In der Mathematik verlangt das Prouhet-Tarry-Escott-Problem nach zwei disjunkten Multimengen A und B mit jeweils ganzen Zahlen, deren erste symmetrische Potenzsummenpolynome alle gleich sind. Anders formuliert, sollten die beiden Multimengen folgende Gleichungen erfüllen:

für alle ganzen Zahlen zwischen 1 und einem gegebenen

Es konnte gezeigt werden, dass sein muss.

Mit anderen Worten werden ganzzahlige Lösungen für das folgende Gleichungssystem gesucht:

Oder kurz:

mit

Lösungen, die bis gelten, nennt man ideale Lösungen.

Ideale Lösungen sind bekannt für und für . Somit sind keine idealen Lösungen bekannt für und für .[1]

Das Problem wurde nach den drei Mathematikern Eugène Prouhet, Gaston Tarry und Edward B. Escott benannt, die es in den frühen 1850er-Jahren (Prouhet) bzw. in den frühen 1910er-Jahren (Tarry & Escott) untersuchten. Das Problem selbst geht auf Briefe von Christian Goldbach und Leonhard Euler aus den Jahren 1750/1751 zurück.

Definitionen Bearbeiten

  • Eine symmetrische Lösung hat die folgende Form:
  und   für gerade   und  
  und   für ungerade   und  
  • Lösungen, die obige Eigenschaft nicht besitzen, heißen nicht-symmetrische Lösungen.

Beispiele Bearbeiten

  • Eine ideale Lösung für   ist die folgende:[2]
 
oder kurz:
  für  
oder mit der Schreibweise, mit der dieser Artikel eingeführt wurde:
Eine ideale Lösung für   ist für die beiden Mengen   und   bekannt.
Eine weitere, noch kürzere Schreibweise ist die folgende:
  ist eine ideale Lösung für   (oder  ).
Die beiden Mengen   und   sind bezüglich   symmetrisch, weil sie die folgende Form haben:
  und  
Diese Lösung wurde von G. Tarry im Jahr 1912 entdeckt.
  • Eine ideale (und bezüglich   sogar symmetrische) Lösung für   ist für die beiden Mengen   und   bekannt:
  und  . Es gilt also:
  bzw.   für  
  • Eine ideale (und bezüglich   sogar symmetrische) Lösung für   ist für die beiden Mengen   und   bekannt:
  und  . Es gilt also:
  bzw.   für  
  • Eine ideale (und bezüglich   sogar symmetrische) Lösung für   ist für die beiden Mengen   und   bekannt. Es gilt also:
 
für  
Diese Lösung wurde von Nuutti Kuosa, Jean-Charles Meyrignac und Chen Shuwen im Jahr 1999 entdeckt.
  • Es folgen ein paar bekannte ideale Lösungen für   und  , die bezüglich   symmetrisch sind:
  • Es folgen ein paar bekannte ideale Lösungen für   und  , die bezüglich irgendeinem   symmetrisch sind:[2]
  • Es folgen ein paar bekannte ideale Lösungen für  , die nicht-symmetrisch sind (für andere   sind bis dato keine bekannt):[3]

Eigenschaften Bearbeiten

  • Sei   und   mit   eine Lösung, also:
  für  
Dann gilt:[4][5][6]
Auch   und   mit   und ganzzahligem   ist Lösung.
Lösungen, die mit dieser Methode zustande kommen, werden äquivalente Lösungen genannt.
Diese Eigenschaft ermöglicht es, Lösungen zu standardisieren, indem beispielsweise gefordert wird, dass sie nur positive Zahlen enthalten.
  • Sei   und   mit   eine Lösung.
Dann gilt:[4][7][6]
Auch   und   mit   und ganzzahligem   ist Lösung.
  • Sei   und   mit   eine Lösung. Sei weiters   und  .
Dann gilt:[4][5]
Auch   und   mit   ist Lösung.
  • Sei   und   mit   eine nicht triviale Lösung.
Dann gilt:[4][6][7]
 
Ist  , so nennt man die Lösungen (wie schon oben erwähnt) ideale Lösungen.

Methode zur Bestimmung von Lösungen Bearbeiten

  • Der französische Mathematiker Prouhet nutzte die Thue-Morse-Folge, um eine Lösung für   für alle   zu finden. Im Speziellen unterteilte er die Zahlen zwischen   und   in
a) die Zahlen, deren Binärdarstellung (also die Darstellung im Dualsystem) eine gerade Anzahl an Einsen enthält (die sogenannten bösen Zahlen), und
b) die Zahlen, deren Binärdarstellung eine ungerade Anzahl an Einsen enthält (die sogenannten abscheulichen Zahlen).
Dann ergeben die beiden Mengen der Unterteilung eine Lösung des Problems.[8]
Beispiel:
Sei   und  . Dann gilt für die Unterteilung der Zahlen von   bis  :
0=(0)2, 3=(11)2, 5=(101)2, 6=(110)2, 9=(1001)2, 10=(1010)2, 12=(1100)2 und 15=(1111)2
Diese 8 Zahlen haben in ihrer Binärentwicklung allesamt eine gerade Anzahl an Einsen, sind somit böse Zahlen und bilden die Menge  .
1=(1)2, 2=(10)2, 4=(100)2, 7=(111)2, 8=(1000)2, 11=(1011)2, 13=(1101)2 und 14=(1110)2
Diese 8 Zahlen haben in ihrer Binärentwicklung allesamt eine ungerade Anzahl an Einsen, sind somit abscheuliche Zahlen und bilden die Menge  .
Tatsächlich erhält man eine Lösung für das Gleichungssystem:
  für  

Verallgemeinerung Bearbeiten

Seien   zwei positive ganze Zahlen. Dann sind zwei ganzzahlige Multimengen   und   gesucht, sodass gilt:

  für alle   mit  .

Diese höherdimensionale Variante des Prouhet-Tarry-Escott Problems wurde von Andreas Alpers und Robert Tijdeman im Jahr 2007 eingeführt und untersucht.[9]

Beispiel Bearbeiten

  • Sei   und  . Dann gilt:
  und  
Mit anderen Worten:
 
  • Es sind keine Lösungen für   mit   bekannt.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Peter Borwein: The Prouhet–Tarry–Escott problem. Computational Excursions in Analysis and Number Theory, 2002, S. 85–96, abgerufen am 14. April 2024.
  2. a b The Prouhet-Tarry-Escott Problem – Ideal symmetric solutions
  3. The Prouhet-Tarry-Escott Problem – Ideal non-symmetric solutions
  4. a b c d The Prouhet-Tarry-Escott Problem
  5. a b Albert Gloden, Mehrgradige Gleichungen, Noordhoff, Groningen, 1944
  6. a b c H. L. Dorwart und O. E. Brown, The Tarry-Escott Problem, Amer. Math. Monthly 44, 1937, S. 613–626
  7. a b Loo Keng Hua, Introduction to Number Theory, Springer, 1982
  8. E. M. Wright: Prouhet's 1851 solution of the Tarry–Escott problem of 1910. The American Mathematical Monthly 66, 1959, S. 199–201, abgerufen am 14. April 2024.
  9. Andreas Alpers, Rob Tijdeman: The Two-Dimensional Prouhet-Tarry-Escott Problem. Journal of Number Theory 123 (2), 2007, S. 403–412, abgerufen am 14. April 2024.