Der Begriff Netzdurchleitung suggeriert die Belieferung eines Stromkunden durch einen Stromlieferanten seiner Wahl über ein fremdes Stromnetz. Dabei wird der falsche Eindruck erweckt, elektrischer Strom würde von A nach B physikalisch „durchgeleitet“. In Wirklichkeit handelt es sich um ein virtuelles Verrechnungsmodell für gelieferte elektrische Energie, bei dem es auch um die Verteilung der Netzkosten geht.[1] Anstatt einer physikalischen Durchleitung findet vielmehr eine Verrechnung unter den Anbietern und Netzbetreibern statt. Dafür werden zwischen den einzelnen Teilsystemen Prozessdaten ausgetauscht.[1]

Grobe Struktur eines Stromnetzes

Tatsächlich wird die bezogene elektrische Energie – unabhängig vom Liefervertrag – immer von den nächstgelegenen Kraftwerken geliefert, da der Strom sich seinen Weg sucht, wie er will. Die meisten Verbraucher erhalten ihren Strom aus dem Ortsnetz (siehe Abbildung). Das Ortsnetz wiederum ist ein Mittelspannungsnetz, das wiederum an das Hochspannungsnetz angekoppelt ist, an das die (größeren) Kraftwerke angeschlossen sind.

Beispiel:
Wenn jemand in der Nähe eines Kernkraftwerkes lebt, wird er (wahrscheinlich) von diesem mit Energie beliefert. Er kann aber einen Vertrag mit einem Stromhändler in Schweden schließen, der ihm Strom aus Windkraftwerken verkauft, die am Rand der Nordsee betrieben werden. An diesen Stromhändler bezahlt er die Energiekosten, die sich aus den Entstehungskosten und den Netznutzungsentgelten zusammensetzen. Umgekehrt können Stromkunden in der Umgebung des Windparks Strom von einem entfernten Kernkraftwerk bestellen.

Aber natürlich kann es ihnen trotzdem passieren, dass 'ihr' Strom zeitweise in Wirklichkeit von der PV auf dem Dach des Nachbarn kommt.

Aktuellere Ausnahmeregelungen (z. B. Mieterstrom) sind im EnWG, §42a beschrieben[2].

Im Falle der sogenannten „Netzdurchleitung“ differenziert sich der Strompreis für den Kunden in den eigentlichen Energieanteil und in die Kosten der Netzdurchleitung.[1] Die Netznutzungsentgelte für die Netzdurchleitung bzw. Netznutzung unterliegen dabei einer Preisregelung oder Preisaufsicht durch eine dafür eingesetzte Stelle (z. B. Behörde, Regulator, Kartellgericht).

Die Möglichkeit zur Netzdurchleitung wurde durch den Erlass der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt vom 19. Dezember 1996 und deren Umsetzung in deutsches Recht geschaffen. Die rechtlichen wie organisatorischen Maßnahmen für die Umsetzung dieser Rechtslage werden bei den Energieversorgern auch als „Unbundling“ (Entflechtung) bezeichnet.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c T. Schaub, M. Tschudi: Datenmanagement und Abrechnung von Netzdurchleitung. In: e&i – Elektrotechnik und Informationstechnik. (ISSN 0932-383X) Bd. 117, H. 10 (Oktober 2000), S. 681–683.
  2. https://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/__42a.html