Das Panorama deutscher Kolonien war eine in den 1880er Jahren errichtete Rotunde, in der ein 360-Grad-Panorama gezeigt wurde. Es befand sich in Berlin, Wilhelmstraße 10 /Friedrichstraße 236[1] im heutigen Ortsteil Berlin-Kreuzberg. Das Gebäude wurde 1891 abgebrochen.

Panorama deutscher Kolonien in der Wilhelmstraße

Nachdem das Deutsche Reich in den Jahren 1884 und 1885 in die Reihe der Kolonialmächte eingetreten war, entwickelte sich ein großes Interesse des Bürgertums an Afrikaliteratur und bildlichen Darstellungen aller Art, zu denen auch das Panorama deutscher Kolonien gehörte. Es war nach dem National-Panorama in der Herwarthstraße am Tiergarten und dem Sedan-Panorama am Bahnhof Alexanderplatz das dritte Panorama in Berlin. Den Auftrag für das 115 Meter lange Rundbild hatte der aus Afrika zurückgekehrte Maler Hans Petersen erhalten, der den landschaftlichen und maritimen Teil des Bildes entwarf, während der militärische Teil vom Münchener Schlachtenmaler Professor Louis Braun stammte. Die eigentliche Ausführung erfolgte durch die Maler Biberstein, Leopold Schönchen (1855–1935), Günther und Boller aus Karlsruhe und Berlin. Dargestellt wurde die afrikanische Tropenlandschaft an der Mündung des Kamerunflusses und der „Kampf unserer Marine im Dezember 1884 gegen die rebellischen Hickory- und Joß-Neger“.

Der Bauunternehmer und Architekt Carl Planer ließ für das Panorama im Juli 1885 nach eigenen Entwürfen auf dem Hinterland seiner zuvor erworbenen Grundstücke Wilhelmstraße 10 und Friedrichstraße 236 einen Eisenfachwerkbau mit Kuppeldach errichten. Eine Besonderheit war die derzeit noch seltene elektrische Beleuchtung nach dem „System Edison“. Im Sockelgeschoß befanden sich außer der Kraftstation noch Ausstellungsräume mit ethnologischen Schauobjekten und drei großen, neun Meter breiten Dioramen. Diese zeigten den „Empfang des befreundeten Königs Bell durch den Admiral Knorr auf der Kreuzerfregatte Bismarck“, die „Beschießung der Heckory-Stadt am 21. Dezember 1884“[2] und das „Innere einer deutschen Faktorei an der Goldküste“.

Am 17. Dezember 1885 eröffnete das Panorama, erfreute sich anfangs großer Beliebtheit und wurde sogar von Angehörigen des Herrscherhauses besucht. Nachlassendes Interesse führte 1887 zur Verlegung nach Dresden und 1889 nach München.[3]

In dem Berliner Gebäude zeigte Planer im Jahr 1888 ein „Nordland-Panorama“, das die Maler Josepf Krieger und Johann Adalbert Heine (1865–1910) angefertigt hatten. Es zeigte eine Gebirgslandschaft aus den Lofoten, dem Raftsund und den Vesterålen-Inseln in Norwegen. Der Betrachter befand sich inmitten schneebedeckter Berge und eisiger Gletscher auf dem Berg Digermulkollen, der am 21. Juli 1889 von Kaiser Wilhelm II. auf seiner Nordkap-Fahrt bestiegen wurde. Im Sockelgeschoß des Gebäudes wurden außerdem drei Dioramen gezeigt: „Polarnacht in Hammerfest“, „Mitternachtssonne am Nordkap“ und „Nordlicht an der Westküste Spitzbergens“. Die Skizzen für die Gemälde waren von den Künstlern an Ort und Stelle aufgenommen worden.[4]

Da sich auch dieses Panorama nicht halten konnte, wurde das Gebäude 1891 abgebrochen. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks Friedrichstraße Nr. 236 eröffnete 1894 das Privattheater Lustspielhaus.

Literatur

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  • Ansicht des "Panoramas deutscher Colonien" in der Wilhelmstraße. In: Archiv-Verlag (Hrsg.): Berlin-Archiv. Braunschweig 1980, S. Sammelblatt 05082.
  • Karl Hermann: Das Kamerun-Rundgemälde in Berlin. In: Augsburger Abendzeitung (Hrsg.): Der Sammler. Band 54, Nr. 153. C. Wirth, Augsburg 1885, S. 5–7 (Volltext in der Google-Buchsuche).
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  • Martin W. Rühlemann: Raub der Königsinsignie PDF. Abgerufen am 30. Juli 2024

Einzelnachweise

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  1. Anzeige in: Illustrirter Katalog. Berliner Verlag-Comtoir, Berlin 1886, S. 37. (Volltext in der Google-Buchsuche).
  2. https://reichskolonialamt.de/inhalt/hickory/der_erste_sieg.htm Beispiel Reichskolonialamt
  3. Tagesneuigkeiten. In: Bayerischer Kurier. Band 33, Nr. 304. Lentner, München 1889, S. 3 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  4. Nic Leonhardt: Piktoral-Dramaturgie, visuelle Kultur und Theater im 19. Jahrhundert (1869–1899), zitiert auf Piktoral-Dramaturgie, 2007, S. 86.

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