Stefan Kozinski

US-amerikanischer Komponist, Dirigent, Arrangeur, Pianist, Musikpädagoge, Organist, Musikdirektor, Chorleiter, Hochschullehrer, Übersetzer und Multiinstrumentalist

Stefan Brock Kozinski (* 29. Mai 1953 in Wilmington (Delaware); † 11. Dezember 2014 in Bremen) war ein US-amerikanischer Komponist, Dirigent, Arrangeur, Pianist, Musikpädagoge, Organist, Musikdirektor, Chorleiter, Hochschullehrer, Übersetzer und Multiinstrumentalist. Ausgebildet an der Princeton University und der Juilliard School, dirigierte er in über 35 Jahren zahlreiche Orchester unter anderem aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Tschechien. Darüber hinaus komponierte er mehr als 80 Werke. Seine langfristigsten beruflichen Engagements führten ihn an die Spokane Symphony, an das Anhaltische Theater in Dessau sowie an das Theater Bremen.

Kozinski im Anhaltischen Theater in Dessau, 2006

Biografie Bearbeiten

Familie, Ausbildung Bearbeiten

Kozinskis Großeltern väterlicherseits, Bronisław Koziński und Stefania Szeptunoska, immigrierten um 1915 aus Polen in die Vereinigten Staaten.[1] Seine Eltern waren auch beide Musiker. Stefan Kozinski hatte mit dem Dichter David Paul Kozinski (* 1956) einen jüngeren Bruder.

Zunächst besuchte er die Tower Hill School in seiner Heimatstadt und machte dort am 10. Juni 1970 seinen Schulabschluss. Anschließend immatrikulierte er sich Kozinski für ein Musikstudium mit Schwerpunkt Komposition an der Princeton University. Nachdem er 1976 seinen Bachelor of Arts mit Bestnoten summa cum laude abgeschlossen hatte, wechselte er an die Juilliard School in New York City und studierte bei Vincent Persichetti und David Diamond Komposition. 1978 erwarb er seinen Master of Music. Als Masterarbeit legte er die Komposition A Canticle of David für Solo-Bariton und Orchester vor.[2] Kozinski war von 1976 bis 2001 mit der Floristin Francena D. Chalfant aus Chadds Ford (Pennsylvania) verheiratet.[2]

Karriere Bearbeiten

Vor und während des Studiums Bearbeiten

Im Alter von vier Jahren erlernte Kozinski das Klavierspiel.[2] Im Alter von neun Jahren komponierte er die Summer Suite № 1, mit welcher er den ersten Preis beim Philadelphia Orchestra’s Children’s Composition Contest gewann, woraufhin das Philadelphia Orchestra sein Werk im Dezember 1962 vor Publikum spielte. 1966, mit 13 Jahren, dirigierte er das Wilmington Symphony Orchestra bei der Aufführung seines eigenen Stückes Elegy for Orchestra.[2] Während seines Masterstudiums durfte er im September 1977 anlässlich des 90. Geburtstages von Nadia Boulanger ein Konzert in der Carnegie Hall in New York City aufführen.[1][3]

Wirken nach dem Studium Bearbeiten

Nach dem Abschluss war er zunächst Ausbilder und Dirigent am American Opera Center der Juilliard School in New York City sowie auf den sommerlichen Tourneen[4] der Nachwuchs-Opernkompagnie des Dirigenten Boris Goldovsky.[5] Zwischen 1977 und 1982 dirigierte er an der Proben- und Konzertstätte Tanglewood, auf dem Lake George Opera Festival in Queensbury (New York) und auf dem New York State Festival. Seine längste durchgehende Anstellung in den Vereinigten Staaten hatte Kozinski zwischen 1985 und 1995 als fester Gastdirigent der Spokane Symphony in Spokane (Washington) und des Sandpoint Music Festivals in Sandpoint am Lake Pend Oreille im benachbarten Bundesstaat Idaho.

Während seiner Zeit in Spokane war Kozinski auch anderweitig engagiert. So publizierte er 1986 neue englischsprachige Übersetzungen der Opern La Périchole,[6] Madama Butterfly,[6] Die Zauberflöte[6] und Fidelio,[7] die er mit unterschiedlichen Orchestern teilweise auch selbst erstmals aufführte. Das von ihm komponierte Stück Odyssey for Orchestra wurde vom Bundesstaat Washington in Auftrag gegeben und hatte am 11. November 1988 in Spokane Premiere, anlässlich des 100. Jahrestages der Bundesstaatsgründung.[1] Zeitgleich amtierte er zwischen 1987 und 1992 als künstlerischer Direktor des Northwest Bach Festivals in Spokane.

Seit 1995 wurde New York City sei Lebensmittelpunkt. Dort wurde er an der evangelisch-lutherischen Advent Lutheran Church in Manhattan zum Chorleiter und ad interim zum Organisten ernannt. Außerdem hinaus war er als Pianist und Dozent für die musikpädagogischen Programme der Metropolitan Opera tätig[8] und trat als Klaviersolist unter anderem mit dem New York City Ballet im Lincoln Center auf.[2] Im Februar 1996 dirigierte er eine Aufführung von Mozarts Don Giovanni an der Mason Gross School of the Arts der Rutgers University in New Brunswick (New Jersey).[9] In der gleichen Spielzeit 1995/96 dirigierte er auch Strauss’ Die Fledermaus mit der Birmingham Opera Company und Gounods Faust mit dem Metro Concert Opera Orchestra, das er zudem als Musikdirektor führte. Im Rahmen mehrerer Auftritte der Delaware Dance Company im April 1997 am John Dickinson High School Theatre in Wilmington adaptierte und dirigierte er einen Orchesterauszug zu Humperdincks Hänsel und Gretel und spielte das Keyboard.[10] An der Greater Buffalo Opera Company dirigierte er im November gleichen Jahres Wagners Der fliegende Holländer.

 
Kozinski 2010 in Bremen

Stationen in Deutschland Bearbeiten

Mehr als zwei Jahrzehnte verbrachte Kozinski in Deutschland. Zunächst arbeitete er zwischen 1982 und 1985 als Dirigent an der Niedersächsischen Staatsoper in Hannover.[2] Darüber hinaus war er währenddessen auch Ausbilder an der Hochschule für Musik und Theater Hannover, dirigierte das Kammerorchester Hannover 1999 und 2000 lehrte er als Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und amtierte während dieser Zeit auch als Musikdirektor der angeschlossenen Opernschule.[2] Zwischen 2001 und 2007 gehörte er dem musikalischen Ensemble des Anhaltischen Theaters in Dessau an. Anschließend lehrte er im Wintersemester 2007/2008 an der Universität der Künste Berlin.[2]

Im August 2008 zog Kozinski nach Bremen. Bis zu seinem Tod arbeitete er am dortigen städtischen Theater als Solorepetitor. Darüber hinaus war er Leiter und Betreuer des Internationalen Opernstudios – einer Kooperation zwischen dem Theater und der Hochschule für Künste Bremen zur Förderung talentierter Nachwuchssänger im Rahmen einer qualifizierten Berufsvorbereitung.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Eigenkompositionen Bearbeiten

Name Jahr Besetzung Anmerkungen
A Tale of Winnie-the-Pooh 1960–1962 Neun Stimmen und Klavier. Kammeroper, basierend auf Kapitel 7 von A. A. Milnes Pu der Bär.
Summer Suite № 1 1961 Klavier.
Summer Suite № 2 1962 Klavier.
Elegy for Orchestra 1966 Orchester. In Erinnerung an John F. Kennedy.
Trio for Piano, Violin, and Cello 1970–1971 Klavier, Violine und Cello.
Trio „Trois sur Quatre“ 1971 Klavier, Violine und Violoncello.
Hymne à la beauté 1974 Bariton und Klavier.
Processional for Organ 1976 Orgel.
The Maloney Rag 1976 Klavier.
Voyelles 1977 Mezzosopran und Klavier.
Portraits 1977 Klavier.
Octet 1977 Streicher, Bläser und Harfe.
A Canticle of David 1977–1978 Solo-Bariton und Orchester. Masterarbeit an der Juilliard School.
Creaky Door Overture 1988 Orchester. Kurze Parodiemusik zu Halloween.
Odyssey for Orchestra 1988 Orchester.
The Classic Russian Rag (Version 1) 1988 Klavier. Gewidmet der russischen Stadt Machatschkala, der Partnerstadt von Spokane.
The Classic Russian Rag (Version 2) 1988 Orchester. Gewidmet der russischen Stadt Machatschkala, der Partnerstadt von Spokane.
Connoisseur Boogie 1989 Klavier. Arrangement für Orchester oder Populärorchester möglich. Für zwei Unterstützer von Connoisseur Concerts, Veranstalter des Northwest Bach Festivals.
Carol for the World 1989 Solo-Sopran und -Bass, Chor und Kammerensemble. Inzwischen der vierte Akt zu World Without Shame (1992).
Pend Oreille: Serenade 1989 Holzbläserquintett und Nebelhorn. Anlässlich der Taufe eines Hausbootes auf dem Lake Pend Oreille.
Natural High (Version 1) 1990 Synthesizer. Komponiert im Rahmen einer Initiative zur Drogenprävention in Spokane.
Natural High (Version 2) 1990 Orchester.
Back-Hand Blues (Version 1) 1991 Big Band mit oder ohne drei weibliche Stimmen. Inspiriert von Madonna und ihrer Vorliebe für Big Band.
Back-Hand Blues (Version 2) 1991 Big Band mit drei weiblichen Stimmen. Inspiriert von Madonna und ihrer Vorliebe für Big Band.
World Without Shame (A Mass for Our Time) 1992 Vokalisten, zwei Keyboards, Violoncello, Klarinette und Perkussion. Arrangement für Orchester oder Kammerorchester möglich. Basierend auf Schriften von Booth, Bradshaw, des Engels Emmanuel (gechannelt durch das Medium Pat Rodegast), und verschiedener Weltreligionen.
Dance – Variations (Version 1) 1992 Orgel. Arrangement für Orchester oder Kammerorchester möglich.
Dance – Variations (Version 2) 1992 Vier Hörner, vier Trompeten, drei Posaunen, eine Tuba und zwei Perkussionists. Arrangement für Orchester oder Kammerorchester möglich.
Dance – Variations (Version 3) 1992 Blechbläser-Sextett und Synthesizer. Arrangement für Orchester oder Kammerorchester möglich. 12-minütiger Auszug aus dem Stück.
Sonata for Trumpet & Organ 1993 Trompete und Orgel. Hommage an Bruce Ferden.
Eve of Redemption 1993 Sopran und Klavier. Lied nach den Worten des Engels Emmanuel (gechannelt durch das Medium Pat Rodegast).
Ida, the Ragtime Vamp 1994 Weibliche Stimme und Klavier.
Blessing to the Earth-Children 1994 Sopran oder Mezzosopran und Klavier. Lied nach den Worten des Engels Emmanuel (gechannelt durch das Medium Pat Rodegast).
Beings of Light 1995 Sopran und Klavier. Lied nach den Worten des Engels Emmanuel (gechannelt durch das Medium Pat Rodegast).
God’s Gypsy 1996 Sopran und Klavier. Lied.
Aaron Both’s Lovesong 2001 Lied für ein geplantes Opernmusical.
Paige’s Song of Hope 2001 Lied für ein geplantes Opernmusical.
John Caanan’s Love-Sermon 2001 Lied für ein geplantes Opernmusical.
William J. Harrod’s Monologue 2002 Lied für ein geplantes Opernmusical.
Afterlife of Memory 2005–2007 Alt und Klavier. Vertonung von fünf Gedichten seines Bruders.
Prelude on the name of Manuel Correa Do Lago Klavier.
Prelude on the name of Émile Naoumoff Klavier.
Sederunt principes Vier Stimmen.
The Equestrian Rag

Arrangements und Orchestrierungen einzelner Stücke Bearbeiten

  1. La vie Parisienne
  2. Can-Can
  1. Another Op’nin’, another Show aus Kiss Me, Kate
  2. Anything Goes aus Anything Goes
  3. You Do Something To Me aus Can-Can
  4. What Shall I Do? aus You Never Know
  5. I Get a Kick Out of You aus Anything Goes
  6. I Happen to Like New York aus The New Yorkers
  7. Begin the Beguine aus Jubilee
  8. Night and Day aus Gay Divorce
  9. In the Still of the Night aus Rosalie
  10. It’s All Right with Me aus Can-Can
  11. Love for Sale aus The New Yorkers
  12. Too Darn Hot aus Kiss Me, Kate
  13. Why can’t you behave? aus Kiss Me, Kate
  14. Silk Stockings aus Silk Stockings
  15. My Heart Belongs to Daddy aus Leave It to Me!
  16. Always True to You in My Fashion aus Kiss Me, Kate
  1. Ah Gotta Robe
  2. Ah Wanna Be Ready / Judas Wuz a Weak Man
  3. Ain’t Gonna Let Nobody Turn Me ’Round
  4. Ain’a Dat Good News
  5. Amen
  6. Certn’y, Lawd
  7. De Angel Roll’ de Stone Away
  8. Every Time Ah Feel de Spirit
  9. Go Tell It On De Mountain
  10. Tis Me / Standin’ in de Need of Prayer
  11. You Betta Min

Orchesterauszüge kompletter Opern und Operetten Bearbeiten

Auszeichnungen Bearbeiten

Tonträger (Auswahl) Bearbeiten

  • The Grand German Organ Tradition. GM Recordings, 1998.[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Paul Krzywicki: From Paderewski to Penderecki. The Polish musician in Philadelphia. Lulu.com, Raleigh 2016, ISBN 978-1-4834-4267-9, S. 305–307.
  2. a b c d e f g h Obituary Stefan Brock Kozinski. In: The News Journal. 21. Dezember 2014. Abgerufen auf legacy.com am 11. November 2020.
  3. Raymond Ericson: Kozinski piano recital honors his teacher. In: The New York Times. 19. September 1977, S. 45.
  4. Pat Simmons: ‘Mr. Opera’ directs summer production. In: The Ohio State Lantern, Vol. 90, № 9, 7. August 1969, S. 12.
  5. Steckbrief zu Stefan Kozinski auf der Website von Hartung Artists Management. Abgerufen auf home.bway.net am 18. November 2020.
  6. a b c Latest additions, English opera translations. In: Central Opera Service Bulletin. Vol. 27, № 3, Winter 1986/1987, S. 85.
  7. Latest additions to COS English translations directory. In: Central Opera Service Bulletin. Vol. 27, № 2, Sommer 1986, S. 53.
  8. Travis Rivers: Celebrate Bach! In: The Spokesman-Review. 5. Januar 1996.
  9. On the towns. In: The New York Times. 28. Januar 1996, S. 13.
  10. Mary E. Petzak: Full-length ballet ‘Hansel and Gretel’ premiers. In: Newark Post. 11. April 1997, S. 13.
  11. Stefan Kozinski bei Discogs