Moor-Versuchsstation in Bremen

niedersächsische agrarwissenschaftliche Forschungsstation in Bremen
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Die Moor-Versuchsstation in Bremen (umbenannt: Bodentechnologisches Institut[1][2]) war eine agrarwissenschaftliche Forschungs- und Versuchseinrichtung. Die staatliche (anfangs preußische, später niedersächsische) Institution hatte ihren Hauptsitz in Bremen.

Ziel und Aufgabe der Station war die Erforschung der bodenkundlichen, -ökologischen, hydrogeologischen und sonstigen Zusammenhänge in Ödlandböden (Moor-, Heide-, Sumpfland, …) sowie deren Einfluss auf das Pflanzenwachstum. Basierend auf den Erkenntnissen entwickelte und erprobte die Station praktische Verfahren, um solche schwierigen Böden zu kultivieren und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen.[3]

Die 1877 gegründete Station in Bremen war die erste Moorversuchsstation in Deutschland. Später folgten nach ihrem Vorbild zahlreiche ähnliche Stationen in anderen Teilen Deutschlands und im Ausland – die Station in Bremen behielt aber die führende Rolle auf dem Gebiet der Moorkultivierung. Bis 2008 existierte als Nachfolger das staatlich-niedersächsische Bodentechnologische Institut des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (NLfB).

Geschichte Bearbeiten

 
Siegelmarke der Moorversuchsstation Bremen

Gegründet wurde die Station 1877[1][3] nach einer Anregung von Friedrich Nobbe, welche von der Nordwestdeutschen Gesellschaft gegen das Moorbrennen,[1] insbesondere namentlich Franz Buchenau, Gustav W. Focke und August Lammers, aufgegriffen und bis zur Realisierung verfolgt wurde.[4] Auf Anraten des Ministerialdirektors Eduard Marcard installierte der preußische Landwirtschaftsminister Friedenthal die Versuchsstation als staatlich-preußische Institution und ordnete sie der kurz zuvor gegründeten Zentralmoorkommission zur wissenschaftlichen Beratung und Unterstützung zu.[4] Da Bremen nicht zu Preußen gehörte und somit eigentlich nicht Sitz einer staatlich-preußischen Institution sein konnte, wurde ein spezieller Kooperationsvertrag geschlossen, der dies erlaubte.

An der materiellen, finanziellen und personellen Grundausstattung der Station beteiligten sich neben dem preußischen Landwirtschaftsministerium auch der Bremische Staat, der Naturwissenschaftliche Verein,[5] der Landwirtschaftliche Verein und die vorgenannte Gesellschaft gegen das Moorbrennen.[1] Anfangs hieß die Station vollständig noch Landwirtschaftliche Versuchsstation für Moor-, Sumpf- und Heideboden,[5][6] später war sie nur noch kurz als Moorversuchsstation bezeichnet. 1885 zog die Station aus ihrem provisorischen Sitz in ein neu errichtetes Gebäude am Neustadtswall in der Alten Neustadt (damals neben dem Staatlich-Bremischen Chemischen Laboratorium, nahe der heutigen Hochschule) um.[4]

Neben dem Verwaltungsgebäude in Bremen unterhielt die Station später einen Zweitsitz für das Emsland in Lingen sowie mehrere Außenstellen mit Freiversuchsflächen und Gewächshäusern in verschiedenen Moorgebieten (insbesondere im Teufelsmoor nordöstlich von Bremen, bei Lilienthal und Wörpedorf).

Ab der Gründung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten die Wissenschaftler der Moorversuchsstation Bremen die Deutsche Hochmoorkultur, bei der das Moor ohne vorherige Abtorfung durch eine Kombination aus Drainage und Bodenverbesserung mit Kunstdünger und Kalkung für die Landwirtschaft nutzbar gemacht wurde. Das bodenschonende Verfahren stellte eine deutliche Verbesserung gegenüber der bis zu diesem Zeitpunkt verbreiteten Moorbrandkultur dar. Das neue Verfahren setzte sich daher Anfang des 20. Jahrhunderts schnell als Standardverfahren in Norddeutschland und in anderen Ländern Europas durch.[3][7]

Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte die Moorversuchsstation Bremen als weitere große Neuerung gemeinsam mit dem Unternehmen Ottomeyer die Deutsche Sandmischkultur, auch Tiefpflugkultur genannt, bei der durch Tiefpflügen eine Durchmischung der Torfschicht mit darunterliegenden Sandschichten und ein Aufbrechen der wasserundurchlässigen Ortsteinschicht erreicht wurde. Dieses Verfahren, mit dem Hochmoore mit einer Torfschichtdicke von bis zu 2 Metern in Ackerland umgewandelt werden konnten, ermöglichte in den 1950er- bis 1970er-Jahren die Kultivierung und Kolonisierung vieler norddeutscher Moore.[7] Insbesondere bildete das Kulturverfahren eine wichtige Grundlage für den Emslandplan.

In Folge des Endes des Zweiten Weltkrieges 1945 wurde aus der Staatlich-Preußischen die Staatlich-Niedersächsische Moorversuchsstation. Der Sitz blieb in Bremen, jedoch wurde er Mitte des 20. Jahrhunderts aus der Alten Neustadt in den Osten von Bremen, in die Friedrich-Mißler-Straße, verlegt.

Im Jahr 1969 erfolgte eine Umorganisation, bei der die Zuordnung der Station vom Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium zum Landesamt für Bodenforschung (NLfB) verschoben wurde, welches wiederum dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. Im gleichen Zuge wurde die Station umbenannt in Bodentechnologisches Institut Bremen (BTI).[2] Das Bodentechnologische Institut wurde am 30. September 2008 geschlossen.[8]

Bedeutende Mitarbeiter Bearbeiten

Unter anderem wirkten die folgenden Wissenschaftler in der Moorversuchsstation:

Leiter (Direktoren, Vorsteher) der Station:

Sonstige Mitarbeiter:

Literatur Bearbeiten

Über die Moorversuchsstation und das Bodentechnologische Institut

  • Bruno Tacke: Die Moorversuchsstation. In: Bremen und seine Bauten. II. Teil. Schünemann, Bremen 1900, S. 356–359 (Digitalisiert in der SUUB).
  • Thorwald Kruckow: 100 Jahre Moorversuchsstation-Außeninstitut für Moorforschung und angewandte Bodenkunde in Bremen. In: Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Bremen. Band 38. Naturwissenschaftlicher Verein zu Bremen, Bremen 1977.
  • Bernhard Scheffer, Jörg Kues: 125 Jahre Moor- und Bodenforschung in Bremen (= Arbeitshefte - Boden. Heft 3/2002). Schweizerbart, Stuttgart 2002, DNB 994966555.
  • Rudolf Eggelsmann, Joachim Blankenburg: 131 Jahre Moor- und Bodenforschung in Bremen. In: TELMA - Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde. Band 39, 2009, S. 193–218, doi:10.23689/fidgeo-3021 (Volltext online über DOI verfügbar).

Publikationen der Moorversuchsstation

  • Staatliche Moor-Versuchsstation (Hrsg.): Mitteilungen über die Arbeiten der Staatlichen Moorversuchsstation in Bremen. Zeitschrift, 1952–1966. Schünemann, DNB 014139162, OCLC 72962224.
  • Kuratorium f. d. Staatl. Moor-Versuchsstation in Bremen (Hrsg.): Beiträge zur Standortverbesserung aus der Staatlichen Moor-Versuchsstation in Bremen. Zeitschrift, ab 1967. Staatliche Moor-Versuchsstation Bremen, Bremen, DNB 540056235.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Bremens älteste Forschungseinrichtung wird 125 Jahre jung. Von der Moorversuchsstation zum Bodentechnologischen Institut Bremen. Gemeinsame Presseerklärung. Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung, Bodentechnologisches Institut Bremen, Pressestelle des Senats der Freien Hansestadt Bremen, 9. August 2002, abgerufen am 24. April 2013.
  2. a b Jörg Kues, Rüdiger Bartels: Grünland in der Bodenforschung des NLfB in Bremen. In: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau. Band 1/1999. Wissenschaftlicher Fachverlag, Giessen 1999, S. 7–12 (grassland-organicfarming.uni-kiel.de [PDF]).
  3. a b c Hansjörg Küster: Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa: von der Eiszeit bis zur Gegenwart. 20. Auflage. C. H. Beck, 1999, ISBN 3-406-45357-0, S. 277.
  4. a b c Tacke 1900 (siehe Literatur)
  5. a b Der Naturwissenschaftliche Verein – heute und damals. Naturwissenschaftlicher Verein zu Bremen, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. März 2016; abgerufen am 15. April 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nwv-bremen.de
  6. Hubert Wania: Dreissig Jahre Bremen: 1876–1905. Books on Demand, 2010, ISBN 978-3-86741-370-1.
  7. a b Karlhans Göttlich, Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde (Hrsg.): Moor- und Torfkunde. 2. Auflage. Schweizerbart, 1980.
  8. siehe Literatur: Eggelsmann, Blankenburg, S. 211