Rütschi, auch Ruëtschi, ist der Name einer schweizerischen Familie, deren Stammreihe sich in Zürich-Wipkingen ab 1504 urkundlich belegen lässt.[1] Ihre Mitglieder[2][3] sind seit dem 18. Jahrhundert vor allem in der Seidenindustrie tätig gewesen und kamen später durch Immobilienbewirtschaftung[4] zu Wohlstand und Ansehen. Da Salomon Rütschi (gest. 1894) sozial engagiert und als Politiker erfolgreich war, wurde ihm zu Ehren die Rütschistrasse[5] im Quartier Wipkingen in Zürich benannt. Alfred Fortunatus Rütschi (gest. 1929) war einer der Gründer der Vereinigung der Zürcher Kunstfreunde und ein bedeutender Mäzen des Kunsthauses Zürich.

Die Rütschistrasse in Zürich-Wipkingen

Das Stammhaus der Familie Rütschi befand sich in Wipkingen – bis zur Eingemeindung nach Zürich 1893 eine selbstständige Gemeinde im Kanton Zürich. Schon Salomon Rütschi der Ältere (1781–1850) war dort in der Seidenproduktion tätig. Er war Aufseher in einer Kattundruckerei im Letten, wo farbige Baumwolltücher produziert wurden. Als angesehener Mann wurde Salomo Rütschi zum Stillständer und Schulgutverwalter gewählt.

Bekannte Familienmitglieder Bearbeiten

 
Salomon Rütschi-Bleuler

Salomon Rütschi-Bleuler (* 15. November 1817; † 24. Mai 1894) wurde mit 19 Jahren bereits zum Gemeinderatschreiber bestimmt.[6] Später gründete er eine eigene Seidenfabrikation. Als Unternehmer engagierte er sich sozial und finanzierte für seine Arbeiterinnen und Arbeiter die ersten Kinderkrippen. Als geachteter Lokalpolitiker sass er im Kantonsrat und im Gemeinderat von Zürich.[7] Durch seine Seidenfabrikation, aber auch durch hohe Einnahmen seiner Immobilienbewirtschaftung zu grossem Vermögen gekommen, engagierte er sich für die Kunst und Kultur seiner Heimatstadt Zürich. So förderte er grosszügig den Sängerverein Harmonie Zürich und war Mitglied der 1831 gegründeten Gemeinnützigen Gesellschaft Neumünster (GGN).[8] 1859 gründete er die Gemeinnützige Gesellschaft Wipkingen (GGW) und stattete sie mit Startkapital und einer 100 Bücher umfassenden Bibliothek aus.[9] 1888 gründete er einen mit 5‘000 Franken ausgestatteten Schulfonds für die neu gegründete Sekundarschule in Wipkingen, dessen Zinsen zur Anschaffung von Lehrmitteln dienen sollten. 1881 wurde im Letten die Seidenwebschule Zürich gegründet. Für diese richtete er mit 20‘000 Franken einen Stipendienfonds ein, der auch bedürftigen Schülern eine qualifizierte Ausbildung ermöglichen sollte. In seinem Testament bedachte er die Reformierte Kirchengemeinde Wipkingen mit einem Legat[10] von 50‘000 Franken zum Kauf eines Baugrundstücks für das geplante neue Kirchengebäude. 1906 wurde ihm zu Ehren die Rütschistrasse in Zürich benannt.

 
Die Fabrik in Mariano 1903

Alfred Fortunatus Rütschi (* 21. April 1868; † 26. September 1929) führte nach dem Rücktritt seines Vaters das Seidengeschäft seiner Familie weiter fort. Er expandierte mit seinem Unternehmen auch nach Italien und errichtete im oberitalienischen Mariano eine Seidenfabrik. In Mariano finanzierte er die kommunale Wasserversorgung und wurde dafür mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt ausgezeichnet. Schon früh interessierte er sich für die Arbeit des schweizerischen Malers Ferdinand Hodler. Er war einer der Gründer der Vereinigung der Zürcher Kunstfreunde. 1919 machte er dem Kunsthaus Zürich einige Werke Hodlers zum Geschenk, etwa das Bild Der Tag von 1904/1906. Darüber hinaus stellte er weitere Kunstwerke zunächst als Leihgabe zur Verfügung, die dann nach seinem Tod 1929 als Geschenk in die „Sammlung Rütschi“ übernommen werden konnten.[11][12][13] Neben der Malerei interessierte er sich besonders für Goldschmiedekunst. Er stellte eine Sammlung bedeutender Goldschmiedearbeiten vom 11. bis zum 20. Jahrhundert zusammen, die noch zu seinen Lebzeiten in einem Anbau des Kunsthauses Zürich ausgestellt wurden.[14]

Alfred Erhart Karl Salomon Rütschi (* 8. Juli 1908; † 18. Januar 1992) führte die textile Familientradition der Familie nicht mehr fort. Er war in der Immobilienbranche und als Investor aktiv. Nach dem Zweiten Weltkrieg initiierte und betreute er Anfang der 1950er Jahre das Bauprojekt Theatinerpassage in München. Er gehörte damit zu den ersten Schweizern die in die zerbombte Münchner Innenstadt investierten.

 
Wappen der Familie Rütschi aus Wipkingen

Wappen der Familie Rütschi Bearbeiten

Wappenbeschreibung / Blasonierung: In Rot auf grünem Dreiberg silberner Storch beseitet von zwei sechsstrahligen, goldenen Sternen und überhöht von sinkendem goldenen Mond.[15]

Literatur Bearbeiten

  • H. Schinz u. A. Wolter: Notizen der Schweizerischen Kulturgeschichte, in der Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, Jahrg. 75, 1930.
  • A. Studer (Sohn): Chronik der Familie Ruetschi. Privatdruck Studer, Zürich, um 1970.
  • Guyer, Saladin, Lendenmann: Die Strassennamen der Stadt Zürich. 3. Auflage, Kommissionsverlag Hans Rohr, Zürich 1999.
  • Illi, Leonhard, Haas, Maurer: Eisernes Zeit und Frechenmätteli – wie Zürichs Strassen zu ihren Namen kommen. Stadt Zürich Strassenbenennungskommission, 1. Auflage, Zürich 2008.
  • J. Frei: Salomon Rütschi-Bleuler, geb. 15 Nov. 1817 [in Wipkingen], gest. 28. Dez. 1894: Gedenkfeier zum 150. Geburtstag [im] Kirchgemeindehaus Wipkingen [mit] Lichtbildervortrag [über Wipkingen] u. das Leben u. Wirken des Seidenfabrikanten u. Wohltäters Salomon Rütschi-Bleuler. Wipkingen 1967.
  • Martin Bürlimann: Die Weltunternehmen im Letten, Wipkinger Zeitung; 2017, Nummer 3 (28.9.), Seiten 42–43
  • Jean Egli: Neues historisches Wappenbuch der Stadt Zürich. Zürich 1869.

Multimedia Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. E III 62.1, EDB 158 Sessler, Niklaus, Böndler, getraut mit Rütschi, Elisabeth, Wipkingen, 1553.08.10 (Dokument). In: suche.staatsarchiv.djiktzh.ch. Abgerufen am 6. August 2020.
  2. http://sehum.selfhost.eu/201312/31/ofb3k31150.html
  3. TAI 1.738; StadtAZH VIII.C. 4., EDB 2340 Rütschi, Marx, Wipkingen, getraut mit Frank, Elisabeth, 1664.02.01 (Dokument). In: suche.staatsarchiv.djiktzh.ch. Abgerufen am 6. August 2020.
  4. Zürcherisches Wochenblatt Band 32: Voransicht des Buches: Zürcherisches Wochen-Blatt. 1833, S. 82 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Gang dur Alt-Zürri: Die Rütschistrasse. In: www.alt-zueri.ch. Abgerufen am 6. August 2020.
  6. Wipkingen Einst und Heute von Jakob Frei. Abgerufen am 6. August 2020.
  7. Kuesnachter Jahresheft 1962. Abgerufen am 6. August 2020.
  8. Von der Badeanstalt zum Altersheim. In: NZZ. 4. Februar 2006, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  9. [1] @1@2Vorlage:Toter Link/wipkingen.net (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Ein Brief von Salomon Rütschi-Bleuler, Käferberg 1970 Nr. 4
  10. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 5. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ref-wipkingen.ch Die Kirche Wipkingen im Laufe der Zeit
  11. Schweizer Kunst – KUNSTHAUS. In: www.kunsthaus.ch. Abgerufen am 6. August 2020.
  12. Peter Geimer: Die Natur der Verlassenheit. FAZ, 6. Mai 2008, abgerufen am 29. Juli 2020.
  13. Edvard Munch - Ship being Scrapped. In: www.pubhist.com. Abgerufen am 6. August 2020.
  14. Nachruf in den Notizen der Schweizerischen Kulturgeschichte, 1930.
  15. Jean Egli: Neues historisches Wappenbuch der Stadt Zürich. 1869.