Rudolf Steiner Schule Hamburg-Wandsbek

Waldorfschule in Hamburg-Farmsen-Berne
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Die Rudolf Steiner Schule Hamburg-Wandsbek ist eine 1922 gegründete Waldorfschule im Hamburger Stadtteil Farmsen-Berne. Die staatlich genehmigte Ersatzschule ist eine Stadtteilschule in Langform. Die knapp 850 Schülerinnen und Schüler werden in den Klassenstufen 1 bis 13 zweizügig unterrichtet.

Rudolf Steiner Schule Hamburg-Wandsbek
Logo der Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek
Schulform Waldorfschule
Gründung 1922
Adresse

Rahlstedter Weg 60

Ort Hamburg-Farmsen-Berne
Land Hamburg
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 36′ 10″ N, 10° 7′ 35″ OKoordinaten: 53° 36′ 10″ N, 10° 7′ 35″ O
Träger Rudolf Steiner Schulverein Hamburg-Wandsbek e.V.
Schüler 841 (Schuljahr 2020/2021)[1]
Website waldorfschule-wandsbek.de
Neubau, links der Rahlstedter Weg
Neubau mit Haupteingang (links) und Aula (rechts)
Altbau („Doppel-H“, rechts) und Übergang zum Neubau (links)

Geschichte Bearbeiten

Die Schule wurde 1922 mit persönlicher Zustimmung Rudolf Steiners gegründet, zunächst mit dem Namen Freie Goethe-Schule. Somit gilt die Schule als erste Waldorfschule Hamburgs, wobei Wandsbek noch nicht Teil von Hamburg war. Gleichzeitig ist die Schule die zweitälteste noch existierende Waldorfschule Deutschlands.[2] Anfangs fand der Unterricht in der Jüthornstraße 4a statt, in der freigewordenen Villa des Fabrikanten Hans Pohlmann, einem Anhänger der Lehre von Rudolf Steiner. Pohlmann steuerte neben Grundstück und Gebäude auch die Baukosten und Lehrergehälter bei. Erster Schuldirektor war Max Kändler. 1931 wurde aus der Freien Goethe-Schule heraus die Rudolf-Steiner-Schule Altona gegründet.[3] Im September 1939 wurde die Schule behördlich geschlossen – die Lehrer wurden zum Dienst in Bezugsscheinstellen verpflichtet, die Eltern mussten ihre Kinder an Volksschulen anmelden. Hans Pohlmann unterstützte die Lehrer weiterhin finanziell, konnte aber 1941 die Hypotheken für das Schulgelände nicht mehr tragen und verkaufte Grundstück und Gebäude an den Staat. In die Villa zog der Sicherheits- und Hilfsdienst ein, eine Einrichtung des Luftschutzes. Das Gebäude wurde im weiteren Verlauf des Krieges bei Luftangriffen zerstört.[4]

Mit Genehmigung der englischen Militärverwaltung in Hamburg wurde die Wandsbeker Schule im Frühjahr 1946 neu gegründet, diesmal unter dem Namen Rudolf-Steiner-Schule. Im ersten Schuljahr zählte man 270 Schüler in neun Klassen, die in notdürftig hergerichteten Räumen am alten Standort Jüthornstraße untergebracht waren. 1948 hatte die Schule bereits 800 Schüler, 1951 waren es 1036 Schüler in 25 Klassen. Diese Schülerzahl war für den Standort zu groß, etwas Entlastung wurde durch den Umzug eines Teils der Schüler in die 1952 auf einem Villengrundstück in der Elbchaussee 366 neugegründete Rudolf Steiner Schule Hamburg-Nienstedten erreicht. Die weitere Entwicklung der Schule und der Übergang zur Zweizügigkeit ab 1972 verlangten nach immer mehr Räumen, die auf getrennten Grundstücken in der Umgebung des Standortes gefunden wurden, teils um die Wandsbeker Allee und an der Bleicherstraße 59 (Straßenname ist heute Kattunbleiche 59). Diese Räume waren teils nur Provisorien wie Pavillonbauten und Baracken.[4]

Der heutige Standort in Farmsen-Berne wurde planerisch 1972 als Schulgebiet ausgewiesen.[5] Der Entwurf des heute als „Altbau“ bezeichneten Gebäudes stammt vom Hamburger Hochbauamt, es handelt sich um einen Serienbau vom Typ-68 (Doppel-H). Dieses Gebäude wurde 1972 fertiggestellt[6] und zunächst von der staatlichen Haupt- und Realschule Weissenhof genutzt.[7] Diese Schule wurde wegen zu geringer Anmeldezahlen geschlossen und lief bis 1983 aus.[8]

Von 1984 bis 1985 wurde der Neubau für die Rudolf-Steiner-Schule errichtet.[3] Der Entwurf stammte von einer Architektengemeinschaft aus den Büros Seyfert (Stuttgart) und Karsten-Weber-Wuppermann (Hamburg).[9] Der schwedische Künstler und Anthroposoph Arne Klingborg übernahm die Farbgestaltung des Neubaus.[10] Der Neubau wurde 1984 vom AIV Hamburg als „Bauwerk des Jahres“ ausgezeichnet.[11]

Lage und Architektur Bearbeiten

Die Schule befindet sich westlich des Rahlstedter Wegs, etwa 800 Meter vom U-Bahnhof Farmsen entfernt. Das etwa 22.000 m² große Schulgelände wird auf der Rückseite durch einen Park entlang der Berner Au begrenzt, südlich schließt die Straße Weissenhof an. Das Gebiet mit seinen Hochhäusern im Eigentum der SAGA wurde von 1996 bis 2004 im Rahmen der Sozialen Stadtteilentwicklung gefördert.[12] Den vorderen Teil des Schulgeländes nimmt relativ dicht am Rahlstedter Weg der Neubau ein, in dem 24 Stammklassen und die Aula untergebracht sind. Im Altbau (Doppel-H) befinden sich die meisten der Fachräume.[9]

Schulprofil Bearbeiten

Wie alle Waldorfschulen basiert die Schule auf der Anthroposophie Rudolf Steiners und ist Mitglied im Bund der freien Waldorfschulen.[13] In der 10. Klasse erfolgt der Erste allgemeinbildende Schulabschluss (auch ESA oder Hauptschulabschluss), der für alle Abgänger nach der 10. Klasse Pflicht ist. In der 11. Klasse kann der Mittlere Schulabschluss (auch MSA oder Mittlere Reifeprüfung) abgelegt werden, bei entsprechender Leistung folgt zum Ende der 13. Klasse das Hamburger Zentralabitur.[14]

Im Schuljahr 2020/2021 wurden im Grundschul- und Stadtteilschulzweig der Rudolf Steiner Schule Hamburg-Wandsbek insgesamt 841 Schüler unterrichtet, etwa 11 % davon mit Migrationshintergrund.[1] Im Vergleich hatte im selben Schuljahr 2020/2021 die benachbarten Grundschulen Eckerkoppel mit 47 % und Rahlstedter Höhe mit 52 % einen mehr als viermal so hohen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund.[15] An der Rudolf Steiner Schule Hamburg-Wandsbek erhielt im Schuljahr 2020/2021 kein einziger Schüler Preisreduzierungen für Schulessen aus BuT-Mitteln.[1] Im Vergleich erhalten etwa zwei Drittel aller Grundschüler und rund ein Drittel der Schüler an weiterführenden Schulen in Hamburg das Essen kostenlos oder zu reduzierten Preisen, beides teils aus BuT-Mitteln.[16]

Bekannte Ehemalige Bearbeiten

  • Freimut Duve (1936–2020), Publizist und Politiker der SPD (Schüler von 1946 bis 1951)
  • Henning Kiene (* 1959), evangelisch-lutherischer Theologe (Abitur an der Schule)
  • Andreas Schleicher (* 1964), Statistiker und Bildungsforscher (Abitur an der Schule)
  • Jan Balcke (* 1973), Politiker der SPD (Abitur an der Schule 1993)
  • Gunnar Haberland (* 1978), Schauspieler (Besuch der Schule)
  • Julia Holmes (* 1980), Schauspielerin (Abitur an der Schule 2000)
  • Anna Bederke (* 1981), Schauspielerin (Abitur an der Schule 2001)
  • Konrad Wissmann (* 1984), Popmusiker

Literatur Bearbeiten

  • Die Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek anläßlich ihres Neubaues. Sonderheft von Erziehungskunst  : Monatsschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners, ISSN 0014-0333, Jahrgang 49 (“XLIX”), Heft 2 (Februar 1985). (Online)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Rudolf-Steiner-Schule Wandsbek – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Hamburgische Bürgerschaft (Hrsg.): Schulen in freier Trägerschaft: soziale Zusammensetzung der Schüler:innenschaft. Antwort auf die schriftliche Kleine Anfrage von Sabine Boeddinghaus, Drucksache 22/6882 vom 6. Januar 2022, Anhang 1, S. 7. (Online)
  2. Manfred Leist: Zu diesem Heft. In: Die Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek anläßlich ihres Neubaues. Sonderheft von Erziehungskunst  : Monatsschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners, ISSN 0014-0333, Jahrgang 49 (“XLIX”), Heft 2 (Februar 1985), S. 77–79. (Online)
  3. a b Unsere Schule damals und heute auf der Schulwebsite (Abgerufen im September 2022)
  4. a b Hartwig Schiller: Von der Wesenheit einer Waldorfschule : Zur Geschichte der Wandsbeker Schule. In: Die Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek anläßlich ihres Neubaues. Sonderheft von Erziehungskunst  : Monatsschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners, ISSN 0014-0333, Jahrgang 49 (“XLIX”), Heft 2 (Februar 1985), S. 79–97.
  5. Freie und Hansestadt Hamburg, Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung: Bebauungsplan Farmsen-Berne 15 Hamburg. (Online)
  6. Boris Meyn: Die Entwicklungsgeschichte des Hamburger Schulbaus. Hamburg 1998, S. 452. (Inventarnummer 337)
  7. Bilder der Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek. In: Erziehungskunst. ISSN 0014-0333, Jahrgang 49 (“XLIX”), Heft 2 (Februar 1985), S. 112. (Online)
  8. Ab 1981 keine neuen 7. Klassen, vergleiche Schulstreik vor den Ferien. In: Hamburger Abendblatt, 8. Juli 1980. 1983 wurden die letzten Klassen der Schule Weissenhof der Schule Bekassinenau zugeordnet, vergleiche Sie sind von Grolles Plänen betroffen. In: Hamburger Abendblatt, 9. Juni 1983.
  9. a b Lothar Loewe: Zur Gestaltung der neuen Rudolf-Steiner-Schule in Wandsbek-Farmsen. In: Erziehungskunst  : Monatsschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners, ISSN 0014-0333, Jahrgang 49 (“XLIX”), Heft 2 (Februar 1985), S. 129–131.
  10. Waldorf-Bauweise. In: Hamburger Abendblatt, 16. August 1984. (Dazu Erinnerungen an Ewald Becker-Carus, abgerufen im April 2022)
  11. Bauwerk des Jahres - Bisherige Preisträger auf der Website des AIV
  12. Bezirksamt Wandsbek: Ehemaliges Fördergebiet Weissenhof (Abgerufen im September 2022)
  13. Mitgliederverzeichnis – interaktive Karte auf der Website des Bund der freien Waldorfschulen (abgerufen im April 2022)
  14. Bestimmungen über die Vergabe der Abschlüsse und Berechtigungen in der Sekundarstufe I an den allgemeinbildenden Rudolf-Steiner-Schulen in Hamburg ab dem Schuljahr 2007/08, Mitteilung der Rechtsabteilung vom 19. Oktober 2007. In: Mitteilungsblatt der Behörde für Bildung und Sport, Band 2007, Heft 13, 7. November 2007, S. 126–127. (Digitalisat)
  15. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, 22. Wahlperiode (Hrsg.): Hamburg für alle? Teilhabe und Institutionelle Diskriminierung im Bereich schulischer Bildung. Große Anfrage von Sabine Boeddinghaus et al. vom 30. März 2021, beantwortet am 27. April 2021, Drucksache 22/3794. (Vorgang Online, an den staatlichen Grundschulen Hamburgs lag der Anteil durchschnittlich bei 52 %, an den staatlichen Stadtteilschulen bei 59 %)
  16. Essen in Schulen wird teurer - erstmals seit 10 Jahren. In: Hamburger Abendblatt, 25. November 2021.