Naupa Iglesia

archäologische Stätte in Peru

Naupa Iglesia (spanisch Iglesia ‚Kirche‘), auch Ñaupa Iglesia, Naupa Huaca, Ñaupa Waka (Ñaupa für „uralt, aus früheren Zeiten“)[1] Wak'a für „heiliger Ort oder heiliger Gegenstand“, also etwa „heiliger Ort aus früheren Zeiten“; Höhle von Choquequilla (Quechua für „Goldmond“), der goldene Mond oder Mondtempel,[2] ist eine archäologische Stätte in der Nähe von Pachar Peru wenige Kilometer von Ollantaytambo entfernt.

Granit-„Schrein“ von Naupa Iglesia mit sitzartigen Ausarbeitungen[A 1] und „Steinvorsprüngen

Der Ort ist Pilgerstätte für Esoteriker und Gegenstand von Spekulationen verschiedenster Art.[3]

Lage Bearbeiten

Die Höhle liegt am Berghang über verfallenen landwirtschaftlichen Inka-Terrassen oberhalb des Río Huarocondo, fünf Kilometer südöstlich von Ollantaytambo und vierzehn Kilometer westlich von Urubamba in einer Höhe von 3627 Metern über dem Meeresspiegel. Erreichbar sind die Ruinen über eine zentrale Treppe, die die Terrassen hinaufführt.[4]

Beschreibung Bearbeiten

 
Reihe doppelt gerahmter Nischen mit äußeren abgestuften Laibungen in Tiwanaku, analog zu denen in Choquequilla.

Naupa Iglesia ist eine Höhle, deren flache Steinflächen ein umgekehrtes „V“ bilden.[4] An einer Felswand der Höhle befindet sich ein äußerst präzise gefertigtes „Scheintor“ (englisch false doorway), das wie im Fall von Aramu Muru ins Nichts führt.

Vor der Höhle steht eine abstrakte, symmetrische, stufenförmige Skulptur aus schwarzem Granit, die allerdings stark beschädigt ist, da der obere Teil durch Schatzgräber weggesprengt wurde. Über dem Stufensymbol ist heute noch die Stelle sichtbar, wo die Sprengpatrone eingesetzt wurde.[5]

Sie wird von einer Mauer flankiert, die aus zwei Reihen von vier Nischen eines bestimmten Typs besteht, was nach Gullberg und Malville die Bedeutung des Ortes unterstreicht.[A 2] Bei den Nischen dieser Mauer handelt es sich um Nischen im Tiwanaku-Stil.[6] Diese doppelt gerahmten Nischen sind selten in der Region Cusco anzutreffen und sie erinnern nach Jean-Pierre Protzen an ein Tiwanaku-Design. In Choquequilla gibt es zwei Variationen der doppelt gerahmten Nischen: die regulären einfachen doppelt gerahmten Nischen und die doppelt gerahmten Nischen mit äußeren abgestuften Laibungen.[7]

Zusätzlich gibt es unmittelbar nördlich der Höhle eine kleine Gebäudestruktur mit Nischen, Türen und Fenstern im Mauerwerk.[4]

Deutung Bearbeiten

Einige Bezeichnungen für die Stätte legen Mondzeremonien nahe.[2] Die Skulptur aus schwarzem Granit bezeichnet Scott C. Smith als „Altar“,[8] wohingegen Steven Gullberg und J. McKim Malville sie als „Schrein“ bezeichnen.

Nach Adam Herring (Spezialist für die Kunst des präkolumbischen Amerikas) könne die Höhle von Choquequilla möglicherweise mit der Anden-Weltanschauung t’oqo identifiziert werden; die Ahnenhöhle der Ethnogenese und dynastischen Entstehung. Laut dieser Mythologie war die Höhle ein Portal der Erscheinung der mythischen Vorfahren in die menschliche Welt. Bei den Inka war die Form des quadratischen Rahmens weit verbreitet, um den t’oqo darzustellen.[9] Nach der Historikerin Carolyn Dean würden Stufensymbole symbolisch für den Eintritt in unterschiedliche kosmische Sphären und die Kommunikation mit den Ahnen-Wesen stehen.[10]

Archäoastronomie Bearbeiten

Laut dem Archäoastronomen Steven Gullberg erleuchtet der Aufstieg der Sonnenwende die Höhle hell. Ebenso dramatisch könne das Licht eines aufgehenden Vollmondes wirken.[2]

Ähnliche Stätten Bearbeiten

Die Skulptur aus schwarzem Granit ähnelt derjenigen Struktur in Ollantaytambo, die auch als „Baño de la Ñusta“ bekannt ist.[12][2]

Nach César Paternosto gebe es eine formale Ähnlichkeit der „Höhle von Choquequilla“ mit Tiwanaku-Architektur. Allerdings müsse diese formale Ähnlichkeit durch die herausragende konstruktive Symbolik der Inka stark infrage gestellt werden. In diesem Fall sei nach Ansicht von César Paternosto die massive trapezoide Gestalt des Monuments ausschlaggebend. Das Stufenmotiv sei in allen Kulturen des alten Amerika weit verbreitet gewesen und weit davon entfernt, exklusiv mit Tiwanaku assoziiert zu sein. Dies müsse nach Paternosto auch bei der formalen Ähnlichkeit der Mauer der sechs Monolithen mit Tiwanaku-Architektur berücksichtigt werden (siehe Mögliche ursprüngliche Errichtung durch Tiwanakaner).[13]

Ähnliche Stufenskulpturen nahe Höhleneingängen finden sich ebenso bei Qenko und Sacsayhuamán.[14]

Literatur Bearbeiten

  • Nicolás Arredondo Dueñas: Informe de investigación arqueológica Ñaupa Iglesia-Ollantaytambo. Informe presentado al Ministerio de Cultura, Dirección de Investigación y Catastro, Subdirección de Investigación, Lima, 2009
  • A. César González-García “The Marriage of Astronomy and Culture: Theory and Method in the Study of Cultural Astronomy”: The 24th Conference of the European Society for Astronomy in Culture, Bath, UK, 12th–16th September, 2016. Journal of Skyscape Archaeology 3.1 (2017), S. 205, 5.2 Choquequilla

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Alfons Stübel und Max Uhle schreiben über die sitzartigen Ausarbeitungen: „Es ist merkwürdig, wie häufig die sitz-, sessel- und verwandten treppenartigen Ausarbeitungen zu Paaren, dreifach, oder vierfach eng verbunden sind.“ (Stübel und Uhle 1892, Zweiter Teil, S. 30)
  2. Die obere Reihe zeigt den Typ Nischen, die sich fast ausschließlich in Tiwanaku finden (nach Protzen und Nair 2013, Nischen des Typs 2a).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Günter Holtus, Michael Metzeltin, Christian Schmitt: Aragonesisch/Navarresisch, Spanisch, Asturianisch/Leonesisch. Band. 6. Walter de Gruyter, 2010, S. 335
  2. a b c d Steven R. Gullberg: Astronomy of the Inca Empire: Use and Significance of the Sun and the Night Sky. Springer Nature, 2020, S. 241.
  3. Ñaupa Iglesia merece ser revalorizado según especialistas. El Comercio, 7. Januar 2013, abgerufen am 18. September 2022 (es).
  4. a b c A. César González-García “The Marriage of Astronomy and Culture: Theory and Method in the Study of Cultural Astronomy”: The 24th Conference of the European Society for Astronomy in Culture, Bath, UK, 12th–16th September, 2016. Journal of Skyscape Archaeology 3.1 (2017), S. 205
  5. Andreas Lommel: Peruanische Kunst: Ausstellung des Staatlichen Museums für Völkerkunde München. Staatliches Museum für Völkerkunde, 1956, S. 3.
  6. Mark Aldenderfer, Amanada Cohen, Charles Stanish: Advances in Titicaca Basin Archaeology-1. Band 54. ISD LLC, 2005. S. 241.
  7. Jean-Pierre Protzen: Inca Architecture beyond the Cusco Region. In: R. Alan Covey, Sonia Alconini (Hrsg.): The Oxford Handbook of the Incas. Oxford University Press, Oxford 2018, hier S. 637.
  8. Scott Cameron Smith: The step mountain motif in Tiwanaku iconography. Boundary End Archaeology Research Center (2012), S. 17.
  9. Adam Herring: Art and vision in the Inca Empire: Andeans and Europeans at Cajamarca. Cambridge University Press, 2015, S. 64.
  10. Carolyn J. Dean: A culture of stone: Inka perspectives on rock. Duke University Press, 2010, S. 34
  11. Jean-Pierre Protzen: Inca Quarrying and Stonecutting. Band 21. Ñawpa Pacha, S. 210.
  12. Steven R. Gullberg: Astronomy of the Inca Empire: Use and Significance of the Sun and the Night Sky. Springer Nature, 2020, S. 247.
  13. César Paternosto: The stone and the thread: Andean roots of abstract art. University of Texas Press, 1996, S. 140.
  14. Carolyn J. Dean: A culture of stone: Inka perspectives on rock. Duke University Press, 2010, S. 34

Koordinaten: 13° 17′ 20,3″ S, 72° 13′ 48,2″ W