Preußische Ostasienexpedition

diplomatische und wissenschaftliche Expedition der preußischen Marine nach Japan, China und Siam

Die preußische Ostasienexpedition, nach ihrem Leiter, dem Grafen Friedrich zu Eulenburg, auch als Eulenburg-Expedition bezeichnet, wurde von der Preußischen Marine von 1859 bis 1862 in Ostasien durchgeführt. Als Ergebnis wurden Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsverträge mit ostasiatischen Staaten abgeschlossen: mit Japan am 24. Januar 1861, mit China am 2. September 1861 und mit Siam am 7. Februar 1862.

Die Schiffe des Ostasiatischen Geschwaders
Friedrich-Albrecht Graf zu Eulenburg (1815–1881)

Geschichte

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Nach der gewaltsamen Öffnung Japans durch US-amerikanische Kriegsschiffe 1853/54 folgten zahlreiche europäische Staaten, um sich handelspolitische Vorteile zu sichern. Die schwache Shogunats-Regierung wurde gezwungen, ungleiche Verträge mit den Westmächten zu unterzeichnen. Preußen, neben Österreich stärkste deutsche Macht, sah die Chance, seine Rolle als führender Staat bei der Einigung Deutschlands zu stärken, indem es eine Ostasienexpedition organisierte und auch um gegen die öffentlich stark beachtete Novara-Expedition Österreichs ein Gegengewicht zu schaffen. Die preußische Expedition sollte im Namen aller Staaten des Deutschen Zollvereins, der Hansestädte und beider Mecklenburgs Verträge mit China, Japan und Siam abschließen.

 
Unterbringung der Mission im „Gästehaus für Ausländer“ in Edo (links oben markiert)

Die preußische Marine stellte 1859 unter der militärischen Führung von Kapitän zur See Henrik Ludvig Sundevall ein Geschwader aus der Korvette Arcona, der Fregatte Thetis, dem Schoner Frauenlob und dem Transportschiff Elbe in Danzig auf. Die wissenschaftliche und diplomatische Leitung hatte Friedrich Graf zu Eulenburg. Zu den mitreisenden Wissenschaftlern gehörte der Forschungsreisende Ferdinand von Richthofen. Dabei war Eulenburg ausdrücklich erlaubt worden, militärische Gewalt zur Durchsetzung der preußischen Forderungen anzuwenden. Das Geschwader sollte auch die Möglichkeit einer Inbesitznahme der Insel Formosa durch Preußen ausloten, aber die militärische Schwäche der Expedition und die Gefahr, einen Handelsvertrag mit China zu gefährden, führten dazu, dass dieses Ansinnen folgenlos blieb.[1][2] Die improvisierte Expedition wurde von zahlreichen Missgeschicken begleitet, so dem Verlust der Frauenlob, die in einem Taifun sank und dabei alle 47 Besatzungsmitglieder in den Tod riss.

„Die Ostasien-Expedition war für alle Beteiligten eine große, mühevolle und gefahrenreiche Anstrengung.“ Nach Neufahrwasser heimgekehrt, sangen die Besatzungen der Elbe und der Arcona den Choral von Leuthen, Nun danket alle Gott.[3]

Verhandlungen mit Japan

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Nach fünf Monaten langwieriger Verhandlungen mit dem Shogunat scheiterte die Mission in Japan in ihrem Bestreben, für ganz Deutschland zu sprechen. Die japanischen Unterhändler weigerten sich beharrlich, einen Vertrag mit 32 deutschen Staaten abzuschließen, und gaben als Begründung an, die Verhältnisse in Deutschland nicht zu überblicken.

Der amerikanische Konsul Townsend Harris hatte Eulenburg seinen Mitarbeiter und Dolmetscher Hendrick Heusken (geb. 1832) zur Verfügung gestellt. Am 14. Januar 1861, auf dem Wege abends zurück zur amerikanischen Vertretung, wurde Heusken von antiwestlichen Rōnin des Satsuma-han angegriffen und trotz des ihm beigegebenen Schutzes schwer verwundet. Er starb am folgenden Tag und wurde im Kōrin-ji mit einem großen Geleitzug in allen Ehren bestattet. Dort ist sein Grab noch heute zu sehen.

Der Vertrag zwischen Japan und Preußen wurde am 24. Januar 1861 geschlossen.[4]

Verhandlungen mit China

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Die Delegation setzte zunächst nach Shanghai über. Aufgrund des fortwährenden militärischen Konflikts zwischen den Westmächten (Großbritannien und Frankreich) und der chinesischen Qing-Regierung sowie der Unfähigkeit Preußens, einzugreifen, konnten die Verhandlungen erst im Frühjahr 1861 beginnen. Preußen wollte für sich die gleichen Privilegien durchsetzen, welche die Westmächte im Rahmen der ungleichen Verträge durch ihren Sieg in den Opiumkriegen errungen hatten. Das beinhaltete die Öffnung mehrerer Häfen für den preußischen Handel sowie die Niederlassung einer ständigen Gesandtschaft vor Ort. Britische und französische Vertreter rieten von diesen Plänen ab, da sie neben der deutschen Konkurrenz auch eine Verschlechterung der chinesisch-westlichen Beziehungen fürchteten, wenn eine weitere Großmacht mit Forderungen auftauchte. Dennoch entsandte Eulenburg den späteren Botschafter Max von Brandt zu Verhandlungen in die Hafenstadt Tianjin bei Peking. Die preußische Delegation, die in den Verhandlungen keinerlei militärischen Druck ausüben konnte, konnte ihre Ziele letztlich durch unerwartete Unterstützung von Frankreich durchsetzen; dort wollte man vermutlich einer britischen Übermacht in Ost-Asien entgegenwirken.

Der Vertrag, der alle preußischen Forderungen umsetzte und erstmals auch für den Deutschen Zollverein gültig war, wurde schließlich am 2. September 1861 unterzeichnet.

Verhandlungen mit Siam

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Am 22. September 1861 erreichte die Delegation Bangkok, wo sie bereits erwartet und in Ehren empfangen wurde. Die preußischen Gesandten zeigten sich von der fürstlichen Behandlung beeindruckt und die Atmosphäre während der Verhandlungen war deutlich freundlicher als an den vorangegangenen Stationen der Expedition. Hintergrund war, dass Siam fürchtete, seine Unabhängigkeit an Kolonialmächte zu verlieren – allen voran Frankreich, das zuvor einige Inseln vor der kambodschanischen Küste besetzt hatte und anschließend ein Kriegsschiff in Bangkok positioniert hatte. König Mongkut versuchte daher Preußen, das bis dahin keine derartigen Absichten der Kolonialisierung gezeigt hatte, als Verbündeten zu gewinnen. Eulenburg versicherte ihm, Siam beizustehen, obgleich er sich tatsächlich wenig für die politische Lage vor Ort interessierte und vorrangig wirtschaftliche Interessen verfolgte.

Angesichts der Ohnmacht des Landes wurde am 7. Februar 1862 ein Vertrag zwischen Siam und Preußen inklusive des Zollvereins und Mecklenburg unterzeichnet, der es unter anderem allen Westlern erlaubte, Land privat zu erwerben, was in der dortigen Kultur eigentlich nicht möglich war.

Sekundärliteratur

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Mitglieder der Preußischen Ostasienexpedition. Nach Gustav Spiess

Inoffizielle Reiseberichte

Literatur

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  • Peter Pantzer: Die Eulenburg-Mission und die Aufnahme der deutsch-japanischen Beziehungen. In: Ferne Gefährten – 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen. Reiss-Engelhorn-Museen & VDJ, Mannheim 2012, (Katalog zur Ausstellung 8. November 2011 bis 5. Februar 2012).
  • Sebastian Dobson & Sven Saaler: Unter den Augen des Preußen-Adlers – Lithographien, Zeichnungen und Photographien der Teilnehmer der Eulenburg-Expedition in Japan, 1860–1861, Iudicum, München 2011, ISBN 978-3-86205-135-9.
  • Sonja Blaschke: Ende der Abschottung Japans und Eulenburg-Mission. In: Deutschland und Japan – 150 Jahre Freundschaft. M & K GmbH, Berlin 2011, (Jubiläumspublikation für die Deutsche Botschaft in Tokyo).
  • Masako Hiyama: Friedrich Albrecht Graf zu Eulenburg (1815–1881). In: Brückenbauer. Pioniere des japanisch-deutschen Kulturaustausches. Iudicium, Berlin 2005, ISBN 3-89129-539-1.
  • Unterkapitel: Die Eulenburg-Expedition, in: Cord Eberspächer: Die deutsche Yangtse-Patrouille. Deutsche Kanonenbootpolitik in China im Zeitalter des Imperialismus, Bochum 2004, S. 59–63. ISBN 3-89911-006-4.
  • Holmer Stahncke (Hrsg.): Preußens Weg nach Japan – Japan in den Berichten von Mitgliedern der preußischen Ostasienexpedition.OAG, Iudicium, München 2000, ISBN 3-89129-287-2.
  • Bernd Martin: Die preußische Ostasienexpedition nach China. Zur Vorgeschichte des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrts-Vertrages vom 2. September 1861, in: Kuo Heng-yü/Mechthild Leutner (Hrsg.): Deutsch-Chinesische Beziehungen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 1991, S. 209–240.
  • Michael Salewski: Die preußische und die Kaiserliche Marine in den ostasiatischen Gewässern: Das militärische Interesse an Ostasien. In: Onlineversion des Katalogs zur Ausstellung „Tsingtau - ein Kapitel deutscher Kolonialgeschichte in China. 1897–1914“ im Deutschen Historischen Museum vom 27. März bis 19. Juli 1998, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.dhm.de%2Farchiv%2Fausstellungen%2Ftsingtau%2Fkatalog%2Fauf1_5.htm~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  • Holmer Stahncke: Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan 1854–1868. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 1987, ISBN 3-515-04618-6.
Bearbeiten
Wikisource: Maritime Briefe an eine Dame – Quellen und Volltexte
Wikisource: Berichte von F. v. Richthofen – Quellen und Volltexte
Wikisource: Berichte von R. v. Werner – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Lawrence Sondhaus: Preparing for Weltpolitik, Naval Institute Press, Annapolis 1997, Seite 68
  2. Christian Richter: Auf dem Weg nach Deutsch-Formosa? Die preußische Ostasienexpedition und das deutsche Interesse an Formosa im 19. Jahrhundert. In: Wenzao University: Languages and International Studies, Vol. 18, Dezember 2017, S. 101–134.
  3. Hartmut Nöldeke: Dr. August Steinberg (1816–1888). Der erste Arzt der Königlich Preußischen Marine. Beiträge zur Schiffahrtsgeschichte, Bd. 5 (2002), S. 17–26.
  4. Brockhaus, Bd. 11, Verlag Brockhaus, Leipzig, 1996.
  5. Schiffsprediger an Bord „Arcona“