Evangelische Friedhofskirche (St. Georgen)

Kirchengebäude in Braunfels, Lahn-Dill-Kreis, Hessen
(Weitergeleitet von St. Georgen (Braunfels))

Die evangelische Friedhofskirche St. Georgen in Braunfels, einer Stadt im Lahn-Dill-Kreis in Hessen, ist ein spätromanischer Bau, der im 15. und 17. Jahrhundert mehrfach umgebaut wurde. Die Saalkirche, wahrscheinlich das älteste Gebäude von Braunfels, ist hessisches Kulturdenkmal.[1]

Evangelische Friedhofskirche St. Georgen in Braunfels
Ansicht von Südosten
Romanisches Portal an der Südseite
Innenraum

Geschichte Bearbeiten

Eine dem heiligen Georg geweihte Kirche mit einem Geistlichen ist erstmals im Jahr 1319 bezeugt.[2] Braunfels war im Mittelalter nach Altenkirchen eingepfarrt und gehörte zum Archipresbyterat Wetzlar im Archidiakonat St. Lubentius in Dietkirchen in der Erzdiözese Trier.[3] Unter Graf Otto II. von Braunfels erfolgte 1491 ein Umbau. St. Georgen war in vorreformatorischer Zeit Sitz einer Sebastiansbruderschaft, die mit dem Ablasswesen verbunden war.[4]

Mit Einführung der Reformation im Jahr 1554 unter Philipp von Solms-Braunfels nahm die Pfarrei den lutherischen Glauben an und wechselte 1582/1583 unter Graf Konrad von Solms-Braunfels (1540–1592) zum reformierten Bekenntnis.[5] Bis zum Jahr 1583, als Graf Konrad der Gemeinde die Schlosskirche in Braunfels zur Verfügung stellte, diente St. Georgen als Pfarrkirche des Ortes. Danach wurde St. Georgen zur Friedhofskirche. In den Jahren 1671 bis 1679 ließ Graf Heinrich Trajektin, der auch das Schloss umgestaltete, die Kirche umbauen.

Architektur Bearbeiten

Die annähernd geostete, weiß verputzte Kirche ist in Hanglage am Rande eines Friedhofgeländes südlich von Schloss Braunfels errichtet. Das spätromanische Kirchenschiff wurde vermutlich in gotischer Zeit nach Norden erweitert. Im Osten schließt sich ein quadratischer, eingezogener Chor an. Die rechteckige, romanische Seitenkapelle nördlich des Chores, die vermutlich als Sakristei genutzt wurde, besitzt ein gotisches Kreuzgratgewölbe. Chor und Kapelle werden von einem gemeinsamen verschieferten Satteldach gedeckt, dessen First im Osten etwas niedriger ist. Nord- und Südseite des Satteldachs sind mit je vier kleinen Gauben bestückt. Im Osten wurde 1857 ein spitzer, vollständig verschieferter Dachreiter mit einer Wetterfahne aufgesetzt. Die Glockenstube beherbergt eine Glocke, die 1679 von Martin Möller aus Frankfurt gegossen wurde. Eine Rincker-Glocke von 1890 wurde zu Kriegszwecken eingeschmolzen.[6] Die östliche Giebelseite ist in Fachwerk ausgeführt. Die westliche Giebelseite mit Schopfwalm weist Opus spicatum auf und wird von zwei Strebepfeilern gestützt.

Die beiden romanischen Portale an der Südseite besitzen noch ihre mittelalterlichen Eisenbeschläge. Das größere Portal unter dem offenen Vorzeichen wird in das späte 12. Jahrhundert datiert. Es ist in einen Rechteckrahmen gefasst und wird von eingestellten Säulen flankiert. Chor und Sakristei werden durch zwei kleine Rundbogenfenster in mittlerer Höhe belichtet. In die Langseiten der Kirche sind Rundbogenfenster eingelassen; das Rundfenster am westlichen Ende der Südwand war ursprünglich ebenfalls ein Rundbogenfenster. Die Westseite ist fensterlos. Die Gewände der Fenster weisen rote Quaderbemalung auf.

Ausstattung Bearbeiten

Der Innenraum ist flachgedeckt. Die Balkendecke wird von zwei Längsunterzügen getragen. Ein spitzer Triumphbogen mit roter Quaderbemalung öffnet den Chor zum Langhaus. Den westlichen Abschluss bildet eine schmale Empore. Von ihrem spätgotischen Gestühl sind Reste erhalten. Der polygonale hölzerne Kanzelkorb des 18. Jahrhunderts ist am nördlichen Chorbogen aufgestellt. Er hat profilierte Kranzgesimse und hochrechteckige Füllungen, auf denen die vier Evangelisten dargestellt sind.

Orgel Bearbeiten

Das Orgelpositiv an der östlichen Chorwand wurde von Günter Hardt gebaut. Das Instrument verfügt über sechs Register. Die Disposition lautet wie folgt:[7]

Manual C–
Gedackt 8′
Prinzipal 4′
Rohrflöte 4′
Oktave 2′
Mixtur III 113
Pedal C–
Subbaß 16′[8]

Epitaphien Bearbeiten

 
Epitaph an der Außenmauer

In der Kirche und an der Außenmauer sind zahlreiche Epitaphien und Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten. Im Inneren erinnert das Doppelepitaph aus schwarzem Lahnmarmor an der nördlichen Ostwand an den Geheimrat Mathias Stock († 1761) und seine Frau Christina Catharina († 1748). Auf dem mittigen Pilaster mit Volutenkapitell ruhen zwei Rundbögen mit den beiden Familienwappen. An der südlichen Ostwand ist das Epitaph für den Geheimrat Caesar Bremer (1651–1728) aufgestellt, das aus schwarzem Lahnmarmor gefertigt ist. Zwei Pilaster mit gedrehten Säulen stützen einen Architrav, über dem ein geschwungenes Bogenfeld den Abschluss bildet.

Literatur Bearbeiten

  • Friedrich Kilian Abicht: Der Kreis Wetzlar historisch, statistisch und topographisch dargestellt. Teil: 2. Die Statistik, Topographie und Orts-Geschichte des Kreises. Wigand, Wetzlar 1836, S. 109, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  • Georg Dehio (bearbeitet von Folkhard Cremer, Tobias Michael Wolf und anderen): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen I: Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03092-3, S. 126.
  • Heinrich Läufer (Bearb.): Gemeindebuch der Kreissynoden Braunfels und Wetzlar. Herausgegeben von den Kreissynoden Braunfels und Wetzlar. Lichtweg, Essen 1953, S. 29–32.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Evangelische Friedhofskirche (St. Georgen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Evangelische Friedhofskirche St. Georgen In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen.
  2. Braunfels, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Gerhard Kleinfeldt, Hans Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum (= Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16). N. G. Elwert, Marburg 1937, ND 1984, S. 192.
  4. Abicht: Der Kreis Wetzlar historisch, statistisch und topographisch dargestellt. Teil: 2. 1836, S. 109, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  5. Wilhelm Fabricius: Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. Bd. 5. Behrendt, Bonn 1913, S. 262.
  6. Hellmut Schliephake: Glockenkunde des Kreises Wetzlar. In: Heimatkundl3iche Arbeitsgemeinschaft Lahntal e. V. 12. Jahrbuch. 1989, ISSN 0722-1126, S. 133.
  7. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2, S. 96.
  8. Die Einschaltung erfolgt über eine Fußraste.

Koordinaten: 50° 30′ 34,1″ N, 8° 23′ 18,1″ O