vergessen – Wiederentdeckt. Kunst expressiver Gegenständlichkeit aus der Sammlung Gerhard Schneider. [anlässlich der gleichnamigen Ausstellungen Kunstverein Südsauerland Olpe (1999/2000); Museum Baden, Solingen-Gräfrath (1999–2000)] hrsg. von Rolf Jessewitsch und Gerhard Schneider. Wienand, Köln 1999. ISBN 978-3-87909-665-7
  • Reutlinger Künstler-Lexikon: bildende Künstlerinnen und Künstler mit Bezug zu Stadt und Kreis Reutlingen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Thomas Leon Heck, Joachim Liebchen. Reutlingen. Nous-Verlag Heck, Tübingen 1999, ISBN 3-924249-26-1
  • Katalog Angriff auf die Kunst. Ausstellung im Lübcke Museum, Hamm 2002
  • Rolf Jessewitsch, Gerhard Schneider (Hrsg.) Katalog Entdeckte Moderne, Werke aus der Sammlung Gerhard Schneider, 2010, Kettler, ISBN 978-3-941100-16-9. Ausstellung in: Salzburg Museum 2008, Lindenau-Museum Altenburg 2009, Kunstmuseum Bayreuth 2009, Stiftung Stadtmuseum - Ephraimpalais Berlin 2010, Kunstmuseum Solingen 2010
  • Katalog Das Kunstmuseum Stuttgart im Nationalsozialismus. Der Traum vom Museum „schwäbischer“ Kunst Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart, Kai Artinger, Ulrike Groos (Hrsg.), Wienand Verlag GmbH, 2020, ISBN 978-3-86832-563-8
  • Dietrich Heißenbüttel: Meister der schwäbischen Landschaft. In: Schwäbische Heimat, 71. Jg. 2020, Heft 3, S. 271–278 (online), mit Abb. des Gemäldes BDM-Mädel (1940) und der Zeichnung Vermisster (1942)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Fritz Ketz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rainer Zimmermann: Die Kunst der verschollenen Generation. Deutsche Malerei des Expressiven Realismus von 1925 bis 1975. Econ-Verlag, München, 1984
  2. Fritz Ketz: Gestalten und Bilder. Mappe mit 8 Orig. Wiedergaben nach Handzeichnungen. Buchhandlung Witsch, Reutlingen 1947
  3. https://www.kunstmuseum-stuttgart.de/ausstellungen/der-traum-vom-museum-schwaebischer-kunst
  4. Magdalena Kablaoui: Der Traum von der Künstlerkolonie - Pfullingen / Eningen / Lichtenstein - Reutlinger General-Anzeiger. In: gea.de. 1. September 2010, abgerufen am 1. März 2024.
  5. 1927 hatten Agathe und Ernst Saulmann von Louis Laiblin den Erlenhof erworben und dort auch Teile ihrer Kunstsammlung untergebracht. Ab 1935 war das Ehepaar im Rahmen der nationalsozialistischen Rassenpolitik jedoch durch erzwungene Verkäufe schrittweise enteignet worden und musste aus Deutschland fliehen. Agathe Saulmann bemühte sich ab Mai 1948 um die Annullierung der Verkäufe, konnte dies auch 1949 erreichen, verzichtete letztlich aber in einem Revisionsverfahren 1950 gegen eine finanzielle Abfindung auf eine Rückgabe. 1951 nahm sie sich das Leben
  6. Felix Boehm: NS-Raubkunst: Letzter Flug aus Pfullingen. In: zeit.de. 9. November 2019, abgerufen am 27. Januar 2024.
  7. [Stadt Paderborn (hrsg): Fritz Ketz, Aquarelle und Zeichnungen. Paderborn 1980]
  8. Dietrich Kirsch, Maler und Poet dazu - Kultur regional - Reutlinger General-Anzeiger. In: gea.de. 15. Januar 2010, abgerufen am 1. März 2024.
  9. Günter Bruno Fuchs in Reutlingen, Ausstellung der Stadtbibliothek Reutlingen, 2008, in Heimattage, Reutlingen 2009, Veranstaltungsrückblick (Memento vom 8. September 2012 im Webarchiv archive.today)
  10. [zitiert in: Rainer Hartmann: Fritz Ketz, Leben und Werk. Edition Schlichtenmaier, Grafenau 1993]
  11. [Werner Steinberg, in Mitteilungen der Militärregierung Württemberg, November 1945]
  12. [Kuno Schlichtenmaier: Kunst als Ausdruck seelischer Empfindung. in Fritz Ketz 1903–1983, Ausst.-Kat. Galerie Schlichtenmaier, Schloß Dätzingen, Grafenau 1989, S. 15–20.]
  13. a b Rolf Wedewer: Die Malerei des Informel. Weltverlust und Ich-Behauptung. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2007, S. 15f.
  14. Ernst Ludwig Kirchner - Hieroglyphe. In: kunstzitate.de. Abgerufen am 23. März 2016.
  15. FRITZ KETZ. In: stadtkirche-schorndorf.de. Abgerufen am 8. September 2023.