Melchior Schäfer

Luth. Theologe (Pietist); Studium in Leipzig; 1709 Pastor in Holzkirch b. Lauban u. 1712 in Görlitz

Melchior Schäfer (* 28. Oktober 1682 in Lauban; † 9. Juli 1738 in Görlitz) war ein Pastor und Prediger in Görlitz, der durch seine pietistische Gesinnung in Konflikt mit der lutherischen Obrigkeit geriet.

Schäfers gleichnamiger Vater war Bürgermeister von Lauban. Melchior junior ging auf das Gymnasium in Lauban, bevor er im Jahr 1703 in Leipzig das Studium der Theologie und Philosophie begann. Unter seinem Professor Günther gehörte er einer Predigergesellschaft an. Theodor Neumann zählt daneben auch Olearius, Pröleus, Seligmann und Pipping zu Schäfers Lehrern in Leipzig. Günther führte Schäfer in Philipp Jacob Speners Schriften ein. Schäfer war so begeistert, dass er sich dem Pietismus zuwandte.

Am 4. Februar 1706 promovierte er (Titel der Disputation: De phantasia ejusque affectibus cum applicatione ad fanaticos) zum Magister der Philosophie. Vergebens suchte er nach Predigerstellen, also kehrte er im Jahr 1708 nach Lauban zurück. Im Jahr 1709 wurde er als Pfarrer nach Holzkirch berufen. Johann Christoph Schwedler übte in Holzkirch großen Einfluss auf ihn aus. Am 2. Februar 1712 wurde Schäfer Prediger an der Görlitzer Dreifaltigkeitskirche. Seit November 1713 führte er zusätzlich „besondere Erbauungsstunden“[1] und Kindergottesdienste durch. Schäfers Predigten waren pietistisch gesinnt, Bekenntnisschriften maß er wenig Bedeutung zu, dafür aber den Unternehmungen Zinzendorfs. Schäfer führte in Holzkirch Zinzendorfs Herrnhuter Gesangbuch ein und organisierte „besondere private Zusammenkünfte der Erweckten“.[1]

Mit dem Berthelsdorfer Pastor Johann Andreas Rothe und dem Baron Friedrich von Wattenwyl gehörte Schäfer dem im Jahr 1723 von Zinzendorf gegründeten „Specialbund“[1] an, der „gemeinschaftliche Überlegungen“[1] zum Pietismus organisierte.

Seine Nähe zu Zinzendorf wurde ihm schließlich zum Verhängnis. 1727 wurde Schäfer zum Oberkonsistorium nach Dresden vorgeladen. In Görlitz las er auf der Kanzel eine ihm vorgegebene Erklärung vor, um seine bisherigen Ideen und „gelegentlich scharfe[n]“[1] Ausdrücke zurückzunehmen. 1729 beschuldigte ihn der Jesuit Karl Xaver Regent in einer Schrift, unevangelisch bzw. der reichsrechtlich anerkannten Augsburger Konfession zuwider zu lehren; die Anhänger Schäfers nannte er „Schefferianer“.[2] Schäfer versuchte, sich durch eine Schrift (Herrnhut, 1730) zu verteidigen. Regent verfasste erneut eine Schäfer angreifende Schrift, worauf Schäfer sich wieder durch eine Schrift verteidigte. Auf Regents Seite schlug sich nun auch der Görlitzer Oberamtsadvocat und Senator Georg Bernhard Schuttes, der ebenfalls eine Streitschrift gegen Schäfer verfasste. Schäfer halte sich nicht an die ihm in Dresden vorgegebenen Weisungen, er sei auch dem Spiritismus und Religionsindifferentismus zugetan. Die Schrift war ein weiteres Beispiel dafür, wie schwer es die Orthodoxen Schäfer in seiner Amtsausübung machten. Schäfer begann daraufhin zu kränkeln und starb am 9. Juli 1738 im Alter von 55 Jahren an einem plötzlichen Schlaganfall.

Schäfer war verheiratet mit Martha Gehler (* 18. Oktober 1696 in Ludwigsdorf; † 11. Dezember 1752).[3][4]

  • Der ietzige Betrübte Zustand der Stadt Görlitz. 1730 (Online)
  • Dissertatio Academica De Phantasia Eiusque Effectibus Cum Applicatione Ad Fanaticos. Leipzig 1706 (Online)

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e Hermann Arthur Lier: Schäfer, Melchior. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Abgerufen am 15. Juli 2024.
  2. Karl Xaver Regent: Unparteyische Nachricht von der in Laußnitz überhandnehmenden und hieraus in die benachbarte Länder, insbesondere in Schlesien einreissenden Neuen Sect der sogenannten Schefferianer und Zinzendorffianer [...] Breslau 1729, S. 6 ff. (digitale-sammlungen.de).
  3. Paul Peucker: Herrnhut: The Formation of a Moravian Community, 1722–1732. Penn State Press, 2022, ISBN 978-0-271-09246-1 (google.de [abgerufen am 14. Juli 2024]).
  4. Christian Knauthe: Ehrenreich Gedächtnis des alten und hochangesehenen Geschlechtes derer Gehler. Fickelscherer, 1775, S. 21 f. (google.de [abgerufen am 14. Juli 2024]).