Teilwicklungsanlauf

Verwendung nur eines Teils der Motorwicklung zum Anlauf eines Drehstrommotors

Der Teilwicklungsanlauf[1], auch Part-Winding-Schaltung (PW) genannt,[2] ist eine Methode, die bei Drehstrommotoren zur Reduzierung des Anlaufstromes eingesetzt wird.[3]

Dieses Anlassverfahren wird in der Kältemaschinentechnik als Standardverfahren weltweit eingesetzt.[1] Insbesondere wird es hier verwendet zur Anlaufstrombegrenzung bei halbhermetischen Verdichtern mit einer Motorleistung ab etwa drei Kilowatt.[4]

Schaltungsaufbau Bearbeiten

 
Beschaltung

Für dieses Anlassverfahren ist ein spezieller Drehstromasynchronmotor mit getrennten Drehstromwicklungen erforderlich.[5] Die Spulenpakete des Motors sind gegeneinander elektrisch isoliert und liegen sowohl in den Statornuten als auch im Wickelkopf parallel zueinander.[6] Die im Stator getrennten Teilwicklungen sind intern verkettet (Sternschaltung)[7] und jeweils auf die Bemessungsspannung ausgelegt.[5]

Es gibt Motoren mit

  • zwei gleich stark dimensionierten Wicklungssträngen (1/2 + 1/2)
  • zwei unterschiedlich stark dimensionierten Wicklungssträngen (2/3 + 1/3).[8]

Die Schaltung besteht aus zwei Hauptschützen.[6] Beim Anlauf wird nur ein Wicklungsstrang eingeschaltet.[6] Eine Sekunde nach dem Einschalten der ersten Wicklungsgruppe wird die zweite parallel geschaltet.[8] Zum Einschalten des zweiten Hauptschützes wird ein Zeitrelais verwendet.

Jeder Wicklungsstrang wird über einen separaten Motorschutzschalter vor Überlastung geschützt.[8]

Betriebsverhalten des Motors Bearbeiten

 
Schematischer Stromverlauf

Das Zuschalten der zweiten Stufe erfolgt annähernd ruckfrei.[6] insbesondere wird hierbei die Stromversorgung nicht kurzzeitig unterbrochen, wie es bei Stern-Dreieck-Anlaufschaltung unvermeidlich ist.[9]

Anlauf-Werte, jeweils gegenüber einem gleich starken Drehstrom-Asynchronmotor mit Direktstart
Anlaufstrom   Anlaufmoment  
Wicklungsstränge gleich stark (1/2 + 1/2) ca. 65 %[5] ca. 50 %[9]
Wicklungsstränge unterschiedlich (2/3 + 1/3) ca. 75 %[9] ca. 65 %[5]

Da in der Anlaufphase nur die erste Teilwicklung eingeschaltet ist, kommt es zu einer asymmetrischen Feldverteilung.[10] Diese wiederum verursacht zusätzliche Oberfelder mit entsprechenden Oberfeldmomenten.[2] Dadurch wird unter Umständen ein vollständiger Hochlauf des Motors verhindert, er kann während der Hochlaufphase bei einer Satteldrehzahl hängenbleiben. Dieses Verhalten macht sich insbesondere bei Motoren mit gleich stark dimensionierten Wicklungssträngen bemerkbar.[10]

Vor- und Nachteile Bearbeiten

Verglichen mit der Stern-Dreieck-Anlaufschaltung ergeben sich folgende Vor- und Nachteile:

Vorteile
  • geringerer Aufwand an Schaltgeräten
  • besseres Anlaufmoment
  • günstige Anlaufeigenschaften
  • ruckfreies Umschalten[6]
  • weniger Bauteile (2 Netz-Schütze)
  • keine Umschaltstromspitze
Nachteile
  • Spezialmotoren erforderlich
  • höherer Anlaufstrom (als mit der Stern-Dreieck-Anlaufschaltung, vgl. Abb.)
  • Motor kann bei einer Satteldrehzahl hängen bleiben.[2]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Hans-Ulrich Giersch, Hans Harthus, Norbert Vogelsang: Elektrische Maschinen Prüfen, Normung, Leistungselektronik. 5. Auflage, B.G. Teubner/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-519-46821-2.
  2. a b c Bernd Ponick, Rainer Helmer: Anlauf ohne Hängenbleiben. In: Technologietransfer an Hochschulen. Ausgabe 2 / 2009, S. 7.
  3. W. Schuisky: Induktionsmaschinen. Springer Verlag Wien, Wien 1957, S. 284.
  4. Bundesamt für Energie (Hrsg.): Handbuch Wärmepumpen. Planung, Optimierung, Betrieb, Wartung. Bern 2008, S. 57.
  5. a b c d Martin F. Albert: Das Zauberwort heißt Phasenanschnittsteuerung. Neue Softstarter für Verdichter und Pumpen. In: Die Kälte & Klimatechnik. Nr. 3, 2002, S. 42, 55, 56.
  6. a b c d e Blitzer SE (Hrsg.): Der Teilwicklungsmotor. Firmendruckschrift der Blitzer SE, technische Info, Sindelfingen 1980, S. 1–4.
  7. Firma Danfos (Hrsg.): Tipps aus der Praxis. Online (Memento vom 7. Mai 2015 im Internet Archive) (PDF; 189 kB) (zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015).
  8. a b c Elektrische Steuerung eines Kaltwassersatzes mit Schraubenverdichter (abgerufen per Webarchive am 3. Dezember 2021).
  9. a b c Teilwicklungsanlauf mit Serienmotor bei Blockverdichtern (Betriebsanleitung) Online (PDF; 3,8 MB) (abgerufen per Webarchive am 3. Dezember 2021).
  10. a b Patentanmeldung EP1860757A1: Elektrische Maschine mit Teilwicklungsschaltung. Angemeldet am 2. Mai 2007, veröffentlicht am 28. November 2007, Anmelder: Siemens AG, Erfinder: Ulrich Kaumann, Eduard Lyschick.

Weblinks Bearbeiten