Lichtwark (Schiff)

1928 gebaute Hafenfähre, die 1946 auf der Elbe sank, später bis 1977 in Hamburg, ab 1989 als Ausflugsschiff Vista Douro auf dem Douro

Die Lichtwark war eine 1928 gebaute Hafenfähre, die 1946 im Sturm auf der Elbe sank. Dabei starben 101 Menschen. Nach der Hebung verkehrte sie noch bis 1977 in Hamburg, anschließend in Lissabon als Castelo und ab 1989 als Ausflugsschiff Vista Douro auf dem Douro.

Lichtwark p1
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Deutsches Reich Deutsches Reich
Deutschland Deutschland
Portugal Portugal
andere Schiffsnamen

Castelo (1977–1989)
Vista Douro (seit 1989)

Schiffstyp Fährschiff
Klasse Lichtwark-Klasse
Heimathafen Hamburg
Eigner HADAG
Bauwerft Stülcken-Werft, Hamburg
Baunummer 652
Stapellauf 22. Mai 1928
Verbleib in Fahrt (2023)
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 23,55 m (Lüa)
Breite 6,50 m
Tiefgang (max.) 2,20 m
Vermessung 142 BRT
 
Besatzung 4
Maschinenanlage
Maschine Verbunddampfmaschine
ab 1958: MODAG-Dieselmotor
Maschinen­leistung 250 PS
ab 1958: 280 PS
Höchst­geschwindigkeit 9,3 kn (17 km/h)
Propeller 1
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 300 (Hafenverkehr)
120 (Ausflugsschiff)

Bau und technische Daten Bearbeiten

Speziell für den Dienst im Hamburger Hafen bestellte die Hafendampfschiffahrts-Actien-Gesellschaft (HADAG) 1927 erstmals seit 1912 wieder eine ganze Schiffsklasse. Die vier Dampfer erhielten eine Dampfmaschine, da diese im Hafenbetrieb mit den vielen Manövern schneller umsteuerbar waren, als die auf Langstrecken bewährten Dieselmotoren. Das Typschiff Lichtwark – benannt nach dem Kunsthistoriker und Museumsleiter Alfred Lichtwark – wurde auf der Hamburger Stülcken-Werft unter der Baunummer 652 auf Kiel gelegt. Ihr folgten die Schwesterschiffe Brinckmann (1928, Baunummer 653), Hasse (1929, 656) und Mahler (1929, 657). Der Stapellauf der Lichtwark fand am 22. Mai 1928 statt, die Ablieferung erfolgte am Monatsende.[1][2][3]

Ihre Länge betrug 23,55 Meter, sie war 6,50 Meter breit und wies einen Tiefgang von 2,20 Metern auf. Das Schiff war mit 142 BRT vermessen. Als Antrieb wurde eine Verbunddampfmaschine der Stülcken-Werft eingebaut, die 250 PS leistete. Damit erreichte die Lichtwark 9,3 Knoten. Beim Umbau 1957/58 wurde die Maschine durch einen Vierzylinder-Dieselmotor der Modag (Motorenfabrik Darmstadt) mit 280 PS ersetzt. Das Schiff war als Fähre ursprünglich für 300 Passagiere und zuletzt als Ausflugsschiff für 120 Passagiere zugelassen. Die Besatzung bestand aus vier Mann.[4][5]

Geschichte Bearbeiten

Hamburger Hafenfähre Bearbeiten

Die HADAG stellte die Hafenfähre mit der Ablieferung am 31. Mai 1928 in Dienst. Sie setzte sie in den nächsten zehn Jahren im Hamburger Hafen ein, ohne dass besondere Vorkommnisse überliefert sind. Während des Zweiten Weltkrieges diente die Lichtwark ab 1943 als Feuerlöschboot.[6] Eine Aufgabe solcher auch als „Löschdampfer“ bezeichneten Schiffe lag in der Nutzung der Schiffspumpen zur Auffüllung der Löschteiche, darüber hinaus war die HADAG seit langem vertraglich verpflichtet, ihre Schiffe mit Feuerspritzen auszurüsten.[7] Am Kriegsende befand sich die Lichtwark zur Grundüberholung in der Werft und wurde anschließend an die HADAG zurückgegeben. Über die Reederei setzte die britische Militärregierung die Lichtwark als Verkehrsschiff ein.[6] Dabei beförderte sie Angehörige des Deutschen Minenräumdienstes zwischen Hamburg und Cuxhaven.[5]

Untergang Bearbeiten

Für eine dieser Fahrten verließ die Lichtwark am 24. Februar 1946 gegen 8.00 Uhr bei Sturm den Hafen, um 105 Soldaten des Deutschen Minenräumdienstes nach Cuxhaven zu bringen. Mit Besatzung und Transportführung befanden sich insgesamt 110 Personen an Bord des Schiffes. Trotz Sturm und Bedenken des Schiffsführers bestanden die Briten auf das Auslaufen des Schiffes. Bei Brunsbüttelkoog traf der Ebbstrom auf die aufgewühlte Nordsee und da das überkommene Wasser nicht mehr richtig ablief, versuchte der Schiffsführer das Schiff zu wenden und zurückzufahren. Dabei kenterte das Schiff und sank vor der Ostemündung (53° 52′ 33″ N, 9° 4′ 57″ O). Nur neun Personen konnten gerettet werden, 101 Menschen starben.[3][5]

Wieder in Dienst Bearbeiten

In siebentägiger Arbeit wurde die Lichtwark vom Bergungsschiff Ausdauer vom 18. bis 24. März gehoben.[8] Nach der Reparatur nahm die HADAG den Dampfer wieder in Dienst. In den Jahren 1957/58 unterzog die HADAG die Lichtwark einem größeren Umbau. Auf der Hamburger Werft Pohl & Jozwiak wurde zunächst die Verbundmaschine durch den Dieselmotor ersetzt. Zugleich erhielt das Schiff neue Aufbauten: Ihr Aussehen wurde den Fähren des Typs II angeglichen, so dass sich das Erscheinungsbild des Schiffes grundlegend änderte.[3] Noch bis 1977 setzte die HADAG das inzwischen fast 50 Jahre Schiff ein und verkaufte es am 3. Oktober 1977 nach Portugal.[4]

Fähre auf dem Tejo und Ausflugsschiff auf dem Douro Bearbeiten

Käufer des Schiffes war die Lissaboner Fährgesellschaft Transtejo & Soflusa, die 1977 von der HADAG fünf Fährschiffe ankaufte. Neben der Lichtwark, die den Namen Castelo erhielt, waren das die Typ II- und Typ III-Fähren Volksdorf (neuer Name Marvila), Ottensen (Mouraria), Othmarschen (Vouga) und Falkenstein (Porto Brandão). Anfang 1978 nahm die Castelo den Dienst auf und beförderte noch einmal rund zwölf Jahre Passagiere zwischen Lissabon am Nordufer und den Gemeinden am Südufer des Tejo.[9]

1989 verkaufte die Fährgesellschaft das Schiff an den portugiesischen Anbieter für Flusskreuzfahrten DouroAzul - Sociedade Marítimo-Turística. Das Schiff erhielt den Namen Vista Douro, neuer Heimathafen wurde Porto, wo auch der Douro in den Atlantik mündet. Die Vista Douro wurde zum Ausflugs- und Restaurantschiff umgebaut und war das erste Schiff des Anbieters. Anschließend kam es auf dem Douro in Fahrt. 2013 verkaufte Douro Azul das Schiff an Rota do Douro Cruises aus Vila Nova de Gaia. Das Unternehmen behielt den Namen des Schiffes bei und setzte es als Ausflugsschiff ebenfalls auf dem Douro ein.[10] Im September 2023 war das Schiff noch in Fahrt.[11]

Literatur Bearbeiten

  • Arnold Kludas: Hundert Jahre HADAG-Schiffe 1888–1988, Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1988, ISBN 3-7822-0446-8.
  • Gerda Steffens: Das unbekannte Unglück – Der Untergang der Lichtwark, In: Kleine „Brunsbütteler Spuren“, hrsg. v. Verein für Brunsbütteler Geschichte, Heft 8, Herbst 2011, Brunsbüttel 2011, S. 4–11, (Online-Version als PDF).
  • Luís Miguel Correia: Lisbon Ferry tales. River Tagus Steamers, Ferries and Catamarans. EIN Nautica, Lissabon 2012, ISBN 978-972-8536-18-3.
  • Luís Miguel Correia: Lisbon and its Ferries, In: Joana Vasconcelos: Trafaria Praia, Babel/Verbo, Lissabon 2013, ISBN 978-972-22-3098-8, S. 35–40 (Online-Version als PDF).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kludas, S. 21
  2. Kludas, S. 67f.
  3. a b c Kludas, S. 108
  4. a b Kludas, S. 67
  5. a b c Steffens, S. 4
  6. a b Daten und Kurzgeschichte der Lichtwark bei forum-marinearchiv.de
  7. vgl. Kludas, S. 22
  8. vgl. Hebung der Lichtwark, In: Wochenschau „Welt im Film“ vom 25. März 1946, bei filmothek.bundesarchiv.de
  9. Correia: Lisbon and its Ferries, S. 39
  10. Vistadouro – FGS – P-83-AL (Douro), bei binnenschifferforum.de
  11. Post mit Bild zum Schiff bei facebook.com/elbdampferhamburg/