Satz von Rouché

mathematischer Satz

Der Satz von Rouché (nach Eugène Rouché) ist ein Satz aus der Funktionentheorie.

Er macht eine Aussage darüber, mit welchen Funktionen man eine holomorphe Funktion stören kann, ohne dass sich die Anzahl der Nullstellen ändert. Die Version für meromorphe Funktionen macht eine ähnliche Aussage für die Differenz von Nullstellen und Polstellen.

Der Satz von Rouché für holomorphe Funktionen Bearbeiten

Seien   zwei auf dem Gebiet   holomorphe Funktionen. Außerdem sei die Kreisscheibe   samt ihrem Rand in   enthalten und für alle Punkte   des Randes gelte:

 .

Dann haben die Funktionen   und   gleich viele Nullstellen (entsprechend der Vielfachheit gezählt) auf  .

Anmerkung:   bezeichnet die offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt   und Radius r.

Symmetrische Version Bearbeiten

Unter Abschwächung der Voraussetzungen gilt, dass zwei holomorphe Funktionen   dieselbe Anzahl von Nullstellen innerhalb eines beschränkten Gebietes   mit stetigem Rand   haben, wenn auf dem Rand die strenge Dreiecksungleichung

 

gilt. Theodor Estermann zeigte diese allgemeinere Formulierung erstmals in seinem Buch Complex Numbers and Functions.

Anwendung: Schranken für Polynomnullstellen Bearbeiten

Es sei   ein Polynom mit komplexen Koeffizienten. Das Gebiet G ist die gesamte komplexe Zahlenebene. Es sei   ein Index, für den die Ungleichung

 

für wenigstens ein   erfüllt ist. Dann erfüllen die Funktionen   und   die Voraussetzungen des Satzes von Rouché für den Kreis  .   ist von Null verschieden und hat daher genau eine Nullstelle der Vielfachheit   im Ursprung. Daraus folgt, dass auch   genau   Nullstellen (mit Vielfachheit gezählt) im Kreis   besitzt.

Der Satz von Rouché für meromorphe Funktionen Bearbeiten

Seien   zwei auf dem Gebiet   meromorphe Funktionen. Außerdem gelte  , sowie dass   keine Null- oder Polstellen auf dem Rand   haben; und für alle   gelte:

 .

Dann stimmen für   und   die Differenzen

Anzahl der Nullstellen – Anzahl der Polstellen

(entsprechend der Vielfachheit bzw. Polordnung gezählt) auf   überein.

Beweis für meromorphe Funktionen Bearbeiten

Definiere  .

Nach Voraussetzung gilt:

 .

Da die Kreislinie kompakt ist, gibt es sogar eine offene Umgebung   dieser, so dass die Ungleichung auch auf U erfüllt ist. Der Bruch   nimmt auf   seine Werte innerhalb des Einheitskreises   an, daher gilt auch:

 .

Die offene Kreisscheibe   ist im Definitionsbereich des Hauptastes des holomorphen Logarithmus enthalten, und es gilt:

 .

Nun betrachtet man folgendes Integral:

 .

Der Integrand hat eine Stammfunktion, also gilt:

 .

Nach dem Argumentprinzip gilt in Erweiterung des Residuensatzes aber auch:

 

wobei   die Anzahl der Nullstellen von   auf   und   die Anzahl der Polstellen von   auf   bezeichnen.

Daraus folgt die Behauptung:

  bzw.  

Literatur Bearbeiten

  • Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie 1, 4. Aufl. Springer, Berlin 2006, ISBN 3540317643.
  • Michael Filaseta: Rouché's theorem for polynomials. Amer. Math. Monthly 97 (1990) No. 9, 834–835