Post-Vac

langandauernde und Long-COVID-ähnlichen Beschwerden nach COVID-19-Impfung
(Weitergeleitet von Post-Vac-Syndrom)

Der Begriff Post-Vac oder Post-Vac-Syndrom (PVS), Post-Acute COVID-19 Vaccination Syndrome (PACVS),[1][2] Post-Vakzinierungssyndrom,[3] Post-Vax, Long-Vax[4] fasst langandauernde Impfkomplikationen nach COVID-19-Impfung zusammen, die eine Long-/Post-COVID-ähnliche Sympto­matik aufweisen, ohne zuvor an COVID-19 erkrankt zu sein.[5]

Post-Vac stellt keine klar definierte Krankheit dar. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfungen und den „Post-Vac“ zugeschriebenen Beschwerden, ist nicht durch Studien belegt, es werden jedoch mehrere Hypothesen in der Wissenschaft dazu diskutiert.[1][2][6] Ähnliche Beschwerden kommen auch bei der Myalgischen Enzephalomyelitis / dem Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und dem posturalen Tachykardiesyndrom vor.[2] Das Phänomen ist noch wenig erforscht.

Versorgung

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Seit dem 8. Mai 2024 regelt eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses die Versorgung von Long-COVID, ME/CFS und Patienten, die nachfolgend einer Impfung zur Prophylaxe einer COVID-19-Erkrankung Long-COVID-ähnliche Symptome aufweisen.[7] Die genannte Richtlinie sieht dazu u. a. eine gezielte Behandlungskoordination und einen Behandlungsplan vor.

Impfsurveillance und Impfstoff-Pharmakovigilanz des Paul-Ehrlich-Instituts

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Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht quartalsweise Sicherheitsberichte über Verdachtsfallmeldungen von Impfnebenwirkungen und Impfkomplikationen mit den zugelassenen COVID-19-Impfstoffen und bewertet diese. In seinem Sicherheitsbericht vom September 2022, der den Zeitraum seit dem Beginn der Impfkampagne in Deutschland, vom 27. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2022, einbezieht, nahm das PEI erstmals Bezug auf „Post-Vac“ und untersuchte „Verdachtsmeldungen über lange andauernde Beschwerden nach COVID-19-Impfung“.[8] Dabei stellte das PEI mithilfe einer „Observed-versus-Expected“ (OvE)-Analyse kein Risikosignal bei chronischem Müdigkeitssyndrom, Posturalem Tachykardiesyndrom und Long-COVID-ähnlichen Beschwerden im Zusammenhang mit COVID-19-Impfstoffen fest. Das heißt, dass diese gemeldeten Fälle im gleichen Zeitraum nicht häufiger auftraten als bei einer vergleichbaren, aber ungeimpften Bevölkerungsgruppe.[8]

Das PEI weist auch darauf hin, dass nach den Ergebnissen von Studien aus dem Vereinigten Königreich und Italien eine COVID-19-Impfung offenbar auch vor Long-COVID schützt.[8]

Bericht 2022

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Im Rahmen des Sicherheitsberichts wurde das Aufkommen von Verdachtsfallmeldungen aus Deutschland näher beleuchtet. Da in der Nebenwirkungsdatenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EudraVigilance) bis zum Untersuchungszeitpunkt im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 54,6 % der Meldungen von „Post-Vac“-Symptomen (berücksichtigt wurden: Chronisches Erschöpfungssyndrom, Post-Vac, Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom, Long COVID) aus Deutschland stammten, Deutschland aber nicht 55 % der Impfungen im EWR durchführte, konnte ein „Berichts-Bias“ durch die unverhältnismäßig hohe „Post-Vac“-Berichterstattung in Deutschland nicht ausgeschlossen werden. Die deutschen Nebenwirkungsmeldungen stammten mehrheitlich von den Patienten selbst.[8]

Bericht 2023

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Das PEI berichtete in Juni 2023, dass gut die Hälfte auch der weltweit gemeldeten Fälle (Sachstand Mai 2023) zu Long-Covid-ähnlichen Symptomen nach einer Covid-19 Impfung („Post-Vac-Syndrom“) aus Deutschland stammen.[9] Der Epidemiologe Timo Ulrichs (Akkon-Hochschule Berlin) erklärte dazu, es sei „offensichtlich, dass in Deutschland nicht anteilig mehr Nebenwirkungen nach Impfungen auftreten als in anderen Ländern“, und sprach ein einfacheres Meldesystem bzw. eine impfkritischere Haltung als Hypothesen an, die geprüft werden müssten. Der Virologe Friedemann Weber (Justus-Liebig-Universität Gießen) vermutet als Ursache die verstärkt negativen Meldungen über die Impfung in Deutschland und erklärte: „Von daher wundert mich nicht, wenn Deutschland Exportweltmeister bei den Meldungen von Verdachtsfällen ist.“[10]

Stellungnahme 2023

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In einer Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts zum Thema „Post-Vac-Syndrom“ nach COVID-19-Impfung vom 19. Mai 2023 wurde darauf hingewiesen, dass in Deutschland bis zu diesem Datum über 192 Millionen COVID-19-Impfungen durchgeführt worden waren. Die Melderate für Verdachtsfälle, die im Zusammenhang mit den in den Sicherheitsberichten genannten und „Post-Vac“ zugeschriebenen Symptomkomplexen stünden, betrage weniger als ein Verdachtsfall pro 100.000 Impfungen (0,73/100.000), was darauf hinweise, dass solche Verdachtsfälle extrem selten seien.[9]

Post-Vax-Sprechstunde

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Seit Anfang 2022 bietet das Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg neben einer interdisziplinären Post-COVID-Ambulanz eine Spezialsprechstunde „Post-Vax“ an. Sie richtet sich an Personen mit lange anhaltenden Beschwerden, die in zeitlichem Zusammenhang nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 aufgetreten sind, sowie an Patienten mit Herzbeschwerden nach einer Infektion mit COVID-19.[11]

Außerdem werden Post-Vac-Betroffene in der neurologischen Post-COVID-19-Sprechstunde an der Klinik für Neurologie der Charité in Berlin betreut, allerdings nur bei primär neurologischer Manifestation.[12] Dort ist auch eine Online-Konsultation möglich, die jedoch seit April 2022 nicht mehr von den Krankenkassen als Regelleistung getragen wird.[13]

Zudem haben sich in vielen deutschen Städten und Gemeinden Selbsthilfegruppen gebildet.[14]

Sogenannte ImpfSurv-Studie

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Die Charité in Berlin hat sich von Aussagen eines ihrer Stiftungsprofessoren zur Häufigkeit von Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung distanziert. Harald Matthes, Stiftungsprofessor für Integrative und Anthroposophische Medizin, hatte nach Online-Befragungen[15] im Rahmen seiner sogenannten ImpfSurv-Studie behauptet, dass es eine Untererfassung an Nebenwirkungen beim zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gebe. Andererseits hat die Charité die Beendigung dieser Studie zugelassen. Er will nachgewiesen haben, dass bei 0,8 Prozent der Impfungen schwere Nebenwirkungen aufgetreten seien – also bei einem von 125 Geimpften.[16] Die Charité kam dagegen zu dem Schluss, dass „sich ein Sicherheitsprofil […] ohne ärztliche Beurteilung eines kausalen Zusammenhangs zum verabreichten Impfstoff nicht medizinisch-wissenschaftlich valide erarbeiten“ lässt. Der Begriff „schwere Nebenwirkungen“ sei weder im Ethikantrag der Untersuchung noch im Studienprotokoll definiert. Zudem hätten Personen mehrfach und ungeprüft an der Umfrage teilnehmen können.[17]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Felix Scholkmann, Christian-Albrecht May: COVID-19, post-acute COVID-19 syndrome (PACS, “long COVID”) and post-COVID-19 vaccination syndrome (PCVS, “post-COVIDvac-syndrome”): Similarities and differences. In: Pathology – Research and Practice. Band 246, 1. Juni 2023, ISSN 0344-0338, S. 154497, doi:10.1016/j.prp.2023.154497, PMID 37192595, PMC 10154064 (freier Volltext) – (sciencedirect.com [abgerufen am 25. Juli 2024]).
  2. a b c Anna Katharina Mundorf, Amelie Semmler, Harald Heidecke, Matthias Schott, Falk Steffen, Stefan Bittner, Karl J. Lackner, Karin Schulze-Bosse, Marc Pawlitzki, Sven Guenther Meuth, Frank Klawonn, Jana Ruhrländer, Fritz Boege: Clinical and Diagnostic Features of Post-Acute COVID-19 Vaccination Syndrome (PACVS). In: Vaccines. Band 12, Nr. 7, Juli 2024, ISSN 2076-393X, S. 790, doi:10.3390/vaccines12070790 (mdpi.com [abgerufen am 25. Juli 2024]).
  3. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Post COVID und Post-Vakzin-Syndrom: Die Pandemie nach der Pandemie. 31. März 2023, abgerufen am 25. Juli 2024.
  4. Beschreibung Long-Vax PMC 2024.
  5. Stephan Guevara Kamm, Timo Limbach: Post-Vac-Syndrom – langfristig Krank nach COVID-19-Impfung. In: Bayerisches Ärzteblatt. Bayerische Landesärztekammer, München, 4. September 2024, archiviert vom Original am 5. September 2024; abgerufen am 9. September 2024.
  6. Elisabeth Schieffer, Bernhard Schieffer: The rationale for the treatment of long-Covid symptoms – A cardiologist's view. In: Frontiers in Cardiovascular Medicine. Band 9, 15. September 2022, ISSN 2297-055X, doi:10.3389/fcvm.2022.992686, PMID 36186977, PMC 9520195 (freier Volltext) – (frontiersin.org [abgerufen am 25. Juli 2024]).
  7. Long-COVID-Richtlinie: Erstfassung – Gemeinsamer Bundesausschuss. Abgerufen am 25. Juli 2024.
  8. a b c d Sicherheitsbericht. (PDF; 1.020 KB) In: pei.de. Paul-Ehrlich-Institut – Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, 7. September 2022, abgerufen am 14. September 2022., Abschnitt 5.2
  9. a b Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts zum Thema „Post-Vac-Syndrom“ nach COVID-19-Impfung. In: Paul-Ehrlich-Institut. 19. Mai 2023, abgerufen am 21. März 2024.
  10. Experten rätseln: Long-Covid-Symptome nach Impfung? Hälfte aller Verdachtsfälle aus Deutschland gemeldet. In: FOCUS online. Abgerufen am 8. Juli 2023.
  11. „Das Thema ist zu lange totgeschwiegen worden“. In: FAZ. 3. April 2023, abgerufen am 22. April 2023.
  12. Kathrin Gießelmann, Mirjam Martin: Post-Vac-Syndrom: Seltene Folgen nach Impfung. In: Deutsches Ärzteblatt 2022; 119(19): A-862 / B-714
  13. https://neurologie.charite.de/fuer_patienten/ambulante_behandlung/
  14. Lara Bitzer, Caroline Reischl, Ralf Kölbel: Wie verbreitet ist das Post-Vac-Syndrom? In: swr.de. Südwestrundfunk, 23. Januar 2023, abgerufen am 22. Februar 2023.
  15. https://www.charite.de/fileadmin/user_upload/portal/forschung/praesentationsplattform_klinische_studien/11647-ImpfSurv_Flyer_41.pdf
  16. Nebenwirkungen von COVID-Impfungen: Charité distanziert sich von umstrittener Studie. In: zm-online, 18. Mai 2022
  17. Charité distanziert sich von Umfrage zu Impf-Nebenwirkungen. Pharmazeutische Zeitung, 27. Juni 2022.