Schwertmannit
Schwertmannit (chemisch: Oxyhydroxysulphat) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate und Verwandte“ (früher: Oxide und Hydroxide, siehe Klassifikation) mit der chemischen Zusammensetzung Fe163+[O16|(OH)10|(SO4)3]·10H2O[3].
Schwertmannit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
1990-006[1] |
IMA-Symbol |
Swm[2] |
Chemische Formel | Fe163+[O16|(OH)10|(SO4)3]·10H2O[3] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate und Verwandte (früher: Oxide und Hydroxide) |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
IV/F.06-055 7.DE.15 06.04.10.01 |
Ähnliche Minerale | Goethit, Jarosit, Akaganeit, Ferrihydrit |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol | tetragonal-dipyramidal; 4/m[4] |
Raumgruppe | P4/m (Nr. 83)[3] |
Gitterparameter | a = 10,66 Å; c = 6,04 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 1[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 1 bis 2[5] |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 3,77 bis 3,99[6] |
Spaltbarkeit | Bitte ergänzen |
Farbe | bräunlichgelb |
Strichfarbe | ockergelb[6] |
Transparenz | durchscheinend[6] bis undurchsichtig (opak)[7] |
Glanz | erdig[7] |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | leicht wasserlöslich[8] |
Schwertmannit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt meist nur krustige Überzüge sowie erdige bis derbe Mineral-Aggregate. Selten entwickelt er auch faserige bis schwach nadelige Kristalle bis etwa 100 μm Größe von gelbbrauner Farbe bei ockergelber Strichfarbe.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenErstmals entdeckt wurde Schwertmannit 1990 in der Grube Pyhäsalmi bei Pyhäjärvi (Oulu) in Finnland und beschrieben 1994 durch Jerry Marshall Bigham, Liisa Carlson und Enver Murad, die das Mineral nach Udo Schwertmann (Emeritus an der TU München) benannten.[8][9]
Typmaterial des Minerals wird im Naturhistorischen Museum der Universität Helsinki in Finnland unter der Katalog-Nr. B8659 aufbewahrt.[6]
Klassifikation
BearbeitenIn der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz war der Schwertmannit noch nicht aufgeführt.
In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/F.06-055. Dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Hydroxide und oxidische Hydrate (wasserhaltige Oxide mit Schichtstruktur)“, wo Schwertmannit zusammen mit Akaganeit, Böhmit, Diaspor, Feitknechtit, Feroxyhyt, Goethit, Groutit, Lepidokrokit, Manganit und Tsumgallit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer IV/F.06 bildet.[5]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Schwertmannit in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung „Sulfate (Selenate usw.) mit zusätzlichen Anionen, mit H2O“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; unklassifiziert“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 7.DE.15 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Schwertmannit die System- und Mineralnummer 06.04.10.01. Das entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide mit verschiedenen Kationen“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 06.04.10.
Kristallstruktur
BearbeitenSchwertmannit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P4/m (Raumgruppen-Nr. 83) mit den Gitterparametern a = 10,66 Å und c = 6,04 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]
Eigenschaften
BearbeitenDurch Erhitzen lässt sich Schwertmannit in Hämatit überführen, mit Fe2(SO4)3 als Zwischenprodukt.
Bildung und Fundorte
BearbeitenSchwertmannit entsteht als sekundärer Niederschlag, der auf von sauren (pH 2,5 bis 4,5) Grubenabwässern überspülten Oberflächen Krusten bildet. Es wird angenommen, dass die Bildung von Schwertmannit im Zusammenhang mit der Aktivität eisenoxidierender und -reduzierender Bakterien steht.[11] Er tritt in Paragenese vor allem mit Goethit, aber auch mit Jarosit, Natrojarosit, Ferrihydrit und anderen Sulfiden auf.
Neben seiner Typlokalität „Pyhäsalmi Mine“ (Pyhäjärvi, Oulu) in Finnland wurde Schwertmannit bisher (Stand: 2010) noch an der „Jeremias Glück Mine“ (Garnsdorf, Saalfeld/Saale) und „Morassina Mine“ (Schmiedefeld) in Deutschland, in Mineralproben des in Grönland gefundenen Cape York Meteoriten, an der „Libiola Mine“ bei Sestri Levante in Italien, an der „Gunma Mine“ auf Honshū in Japan, in der „Wilhelm Mine“ bei Stara Góra im polnischen Katzbachgebirge, in mehreren Bergwerksgebieten der slowakischen Regionen Banská Bystrica, Bratislava, Košice und Prešov, bei Jáchymov und Zlaté Hory in Tschechien, an der „Grube Bányabérc“ und der „Szent Imre Mine“ im Mátra-Gebirge und bei Nagybörzsöny im Börzsöny von Ungarn, sowie in den US-amerikanischen Regionen Alabama, Colorado, Pennsylvania und Tennessee gefunden.[12]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- J. M. Bigham, L. Carlson, E. Murad: Schwertmannite, a new iron oxyhydroxy-sulphate from Pyhasalmi, Finland, and other localities. In: Mineralogical Magazine. Band 58, Nr. 4, Dezember 1994, ISSN 0026-461X, S. 641–648 (arizona.edu [PDF; 537 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 406.
- ↑ David Barthelmy: Schwertmannite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 21. Januar 2019 (englisch).
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b c d Schwertmannite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 71 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).
- ↑ a b Schwertmannite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Januar 2019 (englisch).
- ↑ a b J. M. Bigham, L. Carlson, E. Murad: Schwertmannite, a new iron oxyhydroxy-sulphate from Pyhasalmi, Finland, and other localities. In: Mineralogical Magazine. Band 58, Nr. 4, Dezember 1994, ISSN 0026-461X, S. 641–648 (arizona.edu [PDF; 537 kB; abgerufen am 21. Januar 2019]).
- ↑ Udo Schwertmann: Mitteilungen Nr. 86 Sommer 1999. Neues Mineral: Schwertmannit. In: docplayer.org. Vereinigung Weihenstephaner Universitätsabsolventen, S. 6, abgerufen am 21. Januar 2019.
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Simona Regenspurg, Andreas Brand, Stefan Peiffer: Formation and stability of schwertmannite in acidic mining lakes 1. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 68, Nr. 6, März 2004, ISSN 0016-7037, S. 1185–1197, doi:10.1016/j.gca.2003.07.015.
- ↑ Fundortliste für Schwertmannit beim Mineralienatlas und bei Mindat - Schwertmannite (englisch)