Der Waltensburger Meister war ein Maler unbekannter Herkunft, der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts verschiedene Kirchen Graubündens mit Bildern ausschmückte.

Die Reformierte Kirche Waltensburg
Wandmalerei in der Kirche von Waltensburg
Chor mit Chorbogenwand in der Kirche Sogn Gieri

Seine Werke stehen in geistiger Verwandtschaft mit den um die gleiche Zeit entstandenen Miniaturen der Manessischen Handschrift sowie den Glasmalereien von Königsfelden. Er zählt zu den stärksten Malerpersönlichkeiten aus der Zeit der Hochgotik.

Waltensburg Bearbeiten

Waltensburger Meister wird er genannt, weil er in der Nordwand der Reformierten Kirche Waltensburg in der Surselva um 1330 sein bedeutendstes Werk hinterlassen hat: einen gut erhaltenen, zeichnerisch hochstehenden Passionszyklus.

Die Malerei in Waltensburg bedeckt die ganze Innenseite der Nordwand, die Chorbogenwand und die angrenzende Fläche der südlichen Wand. Sie zeigt Apostel- und Heiligenfiguren sowie eine Szene aus der Sebastians- und Nikolauslegende. Weitere Bilder von ihm finden sich an der südlichen Aussenseite an der nordwestlichen Ecke. Hier sind unter anderem – neben anderen Apostel- und Heiligenfiguren – Michael mit der Seelenwaage sowie Bruchstücke einer Anbetung der Könige sowie Reste einer monumentalen Christophorusfigur zu sehen. Der Theologe und Religionspädagoge Horst F. Rupp (siehe Literaturliste) hat auf mehrere antijudaistische Darstellungen in diesem Passionszyklus hingewiesen. Dagegen sieht der Kunsthistoriker David Ganz den Antijudaismus in diesem Werk nicht überrepräsentiert.

Arbeitsweise Bearbeiten

Wie es damals üblich war, wird auch der Waltensburger Meister mit Gesellen gearbeitet haben, die die einfacheren Arbeiten ausführten. Dem Meister selbst blieben die anspruchsvolleren Bereiche wie Gesichter vorbehalten. Manches deutet darauf hin, dass der Meister ein Musterbuch mit Vorlagen von Figuren, Verzierungen und Tieren benutzt hat.

So beruhen zum Beispiel Christus an der Geisselsäule und Sebastian gleich daneben auf der gleichen Vorlage (siehe Bild rechts), und das Gespräch im Haus von Simon in Dusch zeigt die gleiche Komposition wie das Abendmahl in Waltensburg.

Person Bearbeiten

Wer der Meister war, weiss man nicht; es gibt keine Angaben zu seiner Person. Ebenso wenig weiss man, was ihn nach Waltensburg führte und wer ihn bezahlen konnte; die einfachen Bauern wohl kaum. Die neuere Forschung vermutet ihn aus dem Bodenseeraum.

Eine andere Vermutung ist weiter, dass der Künstler Österreicher war und von den Habsburgern an die befreundeten Freiherren von Vaz ausgeliehen worden ist. Das erste Werk des Meisters findet sich in der Tat im Schloss Brandis zu Maienfeld, welches um 1320 für die Hochzeit des Donat von Vaz mit der mit den Österreichern verwandten Guta von Ochsenstein hergerichtet wurde. Neben Darstellungen aus dem Alten Testament malte er hier auch weltliche Szenen aus einem Wirtshaus oder von der Weinlese.

Werke Bearbeiten

Weitere Werke des Waltensburger Meisters finden sich in den Kirchen Sogn Gieri und Sogn Paul in Rhäzüns, in Casti-Wergenstein, in der Kathedrale von Chur, in Churwalden, Clugin, in Dusch bei Paspels, im Schloss Brandis in Maienfeld und in der Kirche S. Zeno in Lüen im Schanfigg.

Museum Bearbeiten

2013 wurde in Waltensburg ein Museum über das Werk des Waltensburger Meister eröffnet. Es steht gegenüber der Kirche und gibt Einblick in sein Werk, eine Zeit und in verwandte Kunst aus dem Hochmittelalter.

Bilder Bearbeiten

Reformierte Kirche Waltensburg Bearbeiten

Sogn Gieri bei Rhäzüns Bearbeiten

Sogn Paul in Rhäzüns Bearbeiten

Kapelle Maria Magdalena in Dusch ob Paspels Bearbeiten

Kirche St. Maria und Michael in Churwalden Bearbeiten

Kirche S. Zeno in Lüen Bearbeiten

Kirche Casti Bearbeiten

Kirche Clugin Bearbeiten

Kirche Pitasch Bearbeiten

Kathedrale Chur Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Hans Batz: Kirchen und Kapellen des Kantons Graubünden. Desertina, Chur 2003–2005.
  • U. Caflisch: Kunstführer Evangelische Kirche Waltensburg/Vuorz. Pfarramt Waltensburg/Vuorz; ohne Jahresangabe.
  • Franz Lorenzi: Zur künstlerischen Herkunft des Waltensburger Meisters. In: Bündner Monatsblatt. 3/2015, S. 256–271.
  • Marc-Antoni Nay: Waltensburger Meister. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Horst F. Rupp: Hohe Kunst und Judenhass – Ein neuer Blick auf alte Bilder. Der Passionszyklus des Waltensburger Meisters. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte. Band 71, 2014, Heft 2/3, S. 161–186.
  • Horst F. Rupp: Ein neuer Blick auf den Waltensburger Passionszyklus. In: Bündner Monatsblatt. 2/2014, S. 175–197.
  • Horst F. Rupp (Hrsg.): Der Waltensburger Meister in seiner Zeit. Kunstverlag Josef Fink und Bündner Monatsblatt, Lindenberg i. A./Chur 2015, ISBN 978-3-89870-883-8.[1]
  • Budde, Bernard. In: Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte. Band I. Dresden 1895, S. 142 (Scan – Internet Archive).
  • Horst F. Rupp: Meister von Waltensburg. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 88, de Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-023254-7, S. 525 f.
  • Horst F. Rupp: Observaziuns davart il Meister da Vuorz. Exemplificadas specialmein en connex cul ciclus dalla passiun da Vuorz. In: Per Mintga Gi. Calender popular per las valladas renanas. 94/2015, S. 134–147.
  • Horst F. Rupp: Puncts centrals davart il discuors actual sur dil Meister da Vuorz. In: Per Mingta Gi. Calender popular per las valladas renanas. 95, 2016, S. 158–166.
  • Horst F. Rupp: Schloss Maienfeld und seine Fresken. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. A. 2020, ISBN 978-3-95976-297-7.
  • Terra Grischuna. 2/2007.
  • Horst F. Rupp: Die neu aufgebrochene Diskussion um den sogenannten Waltensburger Meister In: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte 117(2023), S. 277–291.
  • Horst F. Rupp: Artikelserie zum Waltensburger Meister in div. Ausgaben der Terra Grischuna, ab 6/2021

Weblinks Bearbeiten

Commons: Waltensburger Meister – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Florian Hitz: Beschreibung und Besprechungen auf der Website Kulturforschung Graubünden, abgerufen am 21. Oktober 2015.