Thermus aquaticus

Art der Gattung Thermus

Thermus aquaticus ist eine Spezies (Art) thermophiler, d. h. wärmeliebender, gramnegativer Bakterien, die in heißen Quellen und Geysiren beispielsweise im Yellowstone-Nationalpark vorkommt. Dort wurden die Spezies 1969 von Forschern der Indiana University in der heißen Quelle namens Mushroom Spring nahe dem Great-Fountain-Geysir entdeckt,[1] dann auch in der nebenan gelegenen Octopus Spring.[2][3][4][5] Die Umgebungstemperatur in diesen Quellen liegt bei etwa 50 bis 80 °C. T. aquaticus ist auf Sauerstoff angewiesen (aerob), zur Ernährung werden Aminosäuren, Zucker, verschiedene organische Säuren oder Mischungen von anderen Stoffen genutzt. Das Bakterium ist also chemoorganotroph, es benötigt organische Stoffe zur Ernährung.

Thermus aquaticus

Thermus aquaticus

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Deinococcus-Thermus
Klasse: Deinococci
Ordnung: Thermales
Gattung: Thermus
Art: Thermus aquaticus
Wissenschaftlicher Name
Thermus aquaticus
Freeze & Brock, 1969
Eine heiße Quelle im Yellowstone-Nationalpark. Die orange Färbung kommt von Thermus aquaticus.

In der Zellwand von Thermus ist ein Peptidoglykan enthalten, in dem die Diaminopimelinsäure durch Ornithin ersetzt ist.[6]

Anwendungen Bearbeiten

T. aquaticus wurde seit den 1980er Jahren durch Arbeiten von Kary Mullis wegen seiner thermostabile DNA-Polymerase bekannt, die nach dem Namen der Bakterienspezies auch als Taq-Polymerase oder kurz Taq-Pol bezeichnet wird.[7] Sie hat die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zur Vervielfältigung der DNA wesentlich vereinfacht.[8] Dieses thermostabile Enzym übersteht den Denaturierungsschritt und die Polymerase muss nicht bei jedem Zyklus neu zugegeben werden.

Die aus Quellen im Yellowstone-Nationalpark isolierten Bakterien und Archaeen bergen ein riesiges finanzielles Potenzial für Pharmakonzerne. Der Schweizer Konzern Roche beispielsweise vertreibt die Taq-Polymerase[9] und erzielt damit Einnahmen in Milliardenhöhe.[10]

Der National Park Service schloss im August 1997 mit der US-Biotechfirma Diversa ein Abkommen, „in dem die Firma die geistigen Eigentumsrechte an den hitzestabilen Mikroorganismen erhielt, die in Geysiren und heißen Quellen des Parks leben. Dieses Abkommen geriet im März 1998 an das Licht der Öffentlichkeit, woraufhin mehrere NGOs gegen diesen Fall von Biopiraterie protestierten und rechtliche Schritte einleiteten. Im März 1999 wurde dieser Bioprospektionsvertrag schließlich durch ein US-Gericht annulliert.“[11] Nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahre 2000 ist der National Park Service ermächtigt, künftig an Forschungsergebnissen, die im Yellowstone-Nationalpark erzielt wurden, finanziell teilzuhaben.[12][13]

Literatur Bearbeiten

  • Michael T. Madigan, John M. Martinko, Jack Parker: Brock – Mikrobiologie. 11. aktualisierte Auflage. Pearson Studium, München 2009, ISBN 978-3-8273-7358-8.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Thomas D. Brock, Hudson Freeze: Thermus aquaticus gen. n. and sp. n., a nonsporulating extreme thermophile. In: ASM Journals: Journal of Bacteriology, Band 98, Nr. 1, S. 289–297, April/August 1969; doi:10.1128/jb.98.1.289-297.1969, PMID 5781580, PMC 249935 (freier Volltext), PDF. Siehe insbes. Tbl. 1 (Fundort YT-1: Mushroom Spring, Station I).
  2. D. A. Stahl, D. J. Lane, G. J, Olsen, N. R. Pace: Characterization of a Yellowstone hot spring microbial community by 5S rRNA sequences. In: ASM Journals: Applied and Environmental Microbiology, Band 49, Nr. 6, 1. Juni 1985; doi:10.1128/aem.49.6.1379-1384.1, PMID 2409920, PMC 241732 (freier Volltext).
  3. NCBI Nucleotide:
  4. Stephen C. Nold, David M. Ward: Diverse Thermus Species Inhabit a Single Hot Spring Microbial Mat. In: Systematic and Applied Microbiology, Band 18, Nr. 2, 1. Januar 1995, S. 274–278; doi:10.1016/s0723-2020(11)80398-x, PMID 11539573. Anm.: Abhängig von der Plattform kann im Titel Thermus als Thermlus verschrieben sein (korrekt auf PubMed und im PDF).
  5. Catherine C. Helm-Clark: MERRY BLOGMAS FOR DECEMBER 9: DNA AND YELLOWSTONE. THE BIRTHPLACE OF DNA FINGERPRINTING BY THE PCR METHOD. Blog auf: Gnarly Science vom 9. Dezember 2017.
  6. Martin Dworkin, Stanley Falkow, Eugene Rosenberg, Karl-Heinz Schleifer, Erko Stackebrandt (Hrsg.): The Prokaryotes, A Handbook of the Biology of Bacteria. 7 Bände, 3. Auflage, Springer-Verlag, New York u. a. O., 2006, ISBN 0-387-30740-0 Volume 7: Proteobacteria: Delta and Epsilon Subclasses. Deeply Rooting Bacteria, ISBN 978-0-387-25497-5.
  7. Taq-DNA-Polymerase. Lexikon der Biologie auf spektrum.de, 1999.
  8. Thermus. Lexikon der Biologie auf spektrum.de, 1999.
  9. Roche: PCR – eine ausgezeichnete Methode (Memento vom 27. Januar 2007 im Internet Archive) (pdf – 28. Oktober 2007; 353 kB),
  10. Park Service ma​y license microbe use. Auf: Billings Gazette vom 5. Oktober 2008. Memento im Webarchiv vom 23. März 2023.
  11. Klaus Pedersen: Naturschutz und Profit. Menschen zwischen Vertreibung und Naturzerstörung. 1. Auflage, Unrast Verlag, Münster, 17. März 2008, ISBN 978-3897714762, S. 119. Dazu:
  12. National Park Service: Benefit-Sharing in the National Parks Environmental Impact Statement (28. Oktober 2007). Memento im Webarchiv vom 10. Februar 2005.
  13. National Park Service: General Conditions for Scientific Research and Collecting Permit (28. Oktober 2007). Memento im Webarchiv vom 23. März 2023.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Thermus aquaticus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien