Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft

1937 als GmbH in Hamburg gegründet

Die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft wurde 1937 als GmbH in Hamburg gegründet.[1] Aufgabe der Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft war die Belieferung der Unilever-Gruppe. Gründer war die Firma Margarinewerke Van den Bergh, die ihrerseits Teil der Margarine-Union war, die wiederum ein Teil der Unilever-Gruppe war.

Walfang in NS-Deutschland Bearbeiten

Beginnend 1935 entstanden in Deutschland mehrere Gesellschaften zum industriellen Walfang.[2] Ein begehrtes Produkt war Walöl, das zu Margarine, Waschmittel und zu Nitroglyzerin weiterverarbeitet werden konnte.[3][4] Vier deutsche Walfang-Unternehmen existierten ab 1937. Die Walter Rau Lebensmittelwerke GmbH gründete die Walter Rau Walfang AG. In Hamburg gründete die Firma Henkel die Erste Deutsche Walfang-Gesellschaft mbH (EDWG). Ebenfalls in Hamburg entstand die Hamburger Walfang-Kontor GmbH.[5] (Das Hamburger Walfang-Kontor bereederte die Charterschiffe der Firmen Deutsche Oelmühlen Rohstoff GmbH & Ölmühlen Walfang Konsortium.[6]) Mit der Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft hatte das britisch-niederländische Unternehmen Unilever ebenfalls einen Anteil an der deutschen Walfangindustrie.[7] EDWG, Walter Rau und Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft hatten jeweils eigene Walfangflotten, eine Flotte je Firma. Die Flotten bestanden aus: Mutterschiff (bzw. Fabrikschiff, Walkocherei), Fangboote, zusätzliche Hilfsschiffe. Das Hamburger Walfang-Kontor bereederte insgesamt vier Flotten von unterschiedlichen Eigentümern. Insgesamt waren es also sieben Walfang-Flotten, betrieben von vier Gesellschaften. Ein weiteres Unternehmen kam 1938 hinzu, das Bremer Walfang-Kontor, welches aber wieder eingestellt wurde, bevor es mit dem Walfang beginnen konnte.[8] Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Walfang in Deutschland eingestellt;[9] die meisten Fahrzeuge der Walfangflotten wurden dann von der Kriegsmarine genutzt.[10]

Unilever und Walfang Bearbeiten

In den 1930er Jahren war Unilever der größte Walöl-verarbeitende Betrieb Europas.[11] Die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft war nicht das einzige Walfang-Unternehmen von Unilever. Die in Großbritannien angemeldete Firma Southern Whaling war ein weiteres Walfangunternehmen von Unilever. Darüber hinaus arbeitete Unilever mit zahlreichen norwegischen Walfangflotten zusammen. Auch die Firma Hector Whaling Co. belieferte ausschließlich Unilever. Die Firma United Whalers Ltd. wurde 1935 gegründet und war ab 1939 mehrheitlich im Besitz von Hector Whaling, die wiederum von Unilever finanziert wurde. Hector Whaling war der Auftraggeber für den Bau des Walfang-Fabrikschiffs Terje Viken, das von der AG Weser in Bremen gebaut wurde und 1936 vom Stapel lief. Gleich im Anschluss daran beauftragte Unilever die AG Weser mit dem Bau eines Schwesterschiffs. Dieses war dann ab 1937 als Unitas für die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft in Einsatz.[12] Laut eines Adressregisters von 1938 lautete die Anschrift des Unitas-Unternehmens: Meßberg 1.[13] Demnach befand sich der Sitz der Firma im sogenannten Meßberghof. Bei der Gründung der Firma wurde 1937 als Geschäftsführer der Name Leendert van Krimpen angegeben.[1]

Unitas-Walfangflotte Bearbeiten

Neben dem Mutterschiff mit dem Namen Unitas beinhaltete die Walfangflotte noch eine Anzahl von Fangbooten sowie ein Tankschiff und ein Aufklärungsboot. Die Fangboote und das Aufklärungsboot waren durchnummeriert von eins bis zehn. Unitas 1 war das Aufklärungsboot, Unitas 2–10 waren die Fangboote. Unitas 2–8 waren baugleich und wurden von der Bremer Vulkan hergestellt. Das Tank- und Versorgungsschiff Brake wurde 1937 fertiggestellt.[14] Eigentümer der Schiffe war die Firma Margarinewerke Van den Bergh, Betreiber war die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft.[5] 1945 war das Schiff Unitas an der Evakuierung der Stadt Danzig beteiligt.[15]

Unilever und NS-Deutschland Bearbeiten

Die Beziehung zwischen Unilever und dem NS-Regime war ambivalent. NSDAP-Mitglied Karl Blessing wurde nach der Besetzung der Niederlande damit beauftragt, den dort ansässigen Teil von Unilever möglichst im Sinn des NS-Staats zu verwalten.[16] Jedoch wurde Blessing schnell wieder entfernt. 1941 übte Hermann Göring Druck auf das Unternehmen aus, Unliever-Anteile an deutschen Firmen unter dem Marktpreis zu verkaufen.[17] Außerdem wurde 1941 eigens ein Reichskommissar für den Unileverkonzern bestimmt, der damalige Staatssekretär Hans Ernst Posse.[18] Ziel war es, möglichst viele Zweige der Unilever-Gruppe unter deutsche Kontrolle zu bringen und den Einfluss der britischen Eigentümer so stark wie möglich zu beschränken.[19]

Fangreisen und Ende Bearbeiten

Insgesamt unternahm die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft nur zwei Fangreisen in die Antarktis: 1937/38[20] sowie 1939.[21] Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der deutsche Walfang eingestellt. Obwohl deutschen Walfangflotten der Kriegsmarine unterstellt waren, bestanden noch 1942 Bestrebungen, die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft unter Kontrolle des Hamburger Walfang-Kontors zu bringen.[22] Gleichzeitig sollte vermieden werden, die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft komplett aus der Unilever-Gruppe herauszulösen.[23] Die Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft bestand noch bis zu ihrer ordentlichen Auflösung am 14. April 1953.[24]

Literatur Bearbeiten

  • Ole Sparenberg: „Segen des Meeres“ – Hochseefischerei und Walfang im Rahmen der nationalsozialistischen Autarkiepolitik (= Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Band 11). Duncker & Humblot, Berlin 2012, ISBN 978-3-428-13663-6
  • Ben Wubs: International Business and National War Interests – Unilever between Reich and empire, 1939–45 (= Routledge International Studies in Business History). Routledge, New York 2008, ISBN 978-1-134-11651-5

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv: Unitas Deutsche Walfanggesellschaft. Dokument 1 der Archivalie. In: Frankfurter Zeitung. Nr. 534. Frankfurt 20. Oktober 1937 (zbw.eu).
  2. S. Einar Sigurðsson: Deutschlands Rolle im modernen Walfang - seinars.blog.is. Abgerufen am 9. April 2024.
  3. Maik Brandenburg: Ran an den Speck. In: Mare. April 2004, abgerufen am 9. April 2024.
  4. Walfang unterm Hakenkreuz - ARD History - ARD | Das Erste. Abgerufen am 13. April 2024: „Im Dritten Reich waren die Deutschen eine der größten Walfangnationen der Welt. […] Dem nationalsozialistischen Regime ging es darum, die sogenannte Fettlücke zu schließen. Denn Fett war Mangelware in Deutschland. Die heimische Landwirtschaft war nicht im Stande, genug zu produzieren, um die Bevölkerung zu ernähren. Deutschland musste Walfett von norwegischen und britischen Flotten importieren. Eine Abhängigkeit vom Ausland, die durch den sogenannten Vierjahresplan beseitigt werden sollte, der eine autarke Rohstoffversorgung des Reichs zum Ziel hatte. 1935 wurden binnen eines Jahres sieben Fangflotten mit über 50 Fangschiffen gebaut, die dann von Bremerhaven und Hamburg aus in die Antarktis aufbrachen.“
  5. a b Mark Stein: Deutscher Walfang – das „Schließen der Fettlücke“ auf See. 29. November 2021, abgerufen am 9. April 2024 (deutsch).
  6. G F: Erste Deutsche Walfang-Gesellschaft mbH, 1935–1951 (1956). 1. September 2010, abgerufen am 9. April 2024 (deutsch).
  7. Ole Sparenberg: „Segen des Meeres“ – Hochseefischerei und Walfang im Rahmen der nationalsozialistischen Autarkiepolitik. Berlin 2012, ISBN 978-3-428-13663-6, S. 286–288 (Duncker & Humblot): „Für Unilever blieb somit nur noch die Möglichkeit, verstärkt die Gewinne in Deutschland anzulegen zur Ausweitung des Kerngeschäfts oder auch in ferner liegenden Branchen […]. Eine weitere Option war der Bau einer Walfangflotte, in die nicht nur gesperrte Reichsmarkguthaben angelegt werden konnten, sondern die darüber hinaus direkt zur Lösung des Rohstoffproblems der deutschen Margarineproduktion des Konzerns beitragen konnte. Von der Absicht Unilevers, unter deutscher Flagge auf Walfang zu fahren, war bereits auf einer Besprechung im Reichsernährungsministerium im März 1935 die Rede. […] Für die Jurgens-van den Bergh Margarine Verkaufs-Union ergab sich aus der Zugehörigkeit zu Unilever ein Startvorteil gegenüber den übrigen deutschen Walfangunternehmen: Während der Walfang vom Bau und Ausrüstung der Flotte bis zu dem eigentlichen Fangbetrieb für die anderen Unternehmen vollkommenes Neuland bedeutete, konnte Jurgens-van den Berg auf das Wissen der bereits vielfältig im Walfang engagierten Konzernmutter zurückgreifen.“
  8. Stefan Behn: Die Globus-Reederei AG, Bremen. In: HP-Magazin 1983 Heft Nr. 3. hiwepa.ch Historische Wertpapiere – Die Online-Plattform für Historische Wertpapiere – Kunst, Kultur und Zeitgeschichte für den anspruchsvollen Sammler, 1983, abgerufen am 19. April 2024: „1938 gründete [Ernst] Glässel das Bremer Walfang-Kontor, welches aber aufgrund der weltpolitischen Ereignisse seine Tätigkeit nicht mehr aufnehmen konnte.“
  9. Martin Thaler: Deutsche Walfänger: Moby Fett - Jagd auf die Giganten der Meere. In: Der Spiegel. 12. Februar 2019, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. April 2024]).
  10. Ralf Witthohn: Aufstieg und Niedergang der deutschen Schifffahrt – eine kritische Analyse von 150 Jahren Seewirtschaft (1871–2021) (= Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Band 11). Lit, Münster 2022, ISBN 978-3-643-15058-5, S. 235 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 9. April 2024]).
  11. Helmut Kersten und Nicolas Entrup: Wale mussten sterben, um Menschen zu töten. In: Cetacea.de (Artikel erschien zuerst in der Frankfurter Rundschau am 04.Oktober 2000). Jan Herrmann, 4. Oktober 2000, abgerufen am 9. April 2024 (deutsch).
  12. Frank Hethey: Ein Schlachthof auf hoher See. In: WK | Geschichte. 2. April 2022, abgerufen am 9. April 2024 (deutsch).
  13. Verspätete Adressen für 1938. In: Hamburger Adressbücher. Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, abgerufen am 9. April 2024.
  14. Brake (1937), Tanker, Unitas-Deutsche Walfang-GmbH, Bau-Nr. 738 - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 9. April 2024.
  15. NWZonline.de: Es gab nur eins: Heraus aus diesem Kessel Flucht und VertreibungTrübes Wetter bedeutete Schutz vor Tieffliegern. 27. Januar 2005, abgerufen am 9. April 2024.
  16. Gerald Braunberger: Drittes Reich: Opportunisten des Geldes: Bankiers unter dem Hakenkreuz. In: FAZ.NET. 22. August 2005, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 9. April 2024]).
  17. Beat Balzli, Andreas Wassermann: Doppelter Durchgriff. In: Der Spiegel. 26. Juni 2005, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. April 2024]).
  18. Ben Wubs: International Business and National War Interests – Unilever between Reich and empire, 1939–45 (= Routledge International Studies in Business History). Routledge, 2008, ISBN 978-1-134-11651-5, S. 103 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Ole Sparenberg: ebd., S. 364–365: „Die Geschäftsgruppe Ernährung der Vierjahresplanbehörde unter Herbert Backe verwies demgegenüber darauf, dass es bei der Ernennung des Reichskommissars für Unilever Görings eigene Intention gewesen war, den Konzern nicht zu zerteilen, sondern ihn zum Mittelpunkt einer künftigen kontinentaleuropäischen Fettwirtschaft unter deutscher Kontrolle aufzubauen.“
  20. Henry Koehn: Die Nordfriesischen Inseln – die Entwicklung ihrer Landschaft und die Geschichte ihres Volkstums. Hrsg.: Georg Warnecke, Julius Tedsen. de Gruyter, 1961, ISBN 978-3-11-231259-9, S. 160 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Jonas Blondal: Die Erfindung der Harpunenkanone. Abgerufen am 9. April 2024: „Die folgenden Szenen wurden von dem deutschen Matrosen Paul Bauer fotografiert, der zwischen 1937 und 1939 als Jugendlicher auf den Fangschiffen der ‚Unitas‘ mitarbeitete. Die Fangflotte des britisch-holländischen ‚Unilever‘-Konzerns lief in jenen Jahren unter deutscher Flagge in die Antarktis aus.“
  22. Ole Sparenberg: ebd., S. 364: „In ähnlicher Weise versuchte Carl Christiansen, der Leiter des Hamburger Walfang-Kontors [siehe Kap. D. IV. 3. d)] 1942 die Unitas-Deutsche Walfang-Gesellschaft m.b.h., die für das gleichnamige Kochereischiff Unilevers als Charterer und Reederei fungierte, unter seine Kontrolle zu bringen. […] Christiansen erklärte jedoch im Sommer 1942, dass Göring entschieden habe, ihm die Unitas zu unterstellen, hatte aber keinen schriftlichen Bescheid hierüber in der Hand.“
  23. Ole Sparenberg: ebd., S. 365: „Backe sprach sich auf der Beiratssitzung am 25. November 1942 deutlich gegen eine Herauslösung der Unitas Deutsche Walfang-Gesellschaft aus dem Unilever-Konzern aus, aber er bot zugleich Christiansen an, im Rahmen des Konzerns die Sammlung und Zusammenfassung aller Walfanginteressen zu betreiben und ihn in den Beirat des Reichskommissars für Unilever zu berufen, – ein Vorschlag, dem Christiansen zugestimmt habe.“
  24. Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv: Die ‚Unitas‘ Deutsche Walfang-Gesellschaft m.b.H. Dokument 3 der Archivalie. In: Amtlicher Anzeiger (Hamburg). Nr. 153. Hamburg 8. Juli 1953, S. 1763 (zbw.eu).