Mutual Aid Disaster Relief

Bündnis

Mutual Aid Disaster Relief (kurz: MADR, deutsch etwa: Gegenseitige Katastrophenhilfe) ist ein gemeinnütziges, dezentrales Bündnis mehrerer hundert Graswurzelbewegungen, lokaler Initiativen und Organisationen zur Katastrophenhilfe und -prävention nach dem Prinzip gegenseitiger Hilfe. Die Mitglieder sind vor allem in den Vereinigten Staaten (USA) ansässig.

Historie

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Versorgungszentrum der initialen Common Ground Relief in New Orleans nach Hurrikan Katrina

Als historische Bezüge für die eigene Tätigkeit nennt Mutual Aid Disaster Relief die Selbsthilfe der einheimischen Bevölkerung beim Erdbeben von Mexiko-Stadt 1985 und den Terroranschlägen vom 11. September 2001, bei denen unter anderem gemeinsam Räumarbeiten und die Einweisung von Rettungskräften vorgenommen wurden. Als Gründungszeitpunkt des Netzwerks wird die Einrichtung der Common Ground Clinic, eines selbstorganisierten medizinischen Versorgungzentrums, im Zuge der Katastrophe um Hurrikan Katrina 2005 erachtet, wo es bereits im Vorfeld der Hurrikans zum Zusammenbruch öffentlicher Infrastrukturen kam.[1] Später bildeten sich weitere Ad-hoc-Netzwerke ähnlicher Art wie Occupy Sandy, das Schäden und intakte Gebäude kartierte, Hilfslieferungen koordinierte und über die Katastrophe hinaus fortbestehende Verteilzentren und Gemeinschaftsküchen einrichtete.

Zu weiteren überregional beachteten Engagementfeldern des Bündnisses gehörten beispielsweise Tätigkeiten während der COVID-19-Pandemie. Dabei stellten Initiativen nicht nur persönliche Schutzausrüstung in Form von Masken und Hygieneartikeln her, sondern leisteten zum Teil auch psychosoziale Notfallversorgung und Betreuung.

Inzwischen bilden die Mitgliedsorganisationen von MADR ein weites Spektrum weiterer Einsatzoptionen für verschiedene Naturkatastrophen ab. Dabei bietet MADR als Dachorganisation für verschiedene Zielgruppen auch dauerhafte Telefon-Hotlines für Not- und Katastrophenfälle an.

Arbeitsweise

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Solidarität, keine Wohltätigkeit – Zentrales Motto von Mutual Aid Disaster Relief

Mutual Aid Disaster Relief wird als „Alternative zur sowohl markt- als auch staatsbasierten Notfallvorsorge“ erachtet.[2][3] Dabei wird die Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren situationsabhängig als kooperativ, ergänzend oder antagonistisch beschrieben.[4]

Als Grundwerte der Zusammenarbeit bezeichnet das Netzwerk:[5]

  1. Solidarität, keine Almosen
  2. Selbstbestimmung von Betroffenen und Communities
  3. Führung von unten (mandar obedeciendo) und Subsidiarität
  4. Autonomes direktes Handeln
  5. Intersektionalität in der Bedarfs- und Ursachenermittlung
  6. Nachhaltigkeit beim Wiederaufbau
  7. Dual Power, im Sinne präfigurativer Governance
  8. Kollektive Befreiung

Ein nicht unwesentlicher Teil der Gründungsmitglieder beteiligte sich an der Occupy-Bewegung. Bekanntere Mitglieder sind beispielsweise das genossenschaftliche Netzwerk Cooperation Jackson. Überregional aktive Mitglieder sind unter anderem die Umwelt- und Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion (XR) und die Gewerkschaft Industrial Workers of the World (IWW).[6]

Siehe auch

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Literatur (Auswahl)

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  • Miriam Belblidia, Chenier Kliebert: Mutual Aid: A Grassroots Model for Justice and Equity in Emergency Management. In: Community, Environment and Disaster Risk Management. Emerald Publishing Limited, 2022, ISBN 978-1-83982-333-6, S. 11–30, doi:10.1108/s2040-726220220000025002.
  • Jimmy Dunson (Hrsg.): Building Power While the Lights Are Out: Disasters, Mutual Aid, and Dual Power. Rebel Hearts Publishing, Tampa 2022, ISBN 978-0-9972063-7-1.
  • Zoltán Grossman: The Resilience Doctrine. Disaster Collectivism in the Climate and Pandemic Crises. Vierteilige Artikelserie. Evergreen State College, Olympia Februar 2021 (evergreen.edu).
  • Zoe Kenney: Solidarity, not Charity. Mutual Aid in Natural Disaster Relief. Northern Arizona University, April 2019 (mutualaiddisasterrelief.org [PDF]).
  • Tiffany Knearem, Jeongwon Jo, Oluwafunke Alliyu, John M. Carroll: Solidarity not Charity! Empowering Local Communities for Disaster Relief during COVID-19 through Grassroots Support. In: Computer Supported Cooperative Work (CSCW). 18. Januar 2024, ISSN 0925-9724, doi:10.1007/s10606-023-09484-5.
  • Robert Soden, Embry Owen: Dilemmas in Mutual Aid: Lessons for Crisis Informatics from an Emergent Community Response to the Pandemic. In: Proceedings of the ACM on Human-Computer Interaction. Band 5, CSCW2, 13. Oktober 2021, ISSN 2573-0142, S. 1–19, doi:10.1145/3479862.
  • Dean Spade: Mutual aid: building solidarity during this crisis (and the next). Verso, London / New York 2020, ISBN 978-1-83976-212-3.
  • Dean Spade: Solidarity Not Charity. In: Social Text. Band 38, Nr. 1, 1. März 2020, ISSN 0164-2472, S. 131–151, doi:10.1215/01642472-7971139.
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Einzelnachweise

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  1. About. In: Mutual Aid Disaster Relief. Abgerufen am 4. Juni 2024 (amerikanisches Englisch).
  2. Rhiannon Firth: Disaster Anarchy. Mutual Aid and Radical Action. Pluto Press, London 2022 (oapen.org [PDF]).
  3. Nour Shimei: “Though We Are Often Invisible, We Are Always Taking Care of Each Other”: Mutual Aid Among Sex Workers. In: Sex Work, Labour and Relations. Springer International Publishing, Cham 2022, ISBN 978-3-03104604-9, S. 291–314, doi:10.1007/978-3-031-04605-6_12 (springer.com [abgerufen am 4. Juni 2024]).
  4. Jack Rendall, Maeve Curtin, Michael J. Roy, Simon Teasdale: Relationships between community-led mutual aid groups and the state during the COVID-19 pandemic: complementary, supplementary, or adversarial? In: Public Management Review. Band 26, Nr. 2, Februar 2024, ISSN 1471-9037, S. 313–333, doi:10.1080/14719037.2022.2084769, PMID 38818046, PMC 11138323 (freier Volltext) – (tandfonline.com [abgerufen am 4. Juni 2024]).
  5. Grundwerte. In: Mutual Aid Disaster Relief. Abgerufen am 4. Juni 2024.
  6. Co-Verschwörer. Abgerufen am 4. Juni 2024.