Ein Kreuzdach (Kreuzgiebeldach) ist eine seltene Dachform, die aus sich einander rechtwinklig überkreuzenden Satteldächern besteht.[1]
Begriff, Funktion und Konstruktion
BearbeitenDie Bezeichnung Kreuzdach stammt von der typischen Form dieses Daches, welche sich aus der Sicht von oben ergibt, wenn die Firsthöhe gleich ist. (Dagegen gehören niedrigere Querdächer zu Zwerchhäusern.) Durch die Kreuzform entstehen am Gebäude vier Giebelseiten, die auf die Funktion solcher Dächer hinweisen: Der Zweck ist entweder repräsentativ nach außen gerichtet durch den Wunsch nach Dachsymmetrie mit zwei zusätzlichen Giebelflächen oder es ist nach innen der Wunsch nach mehr Wohnraum[2] im Dachgeschoss ursächlich.
Konstruktiv ist ein Kreuzdach – vor allem im Zimmerhandwerk – wesentlich aufwändiger als ein einfaches Satteldach herzustellen, da vier eigene Dachtragwerke mit unterschiedlich langen Sparren und Schiftungen erforderlich sind, die in Kehlen an Kehlsparren zusammenstoßen. Die besondere technische und handwerkliche Herausforderung führte dazu, dass der Zimmermann und Architekt Johann Wilhelm 1649 eine solche „Creutztach“[4]-Konstruktion musterhaft veröffentlichte.
Verwendung
BearbeitenKreuzdächer sind selten und kommen vor allem in der historischen Architektur vor. Am verbreitetsten waren Kreuzdächer als Turmhelme, d. h. auf quadratischen Grundrissen.[5] Jedoch sind Kreuzdächer grundsätzlich auf allen sich kreuzenden Satteldächern möglich, wie sie etwa auf Kirchen mit gleichhohen Mittel- und Querschiffen entstehen, wenn das Dach der Vierung nicht durch einen Vierungsturm unterbrochen wird. Kreuzdächer sind ebenfalls mit Bogendächern möglich.
Die Form des Kreuzdaches fand auch bei Kleinarchitekturen Verwendung, so als Haube bzw. Deckstein für Einfriedungspfeiler, Schornsteinköpfe oder Bildstöcke. In Franken gibt es den Typ des Kreuzdachbildstocks.
-
Kreuzdach eines Pavillons (Teehäuschen im Park Schloss Ahaus)
-
Kreuzdach aus Lang- und Querhaus einer Kirche (Basilika von Aquileia)
-
Kreuzdachturmhelm als Ergebnis eines vereinfachenden Nachkriegs-Wiederaufbaus (St. Antonius von Padua, Berlin-Oberschöneweide)
-
Kreuzdach eines Kirchturmhelms mit Dachreiter (Marktkirche Hannover)
-
Kreuzdach eines Kirchturmhelms mit Dachreiter (St. Peter, Endingen)
-
Sonderform des diagional gestellten Kreuzdaches, mit zusätzlichem Turmhelm (St. Servatius Duderstadt, Architekt Karl Siebrecht, 1928)
-
Kreuzdach-Decksteine als Bekrönung von historistischen Einfriedungspfeilern (Göttingen, Goßlerstraße)
-
Kreuzdach-Decksteine – hier in Bogendform – als Bekrönung von historistischen Einfriedungspfeilern (Göttingen, Hanssenstraße)
-
Kreuzdach als Abdeckung eines Schornsteinkopfs (Reichenau-Mittelzell)
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Kreuzdach über quadratischem, kreuzförmig gegliedertem Grundriss, auf baunetzwissen.de (Beispiel: Pfarrhaus St. Georg, Regensburg)
- Generationenhaus mit modernem Kreuzdach in Aarwangen, auf archidenktur.ch
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 9. Mai 2024), S. 295: Kreuzdach, Kreuzgiebeldach.
- ↑ Dachformen fürs Haus – Die wichtigsten Dacharten im Überblick. In: rebholz.de. Abgerufen am 9. Mai 2024.
- ↑ Johann Wilhelm: Architectura civilis, das ist Beschreib- oder Verreissung der fürnembsten Tachwerck (...). Zweite, Auflage, Johann Martin Porßen, Frankfurt am Main (2)1654, No. 9. (Digitalisat)
- ↑ Johann Wilhelm: Architectura civilis, das ist Beschreib- oder Verreissung der fürnembsten Tachwerck (...). Zweite, Auflage, Johann Martin Porßen, Frankfurt am Main (2)1654, S. 14. (Digitalisat) – Die erste Auflage erschien schon 1649.
- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 9. Mai 2024), S. 116 f.: Turmhelm.
- ↑ Eckart Rüsch: Ein Zimmermannsvertrag von 1692 für den Fachwerkbau Stechbahn 5 in Celle. In: Celler Chronik, Bd. 21, Celle 2014, S. 33–62.